Zwei kleine Ausstellungen waren mir am 24. Juni Anlass genug für einen angenehmen Ausflug nach Heidelberg. Aus naheliegendem Interesse – Mädchenbildung ist ein zentrales Thema von Luise Büchner – habe ich gestern im kurpfälzischen Museum mal wieder in allerletzter Minute (die Ausstellung endet am 26. Juni) die kleine Kabinettausstellung über Caroline Rudolphi angesehen.

Das Museum schreibt dazu auf seiner Website:

„Kabinettausstellung
Caroline Rudolphi (1753 – 1811)
Eine Pionierin der Mädchenbildung in Heidelberg

 

 

Caroline Rudolphi, die Gründerin des ersten privaten Mädchenpensionates in Heidelberg, war eine anerkannte Pädagogin und Schriftstellerin ihrer Zeit. Ihre Forderung nach einer umfassenden Bildung für Mädchen stellte das damalige Erziehungsideal zwar nicht grundsätzlich in Frage, war um 1800 aber zweifellos eine Besonderheit. Caroline Rudolphi beanspruchte das Recht auf wissenschaftliche und künstlerische Bildung auch für Frauen und Mädchen. In diesem Sinne führten sie und ihre Nachfolgerinnen das Heidelberger Institut.

 

  Darüber hinaus war die Pädagogin als Dichterin hoch geschätzt und pflegte Kontakte zu berühmten Persönlichkeiten ihrer Zeit, wie z. Bsp. zu Klopstock und Goethe. Sie veröffentlichte im Laufe ihres Lebens mehrere Gedichtsammlungen und pädagogische Schriften. Die Einnahmen daraus trugen zum finanziellen Unterhalt des Instituts bei. … Zum 25. Jubiläum der Institution erhielten die Nachfolgerinnen von Caroline Rudolphi, Emilie Heins und Elise Bartholomay, eine Ehrenurkunde der Stadt. Über sie informiert ausführlicher das „Kunstwerk des Monats März 2011“.

 

Es ist bekanntlich sehr schwierig, mit den Materialien, die uns normalerweise aus der Zeit vor 1850 als Lebenszeugnisse zur Verfügung stehen, eine Präsentation zu konzipieren, die anschaulich und spannend erzählt. Tatsächlich gibt es von Karoline Rudolphi wohl nur ganz wenige authentische Dokumente, aber immerhin eigene Veröffentlichungen, wenige Dokumente sowie einige Berichte von Zeitzeugen. Damit ist es den Ausstellungsmacherinnen gelungen, mein Interesse an ihr zu wecken, und Gudrun Perreys Biographie „Das Leben der Caroline Rudolphi (1753-1811): Erzieherin – Schriftstellerin – Zeitgenossin“, 2010 bei Winter in Heidelberg unter der ISBN 978-3825357139 zum Preis von 28 € über diese interessante Frau erschienen, werde ich lesen.

 Die Autorin informiert auf Ihrer website ausführlich über Caroline Rudolphi.

Ich erinnerte mich in der Ausstellung übrigens an das Institut in Weinheim, wenige Kilometer entfernt, das 50 Jahre später Ernst Büchner besuchte: das Bender´sche Institut, gegründet 1829, über das ich hier bereits kurz berichtete.

 

Nur ein paar Schritte weiter entlang der quirligen Hauptstraße steht auf der linken Seite die große Heiliggeistkirche, auf deren Emporen die Bände der „Palatina“ bis zur Eroberung Heidelbergs durch die Katholische Liga 1622 untergebracht war. Ihr Raub und der anschließende Transport auf Mauleseln über die Alpen gehören zu den unvergessenen Geschichten unter dem Motto „habent sua fata libelli“ (Bücher haben ihre Schicksale).

An diesem historischen Platz steht nun anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten der Heidelberger Universität eine Ausstellung zu Leben und Werk von Heinrich von Kleist, der in diesem Jahr seinen 200. Todestag hat. Auch diese Präsentation ist naturgemäß höchst textlastig, die schätzungsweise zwanzig Banner liefern eine knappe, aber aufschlussreiche Biografie des Autors, in den dabei gestellten Vitrinen liegen Faksimiles von Dokumenten, Erstausgaben und weitere Editionen Kleist´scher Texte. Während sich die Textbanner immerhin entspannt lesen lassen (die typografische Gestaltung ist sehr ordentlich) wirken die Werke in den Vitrinen ein bisschen wie „hineingeworfen“ – das hätte man publikumsfreundlicher und besser kommentiert präsentieren können.

 

Die halbe Stunde, die ich auf der Empore verbrachte, hat mich Kleist nicht näher gebracht (ist mir schon lange nahe), aber, da sie schlecht besucht war und ich eine ganze Weile ganz alleine dort oben stehen konnte, habe ich die Atmosphäre dieser schönen Kirche viel besser genießen können, als das unten im Kirchenschiff möglich gewesen wäre. So habe ich Heinrich von Kleist jetzt auch noch das zu verdanken.