Vor zahlreichen Gästen hat der Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch Agnes Schmidt, der Vorsitzenden der Luise-Büchner-Gesellschaft, am 23. August die bronzene Verdienstmedaille der Stadt Darmstadt verliehen.

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In seiner Ansprache schilderte er ihren Lebenslauf, beginnend mit der Buchhandelslehre, danach dem Studium der ungarischen Sprache und Literaturwissenschaften in Budapest und den Weggang aus Ungarn „der Liebe wegen“ nach Darmstadt, wo sie „Tochter und Sohn zu urteilsfähigen und kritischen Menschen erzog“. Mit dem Böckel-Zitat machte er auf Gemeinsamkeiten zwischen Agnes Schmidt und Caroline Büchner (mit der sie den Geburtstag am 19.8. teilt!) aufmerksam, auch wenn Caroline ein Studium versperrt blieb. Nach der Zeit als Hausfrau und Mutter ging sie neue Wege: im Alter von 47 begann sie das Studium der Soziologie in Darmstadt, gründete den Kranichsteiner Literaturverlag mit, gab dort mehrere Bücher heraus, und „schenkte 1998 Darmstadt die Luise-Büchner-Bibliothek, womit sie einen entscheidenden Schritt dazu tat, die Erinnerung an die bedeutende Darmstädterin zu erhalten. Sie trug dazu bei, in besonderer Weise Alltag und Lebensweg von Frauen in verschiedenen Epochen erfahrbar zu machen; das Entdecken weiblicher Biographien als Vorbilder.“ Konsequent folgte die Gründung der Luise-Büchner-Gesellschaft und – seit 2012 – auch die Verleihung des Luise-Büchner-Preises für Publizistik, dessen erste Verleihung „bei einer sehr eindrucksvollen Feier“ stattfand. Für Darmstadt sind auch die vier Stadtrundgänge „aus Frauensicht“, die sie mitverfasst hat, von hoher Bedeutung.

 

In einem Leserbrief zur Anbringung einer Plakette, die zwar an Ernst Büchner, aber zu Unrecht nicht an seine bedeutende Frau erinnert, schildert sie Caroline, die ihre Kinder zu aufgeklärten und kritischen Menschen machte und dazu erzog, Frauen und Männer als gleichwertig und gleichberechtigt zu verstehen. Agnes Schmidt „hat stets daran erinnert, dass Frauen in allen Zeiten mindestens die Hälfte beigetragen haben oder, wie bei den Büchners, vermutlich sogar mehr als das“.

 

Zu dem Wunsch Agnes Schmidts, es solle in Darmstadt endlich eine Schule nach Luise Büchner benannt werden, sagte der OB: „Auf den neuen Konversionsflächen, wenn die neuen Stadtteile entstehen und sie werden entstehen, wird mit einem Viertel, einer Schule oder einer Straße Luise Büchner ein angemessener Platz in unserer Stadt gegeben werden.“

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Agnes Schmidt erhalte mit der Plakette eine der höchsten Auszeichnungen der Stadt Darmstadt. Sie wird verliehen an Personen, die sich durch in oder für Darmstadt vollbrachte und über ihre Grenzen hinaus wirkende politische, wissenschaftliche, künstlerische, wirtschaftliche oder andere gemeinnützige Leistung besonders ausgezeichnet und dadurch besonders verdient gemacht haben.

Er schloss „mit Dank für alles für unsere Stadt, die Wissenschaft und die Gleichberechtigung Getane und auf gute Zusammenarbeit auf dem immer noch langen und steinigen Weg zu einer gleichberechtigten Gesellschaft!“

In ihrer knappen Dankesantwort sagte Agnes Schmidt:

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„Es gibt in der Geschichte sehr viele Männer, die die Frauenbewegung unterstützt haben, in unserer Stadt sind auch einige, und dazu gehört auch Oberbürgermeister Partsch. … Es geht um die sensiblen Hintergründe, wo in uns selber, in Männern und Frauen, diese 2.000, 5.000 Jahre Geschichte nachwirkt, es ist unglaublich, wie tief in uns drin noch diese Geschlechterdifferenz und die Unterordnung eines Geschlechtes unter das andere noch in unserem Denken und Handeln verankert ist. … Luise Büchner war immer dafür, in den Emanzipationsprozess auch die Männer einzubeziehen, … das kommt vielleicht von der guten Erfahrung und dem Mitlernen mit ihren Brüdern, das hat sie dazu bewegt, immer zu sagen: `wir müssen mit den Männern zusammenarbeiten´ – und sie hat immer hinzugefügt: `die haben das Geld und die haben die Macht´“.

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Unnötig zu sagen, dass es uns schon lange überfällig erschien, in Agnes Schmidt eine großartige Autorin, Forscherin, Frauenrechtlerin und – glücklicherweise – gute Freundin zu ehren!

 

 

* Aus einem Brief von Eugéne Böckel vom 16. Januar 1836 an Georg Büchner über dessen Mutter Caroline Büchner