Peter Brunners Buechnerblog

Monat: August 2009

Büchners in Zwingenberg

Am Zwingenberger Marktplatz steht das schöne kleine Café „Schoko&Wein“ (http://cafe-schoko-wein.de/). Die ehemalige Hofapotheke hat eine bedeutende Vergangenheit, an die der Zwingenberger Magistrat jetzt mit einer Plakette erinnern wird.

Alte Apotheke Zwbg

Hier der verabschiedete Text:

Ehemalige Hofapotheke

Am 15. Januar 1786 von Ernst Heinrich Christian Fabricius und Theophilus Götz gegründet.  Fabricius bildete hier Johann Friedrich Ludwig Koch (1786 bis 1865), den Gründer der ersten pharmazeutischen Fabrik in Deutschland, zum Apotheker aus.
Von 1823 bis 1844 lebte und arbeitete hier der Apotheker und Pharmazeut Ferdinand Ludwig Winkler (28. 11. 1801 bis 6. 9. 1868). Winkler erkannte die medizinische Wirksamkeit eines Stoffes
aus der Chinarinde, des „Chinoidin“, zur Bekämpfung der Malaria, die damals im hessischen Ried wütete. Auf seine Anregung gründete sich 1839 der hessische Apothekerverein. Er starb als Obermedizinalrat in Darmstadt.
Wilhelm Büchner (1816 bis 1892) machte hier bei Winkler seine Apothekerlehre, bevor er in Heidelberg und Gießen Chemie studierte. 1845 gründete er seine „Blaufabrik“ zur Herstellung  künstlichen Ultramarins in Pfungstadt. 1849 vertrat Büchner den Wahlkreis Zwingenberg im ersten demokratisch gewählten hessischen Landtag (Dezember 1849 bis Januar 1850).
Im Herbst 1833 besuchten ihn hier sein Bruder Georg Büchner  (1813 bis 1837) und dessen Freund Alexis Muston (1810 bis 1888) auf einer Wanderung entlang der Bergstraße. 


Die Inhaberin des Cafés, Melanie Keicher-Herrmann, ist stolz auf die Geschichte ihres Hauses. Mit Originalmöbeln aus dem Haus, die wohl noch aus der Zeit Winklers und Büchners stammen, soll neben dem wunderschönen Sitzplatz im Hof ein kleiner Raum mit Erinnerungen und Informationen entstehen.

„Café & Wein“ hat sich in den letzten Monaten als „Knotenpunkt“ im Büchnerland bewiesen – das Café eignet sich ganz hervorragend für eine Einkehr auf den Spuren der Büchners.

Mehr aus Ernst Büchners Biographie

1876 heiratet Ernst seine Kusine Mathilda Büchner (* 6. 1. 1852 in Gouda).

Mathilda Buechner mit einem ihrer Soehne

Die beiden haben zwei Kinder: Carl Büchner (* 1877) und Friedrich Wilhelm (Fritz) Büchner (*1880), beide in Pfungstadt geboren.

Carl und Fritz Buechner als Kinder

Die Ehe wird 1884 geschieden, Mathilda Büchner zieht mit den Söhnen nach Darmstadt, wo sie am 1. 4. 1908 stirbt.

In zweiter Ehe heiratet Ernst dann 1885 in Berlin Marie Ludovike Karoline (Mary) von Ferber (1850 – 1925). Aus dieser Ehe entstammt ein weiterer Sohn, Anton Büchner, der ebenfalls in Pfungstadt geboren wird.

Ernst und seine Familie leben im „Schweizer Haus“, einem „Chalet“ auf dem Gelände der Büchners in Pfungstadt (zwischen dem Herrenhaus und der Villa an der Modau gelegen). Es heißt, Wilhelm Büchner habe auch bei der Planung dieses Baus erheblichen Einfluss genommen. Leider steht das Haus nicht mehr, die Stadt Pfungstadt hat es als baufällig und unbewohnbar in den siebziger Jahren abreissen lassen.

Fritz Büchner wird Kunstmaler, baut ein Haus in Darmstadt-Eberstadt (Schillerstraße) und  hinterlässt drei Kinder, darunter Anna Mathilde Büchner (verh. Roßmann), die Mutter der drei heute lebenden Ur-Ur-Enkelinnen Wilhelm Büchners. Die Stadt Pfungstadt hat kürzlich ein Konvolut von Fritz Büchners Odenwald- und Bergstraßenbildern  angekauft.

Anton Büchner wird Lehrer und stirbt hochbetagt als pensionierter Oberstudienrat in Ingelheim. Von ihm stammt die erste gemeinsame Darstellung des Lebens seiner Großelterngeneration: „Die Familie Büchner“ (Darmstadt, Roether, 1963).

Wilhelm Büchners Sohn Ernst (2)

Ernst wurde am 8. März 1850 als drittes Kind der Büchners nach Caroline / Lina (1846 – 1918) und Elisabeth (Jan. – Okt. 1848) in Pfungstadt geboren. Sein Großvater Ernst Karl Büchner (1786 – 1861) war Pate und Namensgeber, im Pfungstädter Kirchenbuch hat er zusammen mit Wilhelm Büchner die Geburtsanzeige unterschrieben.

Wilhelm schickte Ernst von 1859 bis 1866 ins Weinheimer Bender´sche Institut, eine bedeutende Reformschule des neunzehnten Jahrhunderts, obwohl die stramm deutschnationale und regimetreue Haltung der Benders sicher nicht seiner Anschauung entsprach. Die Schule wurde 1829 begründet. Helene Eggert hat in „Pioniere der Reformpädagogik. Die Bender’sche Erziehungsanstalt für Knaben in Weinheim an der Bergstraße (1829-1918)”, ISBN: 3888644178, eine sorgfältige Dokumentation des „Instituts” vorgelegt.

Andrea Rößler vom Weinheimer Stadtarchiv hat uns zum Institut und zu Ernsts Schulzeit wertvolle Auskünfte gegeben.

August und September 1868 verbringt er auf einer ausführlichen Englandreise, über die er in der Tradition der in der Weinheimer Schule üblichen Reiseschilderungen 1869 bei Louis Ochs in Gernsheim einen gedruckten Bericht vorlegt.

 

Wilhelm und Ernst Büchner, Pfungstadt, ca. 1865

1875 dissertiert er in Tübingen „Über ein Chlorbromanilin und die Zersetzung des Parabromanilins“.