Den berühmten „Pfingstausflug“ Alexander Bühners habe ich hier ja schon einmal erwähnt. In seiner ersten Buchveröffentlichung („Gedichte”, Kuhl, Butzbach, 1851) sind dazu die folgenden beiden Gedichte abgedruckt. Ganz anders als in der abgeklärten Rückschau seiner Autobiographie „Das tolle Jahr – Von einem, der nicht mehr toll ist” klingt hier noch die Empathie des jugendlichen Revoutionäres duch jeden Vers. Am 24. Mai 1849 fand im Rahmen der „Reichsverfassungskampagne”  das „Ober Laudenbacher Gefecht” bei Heppenheim statt, und mitten in diesen revolutionären Kriegstrubel hat sich Alexander zusammen mit seiner Schwester Matilde, wohl auch noch mit weiteren Familienmitgliedern, an Pfingsten (27./28. Mai 1849) begeben. Er wird verhaftet, weil man ihn für den Attentäter des erschossenen hessischen Provinzialkommissär Prinz hält und bewacht nach Darmstadt geführt, wo sich das Missverständnis aufklärt – es erging ihm sehr viel besser als mindestens 15 Teilnehmern des Aufstandes, die nach ihrer Verhaftung erst im August 1851 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.

 

Alexander Büchner:

Pfingstreminiszenzen

 

1849.

 

1.

 

Die schönste Mainacht lau und mild

Liegt träumend über den Gefild,

Und auf die Höhlen und ins Tal

Gießt sich des Mondes Silberstrahl.

 

 

Wachtfeuer lodern hin in Reihn

Am Waldessaum mit düstrem Schein,

Soldaten liegen in tiefer Ruh,

Die Schildwacht schreitet ab und zu.

 

 

Dort naht ein Zug, der Hahn ist auf,

Das Bajonett gepflanzt am Lauf,

So geht es hin, mit raschem Tritt:

Der Zug führt zwei Gefangne mit.

 

 

Zwei Männer, die den Waffentot

Verlachen, der sie oft bedroht,

Und Arm in Arm und fest und kühn

Mit ihren Wächtern weiter ziehn.

 

 

Und durch der Waffen rauhen Klang

Tönt laut und lauter ihr Gesang:

Wer kennt sie nicht, die Melodie?

Allons enfants de la patrie!

 

 

 

2.

 

 

Ich weiß ´ne Stunde, da beim Wein

Ich auf dem Stroh gesessen hab´,

In einer Zelle eng und klein

Und leer und dumpfig, wie das Grab.

 

 

Und neben mir ein andrer saß,

wir wusste manchen lust´gen Sang,

Dieweil das kühle, goldne Naß

Erfrischte seiner Stimme Klang.

 

 

Vor´m Fenster und der Türe stand

Gewehr im Arm der Waechter Schaar

Und staunte, dass in ihrer Hand

Jemand noch froh und lustig war.

 

 

Dir schenk´ ich, armer Söldner, ein,

Wie bist du durstig, müd, verbleicht,

Dort sitzt der Führer Schaar beim Wein,

Die niemals dir ein Glas gereicht!

 

 

Für deiner Herren Übermuth,

Wächst dort die Rebe, reift die Saat,

Du düngst vielleicht mit deinem Blut,

Was niemals dein gehöret hat.

 

 

Die eigne Freiheit sperrst Du ein

Im Kerker, den ihr eng bewacht:

Trink, armer Söldner, trink den Wein,

Den der Gefangne dir gebracht!