Das Büchnerhaus macht eine kleine Sommerpause – vom 5. bis zum 22. August bleibt es geschlossen.
Anstelle eines schlichten Urlaubs nutze ich in diesem Jahr die Gelegenheit zu einer Sommerexkursion – und die geplante Dimension macht das nach Anzahl und Entfernung zu einer olympiareifen Übung.
Ich plane binnen 12 Tagen Besuche bei
Grimm
Fallersleben
Gleim
Fontane
Tucholsky
Chamisso
dem Theater am Rand
Kleist
Hauptmann
Ringelnatz
Jahn
der Landesausstellung in Halle und
dem Haus der Weimarer Republik
Die literarischen und/oder historischen Museen und Gedenkstätten bieten alle naheliegende Anknüpfungspunkte zu den Themen des BücherHauses, die freundlichen Reaktionen auf meine Besuchsankündigung machen mich um so gespannter auf den Austausch.
Wenn es meine Zeit, die Umstände und das W-Lan zulassen, möchte ich von unterwegs an dieser Stelle kurze Berichte erstatten – es kann also nichts schaden, zwischen dem 4. und dem 15. August gelegentlich hier vorbeizuschauen.
Die Reise für BüchnerFindetStatt wird freundlicherweise unterstützt mit Projektmitteln des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, das die Reorganisation von Bücherhaus und Büchnerbühne von 2020 bis 2022 fördert.
Das Geburtshaus von Georg Büchner liegt geographisch zwischen Hambach und Frankfurt, zwischen dem Ort des republikanischen Aufbruchs und dem Ort der ersten gewählten Volksversammlung in Deutschland. Tatsächlich beschreibt der geographische Ort auch historisch ziemlich genau die historische „Verortung“ der Republikaner um den Hessischen Landboten.
Am Montag, dem 12. Juli, stellten Bürgermeister Marcus Kretschmann, der Vorsitzende des Neuen Vereins „BüchnerFindetStatt“, Werner Schmidt, und der Leiter des Museums Büchnerhaus, Peter Brunner (v.r.n.l.), die neue Plakette „Ort der Demokratiegeschichte“ am Büchnerhaus vor.
hat zum Ziel, „… die Wahrnehmung der deutschen Demokratie- und Freiheitsgeschichte lokal, regional und deutschlandweit zu fördern und darüber demokratische Teilhabe und Zivilcourage anzuregen“. Das Büchnerhaus ist ebenso wie die Paulskirche und das Hambacher Schloss Mitglied der Arbeitsgemeinschaft und erweitert damit sein Netzwerk bundesweit. Georg Büchner gehört „als einer der wirkmächtigsten politischen Schriftsteller des Vormärz“zu den „Hundert Köpfen der Demokratie“, die die Arbeitsgemeinschaft zusammengestellt hat.
Bundespräsident Steinmeier hat in seinem Beitrag „Deutsch und Frei“ vom 14.3. 2019 in der ZEIT die Pflege „der Stätten, von denen Demokratie ausging“ gefordert. Das Büchnerhaus erwähnt er
„In Berlin und Bonn leisten großartige Museen und der Bundestag wichtige Beiträge zur Erinnerungsarbeit. Aber es gibt weitere herausragende Orte der deutschen Freiheits- und Demokratiegeschichte: Das Hambacher Schloss, der Friedhof der Märzgefallenen und die Festung Rastatt, das Weimarer Nationaltheater, Herrenchiemsee und die Nikolaikirche in Leipzig zählen dazu. Sie alle sollten nicht nur Ereignisorte sein, sondern wir sollten gemeinsam dafür sorgen, dass sie Lernorte der Demokratie werden. Darüber hinaus gibt es unzählige weitere Orte der Demokratiegeschichte, kleine und große, bekannte und weniger bekannte. Ich denke etwa an das Geburtshaus von Georg Büchner in Riedstadtund das von Matthias Erzberger in Buttenhausen, das Teehaus in Trebbow, wo sich Widerständler des 20. Juli trafen, an Denkmäler wie jenes für die Unterzeichnung der Weimarer Verfassung in Schwarzburg oder für die frühen Großdemonstrationen im Herbst 1989 in Plauen.“
Der Deutsche Bundestag hat in der Folge dieser Überlegungen am 9. Juni 2021 die Errichtung einer „Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte“ beschlossen.
„Mit dem Gesetz soll eine öffentlich-rechtliche Bundesstiftung zur Förderung national bedeutsamer Orte geschaffen werden, die symbolhaft für die wechselvolle Geschichte der Demokratie in Deutschland stehen. Ziel ist es, mit Projektförderungen, eigenen Veranstaltungen oder Kooperationen bundesweit das Bewusstsein für den Wert der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu schärfen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters: „Die deutsche Geschichte zeigt, wie fragil demokratische Gesellschaften sein können. Die Botschaft daraus ist: Freiheit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeiten, sondern müssen täglich gelebt,gestaltet und auch erkämpft werden. An den Orten der Demokratiegeschichte lässt sich konkret veranschaulichen, wie hart errungen unsere demokratischen Freiheitsrechte sind und was es zu verteidigen gilt. Die neue Bundesstiftung wird durch die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit das Bewusstsein für demokratische Werte schärfen und die Zivilgesellschaft stärken. Die breite Unterstützung des Parlaments für den Gesetzesentwurf ist daher auch ein klares Bekenntnis zu unserer Demokratie.“ Der … Gesetzentwurf ist Teil der im Koalitionsvertrag vereinbarten Konzeption zur Förderung der Orte der deutschen Demokratiegeschichte. Die neu zu errichtende Stiftung mit Sitz in Frankfurt am Main soll das Engagement des Bundes koordinieren und bündeln.“ (Pressemitteilung der Bundesregierung vom 10. Juni 2021)
Als Grundlage seiner Arbeit hat der Vorstand des Fördervereins Büchnerhaus formuliert:
„Die Wahrung der Erinnerung an Georg Büchner ist hohl und unergiebig, wenn sie nicht aktuelle Bezüge hat. Kenntnis und Verständnis der Geschichte des 19. Jahrhunderts, des Jahrhunderts der Büchners, ist eine elementare Voraussetzung für das Verständnis deutscher, ja europäischer Geschichte bis heute, und ohne Kenntnis der Geschichte lässt sich die Gegenwart nicht erfolgreich gestalten.
Das Büchnerhaus regt dazu an, sich Büchners Werk und Leben zu nähern. Dazu stellt es neue Erkenntnisse vor, fördert die Debatte, regt zu kritischer Auseinandersetzung an, macht auf parallele Werke und Entwicklungen anderer Länder und Kulturen aufmerksam und stellt sich stets der Frage nach der Aktualität Büchners in Literatur und Politik.“
Unser neuer Verein „BüchnerFindetStatt“ – entstanden aus der Fusion von BüchnerBühne & BüchnerHaus – wird auch in Zukunft nach dieser Maxime arbeiten.
In Büchners Leben und Werk sind der Autor, der Republikaner und der Naturwissenschaftler nicht voneinander zu trennen. Das Büchnerhaus weist sich mit der Plakette als „Ort der Demokratiegeschichte“ aus, es ist und bleibt darüber hinaus auch und mit gleicher Bedeutung der Ort des Autors und des Forschers. Schon bislang war das durch die Plakette „Literaturland Hessen“ ausgewiesen, die das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, der Hessische Literaturrat und der Hessische Rundfunk dem Büchnerhaus verliehen haben.