Peter Brunners Buechnerblog

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Zwei schöne Büchner-Veranstaltungen am Tag der Literatur

Zum Sonntagsfrühstück im verregneten Zwingenberg kamen weit mehr Gäste als erwartet, und das Cafe musset schnell noch Stühle beischaffen, damit alle Platz fanden.

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Zusammen mit Angelika Graf von der Stadtbücherei habe ich ausführlich und mit vielen Zitaten aus Werk und Briefen über Georg Büchners Leben berichtet. Mehr als zwei Stunden später und abgefüllt mit Texten, Bildern, Weißwurst und Kaffee gingen die Gäste zufrieden nach Hause. Spätestens nächstes Jahr wollen wir in Zwingenberg über die vielen Märchen schreibenden Büchners sprechen.

 

Nachmittags kamen dann wieder unerwartet viele Gäste zum Angucken der Büchner-Originale in der Darmstädter Universitäts- und Landesbibliothek. Frau Dr. Uhlemann hatte auf einem großen Tisch zahlreiche Schätze ausgebreitet, die Agnes Schmidt und Dr. Thomas Lange vorab mit ihr zusammen ausgesucht hatten.

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Agnes Schmidt alias Mary Poppins

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Es ist angerichtet …

 

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Agnes Schmidt mit Luise Büchners Exzerptbüchlein

 

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Agnes Schmidt und Dr. Thomas Lange mit dem Exemplar von „Dantons Tod“, in das Georg Büchner eigenhändig Korrekturen eintrug

 

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Das berühmte Zitat; Büchner ergänzt das augelassene „hurt“

 

Thomas Lange hat neben dem schönen Alexander Büchner Briefwechsel mit seinem Freund Elissen auch noch ein unveröffentlichtes Theaterstück aufgetan; Alexander hat sich darin über Ludwig Büchners Experimente mit dem „Od“ lustig gemacht. Darüber habe ich hier schon einmal berichtet.

Im funkelnagelneuen Vortragssaal trugen dann noch unsere Freunde Sigrid Schütrumpf (Darmstadt) und Michael Kaiser (Kassel) von Agnes Schmidt und Thomas Lange ausgewählte Büchner-Texte vor.

 

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26.5.: Der Tag für die Literatur als Tag für Georg Büchner – of course …

An dieser Stelle wird naheliegenderweise vorrangig für Veranstaltungen mit persönlich geschätzten und verbundenen AkteurInnen Reklame gemacht – wer sich also für eine vollständige Auflistung interessiert, wird hier bedient.

 

Für den Vormittag empfehlen wir daher:

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Mit tatkräftiger Unterstützung des Pfungstädters Peter Brunner ist es dem Verein zur Förderung von Kunst und Kultur in Zwingenberg in den letzten Jahren gelungen, die zahlreichen Verbindungen der kleinen Stadt zu vielen Angehörigen der Büchner-Familie zu dokumentieren und in Veranstaltungen zu präsentieren. Ausgerechnet der größte der Büchners, der Revolutionär, Dichter und Naturwissenschaftler Georg Büchner, ist dabei fast zu kurz gekommen, obwohl die ehemalige Hofapotheke ja ein ganz realer „Georg-Büchner-Ort“ ist – hier war er nachweislich zu Besuch bei seinem Bruder Wilhelm. In seinem Jubiläumsjahr zum 200. Geburtstag soll ihm jetzt die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt werden. In der ehemaligen Hofapotheke, dem heutigen Café Schoko und Wein, stellen die Leiterin der Stadtbücherei, Angelika Graf, zusammen mit Peter Brunner Leben und Werk des Dichters in einer sonntäglichen Matinee vor. Brunner stützt sich neben eigenen Recherchen auf das umfangreiche Schrifttum zu Georg Büchner, so auch auf gleich drei jüngst erschienene Biografien des jung verstorbenen Ausnahmedichters. Begleitet von Originaltexten aus Büchners Werken und Briefen soll den Gästen ein vergnüglich-informativer Sonntagvormittag geboten werden, der von Fürstenmord bis Schädelnerv ein Leben ausbreitet, das kaum 24 Jahre dauerte und doch ganze Bibliotheken voller Lesestoff füllt. Immerhin ist Georg Büchner seit Jahren trotz seines kleinen Werkes der am häufigsten aufgeführte Dichter deutscher Sprache weltweit. Die Veranstaltung wird von Literaturland Hessen freundlich unterstützt und versteht sich auch als Einführung und Vorbereitung zu den geplanten Darmstädter Aktivitäten „Büchner200“ im Sommer und der großen Landesausstellung über Georg Büchner im Darmstadtium (ab Oktober 2013).  

 

Und dann am Nachmittag nach Darmstadt:

 

Die Handschriften der Familie Büchner

Besuch in der neuen Universitäts- und Landesbibliothek
Wann 26.05.2013
von 15:00 bis 17:00
Wo Darmstadt
Name Agnes Schmidt

Am Tag der Literatur in Hessen laden wir Sie zu einem Besuch in der neuen Universitäts- und Landesbibliothek ein. Wir wollen dort

die Handschriften der Familie Büchner anschauen.

Treffpunkt: Eingangshalle der neuen Universitäts- und Landesbibliothek,

Magdalenenstr. 8 , Zeit: 15 Uhr

Programm:

Dr. Sylvia Uhlemann: Vorstellung der Handschriftenabteilung,

Dr. Thomas Lange: Der Briefwechsel zwischen Alexander Büchner und Otto Adolph Ellissen,

Agnes Schmidt: Luise Büchners Exzerptbüchlein

Sigrid Schütrumpf (Darmstadt) und Michael Kaiser (Kassel) lesen Briefe und andere Texte der Büchners.

Anmeldung erforderlich:

Post: Luise-Büchner-Bibliothek, Kasinostr. 3, 64292 Darmstadt, Email: luisebuechner@aol.com

 

Wie bestellt: Lenz? Reichlich im Angebot!

Es wird in den Sternen bleiben, ob die Verantwortlichen wirklich die Jahreszeit zum Anlass genommen haben, oder ob doch die allfälligen Büchnerjubiläen ihren Beitrag dazu geleistet haben: im Rhein-Main-Gebiet konnte ich in den letzten Wochen vier höchst unterschiedliche Interpretationen von Büchners Lenz sehen, zuletzt gestern Abend in Willy Pramls Theater in Frankfurt.

Christian Wirmer reist mit seinem (jetzt im Vergleich) fast spröden Vortrag des Textes, der mir erstmals die Augen darüber öffnete, wie sehr er sich wirklich zum Hören eignet,

 Christian Suhr hat in Erfelden „seinen“ Lenz so auf die Bühne gebracht, dass er von den hier erwähnten am ehesten zu einem Schauspiel wurde (er hat mir kürzlich gesagt, dass er die heutigen Aufführungen gegenüber der Premiere, die ich sehen konnte, verknappt hat und selbst als reifer empfindet),

das Darmstädter Staatstheater führt Wolfgang Riehms Kammeroper Lenz von 1979 auf, und eben

das Frankfurter Theater Willy Praml präsentiert Bücher.Lenz & Schubert.Schöne Müllerin  fast wie die Brücke zwischen Wirmer und Suhr – mehr Schauspiel als Wirmer, weniger Bühne als Suhr. 

Arbeitsstätte 

Praml stellt neben den „Lenz“ (Michael Weber)  eine „Tänzer“ genannte Figur (Andreas Bach), der stumm, aber in sprechenden Gesten Lenzens Widerpart gibt und so die Gespaltenheit der Figur repräsentiert. Vassily Dück (Akkordeon) und Gregor Praml (Bass+ Gesang) übernehmen den Schubert-Part der Vorstellung. Gregor Pramls wunderbare Stimme, die sich jeder Melodiosität standhaft verweigert, macht das zu einem wirklichen Erlebnis. So einleuchtend Willy Pramls Begründung für die Parallelität der Lebensdaten von Büchner, Schubert und Müller (dem Verfasser der vertonten Gedichte)  ist, so sehr bewegt mich dabei die Frage, ob Schuberts „Kunstlieder“ nicht auf scharfe Ablehnung des volksliedliebenden Büchner gestoßen wären.

Weber, Bach im ebenfalls von Michael Weber gestaltetem Bühnenbild 

Auch Michael Weber beherrscht und präsentiert den Text: wo bei Wirmer die erzählende Distanz des Büchnertextes eingehalten wird und wo Suhr dies durch freies Spiel und zusätzlichen Text erweitert, steht Willy Pramls Aufführung zwischen Vortrag und Spiel.  

Verdienter Beifall am 2.3.: Dück, G. Praml, Weber, Bach  (v.l.n.r.)
(Freundlicherweise hat mir Willy Praml ausnahmsweise das Aufnehmen erlaubt, vielen Dank dafür!)

Ich werde nun als „Büchnerblogger“ den Teufel tun und mich hier tiefschürfend über Interpretationsansätze und Zugänglichkeiten der Stücke zu äußern; schon, weil ich viel zu gerne hätte, dass möglichst viele Interessenten ebenfalls alle vier Stücke sehen. Mich hat die Oper wirklich herausgefordert, aber das will ich gerne meinem musikalischen Kretinismus anlasten. 

Soviel aber schon:  alle haben mir etwas Neues gegeben, und ich bedaure keine Minute. Und: ich habe mich sehr gefreut, als mir Willy Praml gestern erzählte, dass er plant, eine Aufführung von Christian Wirmer zu sehen.

Ich wünsche mir jetzt eine Einladung an alle Beteiligten zu einem öffentlichen Gespräch!  Gerade nachdem wir erste Berichte über gründlich misslungene Auseinandersetzungen mit Büchners Werk zur Kenntnis nehmen (und erleiden) mussten, könnte hier eine ganz neue und fruchtbare Perspektive auch für den künstlerischen Austausch eröffnet werden. 

An allen Stellen auf Augenhöhe beharren!

 Erstmals vergibt die Luise-Büchner-Gesellschaft e. V. in diesem Jahr ihren

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Luise-Büchner-Preis für Publizistik.

 

Luise Büchner (12. Juni 1821 – 28. November 1877) war eine bedeutende Schriftstellerin, Publizistin und Frauenrechtlerin des neunzehnten Jahrhunderts. In ihren Veröffentlichungen zur Frauenfrage forderte sie eine gleichwertige Schulbildung für Mädchen und Jungen sowie die Zulassung von Frauen zu qualifizierten Berufen. Die Luise Büchner-Gesellschaft e.V., die sich zur Bewahrung und Fortsetzung ihrer Arbeit verpflichtet hat, verleiht zum ersten Mal 2012 den

Luise-Büchner-Preis für Publizistik

Mit dem Preis sollen Autorinnen und Autoren ausgezeichnet werden, die in Artikeln oder Büchern die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in der Gegenwart aufdecken und Wege zu einer geschlechtsgerechten Gesellschaft aufzeigen. Durch die Unterstützung des DARMSTÄDTER ECHO, der Stadt Darmstadt, der Sparkasse Darmstadt und weiterer Unterstützer ist der Preis dotiert mit der Gestaltung

einer ganze Zeitungsseite des DARMSTÄDTER ECHO

in Abstimmung mit dessen Redaktion sowie

mit einer Geldsumme von 2.500 Euro

Damit soll der Preisträgerin oder dem Preisträger die Möglichkeit eröffnet werden, sich der Öffentlichkeit unabhängig von einem redaktionellen Auftrag vorzustellen.

Über die Vergabe des Preises entscheidet eine mindestens siebenköpfige Jury, die der Vorstand der Gesellschaft beruft. Neben drei Beauftragten des Vorstandes gehören ihr eine Vertreterin des DE und der Stadt Darmstadt an, daneben mindestens eine weitere publizistisch tätige Person. Die PreisträgerInnen vergangener Jahre werden eingeladen, die Jury mit Hinweisen und Vorschlägen zu unterstützen.

Der Preis wird in Darmstadt vergeben.

 2012 ist die Preisträgerin die Publizistin Bascha Mika, sie nimmt den Preis am Sonntag, dem 2. Dezember in Darmstadt entgegen.

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Hier die Würdigung der Jury:

Frau Mika beobachtet mit präzisem und scharfem Blick die Widersprüche der Geschlechterverhältnisse unserer Zeit. In ihren Artikeln, Büchern und Vorträgen weist sie nicht nur auf die strukturelle Hindernisse der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern hin, sondern macht auch auf die unbequeme Wahrheit aufmerksam, dass Frauen oft selbst der Faszination traditioneller Rollen erliegen und ihrer eigenen Selbstbestimmung im Wege stehen.

Mit kritischem, nicht zuletzt selbstkritischem, Blick auf die Stellung der Frau in der Gesellschaft steht sie in der Tradition gesellschaftlich relevanter Publizistik, wie sie in ihrer Zeit vorbildlich von Luise Büchner verkörpert wurde.

 

Bei der Pressekonferenz am Freitag, dem 16. November, im Darmstädter Literaturhaus stellte die Gesellschaft ihre Preisträgerin vor.

Bascha Mika war erst durch die Preisverleihung auf Luise Büchner und ihr Werk aufmerksam geworden, aber inzwischen hat sie sie als geistesverwandt entdeckt: „Über allem steht die Selbstbestimmung von Frauen, es geht neben ökonomischer Unabhängigkeit im Beruf auch um Selbstfindung, Verankerung in der Welt und selbstbestimmt organisiertes Privatleben“ sagte sie. Ihr Werk „Die Feigheit der Frauen“ nannte sie eine Streitschrift, die sich der Tatsache stelle, dass die öffentliche Debatte jahrzehntelang die Strukturen diskutierte, in denen sich das Geschlechterverhältnis bewegt. Ihr sei es um die Haltung der Frauen, den subjektiven Faktor, gegangen; nicht um die Bedeutung der Strukturen zu relativieren, sondern um die Betrachtung um diesen wichtigen Aspekt zu ergänzen. Gerade darin sehe sie ein wichtige Parallele zu Luise Büchner, die ja auch immer wieder an die Frauen selbst appellierte. Ihr Rat an junge Frauen von heute:

 

„An allen Stellen auf Augenhöhe beharren!“

 

Bascha Mika hat sich schon jetzt als hervorragende Wahl zur ersten Preisträgerin  erwiesen, und frau darf gespannt auf ihren Beitrag zur Verleihung am 2. Dezember warten.

 Das Darmstädter ECHO berichtet hier, Die FAZ Rhein Main ebenfalls am 19.11., der Artikel ist (noch?) nicht online. 

Die feierliche Preisverleihung erfolgt am Sonntag, dem 2. Dezember, um 11 Uhr im Literaturhaus Darmstadt vor geladenen Gästen. Interessentinnen können per E-Mail um Eintrittskarten bitten (Vorstand@Luise-Buechner-Gesellschaft.de). 

 

Die Büchners auf dem Argonautenschiff

Soeben sind die Belegexemplare des neuen „Argonautenschiff“, des Jahrbuchs der Anna-Seghers-Gesellschaft, bei mir angekommen. Laut Verlag ist es ab Montag lieferbar.

Auf Vermittlung von Hans-Willi Ohl konnte ich dort mit ihm zusammen auf eine historische Marginalie aufmerksam machen, die „unsere Büchners“ mit der Büchnerpreisträgerin verbindet.

Anton Büchners Sohn Georg Alexander Wilhelm Ludwig (!)  Büchner (dem vielleicht nur das deutsche Namensrecht die Vornamen Mathilde und Luise erspart hat …) lebte von 1920 bis 2008. Im Zweiten Weltkrieg war er Soldat an der Ostfront und geriet im „Kessel von Tscherkassy“ im Februar 1944 in sowjetische Kriegsgefangenschaft, wo er sich am 20. Juli 1947, dem Tag der Büchnerpreisverleihung in Darmstadt (zu der Anna Seghers nicht nach Darmstadt kam!), noch befand. Am 19. November schrieb Anton Büchner an Anna Seghers (der Brief ist leider nicht erhalten) und bat um Vermittlung zur Freilassung seines Sohnes. Am 16.12. hat Anna Seghers darauf geantwortet, und am 7. Mai 1948 wurde Alexander Büchner aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft entlassen. Alexanders Sohn Manfred Büchner, dem ich diese Informationen verdanke, berichtet diese Geschichte so, dass sein Großvater die Büchnerpreisträgerin erfolgreich um „Rettung des letzten lebenden Büchnernachfahren“, tatsächlich eines Ur-Groß-Neffen Georg Büchners,  gebeten habe, eine Formulierung, die Anton Büchner durchaus zuzutrauen ist (er wusste sehr genau, dass weitere Verwandte lebten, aber in diesem Fall scheint mir die „Ungenauigkeit“ nur allzu verzeihlich).  Es muss bis zu einem glücklichen Fund in russischen Archiven ungewiss bleiben, ob die Freilassung tatsächlich Anna Seghers zu verdanken war (es ist gänzlich ungeklärt, ob sie überhaupt entsprechend weitreichenden Einfluss hatte). Hans-Will Ohl macht allerdings darauf aufmerksam, dass sich Anna Seghers im April 1948 als Vizepräsidentin der „Gesellschaft zum Studium der Sowjetkultur“ in der Sowjetunion aufhielt.

Alexander Büchner „nach Rückkehr aus russischer Gefangenschaft“
1948 mit seiner Stiefmutter Maria, geb. Hoesch 

(aus dem unveröffentlichten Tagebuch von Anton Büchner –
die Mythen der Technik machen es möglich, dass ich dieses schöne
Foto, aufgenommen von Anton Büchner, hier – mit einem weiteren herzlichen
Dank an Manfred Büchner für die freundliche Überlassung des Materials –
veröffentlichen kann, es den Graphikern beim Verlag aber zum Abdruck zu schlecht erschien)

Ausführlich erläutert und illustriert sowie mit dem erstmaligen Abruck von Anna Seghers Antwortbrief an Anton Büchner findet sich diese Geschichte im soeben erschienenen

 

Argonautenschiff 21/2012

Broschur, 296 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-351-02757-5 

24,00 €  

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