Peter Brunners Buechnerblog

Schlagwort: Familie Büchner (Seite 1 von 2)

Nicht jede Unwahrscheinlichkeit ist ein Aprilscherz

 

Ich gebe es zu: das klang bei diesem Veröffentlichungsdatum schon sehr nach dem inzwischen hier üblich gewordenen Aprilscherz – aber diesmal war der Scherz, dass er keiner war

Robert Lochner ist wahrhaftig ein Ur-Ur-Groß-Cousin Georg Büchners, ein direkter Nachfahre des Gießener Friedrich Georg Büchner, Ernst Büchners Bruder. Dessen Sohn Friedrich (1826 – 1902) war hier auch schon Thema, ebenso wie die „Märchenmuhme“ Martha Frohwein-Büchner aus derselben Familie. Es steht ausser Zweifel, dass Georg Büchner in seiner Gießener Zeit Kontakt zu diesem Onkel und dessen Familie hatte.

Vater und Sohn Lochner, Louis P. und Robert, waren beide bedeutende Journalisten von einigem Einfluß auf die US-Berichterstattung über Deutschland. Louis Lochners Erinnerungen „Stets das Unerwartete“ sind ein sehr lesenswerter Bericht über die Jahre 1921 – 1952. Er ist der erste Herausgeber von Auszügen aus den Tagebüchern Joseph Goebbels (1948) und konnte erreichen, dass die NS-Mitgliederkartei in München der Vernichtung als Altpapier entging. Mit „Die Mächtigen und der Tyrann“ (1955) hat er ein umstrittenes Werk voller Relativierungen und Rechtfertigungen zur Verwicklung der Deutschen Industrie in den Nationalsozialismus vorgelegt.     

Sein Sohn Robert wurde ebenfalls Korrespondent der US-Presse in Deutschland. Seine Rolle in der Mediengeschichte Deutschlands zwischen 1945 und 1960 ist kaum zu überschätzen. So war er an der Gründung des Hessischen Rundfunks beteiligt, Sprecher der US-Militärregierung und Chefredakteur der Neuen Zeitung, Frankfurt.

Elizabeth Sailer beim Besuch im BüchnerHaus



Bei den US-amerikanischen Nachfahren der Familie hat sich Erinnerung an eine Verbindung zu Georg Büchner erhalten, verbunden mit der Überlieferungsgeschichte eines historischen Aquarells. Dieses Bild wurde im Sommer 2024 dem Büchnerhaus geschenkt, wir habe es mittlerweile einigen Vergleichen und Untersuchungen unterzogen und restauratorisch gesichert. Mehr dazu später.

Büchners Welt jetzt als podcast

Die gerade angekündigte Radioserie ist ab sofort auch bei den einschlägigen „hosts“ als podcast abruf- und abonnierbar. 

 

Damit stehen die Beiträge jederzeit und fast überall auf Abruf zur Verfügung. Falls Sie Nutzer eines Anbieters sind, bei dem sie Büchners Welt nicht finden, informieren Sie uns – wir versuchen dann, auch dort „zu landen“. 

 
 

Hören wir uns?

 

 

Nicht schon wieder Büchner …

… hieß die gelegentliche Klage meiner Tochter, wenn ich wieder von „meinen Büchners“ erzählte. Inzwischen ist daraus „Büchners Welt“ entstanden.

Büchners Welt bei Radio Darmstadt

 – eine neue Sendereihe bei Radio Darmstadt 

(UKW auf 103,4 MHz, Südhessen weit über DAB+ zu empfangen und live im Internet: https://radiodarmstadt.de und 7 Tage nach der Sendung in der RadaR+7 Mediathek)

 

die ab dem 27. Februar jeweils am 2ten und 4ten Donnerstag des Monats von 17 bis 18 Uhr gesendet wird. Die Sendungen dieser Reihe wird es auch, allerdings ohne Musik, als Podcast in allen gängigen Portalen geben. 

Im Kern von „Büchners Welt“ steht Georg Büchner. Um ihn, seine Werke, seine Familie und seine Freundschaften spinnt sich ein Netz von Bezügen, Wirkungen, Ereignissen und Forschungen, die schier endlos erscheinen und in diesem Vielklang auch noch lange nicht abschließend beschrieben sind, ja wohl gar nicht abgeschlossen werden können.

Luise und Peter Brunner wollen in ihrer Sendung gemeinsam mit den Zuhörer:innen in diese Welt eintauchen. Dabei spielen nicht nur Büchners familiäre Bande eine zentrale Rolle, sondern auch die Vater-Tochter Beziehung zwischen Peter und Luise.

Peter Brunner beschäftigt sich seit Anfang der 2000er Jahre intensiv mit der Familie Büchner und begann, sich für die Sanierung der Pfungstädter Villa Büchner zu engagieren. Später hat er die Familienbiographie „Die Büchners oder der Versuch, die Welt zu verändern“ mit zwei Ko-Autoren veröffentlicht, Veranstaltungen in Darmstadt zu Georg Büchners 200. Geburtstag kuratiert, Aufsätze und Textbeiträge zum Thema veröffentlicht, zahlreiche Bilder und Texte zusammengetragen und den Stammbaum der Familie zusammengestellt und erweitert. Seit 2017 leitet er das Museum Büchnerhaus in Georg Büchners Geburtshaus in Riedstadt-Goddelau und ist Gründungsmitglied des hessischen Literaturrates, der Luise Büchner-Gesellschaft und von „BüchnerFindetStatt“. Er schreibt das Weblog „geschwisterbuechner.de“. 

Peters Tochter Luise Brunner ist heute Soziologin und Gewerkschaftssekretärin. Seit ihrer frühen Kindheit erlebt sie die lebendigen Geschichten, die ihr Vater von den Büchners erzählt. Zwar ist sie vertraut mit den zahlreichen Figuren und Anekdoten, die sich um die Büchners ranken, doch es gibt viele lose Enden der Erzählungen und viele ungeklärte Kontexte. In dieser Sendung will Luise versuchen, diese nie zu Ende geknüpften Netze von Zusammenhängen zu verbinden und die überraschenden aktuellen Bezüge zu hinterfragen. Peter stellt sich diesem Versuch, in jeder Folge im Gespräch mit seiner Tochter einer offenen Frage nachzugehen – von den politischen und historischen Hintergründen über die literarischen und wissenschaftlichen Aufsätze bis zu den Familienmitgliedern in der Welt der Büchners.

Hier findet sich ein kleiner „teaser“, eine kurze Audiodatei zur Einstimmung.

„ …ich mit dir über dein ferneres Gedeihen der Zukunft beruhigt entgegen sehen darf”*

Für die Kreisvolkshochschule Gross-Gerau biete ich in den nächsten Monaten, beginnend am 5. Februar,  eine Reihe von Abendveranstatungen an, bei denen sich Interessierte in kommunikativer Runde mit Leben und Werk von Georg Büchner und seinen Geschwistern – der „fabelhaften Büchnerbande” … – vertraut machen können.

 

Im Büchnerhaus

„Gemeinsam an einem Tisch” heißt die Installation im ersten Raum des Goddelauer Büchnerhauses, wo sinnbildlich auf den ungewöhnlich engen Zusammenhalt der Büchner-Geschwister hingewiesen wird. Der oft als streng beschriebene Vater Ernst Büchner war in Wahrheit ein ungewöhnlich interessierter und seinen Kindern zugewandter Vater, von dem überliefert ist, dass er den täglichen Austausch mit ihnen suchte und forderte.

Mit jedem einzelen der Kinder hatte er Sorgen und Mühen, die andere schon bei einem Kind weit überfordert hätten: nach Georgs dramatischer Verwicklung in die Landbotenverschwörung, Flucht, Exil und frühem Tod scheiterte der nächste Sohn, Wilhelm, am Gymnasium und wurde später auch noch der Gießener Universität verwiesen. Die beiden Töchter Mathilde und Luise blieben, eine Katastrophe für einen bürgerlichen Vater des 19. Jahrhunderts, unverheiratet. Ob Luises Einsatz für Frauenrechte und Mädchenbildung, ihre Pubikationen und Vorträge ihn später dafür entschädigt haben, wissen wir nicht. Die jüngeren Söhne trieben 1848 Revolution in Gießen (der Vater erklärt öffentlich, entsprechende Gerüchte seien falsch und er werde Verleumder zum Duell fordern!), in die Auseinandersetzungen um das Ende der Paulskirchendemokratie an der Bergstraße machte Alexander 1849 mit der Schwester Mathilde einen „Pfingstausflug”, bei dem er verhaftet wird, Ludwig wurde für sein erstes Buch in Tübingen die Lehrerlaubnis entzogen, Alexander verlor als Verschwörer den „Access” als Jurist, er erhielt Berufsverbot. Ob und wie der Vater die spätere Prominenz seiner anstrengenden Kinder geschätzt hat, ob er stolz auf sie war – wir wissen es nicht. Häufig gedeutet und meist als Zeichen von kühler Distanz (miß)verstanden ist der einzige * Brief an eines seiner Kinder, den wir kennen: der vom 18.12.1836 an Georg in Zürich. 

Ein neues Licht auf Leben und Persönlichkeit der Mutter Caroline (geb. Reuss) wirft ein Fund, über den hier bei Gelegenheit (und natürlich bei den angekündigten Treffen) ausführlicher zu berichten sein wird: der Sohn ihres Cousins Johann Bechtold, Carl, hat ein bisher völlig unbekanntes, ausführliches Tagebuch hinterlassen, das eine Nachfahrin sorgfältig transkribiert und ediert hat. Carl war offenbar heilfroh, dass er, was wohl überlegt worden war, die von ihm als hypochondrisch beschriebene Verwandte an Ernst Büchner los wurde …

 

Die Galerie am Büchnerhaus, der frühere Kuhstall des Anwesens. Heute Veranstaltungsraum. Im ersten Stock Museums- und städtisches Kulturbüro.

 

Ohne Frage sind die Büchners im 19. Jahrhundert ebenso außergewöhnlich wie exemplarisch gewesen: außergewöhnlich als berühmte Geschwister, exemplarisch für die Themen, mit denen sie sich beschäftigten. Kommunismus, Sozialismus und Materialismus, Frauenrechte und Industrie, soziales Engagement und liberale Politik, Literatur und Geschichte, Kommunal-, Landes- und Staatspolitik haben sie betrieben und beeinflusst. Karl Gutzkow nennt sie „ … von demselben göttlichen Feuer ergriffen”. Bei den Treffen bietet sich daher neben der Bekanntschaft mit außergewöhnlichen Hessen und ihrer persönlichen Geschichte auch ein besonderer Blick auf die Geschichte von Land und Leuten im 19. Jahrhundert.

Die Treffen finden in der Galerie am Büchnerhaus statt und bieten neben Information und Austausch auf Wunsch stets auch den Besuch des Museums als Ergänzung. Die Volkshochschule bittet um Anmeldung, am einfachsten hier via Internet.

Im „Flyer” finden sich alle erforderlichen Informationen:

 

 

 

 

 

 

von Peter Brunner

 

Peter Brunner

Peter Brunner

Was Du in bits und bytes besitzt, kannst Du getrost auch morgen hören

Freundlicherweise hat der Hessische Rundfunk die Veranstaltung mit „Erben der Geschichte” (eine beeindruckte Besucherin), die ich für das Museum Büchnerhaus organisieren und moderieren durfte, aufgezeichnet, von meinen Hustern und Sprechfehlern weitestgehend befreit und letzte Woche ausgestrahlt.

Darüber hinaus steht die Sendung „Das aktuelle Kulturgespräch” der „Kulturszene Hessen” online zum Anhören bereit. Und wer das lieber auf dem eigenen Rechner speichern und jederzeit wieder hören möchte, kann die Datei dort (über den kleinen Abwärtspfeil rechts unter dem Bild) auch downloaden.

Wer also nachhören möchte, ob sich Rebellion oder absoluter Herrschaftsanspruch vererbt, ob Familienbande stärken oder belasten und ob hinter „Krieg den Pallästen” ein Ausrufe- oder doch eher ein Fragezeichen gehört, findet dort Anregungen zum Vertiefen gewonnener Erkenntnis.

 

Rainer von Hessen (links), Nachfahre von Ludwig II. von Hessen, der die Landboten-Verschwörer verfolgen ließ, mit Peter Soeder, Nachfahre von Georg Büchners Bruder Ludwig, der 1848 in Gießen „Revolution machte” und bis zu seinem Tod 1899 republikanisch dachte und schrieb.

 

 

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