Die Luise-Büchner-Gesellschaft beging am 24. Juni 2013 ihre regelmäßige Jahreshauptversammlung.
Die Formalia konnten ohne Einspruch und Diskussionen abgearbeitet werden, der Vorstand wurde einstimmig bei Enthaltung der Betroffenen entlastet.
Zur Versammlung erschien als Jahresgabe für die Mitglieder ein Auszug aus einem Büchner-Interessierten bisher unbekannte gebliebenen Text, den ein Verwandter, der Berliner Geheime Oberregierungsrat Wilhelm Welcker (1859 – 1934) 1921 verfasst hat, mit einer Einleitung und ausführlichen Erläuterungen von mir. Dazu habe ich einen kommentierten Stammbaum von Johann Jakob Büchner (1753 – 1835), dem Großvater der „Geschwister Büchner“, erstellt, der im (gerade noch lesbaren…) Format DIN A 2 gedruckt und dem Text beigelegt wurde.
Großformatige, farbige Ausdrucke erhalten Mitglieder auf Anfrage vom Verein. Nicht-Mitgliedern bieten wir die beiden Dokumente zum Preis von 10 € incl. Verpackungs-/Versandkosten (in Deutschland, Auslandsversand auf Anfrage) zur Bestellung an.
Bitte bestellen Sie unter dem Stichwort „Jahresgabe 2013″ hier (oder, noch besser für Sie und uns, werden Sie Mitglied!):
(Georg Büchner im Brief an die Eltern, Straßburg 2.11. 1835)
Zum zweiten Male, diesmal öffentlich, hat das Institut Mathildenhöhe als Veranstalter der künftigen Georg-Büchner-Ausstellung eingeladen, um den Fund eines Porträts zu diskutieren, das Georg Büchner zeigen soll.
Georg Büchner im „Polen-Rock“ – Undatierte Bleistiftzeichnung von August Hoffmann. Reproduktion eines Fotoabzugs von 1875 (Schweizer Privatbesitz) aus der Sammlung Reinhard Pabst (www.literaturdetektiv.de), Bad Camberg. Die Original-Zeichnung wurde beim Bombardement Darmstadts 1944 zerstört.
R. Pabst überließ mir freundlicherweise dieses Foto vom Hoffmann-Bild, das 1875 von Ludwig Büchner bei Georgs Umbettung in Zürich an ausgewählte Gäste verteilt wurde. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass es einen halbwegs wiedererkennbaren Georg zeigt.
Das Rarissimum wurde zum ersten Mal in der „Literaturland Hessen“-Ausstellung: „Briefe an Hund und Kater und andere Handschriften Georg Büchners“ (7. bis 22. Juli 2005) in der Kreissparkasse Groß-Gerau in Riedstadt-Goddelau öffentlich gezeigt, einem Gemeinschaftsprojekt von Hessischer Rundfunk (hr), Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen sowie der Sparkassen-Stiftung Groß-Gerau. Erstdruck in der FAZ vom 9. Juli 2005, S. 35.
Angefertigt hat es der Darmstädter Fotograf Wilhelm Rudolph.
Bereits Nachmittags hatten sich die Protagonisten, Frau Dr. Mechthid Haas und die Herren Prof. Dr. Borgards, Prof. Dr. Dedner, Dr. Beil und Prof. Dr. Oesterle mit Reinhard Pabst, in diesem Kreis als Kritiker allein auf weiter Flur, in geschlossener Runde zur Vorab-Erörterung getroffen.
Der in bescheidener Zahl anwesenden Öffentlichkeit sollte dann in breiter Präsentation die Gelegenheit geboten werden, sich einen eigenen Eindruck zu machen. Leider verlief dieser Teil unkoordiniert und konnte wohl nur denjenigen nutzen, die sich bereits in Tiefen und Untiefen der bisherigen Diskussion eingelesen hatten. Der einsame Laie jedenfalls, dessen gelegentliche Frage von mehr Interesse als von Kenntnis zeugten, wird die Veranstaltung wohl ratloser verlassen als betreten haben.
Vorbereitet war eine Präsentation von Bildern, die Prof. Dedner in einem Einleitungsvortrag präsentieren wollte. Schon nach wenigen Sätzen kam es aber zu Einwürfen, Fragen und schließlich – mangels konsequent geführter Diskussion – einem Ko-Referat von Reinhard Pabst. Pabst, der die Rolle als einzig anwesender kompetenter Kritiker durchaus willig annahm, glänzte mit profunder Kenntnis scheinbar unwichtigster Details; aber auch die Befürworter der These, hier sei Georg Büchner neu zu sehen, haben inzwischen ihre Argumentationen vertieft. In der Diskussion um den Notenjüngling, Pabst nennt ihn „Pseudo-Schorsch“, sind ja Vergleiche aus dem Kino üblich geworden. Pabst erinnerte in der Diskussion vorübergehend an Henry Fondas Einsatz in „Die 12 Geschworenen“, wo ein einzelner Zweifler in dramatischer Auseinandersetzung schließlich die anderen elf auf seine Seite holt und das Todesurteil verhindert.
August Hoffmann: Der Jüngling mit dem Notenblatt. 1833
Pabst nannte zahlreiche Bedenken aus der Diskussion der vergangenen Wochen, darunter:
das neu aufgefundene Blatt trägt eine Kugelschreiber-Beschriftung, höchst wahrscheinlich durch den Pfarrer und Familienforscher Clotz, wohl aus den 50er Jahren, mit dem Wortlaut „August Hofmann“ – obwohl der Maler unbestritten und sicher auch Clotz wohl vertraut „Hoffmann“ hieß. Hat er es als Selbstportrait oder gar als Portät eines uns unbekannten „Hofmann“ kennzeichnen wollen?
durch das Notenblatt mit dem Zampa-Motiv liegen andere Zuschreibungen nahe: es könnte einer der damaligen Bühnendarsteller sein oder auch August Hoffmanns Bruder, der sich 1833 nach einer neuen Beschäftigung als Schauspieler umsah. Ihm könnte ein Porträt als Bewerbungsanlage gedient haben;
die Zuordnung eines derart plumpen Textes (offenbar auch noch in einer plumpen Übersetzung aus dem Georg Büchner ja ganz geläufigen Französisch) und einer musikalisch zu recht längst vergessenen Melodie findet an keiner Stelle des bekannten Lebens und Werks des Dichters einen Anknüpfungspunkt. Dagegen lassen sich zahlreiche Indizien dafür finden, dass das eben gerade nicht seiner Haltung und Vorliebe entsprach. So schreibt er der Braut: „Lernst Du bis Ostern die Volkslieder singen, wenn’s Dich nicht angreift? Man hört hier keine Stimme; das Volk singt nicht, und Du weißt, wie ich die Frauenzimmer lieb habe, die in einer Soiree oder einem Konzerte einige Töne totschreien oder winseln“
Schließlich konnten mit Hilfe der projizierten Abbildungen einige Fragen vertieft angegangen werden: die der Datierung des Bildes (1833 oder 1839?), die Aufenthalte Hoffmanns in Darmstadt und die der „Porträt-Kompetenz“ des Malers Hoffmann.
Unbestritten ist, dass das Bild von August Hoffmann gemalt wurde, und auch der Datierung auf 1833 widersprach niemand. Nach in Augenscheinnahme zahlreicher weiterer Datierungen Hoffmanns auf anderen Bildern, die seine 9 deutlich von seiner 3 unterscheiden lassen, darf das als halbwegs gesichert gelten. Auch Hoffmanns Aufenthalt in Darmstadt, mindestens von Mitte bis Ende 1833, ist wohl nicht mehr umstritten. Dr. Mechthild Haas konnte versichern, dass das Papier und der Zustand des Bildes an der Herkunft aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts keinen Zweifel zulassen; eine Datierung auf ein Jahrzehnt oder noch genauer ist mit ihren Methoden allerdings nicht machbar. Ein Detail, das der Wahrheitsfindung deutlich dient, blieb ein wenig unterschätzt: das unbestrittene Georg-Büchner-Porträt ist ja nur mit „AH“ signiert und ließ deshalb letzte Zweifel an der Urheberschaft zu; aber jetzt ist diese Signatur August Hoffmanns durch viele weitere Belege gesichert.
Aufschlussreich erschienen dann die gezeigten weiteren Portraits aus Hoffmanns Hand, zwei en face gezeichnete Ansichten seiner Braut und ein aquarellierter männlicher Kopf von rechts. Dieser soll ein Selbstportrait des Malers sein. Was in der Diskussion um das unbestrittene Georg-Büchner-Bild, vielleicht aus Gründen der Pietät, selten ausgesprochen wurde, lässt sich jedenfalls jetzt nicht mehr bestreiten: Hoffmann war ein sehr mäßiger Portraitist. Die beidem Mädchenköpfe sind unübersehbar mehr aus standardisierten Versatzstücken zusammengesetzt als der Natur nach gemalt. Selbst die untere Gesichtspartie des „jungen Mann mit dem Notenblatt“ kann man in den beiden Mädchenbildern wiederfinden.
Bei diesem Stand der Erkenntnis muss jetzt jede, auch die kleinste, Spur, gründlich und vorurteilslos verfolgt werden. Ohne Frage muss der Nachlass von Pfarrer Clotz gesichtet werden, alle Bilder aller „Zampa“-Darsteller müssen auf Ähnlichkeit überprüft werden, gründliche Recherchen müssen weitere Werke und Informationen zu Leben und Aufenthalten August Hoffmanns suchen.
In den informellen Diskussionen der vergangenen Tage wurde wiederholt auf die Notwendigkeit einer kriminologischen Untersuchung der Abbildung hingewiesen. Es müsse doch möglich sein, mit modernen Methoden der Kriminalistik einen Gesichtsvergleich, unter anderem mit den unbestrittenen Fotografien der Eltern und Geschwister, die Identität des Abgebildeten zu prüfen (Reinhard Pabst kennt bereits nicht nur die Bezeichnung der Abteilung beim Bundeskriminalamt, sondern auch den Namen der kompetenten Mitarbeiter). Beim Stand der Dinge verbleibt hierfür allerdings wenig Hoffnung: so schlecht wie Hoffmann malte, kann jede Ähnlichkeit (oder Unnähnlichkeit) eben auch seiner Unfähigkeit geschuldet sein.
Insbesondere Professor Oesterle, der Finder des Bildes, hat sich weiteren gründlichen Recherchen im Gespräch zugeneigt und aufgeschlossen gezeigt. Ihm liegt offenbar an profunder, wissenschaftlich seriöser Recherche, auch wenn er verständlicherweise den Traum von der Authentizität nicht aufgibt. Professor Borgards dagegen verwahrte sich gegen Reinhard Pabst Forderung nach vollständiger Infragestellung: dann müsse man ja jederzeit jede Abbildung und jede Zuweisung aufs Neue prüfen. Wir dachten bisher, das genau sei die Aufgabe wissenschaftlicher Arbeit?!
Während sich in der öffentlichen Diskussion die Chance herauszukristallisieren schien, in der geplanten Ausstellung genau diese wissenschaftliche Recherche gründlich und als „work in progress“ zu präsentieren, widersprach Dr. Beil dem am Ende im informellen Gespräch deutlich: diesen Raum und diese Inszenierung lasse seine Vorstellung von der Ausstellung keinesfalls zu.
Es steht allerdings außer Frage, dass die Debatte um das Bild fortgesetzt werden muss und dass sie fortgesetzt werden wird – wenn nicht in der Ausstellung, dann an anderen Orten.
Für eine zuverlässige Zuordnung des Bildes ist es jedenfalls – und das war Konsens aller – noch viel zu früh.
Luise Büchner hatte zum Thema Frauen und Ästhetik eine auf den ersten Blick überraschende Haltung. Sie wehrt sich nämlich – zu Recht – gegen die Abschiebung der Frauen auf das Spielfeld Kunst im Gegensatz zur Teilhabe am Erwerbsleben. Daher schreibt sie in einem Kommentar zur „Conferenz über das mittlere und höhere Mädchenschulwesen“ des preußischen Unterrichtsministeriums von 1873:
… Ich meine, dass das „Aesthetische“ bei der Mädchenschule wieder viel zu sehr in den Vordergrund gerückt ist. Wie es mir scheint, muß das Gefühl für das Schöne und das Gute ein Resultat des ganzen Unterrichts sein, es muß aber nicht besonders darauf hingearbeitet werden durch eine vorwiegende Pflege der Literatur, in einem Alter, wo das ernste Erlernen nützlicher Kenntnisse noch sehr am Platze ist.
Diese aesthetische Bildung vor der Zeit treibt Zweige ohne Saft und Kraft; wir machen z.B. bei den Damen-Lyzeen, welche doch die Schulbildung weiter führen und vertiefen sollen, allgemein die Erfahrung, dass sich die jüngeren Mädchen zu den Literaturvorlesungen drängen, dagegen an andern ebenso interessanten Fächern, wie Geschichte, Naturwissenschaft u. s. w., vorübergehen, weil ihnen zu deren Verständniß die gediegene Vorbildung fehlt, das Interesse dafür nicht richtig erweckt ist. Bemerken wir noch dabei, wie viel junge Damen es giebt, welche kaum rasch und gewandt etwas zu Papier zu bringen vermögen, und die später bei der Wahl ihrer Lectüre den schlechtesten Geschmack an den Tag legen, so muss man sich sagen, daß die literarisch-ästhetische Ausbildung, welche nach Ansicht vieler Pädagogen das ethisch entwickelnde Moment in der weiblichen Erziehung sein soll, häufig nicht die richtigen Früchte trägt.“
Luise Büchner. Die Frau. Hinterlassene Aufsätze, Abhandlungen und Berichte zur Frauenfrage. Halle, Gesenius, 1878. S. 46 „Der höhere weibliche Unterricht… “
Dennoch und aus vielen guten Gründen zeigen die Luise-Büchner-Gesellschaft und das Darmstädter Kunstarchiv – übrigens ohne jede Spekulation über Provenienz, Datierung, Gegenstand und Authentizität – in den nächsten Monaten eine gemeinsame Ausstellung zum gemeinsamen Interesse:
„Der Weibliche Blick“ – Vergessene und verschollene Künstlerinnen in Darmstadt 1880 – 1930
Ist die Sicht der Frauen auf die Welt eine gänzlich andere als die ihrer männlichen Kollegen? Unsere Ausstellung spürt dem „weiblichen Blick“ anhand von 35 spannenden KünstlerinnenLebensläufen nach. Alle beteiligten Künstlerinnen lebten und arbeiteten mehr oder weniger erfolgreich zwischen 1880 und 1930 in Darmstadt und der Region. Viele von ihnen wurden in Darmstadt geboren, andere zogen für eine kurze Zeit in die Stadt des Jugendstils, und wieder andere ließen sich erst in reiferen Jahren in Darmstadt nieder. Durchweg alle waren beseelt von dem Wunsch, Kunst zu schaffen, studierten in Paris oder anderswo, gründeten Malschulen und Künstlerinnenvereinigungen. Es forderte den Frauen in der damaligen Zeit eine besondere Entschlossenheit und Stehvermögen ab, sich neben ihren männlichen Kollegen zwischen Haushalt und Mutterrolle im Kunstmarkt zu behaupten. Die Qualität der „weiblichen Kunst“ ist der „männlichen“ ebenbürtig, ihr technisches Können souverän und ihre künstlerische Leistung überragend. Ihre Werke aber hängen nicht in den Ausstellungsräumen der Museen, sondern führen ein Schattendasein in den Depots und Archiven. Künstlerinnen sind zu Unrecht Verschollene und Vergessene der Kunstgeschichte. Es ist Zeit, sie nach rund hundert Jahren auszugraben, ihre Werke angemessenen zu würdigen und neu zu sehen mit dem „richtigen“ Blick.
Im Treppenhaus zeigen wir fotografische Blicke in die Ateliers der Künstlerinnen.
Zur Ausstellung, die von der Luise-Büchner-Gesellschaft gemeinsam mit dem Kunst Archiv Darmstadt veranstaltet wird, erscheint ein umfangreiches, reich bebildertes Katalogbuch.
„Die Schwierigkeiten schuf der Widerstand einer männlich geprägten Welt von Kunstschaffenden und Kunstkritik gegen das aufkeimende Selbstbewusstsein der „unleidigen Zwitterwesen“ oder „Malweiber“, wie die Künstlerinnen in der Presse genannt wurden.“ schreibt Anette Krämer-Alig hier in ihrer Vorabbesprechung im Darmstädter Echo.
Besonders herzlich eingeladen wird zur
Eröffnung:
Sonntag, 23. Juni 2013, um 11 Uhr
im Darmstädter Literaturhaus, Kasinostraße 3
Es sprechen:
Oberbürgermeister Jochen Partsch, Agnes Schmidt und Claus K. Netuschil
Christiane Lüder spielt auf dem Akkordeon Musik um die Jahrhundertwende.
Für Freitag lädt das Institut Mathildenhöhe zu einer öffentlichen Diskussion über die Authentizität des neu aufgefundenen Hoffmann-Bildes ein.
EINLADUNG ZUM ÖFFENTLICHEN ROUND-TABLE-GESPRÄCH Sehr geehrte Damen und Herren, Zum öffentlichen Round-Table-Gespräch DER JUNGE MANN MIT NOTENBLATT – EIN PORTRÄT VON GEORG BÜCHNER? am Freitag, den 21. Juni 2013 um 19 Uhr im Ausstellungsgebäude Mathildenhöhe Darmstadt Olbrichweg 13, 64287 Darmstadt laden wir Sie herzlich ein. Es erwarten Sie: Dr. Ralf Beil | Direktor Institut Mathildenhöhe Darmstadt Prof. Dr. Burghard Dedner | Leiter der Forschungsstelle Georg Büchner, Philipps-Universität Marburg Reinhard Pabst | Büchner-Experte und Literaturdetektiv, Bad Camberg Dr. Mechthild Haas | Leiterin der Graphischen Sammlung, Hessisches Landesmuseum Darmstadt Prof. em. Dr. Günter Oesterle | Institut für Germanistik, Justus-Liebig-Universität Gießen Prof. Dr. Roland Borgards | Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturgeschichte, Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Bis auf Frau Dr. Haas haben sich alle bereits öffentlich erklärt – Reinhard Pabst wird wohl alleine den Skeptizismus hochhalten müssen.
Dr. Jan-Christoph Hauschild kommt nicht zu der Präsentation. Er hat angeboten, sich anlässlich seines nächsten Darmstadt-Besuches um den 18. Juli, wenn er in der „Büchner-Box“ sein funkelnagelneues „Georg Büchners Frauen“ vorstellt, öffentlich zu äußern. Er schrieb in seiner Absage an Dr. Ralf Beil:
… viele Fragen lassen sich auch von zuhause aus klären. Zum Beispiel die Datierung. Die Datierung auf dem Korsarenbild sieht eher nach 1839 als nach 1833 aus. Wann zeigen Sie mir für beide Jahre Beispieldatierungen aus dem Hoffmann-Konvolut?
Ein paar weitere Porträts von Hoffmann zum Vergleich würden womöglich weiteren Aufschluß über seine handwerkliche Manier geben, so er denn eine hatte, die wiederum ggf. die Ähnlichkeit erklärte.
Erst danach würde ich in die Ähnlichkeitsdiskussion eintreten wollen, die meines Erachtens ebenfalls nicht für einen GB spricht. Die relevanten Unterschiede sind allzu deutlich. Auch für Biometrie gibt es übrigens greifbare Experten.
Und dann bliebe, falls sich das Ganze damit nicht bereits erledigt hat, immer noch die Frage, warum Hoffmann GB zweimal gezeichnet haben sollte, 1834 (so meine indiziengestützte Hypothese) den im Polenrock und 1839 bzw. 1833 den Korsaren.
Daß Büchner sich als jugendlicher Satyriatiker porträtieren ließ, würde ich mir noch gefallen lassen. Aber dann muß alles andere stimmen. Und diesen Eindruck habe ich, gelinde gesagt, nicht.
Wiederholt und schon lange bevor die Verschrottungsdebatten begannen, habe ich hier über das Schicksal der Charlesville / Georg Büchner im Hafen von Rostock berichtet.
(in diesen Berichten finden sich auch links zu weiteren Artikeln sowie zu den Aktivisten, die sich für den Verbleib des Schiffes einsetzten).
Der bisher letzte Weg des traditionsreichen Schiffes spottet allerdings jeder Beschreibung und übertrifft die Phantasie selbst derjenigen, die einige Erfahrung im Umgang der öffentlichen Hand mit Denkmälern verschiedenster Natur haben. Bei Nacht und Nebel und und völlig offenen denkmals- und offenbar auch naturschutzrechtlichen Vorschriften wurde das Schiff aus dem Rostocker Hafen, angeblich zur Verbringung nach Litauen, notdürftig seetüchtig gemacht, abgeschleppt. Es sank kurz darauf unter ungeklärten Umständen. Jetzt ist die ganze Geschichte hier noch einmal im SPIEGEL abgehandelt worden und da findet sich nun für aufmerksame Leser mit Büchner-Interessen ein ganz besonderer Leckerbissen. In den Kommentaren stellt nämlich hier ein gewisser dr. hp den Zusammenhang her, über den alle regelmäßigen Leser dieses Blogs längst nachgedacht haben: nämlich zu Georg Büchner als Korsar! Dieser dr.hp ist kein Geringerer als der verdiente Herausgeber der großen Georg-Büchner-Werkausgabe im Deutschen Klassikerverlag, Herr Dr. Henri Poschmann aus Weimar, der damit auch gleich seine Haltung zum aktuellen Bilderfund artikuliert.
„Natürlich er selbst, das Phantom des roten Korsaren, wer sonst, hat sich die „Georg Büchner“ gegriffen …“ schreibt Poschmann, den die eigentlich so aufmerksame Presse zur Frage der Identifizierung des neu aufgefundenen Büchner-Bildes ja längst hätte fragen können – ebenso wie den dazu ebenfalls bisher öffentlich nicht vernommenen Büchner-Biographen Jan-Christoph Hauschild. Mal sehen, ob der sich ebenfalls freibeuterischer Methoden zur Veröffentlichung seiner Haltung bedienen wird …