Leider berichten verschieden Medien übereinstimmend, dass die Tage des Museumsschiffes gezählt sind, voraussichtlich wird es im Januar zur Verschrottung ins litauische Klaipeda geschleppt.
Interessanterweise nimmt kein Berichterstatter Bezug auf die Namensgebung des ursprünglich Charlesville genannten Schiffes; auch auf die Assoziation zu den hier gefeierten Jubiläen ist keiner gekommen – das mag daran liegen, dass an Marinethemen Interessierte nicht ganz klassisch Büchner-Leser sind. Uns an der Büchner-Biennale Beteiligten sollte das aber auch ein wichtiges Indiz dafür sein, dass mit der Website Buechner1213 und dem Versand von Programmheften noch nicht das Nonplusultra der Penetration“ erreicht ist.
NACHTRAG 7. Januar 2013:
Offenbar ist noch alles im Fluss – hier ein paar Meldungen dazu, dass das Schiff vielleicht doch noch in einem belgischen Hafen landet:
Seit Jahren vagabundiert ein Bild durch die Welt, das einen blondgelockten Jüngling mit Logenbijou zeigt und für Georg Büchner ausgegeben wird.
Offenbar war es aus unerfindlichen Gründen in Walter Killy Literaturlexikon abgedruckt worden und hat von da aus seinen Eroberungszug angetreten. Bereits im Januar 2012 ist auch die Frankfurter Rundschau in einem online leider nicht mehr verfügbaren Artikel auf diese Fälschung reingefallen und hat sie anderntags korrigiert.
Bei einem kürzlichen Treffen der Büchner-Initiativen zur Jubiläums-Biennale Büchner 12/13 hat der Leiter der Büchner-Forschungsstelle in Marburg, Professor Burghard Dedner, so darauf hingewiesen:
weist darauf hin, dass es nur zwei zu Lebzeiten entstandene Porträts Büchners gibt: Die Bleistiftskizze von Alexis Muston, die Büchner bei einer Wanderung durch das Felsenmeer im Odenwald zeigt (eine weitere Federzeichnung Mustons von Georg Büchner entstand vermutlich später aus der Erinnerung) und das Porträt Heinrich Adolf Valentin Hoffmanns. Es existiert in etlichen, aber immer schwarz-weißen Abwandlungen. Ein farbiges Bild, das außerdem als Büchner-Porträt kursiert, zeigt einen jungen Mann im grünen Wams mit dem Abzeichen eines niederländischen Freimaurer-Ordens. Hierbei handelt es sich NICHT um Georg Büchner: Das Bild ist in der Überlieferungsgeschichte nicht verzeichnet und tauchte erst nach dem zweiten Weltkrieg auf. An die Runde ergeht die Bitte, das falsche Porträt in Publikationen, Programmhinweisen u.ä. nicht zu verwenden!
Das alles konnte nicht verhindern, dass die geschäftstüchtigen Verantwortlichen des BTN Versandhandels GmbH eine Medaille anbieten, bei der sich allen Kennern buchstäblich die Haare zu Berge stellen. Nicht genug damit, dass anlässlich 200. Geburtstages 2013 (ja, sie sind die Ersten!) das schreckliche Lockenkopfbild verwendet wurde, die Randprägung lautet Einigkeit und Recht und Freiheit und auf der Rückseite sind unter den Schwingen eines Adlers die Wappen der aktuellen Bundesländer versemmelt versammelt.
Den erläuternd beigegebenen Text stelle ich hier im Original und vollständig zur gefl. Kenntnisnahme:
Einigkeit und Recht und Freiheit hat bekanntlich August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1841 für sein Lied der Deutschen gedichtet, da war Georg Büchner leider schon seit 4 Jahren tot. Es ist auch mehr als fraglich, ob er diese Parole getragen hätte sie ihm auf diese Art und Weise unterzuschieben ist jedenfalls kaum anders denn als Blödsinn zu bezeichnen. Über Bundesadler und Landeswappen auf der Rückseite möchte ich den Mantel christlicher Nächstenliebe decken, statt sie zu kommentieren.
Wir haben also zu vermelden: es erschien eine Medaille, die Georg Büchners 200. Geburtstag zum Anlass nimmt, aber überhaupt nichts mit ihm und seinem Gedenken zu tun hat. Mal seh‘ n, was da noch alles auf uns zu kommt …
Vor überfülltem Auditorium im diesmal viel zu kleinen Vortragssaal des Darmstädter Literaturhauses wurde am Sonntag, dem 2.12., der erste Luise-Büchner-Preis für Publizistik an Bascha Mika vergeben.
In ihrer Begrüßung erinnerte Agnes Schmidt, die Vorsitzende der verleihenden Luise-Büchner-Gesellschaft, an Luise Büchners 135. Todestag am 28. November. Erst kürzlich waren im Literaturhaus an diesem Tag Nachrufe auf und Erinnerung an die Frauenrechtlerin und Publizistin vorgetragen worden.
Sie verwies auf Luises berühmtes Zitat: Feder und Wort sind Euch gegeben so gut wie dem Manne die Stunde ist da und der Weg eröffnet, der die Frauen zu ihrer höchsten Entwicklung führen soll. und ergänzte dann : Man kann die Rolle der Presse auf dem Weg zur Frauenbefreiung nicht hoch genug einschätzen, auch wenn sich männliche Autoren häufig gegen die Gleichstellung der Geschlechter aussprachen.
Das Thema Frauendiskriminierung hielten viele vor etwa 10 Jahren für erledigt. Der Unterschied zwischen den Bildungsmöglichkeiten von Mädchen und Jungen sei verschwunden. Aber damit seinen noch lange nicht alle strukturellen Hindernisse verschwunden, sie abzuschaffen nannte sie Aufgabe der gegenwärtigen Frauenbewegung. Es existierten darüber hinaus auch unsichtbare, in den Frauen selbst versteckte Unfreiheiten, die aufzudecken gar nicht so einfach sei.
Mit der Einsetzung des Preises verfolgte der Vereinsvorstand den Plan, eine Journalistin oder einen Journalisten auszeichnen, die oder der durch neue Sichtweisen die Gleichstellungsdebatte bereichert. Auf Bascha Mika konnte man sich da schnell einigen, da sie in ihren Artikeln die Gleichstellungsdebatte mit neuen Impulsen bereicherte.
Oberbürgermeister Jochen Partsch beglückwünschte die Gesellschaft zur guten Wahl und begrüßte, dass sie nicht nur als historischer Gedenkverein, sondern auch praktisch in Luises Nachfolge arbeiten will.
Er erinnerte daran, dass in Darmstadt jetzt binnen weniger Wochen drei große Preise an Frauen vergeben wurde: der Büchner-Preis an Felicitas Hoppe, die Kesten Medaille an Irina Khalip und heute der Luise-Büchner-Preis für Publizistik an Bascha Mika.
Johannes Breckner, Feuilletonchef des DARMSTÄDTER ECHO und Mitglied der Jury, griff die Aufzählung des Oberbürgermeisters mit dem Vorschlag auf, eine Statistik der vergebenen Preise einer Stadt relativ zu ihren Einwohnern aufzustellen, die erfreulicherweise sicher Darmstadt anführen werde.
Selbstverständlich gehe es bei der Vergabe dieses Preises um gesellschaftliche Teilhabe, und so sei Bascha Mika offenbar und unbestreitbar eine hervorragende Wahl. Die Zeiten seien nicht danach, über Publizistik zu sprechen und vom Medienwandel zu schweigen; er sehe den medialen Wandel vor allem als Chance; im Ergebnis werde die qualifizierte Nachricht immer kostbarer und die Angst vor dem Untergang des Journalismus sei daher unnötig.
Die erste Vergabe des neuen Darmstädter Preises sei natürlich nur ein schöner Anfang, dem noch viele schöne Preisverleihungen folgen sollen, bei denen das ECHO sich gerne weiter beteiligen werde.
Musikalische Intermezzi kamen von der fabelhaften Büchnerbande“,
die Auszüge aus ihrer musikalischen Revue zu Leben und Werk
der Geschwister Büchner vortrugen.
Adrienne Goehlers Laudatio stand unter der Überschrift ICH BIN JA MISSIONARIN AUF DEM GEBIET!“ (Bascha Mika)
Sie griff damit ein biographisches Detail auf: die junge Bascha Mika träumte kurzfristig davon, ihr Leben als Missionarin zu verbringen; dieser Traum habe nun auch ohne religiöse Bindung seinen Gegenstand gefunden. Allerdings führten aus dem Patriarchat, auch dem weiblichen, keine lauen Lüfte, sondern nur heftige Stürme. Bascha Mika gehe es um Ein- und Aufmischung, nicht um Säuseln!
Egal ob als Frau mit und ohne Kinder, allein lebend oder als Paar: Frauen müssten an jeder Stelle die Verantwortung für sich übernehmen. Und immer aufs Neue den Raum der Wahlfreiheit ausloten, ihn erkämpfen und durchsetzen. Und schließlich: … Mikas Aufruf: Wir müssen Subjekte unseres Lebens werden. Biologie mag Schicksal sein – alles andere nicht“, könnten wir uns auch gut von Luise Büchner vorstellen.“
Bascha Mika begann ihre Dankrede mit dem Versprechen, den Preis nicht nur als Ehre und Anerkennung ist, sondern auch als Ansporn zu nehmen.
Er stelle als Besonderheit die Verbindung zu den streitbaren Frauen des 19. Jahrhunderts her, die immer noch immens wichtig seien, denn sie haben uns gezeigt, dass man den Frauen nichts schenkt, auch nicht, was ihnen zusteht, dass Rechte nur eingeräumt werden, wenn sie gefordert werden, und dass wir nur vorangehen, wenn wir streiten. Natürlich sei seit Mitte des 19. Jahrhunderts viel geschehen, aber es bleibe noch viel zu tun. Auch heute noch komme für Frauen der Schock der gesellschaftlichen Realität spätestens mit dem Eintritt ins Berufsleben, und so sind wir wieder bei Luise Büchner.
Es gehe noch immer um Befreiung aus Unmündigkeit, um Ermutigung und Ermöglichung; nicht nur um Theorie, sondern auch um Praxis, darum, etwas zu tun, mit konkretem Handeln die Verhältnisse zu verändern, und dafür ist Beruf unendlich wichtig. Um Geld zu verdienen, aber auch um die Sinnstiftung, um das in der Welt sein, um Kontakte und all das, was für Männer selbstverständlich ist und was Frauen bis heute für einen Luxus halten, den man sich gönnt oder nicht.
Sie schloss: Aber trotzdem ist das Ziel, dass jemand in baldiger Zukunft fragt: `Georg Büchner? Das ist doch der Bruder von …´ – denn, meine Damen und Herren, wir Frauen sind weiß Gott nicht Alles, aber ohne uns ist Alles Mist.
Die Verleihung des Preises an Bascha Mika wurde ja hier bereits angekündigt; mitten in einigem Trubel hier ein paar knappe Hinweise und links, bis dann Montag der Bericht über die Verleihung hier erscheinen wird:
– am 30. 11. erschien im DARMSTÄDTER ECHO das Gespräch, das Bascha Mika anlässlich der Verleihung führte (Das ECHO hat nach dem Vorbild der NY Times eine Anmeldeschwelle eingebaut; der Text ist nur angemeldeten Lesern, diesen aber kostenfrei, zugänglich.)
Die Preisverleihung am Sonntag, dem 2. Dezember, um 11 Uhr im Literaturhaus Darmstadt, ist wegen des großen Interesses leider nur angemeldeten Besuchern zugänglich; alle Plätze sind bereits vergeben.
Wir werden hier ausführlich berichten; voraussichtlich werden auch die Laudatio von Adrienne Goehler und Bascha Mikas Dankrede hier veröffentlicht.
Am 135. Todestag Luise Büchners hatte die Luise-Büchner-Gesellschaft zu einer kleinen Feierstunde ins Darmstädter Literaturhaus eingeladen.
Frau Rosemarie Wrede-Grischka las Texte aus den in dem Sammelband Die Frau erschienenen Nachrufen auf Luise Büchner, Gabriele Emde-Hauffe ergänzte mit klug ausgewählter Harfenmusik den Abend.
Meine Wenigkeit durfte neben einem kleinen Nachruf aus der Pfungstädter Zeitung :
dasGedicht vortragen, das die Brüder Ludwig und Wilhelm auf ihre tote Schwester verfasst haben. Vor einiger Zeit trug ich bereits Wilhelm Büchners Gedicht auf den toten Bruder Georg vor, dass er 1877 am neuen Grab in Zürich zum besten gab, und musste es mit der Bemerkung kommentieren, dass das vermutlich das schlechteste Gedicht ist, dass von den Büchers jemals verfasst wurde. Insofern war das Gedicht auf Luise also schlimmstenfalls das zweitschlechteste.
Die von Agnes Schmidt klug ausgwählten Texte belegten überzeugend, welch großen Einfluss Luise Büchner in ihrer Zeit hatte und welche Wertschätzung ihre Arbeit genoss. Zu ihrer Beerdigung auf dem Darmstädter (Alten) Friedhof am erhaltenen Grab kamen weit über 1.000 Trauernde!