Peter Brunners Buechnerblog

Kategorie: in eigener Sache (Seite 1 von 13)

Büchners Welt – der Podcast von Luise und Peter

Nach der Erstsendung auf RadioDarmstadt  werden hier alle Folgen des Podcast zu finden sein – ganz bequem zum Anhören per Mausklick. 

Selbstverständlich finden Sie die Folgen auch auf allen gängigen Portalen zum Anhören wo´s beliebt. 

Zur Sendung

Im Kern der Sendereihe Büchners Welt steht Georg Büchner. Um ihn, seine Werke, seine Familie und seine Freundschaften spinnt sich ein Netz von Bezügen, Wirkungen, Ereignissen und Forschungen, die schier endlos erscheinen und in diesem Vielklang auch noch lange nicht abschließend beschrieben sind, ja wohl gar nicht abgeschlossen werden können.

Luise und Peter Brunner wollen in ihrer Sendung gemeinsam mit den Zuhörer:innen in diese Welt eintauchen. Dabei spielen nicht nur Büchners familiäre Bande eine zentrale Rolle, sondern auch die Vater-Tochter Beziehung zwischen Peter und Luise.

Peter Brunner beschäftigt sich seit Anfang der 2000er Jahre intensiv mit der Familie Büchner und begann, sich für die Sanierung der Pfungstädter Villa Büchner zu engagieren. Später hat er die Familienbiographie „Die Büchners oder der Versuch, die Welt zu verändern“ mit zwei Ko-Autoren veröffentlicht, Veranstaltungen in Darmstadt zu Georg Büchners 200. Geburtstag kuratiert, Aufsätze und Textbeiträge zum Thema veröffentlicht, zahlreiche Bilder und Texte zusammengetragen und den Stammbaum der Familie zusammengestellt und erweitert. Seit 2017 leitet er das Museum Büchnerhaus in Georg Büchners Geburtshaus in Riedstadt-Goddelau und ist Gründungsmitglied des hessischen Literaturrates, der Luise Büchner-Gesellschaft und von „BüchnerFindetStatt“.

Peters Tochter Luise ist heute Soziologin und Gewerkschaftssekretärin. Seit ihrer frühen Kindheit erlebt sie die lebendigen Geschichten, die ihr Vater von den Büchners erzählt. Zwar ist sie vertraut mit den zahlreichen Figuren und Anekdoten, die sich um die Büchners ranken, doch es gibt viele lose Enden der Erzählungen und viele ungeklärte Kontexte. In dieser Sendung will Luise versuchen, diese nie zu Ende geknüpften Netze von Zusammenhängen zu verbinden und die überraschenden aktuellen Bezüge zu hinterfragen. Peter stellt sich diesem Versuch, in jeder Folge im Gespräch mit seiner Tochter einer offenen Frage nachzugehen – von den politischen und historischen Hintergründen über die literarischen und wissenschaftlichen Aufsätze bis zu den Familienmitgliedern in der Welt der Büchners.

Das Jingle zum Podcast: die Büchnerband mit „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“

 

 

Der „Teaser“ zum Podcast- kleine Einführung in knapp drei Minuten als Verführung zum zuhören

I: Einleitung

Für Peter hat es nicht mit Georg begonnen, sondern mit dessen Bruder Wilhelm und einer alten Villa. Er stolperte über die Geschichte der Büchners – und kann nicht mehr loslassen. Jahre später sitzt er mit seiner Tochter Luise im Studio und erzählt, wie aus Neugier eine Obsession wurde. Wer waren die Büchners und warum lohnt es sich, über sie zu sprechen? War Georg Büchner ein Genie? Und die wichtigste Frage: Wurde Luise wirklich nicht nach Luise Büchner benannt?

 

 

II: Historischer Kontext:
Das lange 19. Jahrhundert


Damit wir uns in Büchners Welt stürzen können, sollten wir zunächst über den historischen und gesellschaftlichen Kontext sprechen: Der Historiker Eric Hobsbawm prägte den Begriff des Langen 19. Jahrhunderts von 1789 (Französische Revolution) bis 1914 (Erster Weltkrieg). Welche politischen Verhältnisse prägten die Büchners zu der Zeit? In welcher Welt leben sie? Und warum ist dieses Wissen oft so schwer zu verstehen und wie und wo könnte das besser gelingen?

III: Der junge Georg



Nachdem wir in Folge 2 über die Jahre vor Georgs Geburt gesprochen haben, beschäftigen wir uns hier mit den ersten Jahren seines Lebens. Georg wurde 1813 als erstes Kind des Arztes Karl Ernst Büchner und Louise Caroline Büchner, geborene Reuß, geboren. Nach mehreren Wohnungswechseln kommt die Familie in ihrem Haus in Darmstadt an. War die Familie wirklich zu 9. oder gab es noch mehr Personen, die mit ihnen zusammen gelebt haben? Was wissen wir über Georgs Schulzeit und über seine frühe Politisierung? Und warum hält er am Gymnasium eine Rede über einen alten Römer?

IV: Georg in Straßburg

Nach Georgs Abitur soll er als der Erstgeborene in seiner Familie und als Sohn eines Arztes selbst auch Medizin studieren. Er darf ins Ausland gehen und beginnt in Straßburg sein Studium. Er ist überwältigt von der Großstadt, der Offenheit der politischen Debatte, der Präsenz der „Gewitterstimmung“ seit der Revolution und wird zum überzeugten Republikaner. Georg liest, schreibt, studiert, wandert – und verliebt sich. Wir sprechen in dieser Folge aber auch darüber, woher wir die ganzen Informationen über die Büchners eigentlich haben. Und was ist eigentlich eine Botanisiertrommel? 

V: Ein Bild von Georg

Georg verlässt das große Straßburg und fühlt sich nach Gießen verbannt. Aber bevor er dorthin aufbricht, wandert er durch den Odenwald, über den Frankenstein, Zwingenberg und den Melibokus. Auf dieser Wanderung entstehen zwei kleine Zeichnungen von Georg, die sein Freund Alexis Muston anfertigt. Das bringt uns zu den Fragen, welche Bilder es von den Büchners gibt – und welche nicht. Gibt es echte Portraits und woher wissen wir überhaupt, welche authentisch sind?

Wir sprechen über die Malaria im hessischen Ried, Einsamkeit in der Provinz und über das Motto, das Georgs Leben prägte. Und war Georg eigentlich ein lebenslustiger Mensch?

VI: Gießen, 1834:

Georg ist neu in der Stadt und niedergeschlagen – aber nicht tatenlos. Er schreibt wohl seinen bekanntesten Brief, der heute Fatalismusbrief genannt wird. Er trifft auf politische Netzwerke, schließt Freundschaften, eckt aber auch an – nicht zuletzt bei Burschenschaftern, die ihm eine „Katzenmusik“ bringen.

Wir klären, was das eigentlich ist und widmen uns der Frage, was Georg motivierte, politisch aktiv zu werden.

 

 

 

VII: 500 Jahre Demokratie?


Wir machen einen Zeitsprung ins Jahr 1525. Richtig, fast 300 Jahre vor Georg Büchners Geburt: Zu Thomas Müntzer, den Bauernkriegen und der blutigen Schlacht und Niederlage der Bauern bei Frankenhausen. Aber was hat das mit den Büchners zu tun? Gibt es eine Linie von den aufständischen Bauern zu den Adressaten des Hessischen Landboten? Luise ist skeptisch aber Peter meint: Ja. Wir diskutieren, ob 1525 demokratische Hoffnungen begraben wurden – oder ob sie gerade erst Wurzeln schlugen.

VIII: Der Hessische Landbote –
           Krieg den Palästen? 

In der Schule haben viele von uns den Hessischen Landboten gelesen, besonders bekannt ist die Parole „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ In dieser Folge geht es aber auch um Konspiration und die politische Verfolgung, die zur Entstehungsgeschichte des Flugblatts gehören.

Anhand des Drucksatzes lassen sich ganze Kriminalgeschichten erzählen.

Und neben all der Verschwörung sprechen Luise und Peter auch darüber, ob es heute wohl einen neuen Hessischen Landboten bräuchte.

IX: Woyzeck? Wozzeck! 


Das Staatstheater Darmstadt zeigt Alban Bergs Oper Wozzeck. Die Musik: überwältigend. Die Sänger*innen, allen voran Oliver Zwarg in der Hauptrolle: eindrucksvoll.

Aber warum steht die Figur Woyzeck – ganz im Widerspruch zu ihrer sozialen Randexistenz – alleine auf einer riesigen, weißen, beweglichen Bühne?

Und ja: Woyzeck begeht einen Femizid – scheußlich und unverzeihlich. Das Programmheft verurteilt die Tat. Büchner hingegen stellt eine andere Frage: Warum?

Wir diskutieren – und empfehlen: hingehen, selbst urteilen!

X: Wer die Wahrheit spricht, wird gehenkt

 

Seit 1820 garantiert die hessische Verfassung Meinungs- und Pressefreiheit. Wovor hatten die Landbotenverschwörer trotzdem solche Angst? Wir begeben uns auf die Spur der Demagogenverfolgung, des Tyrannenmordes und der Karlsbader Beschlüsse. Und stellen fest: Die Bürokratisierung von politischer Verfolgung hat eine lange Geschichte.

Nicht schon wieder Büchner …

… hieß die gelegentliche Klage meiner Tochter, wenn ich wieder von „meinen Büchners“ erzählte. Inzwischen ist daraus „Büchners Welt“ entstanden.

Büchners Welt bei Radio Darmstadt

 – eine neue Sendereihe bei Radio Darmstadt 

(UKW auf 103,4 MHz, Südhessen weit über DAB+ zu empfangen und live im Internet: https://radiodarmstadt.de und 7 Tage nach der Sendung in der RadaR+7 Mediathek)

 

die ab dem 27. Februar jeweils am 2ten und 4ten Donnerstag des Monats von 17 bis 18 Uhr gesendet wird. Die Sendungen dieser Reihe wird es auch, allerdings ohne Musik, als Podcast in allen gängigen Portalen geben. 

Im Kern von „Büchners Welt“ steht Georg Büchner. Um ihn, seine Werke, seine Familie und seine Freundschaften spinnt sich ein Netz von Bezügen, Wirkungen, Ereignissen und Forschungen, die schier endlos erscheinen und in diesem Vielklang auch noch lange nicht abschließend beschrieben sind, ja wohl gar nicht abgeschlossen werden können.

Luise und Peter Brunner wollen in ihrer Sendung gemeinsam mit den Zuhörer:innen in diese Welt eintauchen. Dabei spielen nicht nur Büchners familiäre Bande eine zentrale Rolle, sondern auch die Vater-Tochter Beziehung zwischen Peter und Luise.

Peter Brunner beschäftigt sich seit Anfang der 2000er Jahre intensiv mit der Familie Büchner und begann, sich für die Sanierung der Pfungstädter Villa Büchner zu engagieren. Später hat er die Familienbiographie „Die Büchners oder der Versuch, die Welt zu verändern“ mit zwei Ko-Autoren veröffentlicht, Veranstaltungen in Darmstadt zu Georg Büchners 200. Geburtstag kuratiert, Aufsätze und Textbeiträge zum Thema veröffentlicht, zahlreiche Bilder und Texte zusammengetragen und den Stammbaum der Familie zusammengestellt und erweitert. Seit 2017 leitet er das Museum Büchnerhaus in Georg Büchners Geburtshaus in Riedstadt-Goddelau und ist Gründungsmitglied des hessischen Literaturrates, der Luise Büchner-Gesellschaft und von „BüchnerFindetStatt“. Er schreibt das Weblog „geschwisterbuechner.de“. 

Peters Tochter Luise Brunner ist heute Soziologin und Gewerkschaftssekretärin. Seit ihrer frühen Kindheit erlebt sie die lebendigen Geschichten, die ihr Vater von den Büchners erzählt. Zwar ist sie vertraut mit den zahlreichen Figuren und Anekdoten, die sich um die Büchners ranken, doch es gibt viele lose Enden der Erzählungen und viele ungeklärte Kontexte. In dieser Sendung will Luise versuchen, diese nie zu Ende geknüpften Netze von Zusammenhängen zu verbinden und die überraschenden aktuellen Bezüge zu hinterfragen. Peter stellt sich diesem Versuch, in jeder Folge im Gespräch mit seiner Tochter einer offenen Frage nachzugehen – von den politischen und historischen Hintergründen über die literarischen und wissenschaftlichen Aufsätze bis zu den Familienmitgliedern in der Welt der Büchners.

Hier findet sich ein kleiner „teaser“, eine kurze Audiodatei zur Einstimmung.

Die Kraft zum Donnern

Mit dem zweiten republikanischen Café ist gestern unser viertes BüchnerLandFestival zu Ende gegangen.


Moderiert von Johannes Breckner haben Barbara Sichtermann und Heribert Prantl kontrovers über Demokratie und ihre Gegner vorgetragen. Im gelungenen Dialog mit den vielen Gästen wurde klar: es gibt keine Alternative zur Demokratie, die wir uns wünschen sollten – und unsere Demokratie hat die Kraft, zu bestehen, wenn wir ihr diese Kraft geben. Im Diskurs, im Streit, auf der Straße und vor Gericht.

In unser Gästebuch haben sie geschrieben:

„Demokratie- das sind wir alle.

Darum: Helfen wir beim Donnern,

streiten wir, ringen wir, trinken und

essen wir miteinander. Dann haben

wir auch die Kraft zum Donnern.“

Ganz herzlich

Ihr

Heribert Prantl

am 14. Juli 2024

Prantl spielt auf die Stelle im „Woyzeck“ an, wo der sagt: Wir arme Leut. Sehn sie, Herr Hauptmann, Geld, Geld. Wer kein Geld hat. Da setz einmal einer seinsgleichen auf die Moral in die Welt[.] Man hat auch sein Fleisch und Blut. Unsereins ist doch einmal unseelig in der und der andern Welt, ich glaub’ wenn wir in Himmel kämen, so müßten wir donnern helfen.“


„Solange über die Demokratie so kontro-

vers und lebhaft gestritten wird wie hier

im Büchner-Haus, ist sie (die Demo-

kratie) im Wesentlichen intakt.“

Barbara Sichtermann

mit Dank für die Einladung!

14.7.24

In der Realität angekommen: BüchnerHaus und ALDI kooperieren

Ja, klar war das der Beitrag zum ersten April. 

Tatsächlich ist das Foto aber 1:1 wiedergegeben – genau so wird in der örtlichen Aldi-Süd-Filiale geworben …


 

Im „18. Brumaire“ schreibt Karl Marx: 

„Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce. „

Nicht jede Wiederholung in der Geschichte ist eine Farce, und manchmal kommt eben auch eine Farce aus der Vergangenheit als Realität auf uns zu. 

Auf der Frankfurter Buchmesse von 1981 machte ein sorgfältig gestalteter Prospekt Furore: Siegfried Unselds Edition Suhrkamp werde künftig mit der Discounterkette ALDI kooperieren. Die Glosse war so gut gemacht, dass sich hartnäckig das Gerücht hielt, sie komme direkt aus dem Hause Suhrkamp, wo  sich Angestellte über Unselds Affinität zu Marketing und Umsatz empörten.  2011 hat die „taz“ die Urheberschaft bekannt gemacht: Es waren Mitarbeiter des Berliner Verlags Klaus Wagenbach, Lektor Thomas Schmid und Verlagsassistent Thomas Platt.

2024 wird nun Realität, was an der Idee so naheliegend wie überzeugend ist. Im Prospekt hieß es: 

    “ … dies die Hoffnung meines Hauses, für viele Menschen dieser unserer Republik, die bisher dem Buch keine Aufmerksamkeit schenkten, Anstoß und Anlaß sein, tiefer in das Abenteuer Lesen einzusteigen.“
Werbung fürs BüchnerHaus in der ALDI-Filiale Riedstadt-Wolfskehlen

Werbung fürs BüchnerHaus in der ALDI-Filiale Riedstadt-Wolfskehlen


Zunächst ganz regional und damit im besten Sinne vor Ort kooperiert das Büchnerhaus ab sofort mit dem örtlichen Discounter. Die ALDI-Filiale bewirbt den Besuch des Museums, das Museum bewirbt Produkte bei ALDI.

In den nächsten Tagen werden die Textschilder, die Mahdi Ehsaei

gestaltet hat, 

http://www.mahdi-ehsaei.com/

Die Installation „Quote signs“ am ursprünglichen Ort vor der „Büchner-Box“ am Hauptbahnhof Darmstadt im Sommer 2013


durch Angebotsschilder mit den aktuellen Produkten von Aldi ersetzt. 

 

Eines der inzwischen verblichenen Original-Schilder am BüchnerHaus 

 

Das Gelände des Büchnerhauses wird damit ein lebendiger Einkaufsprospekt, so wie vor Ort Aldi aktiv für den Museumsbesuch wirbt. 

Das ist Marketing im 21. Jahrhundert: ohne Ansehen von Ruf und Bedeutung zusammen bringen, was nicht zusammen gehört. 

Über Demokratie – am 9. November?!

Das zweite Büchner-Weidig Symposium

Steht die Demokratie zur Disposition?“

Bereits vor Monaten haben wir für zwei Symposien zur Demokratie Termine gewählt, die für die Erinnerung in Deutschland von großer Bedeutung sind: den 3. Oktober als den „neuen“ Tag der Deutschen Einheit, und den 9. November als den Tag zahlreicher Wendepunkte der deutschen Geschichte:

Am 9. November 1848 wurde der durch Immunität geschützte Abgeordnete Robert Blum in Wien widerrechtlich erschossen – seine letzten Worte waren: „Ich sterbe für die Freiheit, für die ich gekämpft. Möge das Vaterland meiner eingedenk sein.“ In den deutschen Ländern war die Empörung über seinen Tod groß, Forderungen nach Gerechtigkeit wurden laut.

Am 9. November 1918 rief Philipp Scheidemann in Berlin die Deutsche Republik aus – damit ist der Tag der Beginn demokratischer Regierung in Deutschland

Am 9. November 1923 scheiterte am Widerstand der vereinten Demokraten der faschistische Hitler-Ludendorff-Putsch in München

am 9. November 1938 erlebten die Novemberpogrome ihren Höhepunkt – sie sind der Ausgangspunkt zum schließlich industriell betriebenen Völkermord, dem Holocaust

am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer, das Initialmoment der schließlichen deutschen Einheit.

Es erschien uns angemessen, diesen Tag als Datum unsers zweiten Symposiums zu wählen – wann,wenn nicht an einem so bedeutenden Gedenktag, gäbe es Anlass, sich über Demokratie auszutauschen?

Seit dem 7. Oktober, an dem die Mörder der Hamas Israel überfielen, überlegen wir, ob das angemessen bleibt. Wir sind in ständigem Austausch mit unserem Referenten und Freund Gad Arnsberg, der in Tel Aviv, stündlich von Bomben bedroht, lebt.

Inzwischen denken wir, ja, das ist eine angemessene, uns vielleicht sogar gebotene Form der Auseinandersetzung, auch am 9. November. Unsere Symposien stehen nicht im gesellschaftlichen Niemandsland, sie sollen und wollen Einfluss nehmen und Entwicklung befördern. Und was wäre eine bessere Reaktion auf terroristische Bedrohung als die Vergewisserung über Gesellschaftsformen, deren ständiges Ziel die Überwindung von Terror und die Verteidigung freiheitlichen Lebens in jeder Beziehung ist?

Daher laden wir herzlich ein zum zweiten Büchner-Weidig-Symposium „Steht die Demokratie zur Disposition“ am 9. 11.2023 in der Büchnerstadt Riedstadt und am 10.11.2023 in der Weidigstadt Butzbach, jeweils von 16 – 19 Uhr

Die Vortragenden und ihre Themen:

Prof. Dr. Gad Arnsberg

Hochschullehrer für Geschichte und Leiter der Internationalen Abteilung am Beit Berl College (Israel), war im Sommersemester 1997 als Gastprofessor am Institut für Jüdische Studien (FB 3). Arnsberg, der an den Universitäten Frankfurt a.M. und Tel Aviv Volkswirtschaft, Geschichte und Politik studiert hat, promovierte 1986 in Tel Aviv.

Ein Gespenst ging um in Europa – das Gespenst der Revolution

Was war neu an der Idee der Amerikanischen und Französischen Revolution? Warum war sie so wirkmächtig? Im Napoleonischen Gewand und unter dessen Ägide, als „Revolution von oben“, nahm sie auch in Deutschland Gestalt an, um alsbald der Reaktion anheimzufallen. So beflügelte sie die Idee der „Revolution von unten“. Eine Spirale von Repression und emanzipatorischer Gegenwehr kennzeichneten den langen Weg bis 1848. Wie nahm sich diese Gegenwehr aus? Wer waren ihre Träger, darunter Büchner und Weidig? Was erstrebten sie?





Dr. Antje Schrupp



Geboren 1964 in Weilburg, studierte Politikwissenschaft, ev. Theologie und Philosophie in Frankfurt am Main, Volontariat beim Ev. Pressedienst, arbeitet als Redakteurin, Publizistin und Referentin. Ihre Schwerpunktthemen sind weibliche politische Ideengeschichte, Geschichte des Sozialismus sowie religiöse Weltanschauungen. 2002 erschien ihr Buch „Das Aufsehen erregende Leben der Victoria Woodhull“ (Ulrike Helmer Verlag), die erste deutsche Biografie der ersten US-amerikanischen Präsidentschaftskandidatin und feministischen Aktivistin (gekürzte Neuauflage 2016 unter dem Titel „Vote for Victoria“). Ihr 2015 gemeinsam mit der Zeichnerin Patu veröffentlichter Comic „Kleine Geschichte des Feminismus im euro-amerikanischen Kontext“ (Unrast Verlag) wurde in viele Sprachen übersetzt. Neueste Publikationen: „Schwangerwerdenkönnen. Essay über Körper, Geschlecht und Politik“, Ulrike Helmer Verlag 2019, und „Reproduktive Freiheit. Eine feministische Ethik der Fortpflanzung“, Unrast Verlag 2022. 

Demokratie verkörpern: Intersektionaler Aktivismus am Beispiel von Amerikas erster Präsidentschaftskandidatin Victoria Woodhull
(1838-1927)

Intersektionalität“ ist zwar ein vergleichsweise neuer Begriff, aber kein neues Phänomen. Als die Feministin, Wunderheilerin, Sozialistin und Wall-Street-Brokerin Victoria Woodhull im Jahr 1872 für die US-Präsidentschaft kandidierte, machte sie die Verwobenheit unterschiedlicher Diskriminierungsformen zu ihrer politischen Praxis. Schwarze Abolitionisten und Sexarbeiterinnen, Frauenrechtlerinnen und Gewerkschaftsfunktionäre, Fabrikarbeiterinnen und bürgerliche Reformer unterstützten ihre Kampagne. Kann sie heute ein Vorbild für inklusiven demokratischen Aktivismus sein? 

Dr. Gerd Koenen

Geboren 1944 in Marburg/Lahn; 1964/65 Studium generale am Leibniz-Kolleg in Tübingen; 1966-1972 Studium der Geschichte und Politikwissenschaften in Tübingen und Frankfurt; Arbeit als Lektor, Journalist und Autor historischer Sachbücher; 1992-1997 Wissenschaftlicher Mitarbeiter von Lew Kopelew am „Wuppertaler Projekt“ zur Erforschung der deutsch-russischen Fremdenbilder; 2002 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für osteuropäische Geschichte in Tübingen, Prof. Dietrich Beyrau; Dissertation zum Thema „Rom oder Moskau? Deutschland, der Westen und die Revolutionierung Russlands; 2007 „Leipziger Buchpreis zur europäischen Verständigung“ (zusammen mit Mikhail Ryklin) für das Buch „Der Russland-Komplex“

Demokratie: Die schlimmste Form von Regierung ­
mit Ausnahme aller anderen“

Bemerkungen über die enorme Schwierigkeit, die allein schon der Gedanke, geschweige die Praxis einer demokratischen Willensbildung, Beschlussfassung und Administration bedeuten. Schwierig, fast „undenkbar“, war Demokratie bis vor ganz kurzem noch, und auch heute ist sie es für einen Großteil der Welt. Und da, wo es sie als Regierungsform gibt, ist sie für jede Art von Missbrauch und Korruption offen. Und heute, wo alle reden und keiner zuhört, und alle ihr eigenes Medium sind, das umso besser ferngesteuert und gelenkt werden kann, ist sie selbst in den demokratischsten Ländern eine Form der Politik, die jederzeit hart am Abgrund siedelt – außer, wenn sie von außer herausgefordert wird: dann kann sie auch ihre Stärken ausspielen und ihre Zähne zeigen.

Veranstaltungsorte sind am 9. 11. die Kunstgalerie am Büchnerhaus, Weidstraße 9, in Riedstadt und am 10.11. das Museum Butzbach, Beginn beide Male um 16 Uhr. Eintritt frei.

Die Beiträge werden eingeleitet von historischen oder literarischen Texten, die die Vortragenden ausgewählt haben.

Nach den Vorträgen steht ausreichend Zeit zur Aussprache und zum Ausblick zur Verfügung.

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