Peter Brunners Buechnerblog

Kategorie: Zeitgen (Seite 5 von 5)

Leben, Kochen, Putzen, Historisches

Und die Einen steh´n im Dunklen …

Ich komme vom Christkindlesmarkt, überall Haufen zerlumpter, frierender Kinder, die mit aufgerissenen Augen und traurigen Gesichtern vor der Herrlichkeit aus Wasser und Mehl, Dreck und Goldpapier standen.

Speisekarte des Restaurants „Au Crocodile”, Strasbourg, Januar 2009

Der Gedanke, daß für die meisten Menschen auch die armseligsten Genüsse und Freuden unerreichbare Kostbarkeiten sind, machte mich sehr bitter.

Georg Büchner, Brief an die Familie, Straßburg, 1. Januar 1836

„Wie der hessische Löwe auf das linke Ufer des Rheins gelangte.“

In Zwingenberg konnte man kürzlich von Dr. Emrich lernen, welche Löwen heraldisch wann und warum in welche Wappen gerieten, und in der Folge erläutert er am 25. 11. dessen Sprung über den Rhein. Das Thema, das gewählt wurde, um an die Jubiläen zur Erweiterung Hessens vor 200 Jahren zu erinnern, ist in unserem Zusammenhang von besonderem Interesse: das entstandene Großherzogtum von Hessen und bei Rhein ist das Staatsgebiet, in dem die Büchners den größten Teil ihres Lebens verbrachten.

Darüber hinaus soll nicht verschwiegen werden, dass der Autor dieser Zeilen sich selbst noch immer auch als „Rheinhessen” begreift: ich wurde dort geboren und habe die ersten Jahre meines Lebens in Badenheim und Wöllstein verbracht. Dies war einer der Gründe für mich, schon vor einiger Zeit auf Isaak Maus und sein „Ein überrheiner Bauersmann an seinen Kurfürsten zu München im Bayerland” aufmerksam zu machen; in Kürze stelle ich auch das „Lied der freien Wöllsteiner” aus der „Franzosenzeit” hier ein.

 

 

Der Förderkreis Kunst und Kultur

 

Zwingenberg e.V. lädt ein:

 

 

 

 

Vortrag:

 

„Wie der hessische Löwe

 

auf das linke Ufer des

 

Rheins gelangte

 

 200 Jahre Rheinhessen 

 

 

 

Referent: Dr. Dieter Emrich,

(Bensheim) 

 

 

 

Zwingenberg

 

Freitag, 25.11., 19:30 Uhr,

 

Saal Altes Amtsgericht

 

 

Gäste sind herzlich willkommen

 

 

Veranstalter: Förderkreis für Kunst und Kultur Zwingenberg e.V.

Bürgermeister a.D. Dieter Kullak (Vorsitzender)

 

 

Auf Einladung des Vereins Förderkreises Kunst und Kultur Zwingenberg e.V. hält Dr. Dieter Emrich am 25.11.2011, 19.30 Uhr, im Saal des Alten Amtsgerichts in Zwingenberg einen Lichtbildervortrag über die Entstehung hessischer Territorien links des Rheins. Es wird davon die Rede sein, was Hessen mit Straßburg und Pirmasens verband und weshalb sich der vom Franzosenkaiser Napoleon I zum Großherzog Ludwig von HessenDarmstadt ernannte, zunächst gegen eine linksrheinische Erweiterung seines Territoriums vehement sträubte.

Zugleich soll auch auf unserer Seite des Rheins der Bildung der Provinz Rheinhessen vor bald 200 Jahren betrachtet werden. Von Ursachen und Umständen dieses Gebietserwerbs des Großherzogtums HessenDarmstadt soll die Rede sein. Bis 2016 werden in Rheinhessen in regelmäßigen Abständen Kolloquien stattfinden, welche die unterschiedlichsten Aspekte rheinhessischer Geschichte ansprechen. Auftakt ist eine Veranstaltung im November 2011 in Alzey, gemeinsam durchgeführt vom Alzeyer Verein für Geschichte und Kunst, dem Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V. und der Arbeitsgemeinschaft Rheinhessische Heimatforscher e.V. Die geplante umfassende Rückschau beweist die landsmannschaftliche Identität der uns benachbarten rheinhessischen Bevölkerung auch noch heute, bald 70 Jahre nach der Abtrennung dieser Region von Hessen durch die BesatzungsmächteRheinhessen ist z. B. heute noch eine Propstei der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Rheinhessen ist ein profiliertes Weinanbaugebiet und wird touristisch eigens beworben.

Zu Hessen kam diese Provinz aufgrund langwieriger Verhandlungen über die territoriale Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress nach den Niederlagen Napoleons erst in der Völkerschlacht bei Leipzig und dann bei Waterloo.

Der noch junge Verein Förderkreis Kunst und Kultur Zwingenberg lädt alle Interessierte sehr herzlich ein. Der Eintritt ist frei.

 

Speis und Trank mit Kraft und Stoff für den September

 „ … Indem man mehr und mehr einsieht, wie sehr die Erziehung der Frau, im Gegensatz zu der des Mannes, seit Jahrhunderten vernachlässigt ist, lässt man ihren natürlichen Anlagen mehr Gerechtigkeit widerfahren.

Was uns von frühester Kindheit am meisten mangelt, das ist die Gewöhnung an folgerichtiges Denken und folgerichtiges Handeln. Unter tausend Mädchen lernen neunhundert das, was sie später leisten sollen, nur zufällig, im Absehen, im Hin-und Her-Rennen, unter Gescholten werden, und indem man ihnen gleichzeitig den Sinn durch eine Menge anderer Dinge zerstreut. Aber systematisch, nach Plan und Regeln werden nur wenige Glückskinder unter uns, ebenso wohl im Praktischen wie Geistigen, ausgebildet. Da gibt es gescheite Leute, welche, wenn sie sehen, wie sich ein Mädchen recht skeptisch und linkisch in praktischen Dingen benimmt, voll heißer Ungeduld ausgerufen: wie kann man sich für ein Mädchen so einfältig anstellen! Als ob ein Mädchen als praktisches Genie vom Himmel fiele, als ob es nicht erst durch verständige Anleitung und Übung praktisch gemacht werden müsse.

Das Universalmittel, welches für das Kochen, das Scheuern, das Waschen ebenso notwendig ist, wie für das Dichten, Französisch-Sprechen und Klavier-Spielen, ganz unerlässlich aber diejenige, welche den kleinen, höchst komplizierten Start, genannt Haushaltung, regieren soll – heißt: denken! Wer nicht denkt, macht alles verkehrt, und wenn man’s auch nicht besonders gelernt hat, so kann man es sich doch mit gutem Willen immer noch aneignen, sobald man einmal die Kinderschule ausgetreten hat. …”

 

Luise Büchner: die Frau.

Hinterlassenen Aufsätze, Abhandlungen und Berichte zur Frauenfrage

Halle. Hermann Gesenius. 1878.

Eine häusliche Betrachtung (S. 353 – 357, Auszug)

 

 

 

Hier wie versprochen (und nicht nur für die Frau….) aus Charlotte Böttchers

„Kraft und Stoff. Deutsches Universalkochbuch … ” von 1882

die Einkaufsempfehlungen und Rezeptvorschläge

 

Monat September

 

Kraut-und grüne Gemüse.

 

Spinat. Schnittbohnen. Rosenkohl (noch teuer). Blumenkohl. Savoyer Kohl. Roter Kohl. Magdeburger Sauerkohl. Kopfsalat.

 

 

Wurzelarten.

 

Neue Kartoffeln. Mairüben. Steckrüben. Junge Wurzeln. Karotten. Petersilienwurzeln. Sellerie. Rote Beete. Frische Gurken. Radieschen. Rettig. Junge Zwiebeln (noch teuer). Perlzwiebeln. Champignons.

 

 

Hülsenfrüchte.

 

Pahl-Erbsen. Junge Erbsen.

 

 

Fruchtsorten.

 

Johannisbeeren. Himbeeren. Bickbeeren. Kronsbeeren. Weintrauben. Pfirsiche (teuer). Aprikosen. Frische Pflaumen. Zwetschgen. Kochäpfel. Kochbirnen. Melonen (sehr teuer). Zitronen (teuer). Senf-, Pfeffer-und Salzgurken.

 

 

Zahmes Geflügel.

 

Küken. Suppen-Hühner. Tauben. Junge Gänze. Junge Kalkuten. Junge Poularden.

 

 

Wild-Geflügel.

 

Krammetsvögel. Junge Rebhühner. Alte Rebhühner. Küken. Junge Krick-Enten. Junge wilde Enten.

 

 

Wild.

 

Hasen. Rehkeule. Rehrücken.

 

 

Süßwasser-und See-Fische.

 

Schleie. Karpfen. Hechte. Lachsforellen. Frische Aale. Geräucherte Aale. Frischer Rheinlachs (teuer). Südschollen. Elbbutt. Schellfisch. Krebse. Hummer.

 

 

 

Speisezettel für alle Tage im Jahre.

 

Monat September.

 

 

  1. Suppe mit gerösteten Schwarzbrot. Leipziger Allerlei von jungem Huhn, Blumenkohl, Erbsen, Klösschen und Krebsschwänzen.

  2. Reissuppe. Weiße Rüben mit Bratwurst.

  3. Graupensuppe. Grüne Bohnen mit Schöpsenfleisch.

  4. Suppe mit Sago und Blumenkohl. Gedämpfte Ente mit Pastetchen. Rebhühnerbraten mit Krautsalat.

  5. Eiernudelsuppe. Möhren mit Bratwurst.

  6. Semmelsuppe mit abgequirltem Ei. Rindfleisch mit Senf und Kohlrabi.

  7. Hirsensuppe. Ragout von Enten und Rebhühner mit Salzkartoffeln.

  8. Suppe mit Sagogries und Morcheln. Grüne Bohnen mit Schöpsenkarbonade. Kalbsnierenbraten mit Gurkensalat.

  9. Braune Suppe. Gefülltes Weißkraut.

  10. Grimpelsuppe. Gänseklein mit Kartoffelklößen.Suppe mit Nudeln. Hühnermagen und Leber.

  11. Blumenkohl mit gebackenen Hühnern. Gänsebraten mit Birnen-Kompott.

  12. Grießsuppe mit klein geschnittenem Sellerie. Wirsing mit Bratwurst.

  13. Durchgerührte grüne Suppe mit geröstetem Weißbrot. Rindfleisch mit Morcheln und Klösschen.

  14. Gebrannte Mehlsuppe. Weiße Rüben mit Rindspökelfleisch.

  15. Reissuppe. Taubenfricassee. Schöpsenbraten mit Bohnensalat.

  16. Grimpoelsuppe. Möhren mit kaltem Rindspökelfleisch.

  17. Hasensuppe. Hasenklein mit Schmorkraut.

  18. Suppe mit Sago und Kräutern. Gefüllter Wirsing mit Schinken. Hasenbraten mit Krautsalat.

  19. Eiernudelsuppe. Rindfleisch mit Kartoffeln und Sellerie.

  20. Suppe mit ausgestochenem Ei und Petersilie. Rebhuhnfricassee mit Schmorkraut.

  21. Graupen Suppe. Ragout von Schöpsenbraten mit Salzkartoffeln.

  22. Suppe mit geschnittenem Eierkuchen und Kräutern. Frischer Hecht mit Weinsauce. Rinds-Schmorbraten mit geschmorten Heidelberen.

  23. Hirsensuppe. Fricassee von Huhn.

  24. Gebrannte Mehlsuppe. Weiße Rüben mit Schöpsenfleisch.

  25. Braune Fleischbrühesuppe mit Sago und Hühnermagen und Lebern. Blumenkohl mit geräucherter Rindzunge. Gänsebraten mit Kompott.

  26. Graupensuppe mit Zitrone. Möhren mit frischem oder gesalzenem Schweinefleisch.

  27. Eiergraupensuppe. Rindfleisch mit Senf und Kapernsauce.

  28. Biersuppe mit geröstetem Brot. Gänse lein mit Ragoutsauce und Kartoffelklößen.

  29. Reissuppe mit klein geschnittenem Sellerie. Wirsing mit Schöpsenkoteletts. Gebratene Rebhühner mit Krautsalat.

  30. Hasensuppe. Kalbfleischfricassee.

Zu Tisch mit Kraft und Stoff, Deutschland, August 1882

Wie versprochen und ermutigt durch freundliche Antworten und Nachfragen (z.B. liebe Monika G.: wieder einiges Schöpsenfleisch, aber immerhin nicht Hammel, was ich erwartet hatte; liebe Christa W.: mich wundert auch, dass es so gar keine Zuordnung der Gerichte zu Wochentagen gibt,  es ist durchaus nicht jedes siebte Essen ein besonders reichhaltiges Sonntags- oder ein fleischfreies Freitagsessen) pünktlich zum Monatsbeginn ein weiteres Dokument zur Ernährung im bürgerlichen Haushalt des neunzehnten Jahrhunderts

 

 (Details und die Erläuterung, was das hier soll, finden sich hier)

 

Charlotte Böttchers „Speisezettel für alle Tage in Jahre“ aus ihrem Kochbuch „Kraft und Stoff“.

 

Hamburg. J. F. Richter. 1882. 6. Aufl.

 

 

Unbekanntes Personal in der Küche im Souterrain der Villa Büchner.

Foto von Ernst Büchner. Datiert 1915 

 

Monat August

 

  1. Fadennudeln mit Petersilie. Rindfleisch mit Blumenkohl.

  1. Reissuppe. Grüne Bohnen mit Schöpsenkoteletts und Hering.

  2. Eiergraupensuppe. Weißes Kraut mit Fleischfüllsel.

  3. Suppe mit Sago und Kräutern. Grüne Bohnen mit Rindspökelzunge. Gebratene Hühner mit Blumenkohlsalat.

  4. Gebrannte Mehlsuppe. Puffbohnen mit Bratwurst.

  5. Graupen Suppe. Ragout von Rindspökelzunge und neuen Kartoffeln.

  6. Suppe mit Kräutern, Hühnermagen und Leber und geröstetem Weißbrot. Blumenkohl mit jungem Huhn. Wildbraten mit Apfel-Kompott.

  7. Griessupe. Grüne Bohnen mit Schöpsenfleisch und Hering.

  8. Fadennudelsuppe. Rindfleisch mit Kartoffeln.

  9. Suppe von frischen Kirschen. Gefülltes Kraut mit gebackenen Kalbsnierenschnitten.

  10. Reissuppe mit abgequirltem Ei. Ragout von Wildbraten. Entenbraten mit Bohnensalat.

  11. Sagogrießsuppe. Möhren mit Bratwurst.

  12. Kartoffelsuppe mit Petersilie. Kohlrabi mit Schöpsenfleisch.

  13. Suppe mit Sago und Morcheln. Gefüllter Wirsing mit Rindspökelzunge. Gebackener Hecht mit warmem Kartoffelsalat.

  14. Grieß Suppe. Rindfleisch mit Champignonsauce.

  15. Taubensuppe mit Eiernudeln. Grüne Bohnen mit Rindspökelzunge.

  16. Gebrannte Mehlsuppe, Blumenkohl mit Bratwurst.

  17. Reissuppe. Weiße Rüben mit Schöpsenkoteletts. Rebhühnerbraten mit Krautsalat.

  18. Graupensuppe. Weißkraut mit Fleischklösschen.

  19. Grimpelsuppe. Rindfleisch mit Kohlrabi.

  20. Suppe mit Markklösschen und Kräutern. Wirsing mit Schinken. Gänsebraten mit Krautsalat.

  21. Fadennudelsuppe. Möhren mit frischem Schweinefleisch.

  22. Suppe mit Sago und Kräutern. Rindfleisch mit weißer Heringssauce und Salzkartoffeln.

  23. Graupensuppe mit Zitrone. Gänseschwarz mit Kartoffelbrei.

  24. Braune Suppe mit Fleischfüllsel. Grüne Bohnen mit Schinken. Entenbraten mit Birnenkompott.

  25. Grieß Suppe. Weiße Rüben mit Schöpsenfleisch.

  26. Wassersuppe mit Petersilie. Saure Kartoffeln mit gesalzenem Schweinefleisch.

  27. Suppe mit Sagogrieß und Rotwein. Wirsing mit gebackenen Hühnern. Hasenbraten mit Äpfel-Kompott.

  28. Suppe mit abgequirltem Ei und Klösschen. Rindfleisch mit Blumenkohl.

  29. Hirsensuppe. Grüne Bohnen mit Schöpsenfleisch und Hering.

  30. Hasensuppe. Hasenklein mit warmem Krautsalat (Schmorkraut).

 

Sowie

 

„Was bringt jeder Monat auf den Markt?“

 

Monat August

 

Kraut-und Grüne Gemüse.

Spinat. Sauerampfer. Frische Schnittbohnen. Blumenkohl (sehr billig). Savoyer Kohl. Roter Kohl. Kopfsalat.

 

Wurzelarten.

Mairüben. Junge Wurzeln. Karotten. Neue Kartoffeln. Petersilienwurzeln. Sellerie. Frische Gurken. Radieschen. Rettig. Junge Zwiebeln (billig). Silber Zwiebeln. Frische Champignons (noch teuer).

 

Hülsenfrüchte.

Pahl-Erbsen.

 

Fruchtsorten.

Erdbeeren. Johannisbeeren, rote und weiße. Himbeeren. Stachelbeeren. Bickbeeren (billig). Krons-oder Preisselbeeren (noch teuer). Brombeeren. Kirschen. Aprikosen. Eßbirnen. Weintrauben (noch selten). Melonen (billig). Kochäpfel. Kochbirnen (billig). Zitronen (teuer).

 

Zahmes Geflügel.

Küken. Suppenhühner. Tauben. Junge Poularden. Junge Gänse. Junge Kalkuten (teuer).

 

Wild-Geflügel.

Junge wilde Enten (billig). Junge Rebhühner (selten).

 

Wild.

Rehkeulen. Rehrücken.

 

Süßwasser-und See-Fische.

Schleien. Karpfen. Hecht. Lachsforellen. Frische Aale (teuer). Geräucherte Aale (teuer). Elblachs. Seeschollen. Krebse. Hummer.

 

 

Kraft und Stoff essen und trinken – der Monat Juli

Ich habe letzten Monat versprochen, einmal im Monat aus dem wunderbaren Kochbuch „Kraft und Stoff“ der Charlotte Böttcher (aus meiner, der sechsten, Ausgabe von 1882, die ich natürlich nur deshalb besitze, weil sie unglaublicherweise den gleichen Titel trägt wie Ludwigs Jahrhundertwerk) die Einkaufs- und Kochhinweise zu veröffentlichen. Dafür bin ich gelobt und gerügt worden.

 

 

Lob gab es für die Bandbreite dieser „Büchner Seiten“, Rügen für die kaum lesbaren Reproduktionen. Daher folgt der Text hier jetzt aus der Frakturschrift transkribiert und damit hoffentlich leichter les- und nutzbar. Die Gelegenheit der Transkriptionen und die weitere Einübung meiner Diktiersoftware führt dazu, dass ich hier und heute auch die beiden Einleitungstexte zu den Kapiteln „Speisezettel für alle Tage in Jahre“ und „Was bringt jeder Monat auf den Markt“ veröffentliche. Ich habe übrigens keinen Zweifel, dass diese Texte auch dazu dienen können, unsere Vorstellung vom täglichen Leben der Büchners zu präzisieren. Charlotte Böttchers „Zielgruppe“ waren ganz sicher die bürgerlichen Haushalte, wie sie Ludwig Büchners Frau Caroline Georgine Sophie in der Darmstädter Grafenstraße und Wilhelm Büchners Frau Elisabeth in seiner Pfungstädter Villa führten. In der Gaststube der Pfungstädter Villa hängen zwei Fotos, die uns die Zeit der Jahrhundertwende, als die Geschwister schon gestorben waren, dennoch nahe bringen: zwei Dienstmädchen in ihrer Pause auf einer Bank im Park und Mary Büchner, wie sie zusammen mit zwei Dienstboten zusammen im Garten Spargel schält.

 

 

Mary Büchner, Wilhelm Büchners Schwiegertochter,  beim Spargelschälen mit Personal im Park der Villa Büchner (Südseite, vor dem Wintergarten, da, wo heute der Kaffegarten eingerichtet ist). Foto ihres Sohnes Ernst Büchner. 1915.

 

 

Ich wünsche einen wunderbaren neuen Monat und

 

guten Appetit!

 

Speisezettel für alle Tage im Jahre.

 Der nachstehende Speisezettel für alle Tage im Jahre soll nur ein schneller Ratgeber sein, wenn, wie es doch oftmals in jedem Haus Stande vorkommt, die Hausfrau sich fragen muss, ja was essen wir den heute oder morgen? Eine Antwort auf diese Frage findet man hier für den größten wie kleinsten Hausstand. Man hat nicht nötig, jeden Tag speziell so einzurichten, wie er verzeichnet sind, nein, man nimmt sich den betreffenden Monat her und sucht nun dort nach. Passt das eine Gericht nicht, so passt das Andere des nächstfolgenden Tages vielleicht usw. Man binde sich auch ja nicht an die oft zu ausgedehnten Speisezettel, sondern es werde davon fortgelassen, was zu hohe Ausgaben erfordert. Dieser Speisezettel zählt aber in jedem Monat diejenigen Fische, Gemüse etc. auf, die der Markt bringt.

 

  1. Suppe mit Gries. Puffbohnen mit Bratwurst.

  1. Grimpelsuppe. Taubenfricassee.

  2. Krebssuppe mit Blumenkohl und Semmelklösschen. Grüne Erbsen mit Fleischfüllsel. Entenbraten mit Blumenkohlsalat.

  3. Suppe mit Semmel und zerfahrenem Ei. Puffbohnen mit Schweinskoteletts.

  4. Fadennudelsuppe. Kohlrabi mit Schöppsenfleisch.

  5. Kerbelsuppe. Zuckerschoten mit Bratwurst

  6. Suppe mit Sago und Eiergelee. Blumenkohl mit gebackenen Hühnern. Rindeschmorbraten mit Grießklößen.

  7. Hafergrützsuppe. Puffbohnen mit Schinken.

  8. Heidelbeerensuppe mit gerösteten Semmelschnitten. Grüne Erbsen mit Omelett.

  9. Suppe mit Klösschen und Blumenkohl. Schleien mit Buttersauce. Gänsebraten mit Preiselbeeren.

  10. Reissuppe. Rindfleisch mit Senf und Kohlrabi.

  11. Suppe mit eingesetztem Ei und Schwarzbrot. Puffbohnen mit frischem oder gesalzenem Schweinefleisch.

  12. Milchsuppe mit Mandelklösschen. Grüne Erbsen mit Kalbskoteletts.

  13. Suppe mit Wurzelkräutern und Weißbrot. Blumenkohl mit jungen Hühnern, Klösschen, Erbsen, Karotten und Krebsschwänzchen.

  14. Bierkaltschale mit kleinen Rosinen. Grüne Bohnen mit neuem Hering und Spiegeleiern mit Cervelatwurst.

  15. Wassersuppe mit Petersilie und Kerbel. Puffbohnen mit Bratwurst.

  16. Suppe mit Sago und Blumenkohl. Wirsing mit gebratenen Hühnern. Rindsfiletbraten mit Apfelkompott.

  17. Graupensuppe. Grüne Erbsen mit kaltem Rindspökelfleisch.

  18. Suppe mit Kräutern und gerösteten Semmel. Rindfleisch mit Blumenkohl und Kohlrabi.

  19. Reissuppe mit abquirltem Ei. Puffbohnen mit Schweinskarbonade oder gebratene Schweinsschulter.

  20. Suppe mit Sago. Gefüllter Wirsing mit Rindspökelfleisch. Kalbnierenbraten mit Blumenkohlsalat.

  21. Grießsuppe. Grüne Erbsen mit Klösschen und Bratwurst.

  22. Heidelbeersuppe mit geröstetem Weißbrot. Fricassee vom Wildbret.

  23. Krebssuppe mit Reis und Blumenkohl. Kohlrabi mit Schöpsenkarbonade. Gänsebraten mit Bohnensalat.

  24. Suppe von frischen Kirschen mit gerösteten Semmelschnitten. Möhren mit frischem Schweinefleisch.

  25. Sagosuppe mit Eiergelee. Rindfleisch mit Champignons.

  26. Braune Suppe. Gänseklein mit neuen Kartoffeln.

  27. Suppe mit Kräutern und Wurzeln und Klösschen. Grüne Bohnen mit Hering. Gebratene Hühner mit geschmorten Kirschen.

  28. Bierkaltschale mit kleinen Rosinen. Grüne Erbsen mit gebackenen Fleischklösschen.

  29. Wassersuppe mit gerösteten Semmelwürfeln und Petersilie. Puffbohnen mit Bratwurst.

  30. Braune Fleischbrühsuppe mit Kalbsniere und Blumenkohl. Wirsing mit Fleischpastetchen. Gebackener Karpfen mit Salat.

 

 

Was bringt jeden Monat auf den Markt?

 

Es hat etwas außerordentlich die Tischfreuden erhöhendes, wenn in dem Aufgetragenen Mannigfaltigkeit der Gaben aus allen den Naturreichen herrscht. Aus diesem Grunde des Ergötzens an Abwechslung wird es zur wichtigen Bedingung, dass nicht immer die nämlichen Speisen in zu kurzen Zwischenräumen wiederkehren, wenigstens nicht ohne veränderte Zubereitung an einem der folgenden Tage und mit neuen Beigaben aufgeschmückt. Eine zu baldige Folge irgend ein und desselben Gerichts kann überhaupt nur dann gerechtfertigt erscheinen, wenn es irgendein Gegenstand für die Kochkunst ist, mit welchem die Jahreszeit rasch vorüber geht. Abwechslung bei dem, dass die Küche auf den Tisch schickt, ist schon darum eine der größten Bedingungen, weil die Appetilichkeit zumeist darin beruht.

 

Eine vorzüglich zubereitete und dem Benutzer angenehme Speise, immer wieder oder doch wenigstens zu häufig auf den Tisch zu bringen, würde in zunehmender Steigerung den Widerwillen der Speisenden daran erwecken. Nur wenn wir etwas uns wahrhaft Anmutendes essen, vergnügen sich zuerst daran die Sinne, von welchen namentlich der Geruchssinn nicht lange ein und dieselbe Speise erträgt. Endlich aber wird stets und immer nur dasjenige der Gesundheit förderlich sein, was gerne mit hohem Behagen genossen wurde.

Es ist ein ganz besonders vornehmes Gesetz, mit den Jahreszeiten zu leben und womöglich nichts von den Reichtümern zu versäumen, die jeder Monat in seinem mehr oder minder wohl versehenen Füllhorn führt.

Außerdem haben diejenigen Produkte, welche jedesmaligen Jahreszeit mit sich bringen, ja schon von selbst den eminenten Reiz des Neuen, und indem dies nur ihr zugleich soviel Erfrischendes, Anmutendes, ja selbst Heilsames darbietet, lebt Derjenige, welcher mit der Jahreszeit lebt, nach dem Willen der Natur, nach dem schönen Gleichgewicht blühender Erhaltung, zu welchem abwechselnde Mannigfaltigkeit allein die Mittel geben.

Darum ist die Frage, welche wir voranstellten: „was bringt jeder Monat auf den Markt“ eine so wesentliche naturnotwendige, dass wir es unternehmen, die Erzeugnisse, welche alle zwölf Monate der Küche liefern, in systematischer Ordnung aufzureißen. Diese Ordnung in den nun angelegten Tabellen wird folgende sein: Kraut-und grüne Gemüse. – Wurzelarten. – Hülsenfrüchte. – Fruchtsorten. – (Da die Fleischarten der größeren Zucht-und Schlachttiere sich täglich ganz von selbst ergeben) Zahmes Geflügel. – Wild-Geflügel. – Wild. – Süßwasser-und See-Fische (einschließlich der Schaltiere oder auch Meerfrüchte genannt, wozu außer Krebs und Hummer, noch Muscheln und Austern gehören, welche Letztere in jedem Monate, dessen Namen ein „R“ führt, zu haben sind).

 

 

 

 

Monat Juli.

 

Kraut und grüne Gemüse.

Petersilie. Sauerampfer. Spinat. Frische Schnittbohnen. Türkische Erbsen. Blumenkohl. Savoyer Kohl. Kopfsalat.

 

Wurzelarten.

Neue Kartoffeln (billig). Junge Wurzeln. Mai Rüben. Karotten. Frische Gurken. Rettige. Frische Champignons (teuer)

 

Hülsenfrüchte.

Pahl-Erbsen. Zucker-Erbsen.

 

Fruchtsorten.

Erdbeeren. Stachelbeeren. Johannisbeeren. Himbeeren. Heidel-Bick-Beeren (anfänglich noch teuer). Kirschen (sehr billig). Eßbirnen. Aprikosen (noch teuer). Melonen. Zitronen (teuer).

 

Zahmes Geflügel.

Küken. Suppen-Hühner. Tauben. Enten. Junge Gänse (teuer). Poularden.

 

Wild.

Rehkeule. Rehrücken.

 

Süßwasser-und See Fische.

Schleie. Karpfen.Hecht. Frischer Aale.Geräucherte Aale.Lachsforelle. Elblachs.Seezungen. Südschollen. Große Schollen. Steinbutt. Elbbutt. Krebse. Hummer.

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