Peter Brunners Buechnerblog

Georg Büchner

Karl Georg Büchner (* 17. Oktober 1813 in Goddelau, Großherzogtum Hessen; † 19. Februar 1837 in Zürich) war einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller. Er ist Vertreter des Vormärz und tat sich auch als Revolutionär hervor, weshalb er ins Exil gehen musste. In seinem Lustspiel Leonce und Lena kommen dagegen romantische Elemente zum Tragen. Neben seiner Rolle als Schriftsteller war er außerdem Naturwissenschaftler.

Georg Büchner kam am 17. Oktober 1813 im hessischen Goddelau als Sohn des Distriktsarztes Ernst Büchner und dessen Ehefrau Louise Caroline Büchner, geborene Reuß, zur Welt.

1816 siedelte die Familie nach Darmstadt über, wo der Vater die Stelle des Bezirksarztes antrat. 1821 begann für den achtjährigen Georg der Elementarunterricht bei seiner Mutter. Sie unterrichtete ihn im Lesen, Schreiben und Rechnen, brachte ihm die Bibel nahe und lehrte ihn zahlreiche Volkslieder, die in seinem weiteren Werk eine wichtige Rolle spielen sollten. Bei seiner Mutter lernte Büchner wohl auch Werke von Schiller kennen, mit dessen Weltbild sich Büchner im Laufe seines Schaffens noch kritisch auseinandersetzen würde. In der Schule interessierte sich Georg Büchner nicht sonderlich für die alten Sprachen, mehr für die damals in den Schulen stark vernachlässigten Naturwissenschaften. Einmal notierte er am Rande seines Heftes: „Lebendiges! Was nützt der tote Kram?“ Büchner lernte in der Schulzeit außerdem die Geschichte der Französischen Revolution kennen, diese würde später noch Eingang in sein Werk Dantons Tod finden. Ende September 1830 hielt er anlässlich einer Schulfeier eine Verteidigungsrede für Cato von Utica, einen glühenden Verfechter der römischen Republik. Angesichts der französischen Juli-Revolution war dies die erste politische Aktion Büchners.

Studium in Straßburg

Am 9. November 1831 (im Alter von 18 Jahren) schrieb sich Georg Büchner in die medizinische Fakultät der Universität Straßburg ein. Dort wohnte er in dem Haus des evangelischen Pfarrers Johann Jakob Jaeglé, einem Bekannten des elsässischen Reuß-Zweiges, und lernte dessen Tochter Wilhelmine kennen. Hier in Straßburg wohnte er im Dezember dem Empfang der (von den zaristischen Truppen) geschlagenen Generäle des Aufstandes der unterdrückten Polen bei. Bezeugt werden diese und weitere Unternehmungen durch seine zahlreichen Briefe an die Eltern. Georg Büchner trat künftig immer häufiger für politische Freiheiten ein. So hielt er am 24. Mai 1832 einen Vortrag über die politischen Verhältnisse in Deutschland vor der Studentenvereinigung. 1832 verlobte er sich heimlich mit Wilhelmine Jaeglé (1810–1880). Sie ist die Empfängerin des sogenannten „Fatalismus-Briefs“, in dem Büchner sein Programm des Menschen als Subjectum der Geschichte formuliert. (Der Mensch könne nicht aktiv in den alles verschlingenden Prozess der Geschichte eingreifen, er werde zum „Schaum auf der Welle“, zum Spielball.) Die Zeit in Straßburg nannte Büchner später seine glücklichste Zeit. Im Frankreich der Juli-Revolution war das politische Klima sehr viel offener als in Darmstadt. Nicht nachgewiesen ist, ob Büchner schon Mitglied der französischen Gesellschaft der Menschenrechte war. Sie diente ihm später aber als Vorbild für eine eigens von ihm gegründete Gesellschaft.

Universität Gießen

Zum November 1833 wechselte Georg Büchner an die Universität in Gießen, da das feudale darmstädter Regime maximal zwei Jahre Studium im Ausland (außerhalb von Hessen-Darmstadt) erlaubt waren. Hier im Großherzogtum Hessen erlebte er unmittelbar die Schikanen der Obrigkeit und die Gewalt im Staat. Von nun an konnte er die Vorgänge nicht mehr aus nüchterner Distanz beobachten. Aus dieser Zeit sind uns große gesundheitliche Probleme von Büchner überliefert. Es bedrückte ihn nicht nur die Trennung von seiner Geliebten, sondern ihm missfiel die gesamte Situation. Im Vergleich zu Straßburg hatten ihm die Lehrer in Gießen nichts zu bieten. Zwar lehrte Justus Liebig hier Chemie, doch Büchner interessierte sich nur für Philosophie und Medizin. Auch mit den Studenten war er unzufrieden. Es gab zwar oppositionelle Bestrebungen, doch diese waren ihm nicht radikal genug. Außerdem kritisierte er, dass die Studenten unter sich bleiben wollten; Büchner wollte dagegen auch andere Bürger aufnehmen. Deshalb gründete er zusammen mit ehemaligen Schulkameraden aus Darmstadt, die zu diesem Zeitpunkt wie er in Gießen studierten, und weiteren Studenten – darunter August Becker – sowie ein paar Handwerkern die „Gesellschaft für Menschenrechte“, eine Geheimorganisation nach französischem Vorbild, deren Ziel ein Umsturz der politischen Verhältnisse war. Es schlossen sich aber insgesamt nur wenige Mitglieder an. Schon zu Beginn des Jahres 1834 war Büchner bei Friedrich Ludwig Weidig eingeführt worden, einem der führenden Oppositionellen aus Hessen-Darmstadt. Es kam aber immer wieder zu Differenzen. Weidig stand für ein Bündnis mit den wohlhabenden Liberalen, Industriellen und Handelsleuten, weil er nur so eine Chance für die Umsetzung der revolutionären Ideen sah. Büchner dagegen sah als Grundproblem die materielle Ungleichheit und die Armut der Landbevölkerung und wandte sich gegen eine Koalition mit den Wohlhabenden. Im Juli 1834 wurde der Hessische Landbote, den Büchner verfasst hatte und der von Weidig gegen den Willen Büchners umfassend überarbeitet wurde – in Druck gelegt. Es handelt sich um eine Flugschrift, die unter der Parole „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ die hessische Landbevölkerung zur Revolution gegen die Unterdrückung aufrief. Weidig hatte die Stellen, die in offenem Konflikt mit den liberalen Bündnispartnern standen, gestrichen. Büchner fand daher, Weidig hätte der Schrift ihre Grundintention genommen. Trotz der Abschwächungen Weidigs wurde die Schrift von vielen liberalen und industriellen Oppositionellen scharf kritisiert. Bei der Landbevölkerung dagegen hatte sie einigermaßen Erfolg, weshalb sogar eine zweite Auflage aufgesetzt wurde. Die Verfasser arbeiten mit Statistiken, die der Landbevölkerung vor Augen führen sollten, wie sie mit ihrer Steuerlast den überzogenen Hof finanzierten. Im August wurde Karl von Minnigerode, einer der Verschwörer, mit 150 Exemplaren des „Landboten“ gefasst und verhaftet. Am 4. August ließ Universitätsrichter Konrad Georgi das Zimmer Büchners in Abwesenheit durchsuchen. Einen Tag später wurde Büchner durch Georgi vernommen, aber nicht verhaftet.

Exil in Straßburg

1835 verfasste er nach eigenen Angaben innerhalb von fünf Wochen Dantons Tod und schickt es an Karl Gutzkow mit der Bitte um rasche Veröffentlichung. Er brauchte Geld für die geplante Flucht. Dantons Tod beschreibt das Scheitern der Französischen Revolution. Anders als der historische Danton erkennt der literarische Danton von Beginn an die Sinnlosigkeit seines Unternehmens. Nachdem Büchner einer Vorladung des Friedberger Untersuchungsrichters nicht Folge leistete, wurde er steckbrieflich gesucht. Am 9. März floh er über Weißenburg nach Straßburg. Das Geld hatte er aber nicht aus den Einnahmen von Dantons Tod, da die Untersuchungen sich schon vor dem Abschluss des Vertrages zuspitzten. Im letzten Moment hatte sich Büchner seiner Mutter anvertraut, die ihm Geld gab. Nach Büchners Flucht brach sein Vater zwar jeden Kontakt zu ihm ab, erlaubte aber der Mutter, ihn weiter mit Geld zu unterstützen. Dantons Tod wurde Ende Juli veröffentlicht. Noch in diesem Sommer übersetzte er zwei Dramen: Victor Hugos „Lucretia Borgia“ und „Maria Tudor“. Im Herbst beschäftigte er sich mit der Erzählung Lenz, in der seelische Leiden des Schriftstellers Jakob Michael Reinhold Lenz dargestellt werden. Im Winter 1835 widmete er sich wieder der Wissenschaft. Er erforschte das Nervensystem der Fische und vollendete im folgenden Jahr seine Dissertation „Abhandlung über das Nervensystem der Barbe“. Im Frühjahr stellte er die Arbeit in mehreren Lesungen der Gesellschaft für Naturwissenschaft in Straßburg vor. Daraufhin wurde er als Mitglied aufgenommen und die Arbeit wurde von der Gesellschaft veröffentlicht. In diesem Frühjahr entstand auch sein Lustspiel Leonce und Lena, mit dem er an einem Wettbewerb der Cotta’schen Verlagsbuchhandlung teilnehmen wollte. Er verpasste jedoch den Einsendeschluss und erhielt das Manuskript ungelesen zurück.

Letzte Monate in Zürich

Aufgrund seiner eingereichten Arbeit und der daran anschließenden Probevorlesung wurde Georg Büchner die Doktorwürde der Universität Zürich verliehen. Am 18. Oktober 1836 zog er dorthin und begann mit seiner Lehrtätigkeit als Privatgelehrter. Seinen Kurs „Zootomische Demonstrationen“, in dem er anhand von selbst angefertigten Präparaten die Anatomie von Fischen und Amphibien lehrte, besuchten aber nur wenige Studenten. Einer von ihnen, August Lüning, erinnerte sich aber noch 40 Jahre später mit Begeisterung daran. Schon vor seiner Übersiedlung nach Zürich hatte Büchner mit der Arbeit am Woyzeck in Straßburg begonnen. Entwürfe nahm er mit in die Schweiz – das Werk blieb ein Fragment.
Für das folgende Semester plante Büchner einen weiteren Kurs, zu dem es allerdings nicht mehr kam. Am 2. Februar 1837 erkrankte er schwer an Typhus (möglicherweise hatte er sich bei der Arbeit an seinen Präparaten infiziert), woran er am 19. Februar starb. Er wurde auf dem Stadtzürcher Friedhof „Krautgarten“ auf dem Zeltberg beerdigt. Es dauerte fast zwanzig Jahre (bis 1855), bis seine Geschwister das Grab zum ersten Mal besuchten. Nach der Einebnung des Friedhofes bettete man 1875 die sterblichen Überreste auf den Germaniahügel am Zürichberg („Rigiblick“) um.

 

 

Werke

 

•          Der Hessische Landbote, 1834 – zusammen mit Friedrich Ludwig Weidig (Flugschrift)

•          Dantons Tod, 1835 (Drama)

•          Lenz, 1835 (Erzählung)

•          Leonce und Lena, 1836 (Lustspiel)

•          Woyzeck, 1837 (Fragment)

•          Übersetzungen

o          Lucretia Borgia, 1835 (Übersetzung des Dramas von Victor Hugo)

o          Maria Tudor, 1835 (Übersetzung des Dramas von Victor Hugo)

Editionsgeschichte

Vierzehn Jahre nach Georg Büchners Tod brachte sein Bruder Ludwig 1850 die „Nachgelassenen Schriften“ heraus. „Woyzeck“ beispielsweise wurde darin nicht aufgenommen, u. a. deshalb, weil das Manuskript stark verblasst und weitgehend unleserlich war. Der österreichische Schriftsteller Karl Emil Franzos publizierte 1879 „Georg Büchner: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaߓ, darin war dann auch das Fragment zum ersten Mal in einer stark überarbeiteten Fassung dem Publikum zugänglich. Fritz Bergemann gab „Sämtliche Werke und Briefe“ heraus. Die nicht abgeschlossene „Kritisch-historische Ausgabe“ von Werner R. Lehmann war auch die Grundlage von „Werke und Briefe in einem Band“ des Carl Hanser Verlages im Jahr 1980. „Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente in zwei Bänden“, herausgegeben von Henri Poschmann, ist die jüngste Edition von Büchners Gesamtwerk (seit 2002 als Taschenbuch im Insel-Verlag).

Im Januar 2006 ist „Woyzeck“ als Band 7 der „Historisch-kritische[n] Ausgabe der Sämtlichen Werke und Schriften Georg Büchners“, der „Marburger Ausgabe“, in aktueller Edition erschienen. .

Büchner im Film

•          Von der DEFA wurde 1979 unter der Regie von Lothar Warneke das Leben Büchners im Film Addio, piccola mia verfilmt.
•          Woyzeck wurde bisher seit 1947 zwölf mal verfilmt, am bekanntesten sind die Verfilmung der DEFA (Wozzeck, 1947, Regie Georg Klaren, Hauptrolle Kurt Meisel) und von Werner Herzog mit Klaus Kinski und Eva Mattes in den Hauptrollen.
•          Dantons Tod wurde bisher vier mal verfilmt, Lenz zwei-, Leonce und Lena dreimal.

Literatur

•          Hans Mayer: Georg Büchner und seine Zeit. Frankfurt a.M. 1972, ISBN 3-518-36558-4
•          Georg Büchner: Revolutionär – Dichter – Wissenschaftler (1813–1837). Der Katalog der Ausstellung Mathildenhöhe, Darmstadt vom 2. August bis 27. September 1987. Basel, Frankfurt am Main: Stroemfeld/Roter Stern 1987.
•          Burghard Dedner / Günter Oesterle (Hgg.): Zweites Internationales Büchner Symposium 1987. Referate. Hain, Frankfurt a. M. 1990 (Büchner Studien, Bd. 6), ISBN 3-445-08900-0
•          Henri Poschmann (Hg.): Wege zu Georg Büchner. Internationales Kolloquium der Akademie der Wissenschaften (Berlin-Ost). Peter Lang, Berlin 1992, ISBN 3-86032-004-1
•          Jan-Christoph Hauschild: Georg Büchner – Biographie. Metzler, Stuttgart/Weimar 1993, ISBN 3-548-26505-7
•          Jan-Christoph Hauschild: Georg Büchner. Rowohlt, Reinbek 1993 u.ö. (rowohlts monographien 503), ISBN 3-499-50670-X
•          Gerhard P. Knapp: Georg Büchner. 3., vollst. überarb. Aufl. Metzler, Stuttgart 2000 (Slg. Metzler 159), ISBN 3-476-13159-9

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2 Kommentare

  1. John de Jong

    Wieso ist das Denkmal in Darmstadt eine scheinbar von Star Wars-Todessternen inspirierten Scheibe?

  2. peter brunner

    Das Denkmal wurde ohne Wissen des Künstlers, der es „Grande disc“ nannte, von einem Darmstädter Kulturbürokraten zum Büchnerdenkmal
    „ernannt“, als eine der mehrfachen Debatten über ein angemessenes Denkmal gescheitert war.

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