Auf dem Alten Friedhof in Darmstadt sind Georg Büchners Eltern und die Geschwister Mathilde, Luise und Ludwig begraben. Sein Leichnam blieb im Schweizer Exil, wo er 1837, noch nicht 24 Jahre alt, fern der Familie starb. Wahrscheinlich ist dort, auf dem Rigiblick in Zürich, auch heute wieder ein Gedenkkranz seiner Geburtsstadt Riedstadt-Goddelau niedergelegt worden, womit die Gemeinde an seinen Geburtstag erinnert.
Die Vorsitzende der Luise Büchner-Gesellschaft, Agnes Schmidt, erläutert Lebensdaten von Mathilde Büchner
Am Grab seiner Eltern und seiner beiden Schwestern haben sich Mitglieder und Freundinnen der Luise Büchner-Gesellschaft versammelt, um dort endlich auch seiner 1888 verstorbenen Schwester Mathilde, der unbekanntesten der Büchner-Geschwister, einen Gedenkstein zu errichten. Die Gesellschaft hat im Frühjahr 2015, Mathilde Büchners 200. Geburtsjahr, zu Spenden aufgerufen, und konnte nun den von der Steinmetzmeisterin Ruth Andres aus Darmstadt gestalteten Stein übergeben.
Der neu gestaltete Grabstein
Agnes Schmidt und Peter Brunner erinnerten für die Gesellschaft an Leben und Wirken der Darmstädter Familie. Agnes Schmidt rückte zum wiederholten Male die Rede vom Mathilde Büchner als der „stillen Hausfrau im Hintergrund” zurecht: tatsächlich war sie wohl eine durchaus selbstbewusste und selbstbestimmte Bürgersfrau, die im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Schwester Luise ganz standesgemäß ein Dienstmädchen beschäftigte und als Mitbegründerin des Hausfrauenbundes sehr wohl öffentlich auftrat. Sehr wahrscheinlich hat sie eine umfangreiche Korrespondenz geführt, ein einzelner, zufällig erhaltener Brief lässt den Schluss zu, dass sie eine geübte und regelmäßige Schreiberin war.
Mathilde Büchners Ur-Ur-Großnichten am Familiengrab
Peter Brunner stellte mit Hinweis auf das nahegelegene Familiengrab des Bruders Ludwig die Zusammenhänge der hier Bestatteten vor und schilderte den Lebensweg Ernst Büchners, Wilhelm Büchners Sohn, der 1925 zusammen mit seiner zweiten Ehefrau Mary, geb. von Ferber, ebenfalls auf dem Familiengrab bestattet wurde. Nach der Schließung des väterlichen Betriebes in Pfungstadt 1892 war ihm zwar einige Anerkennung als Erfinder, u.a. des bis heute ständig benutzten „Büchner-Trichters” und als Fotograf zugekommen, wirtschaftlich erlitt er aber ständig Verluste. Aus den Erinnerungen seines Sohnes Anton, dem ersten Chronisten der Büchner-Familie, ist bekannt, dass Ernst Büchner verarmt und alleine in Darmstadt starb, was wohl erklärt, dass sich niemand die Mühe machte, für eine Überführung auf das Pfungstädter Grab seiner Eltern zu sorgen.
Durch die Spenden trägt jetzt das Grab, das Brunner das Grab von Caroline Büchner, der Familienmutter, die hier als erste bestattet wurde, nannte, endlich einen Hinweis auf alle hier erfolgten Bestattungen. Und mit der Platzierung von Mathilde Büchners Grabstein mittig, vor dem großen Obelisken für ihre berühmte Schwester Luise, kommt vielleicht mancher Spaziergängerin der Sinn danach, mehr über die bedeutenden Darmstädter Büchners zu erfahren.
Zum Sommerfest am 12.7. legt die Darmstädter Luise Büchner-Gesellschaft ihr Herbstprogramm 2015 vor.
Darunter:
Samstag, 19. September, 15.30 Uhr
Altes Pädagog, Pädagogstraße 5 „Ich fühle in meiner Seele einen Reichtum an Liebe“ Vortrag zum 200. Geburtstag der Darmstädter Schriftstellerin Louise von Gall von Agnes Schmidt
Donnerstag, 15. Oktober, 19 Uhr
Literaturhaus – Vortragssaal Veranstaltung zum 150. Jahrestag der Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) in Leipzig
Sonntag, 15. November, 17 Uhr,
Literaturhaus – Vortragssaal „Denk ich an Deutschland in der Nacht …“ – Die Folgen des Wiener Kongresses Eine Konzert – Lesung mit Ute Büchter-Römer (Vortrag) und Nadja Bulatovic (Klavier)
Die Broschüre mit allen Informationen kann hier mit klick auf das Bild downgeloaded werden.
Donnerstag, 12. Februar um 19 Uhr Literaturhaus (Kennedy-Haus, Kasinostr. 3), Vortragssaal
Victoria Woodhull (1838-1927) – die erste Frau, die Präsidentin von Amerika werden wollte
Vortrag von Antje Schrupp (Frankfurt)
Sie war ein Mädchen aus der Unterschicht, das einen ungewöhnlichen Aufstieg schaffte: Victoria Woodhull, Zeitungsmacherin, Frauenrechtlerin und Sozialistin. Sie versammelte Teile der Frauenbewegung und der Arbeiterbewegung hinter sich und kandidierte 1872 in einer Aufsehen erregenden Kampagne bei den Präsidentschaftswahlen in den USA – fast 50 Jahre vor Einführung des Frauenwahlrechts. Ihre Aktivitäten waren ein Dorn im Auge auch von vielen fortschrittlichen Frauen und Männern: Der USA-Korrespondent der Gartenlaube, Otto von Corvin, ein alter 48er überschrieb seinen Bericht über die Kandidatur: Victoria Woodhull, der größte Humbug Amerika’s.
Bibliotheksgespräch: Luise Büchners Berichte über die ersten Ärztinnen in Amerika
In gemütlicher Runde bei Tee und Gebäck wollen wir einen Blick in Luise Büchners Schriften mit Thema Amerika werfen.
Eintritt frei, Spenden willkommen
Sonntag, 8. März Internationaler Frauentag
Von der Marktfrau zur Studentin Treffpunkt 14 Uhr am Marktbrunnen
Stadtrundgang auf Frauenspuren mit anschließendem Besuch der neuen Universitäts- und Landesbibliothek, wo wir im Sonderlesesaal alte Modezeitschriften und – bücher anschauen werden.
Mittwoch, 29. April 19 Uhr
Barbara Sichtermann (Berlin): Ich rauche Zigarren und glaube nicht an Gott – Ein Hommage an Louise Aston Literaturhaus (Kennedy-Haus, Kasinostr. 3), Vortragssaal
Sie war die deutsche George Sand, nicht nur wegen Zigarren und Hosen. Louise Aston ging mit Männern in Gastwirtschaften, mischte sich in die Politik ein, veröffentlichte unter eigenen Namen und wählte ihre Liebhaber selbst.
Barbara Sichtermann gehört zu den führenden Intellektuellen Deutschlands. Sie ist Autorin zahlreicher erfolgreicher Bücher. Ihre „Kurze Geschichte der Frauenemanzipation“, erschienen 2009, ist eines der besten Bücher über den langen Weg der Frauen zur Gleichstellung der Lebenschancen.
Eintritt: 6 Euro, für Mitglieder der Luise Büchner-Gesellschaft frei
Samstag, 25. April Tagesausflug nach Gießen mit dem Busunternehmer Brückmann. Abfahrt um 8 Uhr auf dem Parkplatz des Jugendstilbads (Merckplatz)
Das Museum in Butzbach
Gedenkstein für Friedrich Weidig auf dem von ihm errichteten ersten Sportplatz in Hessen
Führungen auf den Spuren der Büchnergeschwister und anderer Frauen und Männer in Gießen und Butzbach.
Teilnahmegebühr (Busfahrt+ Führungen): 32 Euro
Anmeldung bei Ilse Kuchemüller.
Email: ilse.kuchemueller@t-online.de
Tel.: 06151/44400
Donnerstag, 21. Mai um 19.30 Uhr
„Ich, die Verworfenste der Welt“ Vortrag von Dr. Jutta Schütz mit Bildern und musikalischer Begleitung durch den Gitarristen David Beyer Literaturhaus (Kennedy-Haus), Kasinostr. 3
Als „Zehnte Muse“, als „Phönix von Amerika“, wurde die mexikanische Nonne Sor Juana Inés de la Cruz im 17. Jahrhundert gefeiert. Für eine Frau des Kolonialreiches Neu-Spanien hat sie einen beispiellosen Ruhm erlangt – und das mit überwiegend weltlicher Lyrik. Sie stand im Briefwechsel mit herausragenden Gelehrten und stritt um das Recht der Frau, sich zu bilden. Im 20. Jahrhundert wurde Sor Juana wiederentdeckt. Octavio Paz, Mexikos Nobelpreisträger für Literatur, hat ihr einen Essay gewidmet. Maria Bemberg drehte einen Film über ihr Leben, ihre Hauptwerke wurden erneut ins Deutsche übersetzt.
Eintritt: 6 Euro, für Mitglieder der Luise Büchner-Gesellschaft frei
Sonntag, 31. Mai: Tag für die Literatur in Hessen
Der Schwerpunkt des 5. hessischen Literaturtags liegt auf „Naturerlebnissen“, also auf Veranstaltungen, die entweder open air stattfinden, oder die Landschaftsbeschreibungen und Naturerlebnisse thematisch in den Mittelpunkt stellen. Unsere Veranstaltung erfüllt beide Kriterien: In dem wunderschönen Barockgarten des Prinzen Georg und seiner Gemahlin, Prinzessin Marie Luise Albertine wollen wir die Geschichte des Gärtnerinnenberufs anhand literarischer Texte kennenlernen und anschließend im ehemaligen Gartenhaus des Kavalleriegenerals Pretlack Gedichte und Texte von Luise Büchner zur Natur und Landschaft hören.
15 Uhr: Gärtnerin als Beruf – Rundgang mit Agnes Schmidt Treffpunkt im Herrengarten am Eingangstor zum Prinz-Georg-Garten
Luise Büchner: Auf dem Lande, namentlich in der Nähe größerer Städte würde sich auch am schönsten ein Berufszweig entwickeln, den wir nicht gerade neu nennen können, weil er in Frauenklöstern schon im Mittelalter mit großem Geschick gepflegt wird, wir meinen die Gärtnerei, die Obst-, Gemüse- und Blumenkultur.
16 Uhr: „Wie bist du schön, o Rose!“ – Musikalische Lesung im Pretlackschen Gartenhaus
Lesung: Dr. Jutta Schütz und Sigrid Schütrumpf Musikbegleitung: Marcella Hagenauer
Luise Büchner (1821-1877) ist vor allem als Autorin von Schriften zur Frauenfrage bekannt. Die hochbegabte Tochter des Medizinalrats Ernst Büchner und seiner Frau Caroline schrieb jedoch auch Gedichte im Stil der romantischen Dichtung jener Zeit sowie Erzählungen und Reiseberichte. Die Luise-Büchner-Gesellschaft stellt eine Auswahl aus Luise Büchners Gedichtband „Frauenherz“ und Auszüge aus ihren Reiseberichten vor.
„Ohne die Veröffentlichung der ersten Werkausgabe durch seine Geschwister Luise und Ludwig wäre Georg Büchner heute vergessen“, „Gerhard Hauptmann hat Büchner nach der Veröffentlichung der zweiten Werkausgabe durch Franzos kennengelernt und nachhaltig dazu beigetragen, dass der Dichter der Vergessenheit entrissen wurde”, „Wedekind stellt sich, angeregt durch Hauptmann, bewusst in die Tradition Büchners” – mal sehen, ob diese verbreiteten Allgemeinplätze noch lange Bestand haben.
Ariane Martin hat kürzlich eine grundlegende Veröffentlichung zur frühen Rezeption Georg Büchners vorgelegt („Georg Büchner 1835 bis 1845. Dokumente zur frühen Wirkungsgeschichte”), die hier in Kürze ausführlicher vorgestellt wird. Damit hat sie mit der These vom „vergessenen Dichter” aufgeräumt.
Die Darmstädter Luise Büchner-Gesellschaft hat im Jahr von Wedekinds 150. Geburtstag zusammen mit der Frank Wedekind-Gesellschaft kürzlich eine szenisch-musikalische Lesung seiner Texte (mit der Schauspielerin Cornelia Bernoulli und dem Sänger und Schauspieler Bruno Hetzendorfer) im Darmstädter Literaturhaus organisiert.
Am 7. November wird Frau Martin den Büchner/Wedekind-Thesen auf den Zahn fühlen.
Prof. Dr. Ariane Martin im Sommer 2013 in der BüchnerBox
Freitag 7. November um 19.30 Uhr Literaturhaus (Kennedyhaus), Kasinostr. 3 Frank Wedekind und Georg Büchner
Vortrag von Dr. Ariane Martin (Universität Mainz)
Wie kommt es, dass wie selbstverständlich gesagt wird, Wedekind stehe in der Nachfolge Büchners? Der Vortrag sichtet die wenigen Rezeptionszeugnisse, die von Wedekind selbst stammen, sowie die Zuschreibungen einer angeblich ausgeprägten Büchner-Rezeption aus seinem unmittelbaren Umfeld, auf die das verbreitete Bild von Büchner als Vorläufer Wedekinds zurückzuführen sein dürfte.
Gemeinsame Veranstaltung der Luise Büchner-Gesellschaft mit der Wedekind-Gesellschaft
Eintritt frei
Zu Georg Büchners diesjährigem 201. Geburtstag am 17. Oktober haben wir bereits zur Uraufführung des Aretino in Riedstadt auf der Büchnerbühne eingeladen.
Bereits zum Sonntag vorher, dem 12. Oktober, lädt die Luise Büchner-Gesellschaft zu einem Stadtspaziergang auf den Spuren der Büchners und anschließend zu einem literarisch-musikalischen Treffen nach Darmstadt ein. Der Keller des „Pädagog” gehört zu den baulichen Überbleibseln aus Georg Büchners Darmstädter Zeit.
Die Büchnerbande – ohne Thomas Heldmann – im April 2013 vor der Erinnerungsplakette an Georg Büchners Schulzeit am Pädagog
Kinder- und Jugendzeit der Büchners in Darmstadt
Ein Spaziergang auf Schulwegen anlässlich Georg Büchners 201. Geburtstag Sonntag, 12. Oktober 2014, 16 Uhr Ecke Grafenstraße/Elisabethenstrasse, Darmstadt
Mit Agnes Schmidt und Peter Brunner. Mitwirkende: Sigrid Schütrumpf (Lesung), Hans-Willi Ohl und Edgar Illert (Musik)
Ende im Theaterkeller des Alten Pädagog, Pädagogstraße, gegen 19 Uhr
Teilnahmegebühr für beide Veranstaltungen 10 Euro, für Mitglieder 5 Euro
In Darmstadt ist nach den Zerstörungen von 1944 wenig Authentisches aus der Zeit der Büchners übrig geblieben – aber immerhin genug, um eine Vorstellung vom Tagesablauf, den Lebensumständen der Familie und ihrem gesellschaftliches Umfeld zu gewinnen. Kurz vor Georg Büchners 201. Geburtstag lädt die Luise Büchner-Gesellschaft auf die Büchner-Spuren in Darmstadt ein: es scheint, als hätte Caroline Büchner geb. Reuß jedes ihrer Kinder in einer anderen Wohnung auf die Welt gebracht – von 1813 bis 1827 ist die Familie sieben Mal umgezogen! Diesmal wollen wir uns bei einem kleinen Spaziergang besonders über die Schulen und die Schulwege unterhalten. Georg und die Brüder besuchten das einzige Darmstädter Gymnasium, das Pädagog, aber hatten sie auch eine „Grundschule“?
Die Büchnerbande – ohne Thomas Heldmann – im April 2013 vor dem Pädagog
Und wo wurden die beiden Mädchen beschult? Und welche Schulen besuchten die „einfachen Leute“ in Darmstadt zu dieser Zeit?
Am wieder aufgebauten Alten Pädagog, wo Georg Büchner und seine Brüder zur Schule gingen, angekommen, hören Sie im Theaterkeller Musik von Hans-Willi Ohl und Originaltexte der Büchners über ihr Darmstadt.