
Die Jury begründete die Verleihung:
„Sich anvertrauen“ – Affidamento, die feministische Parole der italienischen Philosophinnengruppe Diotima, brachte die promovierte Politikwissenschaftlerin, Journalistin, Autorin und Übersetzerin Antje Schrupp zum Feminismus. Für sie ist nicht die Gleichheit von Frauen und Frausein entscheidend, sondern gerade ihre Verschiedenheit. Antje Schrupps Überzeugung „Dem eigenen Begehren folgen“ verlangt, das eigene Frausein in Auseinandersetzung mit anderen Frauen neu zu
bestimmen. So stehen die (authentischen) Beziehungen und Netzwerke von Frauen im Mittelpunkt ihrer Politik und ihrer Freiheit; der Parteienpolitik und dem Parlamentarismus obliegt hingegen die Aufgabe, die Voraussetzungen für freie Entscheidungen zu schaffen. Die Luise Büchner-Gesellschaft zeichnet mit dem Luise-Büchner-Preis 2025 eine engagierte Publizistin aus, die sich für das Begehren der Frauen einsetzt, historische Bezüge erläutert und zu aktuellen Themen klar Stellung bezieht. Antje Schrupp nimmt auf der Basis „der Liebe der Frauen zur Freiheit und zur Welt“ teil am öffentlichen Diskurs, ist produktiv mit Podcast, Blog und Postings, wissenschaftlichen Artikeln und Buchveröffentlichungen. Mit Luise Büchner verbindet sie die Offenheit gegenüber Veränderungen, die Bereitschaft,
Überkommenes in Frage zu stellen und Neues zu versuchen.“
Aus der Dankesrede:
“ … als wir in den 80er-Jahren Politikwissenschaft studiert haben, haben wir Männerpolitikwissenschaft studiert plus Hannah Arendt. Hannah Arendt gab es damals schon, aber das war die einzige Frau, die vorkam. Und ich fand diese Frauenliteratur, diese Frauenbuchlinien, für mich war das eine Erleuchtung zu sehen, wow, es gibt so viele Frauen, die Bücher geschrieben haben, auf die ich mich beziehen kann, die manchmal auch völligen Quatsch erzählt haben.
Aber allein, dass es diese Auswahl gab, auf die ich mich beziehen konnte, hat mich elektrifiziert, aber meine männlichen Kommilitonen nicht. Und ich glaube, das liegt nicht daran, dass sie uninteressiert sind, sondern ich glaube, es liegt daran, dass sie nicht vermuten, dass Frauen etwas zu sagen haben, was sie nicht auch selber sagen können. Ich glaube, wenn sie sagen, es ist doch egal, ob ein Buch von einem Mann oder einer Frau geschrieben wurde, dann glauben die das wirklich, es ist egal. …
Und tatsächlich versuche ich die ganze Zeit zu vermitteln, dass es nicht egal ist, aber es ist nicht so leicht, wenn wir jetzt nicht zu so banalen Sachen kommen wollen, wie Frauen sind besser als Männer und so weiter, was ja alles nicht stimmt. Aber diese andere Qualität, die es hat, wenn man aus verschiedenen Perspektiven denkt, die müssten wir irgendwie in die Welt bringen, aber ehrlich gesagt, ich habe es auch keine Lust mehr, es den Männern hinterherzutragen. Das habe ich auch gelernt bei meinen Vorträgen. …“
Grußworte sprachen
die Vorsitzende de Luise Büchner-Gesellschaft, Bettina Bergstadt (links)
“ … Wie die Zweier-WG, wie wir es heute sagen würden, der Büchner-Schwestern, ist die Luise-Büchner-Gesellschaft auch nach 15 Jahren ein Raum, ein kleiner, aber feiner Raum, in dem unterschiedliche Frauen aus ihren Büchern lesen, Vorträge halten, in dem wir alle ins Gespräch kommen, uns anvertrauen. In einer Zeit, in der es um die Frauen- und Menschenrechte noch nicht zum Besten steht. … „
der Darmstädter Oberbürgermeister Hanno Benz (Mitte)
“ … Sehr geehrte Frau Bergstedt, sehr geehrte Frau Förster, ich will Ihnen auch nochmal danken, dass Sie auch in diesem Jahr wieder die Verleihung des Preises ermöglicht haben, sich mit Ihrer Arbeit und Ihrem Engagement an Luise Büchner erinnern und das auch hier in die heutige Zeit übertragen und übersetzen. Und wir tun als Wissenschaftsstadt es gerne, Sie dabei zu unterstützen. Im gemeinsamen Kampf gegen Demokratiefeinde, autoritäre Strömungen und extremistische Positionen sind alle gesellschaftlichen Kräfte gefragt. Und ich kann Ihnen versichern, Sie haben hierbei auch die Wissenschaftsstadt Darmstadt an Ihrer Seite. …“
und die Vorsitzende des Lions Club Louise (!) Büchner, Darmstadt, Marie-Christine Förster (rechts)
“ … Wenn wir heute Ihren Namen, Antje Schrupp, neben den von Luise Büchner stellen, dann ehren wir zwei Stimmen, die denselben Grundgedanken teilen. Freiheit ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Verantwortung. Für uns Lions ist dieses Verständnis von Verantwortung zentral. Es prägt unser gemeinschaftliches Wirken. Freiheit ist kein Zustand, sondern ein Weg. Ein Weg, der von Haltung, Mut und Menschlichkeit getragen wird. …“
Die Laudatio hielt Dorothee Markert:
“ … Sie reist herum, obwohl die Bahn es ihr in letzter Zeit immer mehr erschwert, hält Vorträge, führt Diskussionen und meldet sich auf viele andere Weisen und an ganz unterschiedlichen Orten öffentlich zu Wort. Ich habe immer wieder Antjes Geduld und Ausdauer bewundert, mit der sie sich bemühte, anderen Menschen dieses andere feministische Denken, das Denken der Geschlechterdifferenz zu vermitteln. Und dabei lernte sie überall Menschen kennen, in ganz unterschiedlichen Kontexten. So entstanden an vielen Orten neue politische Freundschaften, die die Bereitschaft, sich für Neues zu öffnen, erleichterten. Und das galt natürlich für beide Seiten, denn auch Antjes Schrupp war und ist ja bereit, anderen zuzuhören und immer auch damit zu rechnen, dass diese sie mit einem Gedanken oder einer Position, die ihr zunächst fremd waren, überzeugen könnten. … Antje Schrupp schreibt dagegen am Ende ihres zuletzt erschienenen Buches unter allen Umständen frei, wir könnten aus dem Beispiel der drei Aktivistinnen, von denen das Buch handelt, auch Hoffnung schöpfen. Zitat, Gesetze und Institutionen, die sich geschlechtlicher und sexueller Freiheit verschrieben haben, können leicht wieder abgeschafft werden. Was sich aber nicht so leicht ändern lässt, ist das Bewusstsein über die Würde und die Freiheit von Frauen, das eine unermüdliche feministische Kulturarbeit im Wissen der Gesellschaft verankert hat. Diese tiefe Überzeugung lässt sich nicht mit einem autoritären Federstrich ausradieren. Sie lässt sich nicht ausmerzen, indem man ihr staatliche Finanzierung entzieht. Sie ist das, worauf sich die Freiheit der Frauen und letztlich die Freiheit aller Menschen gründet. …“
































