Peter Brunners Buechnerblog

Monat: März 2011

Mehr über Balthasar Harres

Der Besuch von Gudrun Gottfried-Harres und ihrer Familie in der Villa Büchner ist ein guter Anlass, auf die Recherchen über ihren Ur-Ur-Großvater Balthasar, den Architekten der Pfungstädter Villa, zurückzukommen.

Gudrun Harres-Gottfried (links) mit ihrem Bruder Udo Harres, rechts daneben Udos Frau Liisa Marjatta geb. Kähäri. Ganz rechts ihr Ehemann Rudolf Gottfried bei ihrem Besuch der Villa Büchner am 28. März 2011.

 

Harres wurde am 22. November 1804 in Darmstadt geboren, sein Vater war der „Hofmaurermeister“ Carl Harres, seine Mutter eine geborene Hunsinger. Der Familienstammbaum, den man mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, nennt seine Eltern (Carl Ludwig, 1774-1813, „Maurermeister”) und Elisabeth Catharina geb. Hunsinger (nur das Datum der Eheschließung, 21.7.1799) sowie den Großvater Johann Ludwig Harres („von Bickenbach?”) 1744-1760, („nach Darmstadt, Beisaߔ).

Über seine Schul- und Ausbildungszeit ist nichts bekannt, der Nachruf (s. u.) erwähnt „Gymnasium, später Universität in Gießen“, also eine für Darmstadt ganz übliche Akademikerkarriere. 1829 ist er Stadtbaumeister in Coburg. Dort errichtet er 1837 das Landestheater, 1838 ein Schloss im Umland, das seit 1893 Hohenfels heißt. 1839 ersucht Harres den Herzog um seine Entlassung, noch im gleichen Jahr wird er Stadtbaumeister in Darmstadt. Mit Christian Rauch arbeitet er am Entwurf des Ludwig-Monuments (dem „langen Ludwig“), das 1844 mit Schwanthalers Standbild feierlich eingeweiht wird. 1841 wird er zum Lehrer für das Bau- und Maschinenfach und der Architektur an die „höhere Gewerbe- und technischen Schule“ berufen. 1844 wird die neu errichtete „Höhere Gewerbeschule“ am Kapellplatz errichtet, für die zwar die Pläne von Harres stammen, die aber in der Ausführung von seinem Nachfolger Johannes Jordan verändert wurden. 1856 erhält Harres „den Character als Baurath“. 1860 schließlich entwirft er für Wilhelm Büchner die Villa in Pfungstadt, die 1863 vom Darmstädter Bauunternehmer Georg Scherer errichtet und 1864 bezogen wird. In Darmstadt engagiert er sich in einer „Kommission zur Reorganisation der Technischen Schule“ und erreicht am 21. März 1868 die Zustimmung der Landstände zur Einrichtung der „Polytechnischen Schule“. Aus ihr entsteht 1877 die ruhmreiche Darmstädter Technische Hochschule. Noch 1868 errichtet er die „Bessunger Mädchenschule“. Am 4. August wird er mit dem Titel „Baurath“ pensioniert, und schon am 16. August 1868 stirbt er in Bingen, dem Geburtsort seiner Frau.

Die Darmstädter Zeitung widmet ihm am 19. 8. 1868 einen ausführlichen Nachruf, wonach er „im Gegensatz zu seinem grossen Lehrer Moller …. vorzugsmäßig die Zweckmäßigkeit der Gebäude als die Hauptaufgabe…“ ansah. Seine Gebäude „tragen alle entschieden den Charakter des äußerlich Einfachwürdigen, dafür aber der höchsten Zweckmäßigkeit im Innern an sich“. Erwähnt wird auch seine publizistische Tätigkeit, bei Spamer in Leipzig erschien „Die Schule des Maurers“, „Die Schule des Zimmermanns“ und „Die Schule des Steinmetzen“. Ein Reprint der „Schule des Maurers“ ist bis heute lieferbar (ISBN 978-3826208119).

 

 

In Darmstadt erinnert der Gedenkstein an Harres, den er auf dem Kapellplatz-Friedhof für seinen Vater Ludwig Carl Harres (3. 7. 1744 – 28. 2. 1813) errichten ließ.

 

Wir sehn uns an und gehen weiter …

Eigentlich wollte ich nur Biermanns „wie nah sind uns manche Tote“ mal wieder bestätigt finden , aber das hat inzwischen für mich halt auch mit Büchners zu tun:
auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin liegt nicht nur Georgs Biograf Hans Mayer

und der Büchnerpreisträger (1987) Heiner Müller,

 

 

 

 

sondern auch August Wilhelm von Hofmann,

 

der neben zahlreichen anderen bedeutenden Verdiensten auch die Londoner Weltausstellung von 1851 vorbereitet hat, die Wilhelm Büchner als Aussteller besuchte. Es ist kaum denkbar, dass Wilhelm Büchner ihn nicht persönlich kannte – Hofmann studierte von 1836 bis zur Promotion 1842 bei Liebig in Gießen, Wilhelm 1837/38. Das Rätsel bleibt, warum die Pfungstädter Blaufabrik nie in Richtung auf Hofmanns bahnbrechende Erkenntnisse „diversifizierte” und sich,  anders als Carl Leverkus, weder in Richtung auf die Alizarin-Produktion noch zur Verarbeitung von Steinkohleteer wie Engelhorns BASF, bewegte.

Wilhelms Sohn Ernsts Disseration bei Fittig in Tübingen (1874) über die Zerlegung des Chlorbromanilins wurde hier schon einmal erwähnt.

Luise Büchner im Radio

Die Aufzeichnung unserer schönen Veranstaltung mit Nina Petri wird gesendet:

HR 2

Kulturszene Hessen / sonntags, 12.05 Uhr
06.03. Nina Petri liest Luise Büchner

Luise Büchner (1821 – 1877) war eine wichtige Vertreterin der frühen Frauenbewegung, eine vielseitige Publizistin und Autorin. Die Schwester Georg Büchners engagierte sich in ihrer Heimatstadt Darmstadt zeitlebens für Bildung und Erwerbsmöglichkeiten für Frauen. Im Rahmen einer Benefizveranstaltung las die Schauspielerin Nina Petri am 4. November 2010 im Literaturhaus Darmstadt ausgewählte Texte von ihr. hr2-Redakteur Hans Sarkowicz empfing als Gäste die Büchner-Expertinnen Agnes Schmidt und Cordelia Scharpf.

Heinrich Dieckmann überreichte als Dank des Vorstands der Luise Büchner-Gesellschaft Nina Petri (nicht im Bild), Cordelia Scharpf, Hans Sarkowicz und Agnes Schmidt am Ende der Lesung ein Exemplar des schönen „Villa-Büchner-Adventskalenders”.