Vor 200 Jahren wurde in Goddelau Karl Georg Büchner als Sohn von Caroline Louise geb. Reuß und ihrem Mann Ernst Büchner geboren.
… Charlotte hatte mit ungetheilter und steigender Aufmerksamkeit auf Ludwig’s Rede gelauscht, mit leuchtenden Augen hing sie an seinen Lippen, und als er geendet sagte sie zu ihrer Nachbarin: »Sie sind eine glückliche, glückliche Mutter!« Die Doctorin lächelte ihr freundlich zu, aber in ihren Augen lag ein tiefer Ernst, als sie antwortete: »Glücklich ja, aber auch sorgenvoller als viele andere Mütter, der Feuerkopf wird uns noch viel zu schaffen machen!«
Am Samstag Abend fand vor ausverkauftem Haus mit an die 1.000 Besuchern im großen Haus des Darmstädter Staatstheaters die Vernissage zur Ausstellung „Georg Büchner -Revolutionär mit Feder und Skalpell“ statt. Mit meinen beschränkten technischen Möglichkeiten habe ich Fotos geknipst, die nur der Dokumentation und nicht dem ästhetischen Anspruch dienen (übrigens gab es eigentlich keinen Grund dafür, das Publikum in tiefste Theater-Dunkelheit zu tauchen – „mehr Licht“ hätte nicht geschadet):
Ralf Beil, der Kurator, hatte sich ganz wörtlich in Frack geworfen und präsentierte nach der ersten (von später mehrfach wiederholten) Aufzählungen der immer gleichen Honoratiorinnen, teils mit, teils ohne vollständigem Titel, sich selbst als Zampano, was darin gipfelte, dass ihm am Ende auch noch ein Preis für seine Kuratorentätigkeit für eine vergangene Ausstellung überreicht wurde.
Kluge Regie hatte die unvermeidlichen Ansprachen zwischen gut ausgewählten Darbietungen hervorragender Ausschnitte von Büchner-Interpretationen platziert.
Andreas Manz-Kozár mit der Sain-Just-Rede aus dem „Danton“: Soll eine Idee nicht ebensogut wie ein Gesetz der Physik vernichten dürfen, was sich ihr widersetzt?
Leider unkrönbar: der unbestrittene Star des Abend, unser Freund Christian Wirmer, mit der sensationellen Interpretation von Büchners Lenz – wahrhaftig auf dem Kopf stehend. Als einziger wagte Wirmer nicht nur akrobatisch, sondern auch akustisch die Leistung, unverstärkt zu sprechen – obwohl der Kopfstand die Artikulation nicht leichter machte. Er erntete verdient den stärksten Applaus des Abends.
Margit Schulte-Tigges:
Das Märchen aus Woyzeck „ … und da sitzt es noch und ist ganz allein“
Das Orchester unter Martin Lukas Meister mit
dem Orchesterzwischenspiel im 3. Akt von Alban Bergs „Wozzeck“
Aart Veder:
Büchners letzter Brief – „Adio, piccola mia“
Zwei Honoratioren sprengten glücklicherweise den Rahmen veranstaltungstypischer Betulichkeit:
Der Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch zitierte den Bericht Carl Vogts über Büchner als Gießener Student, der ihn als schroff und wunderlich charakterisiert, und stellte die Frage, ob denn dieser Büchner heute hier und unter uns besser aufgenommen würde. In der Tat gibt es gute Gründe, sich Georg Büchner als demonstrativ unangepasst im Auftreten vorzustellen. Sein Bruder Wilhelm schreibt in dem Gedicht „Am Grab des Bruders“:
Das blaue Aug, sein lockig Haar, Die kühne Stirn mit den Apollo-Bogen, Ein schlanker, grosser, junger Mann, Geziert mit rother Jakobiner-Mütze Im Polen-Rock, schritt stolz er durch die Strassen Der Residenz, die Augenweide seiner Freunde! Wie Anders ist es heut!
Man vergegenwärtige sich im biedermeierlich-behäbige Darmstadt („so lang und breit die Rheinstraß‘ ist, es wimmelt drin – ein Accessist“ – Alexander Büchner) einen Halbwüchsigen im demonstrativen Dresscode der französischen Revolution! Mir fehlen angemessene Beispiele für eine heute vergleichbare Provokation. Die ersten Hippies auf deutschen Straßen oder vermummte Frauen in orthodoxen Kirchen mögen ähnlich anstößig gewesen sein. Es ist dem Oberbürgermeister und seinem Redenschreiber nicht hoch genug anzurechnen, dieses „deviante“ Verhalten des jungen Studenten zu thematisieren und damit eine Aktualisierung Büchners zu ermöglichen, die leider viel zu selten versucht wird. Diese Frage muss nämlich in der Tat gestellt werden: ist unsere Gesellschaft heute bereiter und fähiger, Provokateure und Kritiker anzunehmen und konstruktiv mit ihnen umzugehen?
In Facebook schrieb er spät nachts:
„Habe darauf hingewiesen , dass bei aller Freude und Feier viele Menschen heute unter uns sind, die auch nicht verstanden werden, sensibel sind, revolutionäre Ideen haben, auch heute draußen stehen, Hmm nicht auf Empfängen … Darmstadt bleibt kritisch, natürlich auch gegenüber dem OB. Und völlig richtig ist Danys Anmerkung: Wenn ich mir das alles betrachte wäre für Büchner der Veggieday peanuts! Soisses.“
Prof. B. Dedner
Auch Burkhard Dedner, der Leiter der Büchner-Forschungsstelle in Marburg, widersetzte sich erfolgreich der üblichen Lobhudelei von Eröffnungsansprachen. Ihm war das Büchner-Zitat aus einem Schulheft als Motto zugeordnet, und er ließ erfreulicherweise keine der naheliegenden frechen Bemerkungen über DARM-stadt, Poponien und die Venus mit den schönen Hintern aus. Ihm ist zu verdanken, dass die Büchnerausstellung mindestens von den Anwesenden ab jetzt nicht nur als Labsal für Ohr und Auge, sondern auch mindestens als Bedürfnis der fühlenden Hand empfunden werden kann.
Der Weisheit der Vielen soll hier dann aber doch eine Bemerkung unterworfen werden, die mich verblüfft hat: Dedner meint nämlich , dieses „lambe me in podice” (für die glücklichen Nicht-Humanisten: „Leck mich am Arsch!“) sei in der gesamten Literatur von Büchner als Erstem aufgeschrieben worden; ihm sei es nicht gelungen, eine frühere Fundstelle zu identifizieren. Ich persönlich hätte bis gestern darauf gewettet, dass sich das schon als Marginalie in einer mittelalterlichen Handschrift finden lässt – weiß wer mehr?
Die Festversammlung löste sich schließlich auf – hoffentlich zahlreiche Gäste nutzten dann noch die Gelegenheit zu einer ersten Besichtigung und dem Vernissagen-Schwoof im naheliegenden Welcome-Hotel. Der Berichterstatter, der ja bereits einen ersten Einblick haben durfte, zog ein Privatissimum vor.
Das „Panel" der Pressekonferenz
(Klick auf Bild öffnet neues Fenster mit großem Bild, auf dem die Namensschilder lesbar werden)
Der Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch erwähnte zutreffend, dass unsicher bleiben muss, ob sich Georg Büchner ausgerechnet in dem doch eher palast- als hüttenartigen Neubau angemessen untergebracht gefühlt hätte. Bevor das Anwesende fälschlich als Kritik an dem in Darmstadt nicht unumstrittenen Bau interpretieren konnten, kriegte er grade noch die Kurve mit einer Volte zu neuen Zeiten und demokratischen, jedenfalls demokratischeren, Zugängen zu solchen Gebäuden heute gegenüber 1830.
Angeführt von Ralf Beil, der seine Euphorie kaum verbergen konnte und von nun an für etwa 2 Stunden nicht mehr aufhörte, seine Installationen, Präsentationen und Interpretationen vorzuführen und zu erläutern, konnte schließlich der angekündigte erste Blick in die Ausstellung geworfen werden.
Das „Familienzimmer", rechts die eigens angefertigte Tapete, die als Motiv in launigem Wechsel
die überlieferte Haarlocke Büchners und den „Blutschwamm" aus einer der medizinischen Veröffentlichungen
des Vaters Ernst Büchner zeigt. (Nicht nur, dass unsereiner vor einer solchen Tapete lieber nicht
frühstücken würde, sondern auch, dass sich ein solcher Wandschmuck bei Büchners schwerlich hätte finden lassen,schafft hierzu beim Autor eine gewisse Distanz)
Anlässlich Dr. Beils Vortrag in der BüchnerBox habe ich hier ja ein Modell der Ausstellung zeigen können, wie dort angekündigt, findet sich der Besucher zunächst im Familienzimmer der Büchners, auf dem Tisch aufgeschlagen Titel, deren Lektüre im Hause Büchner (den Häusern Büchner, wie hier in Kürze noch einmal erläutert werden wird) gesichert ist. Es ist ja schon lange bekannt, dass der (durchaus nicht nur vom Autor) geäußerte Wunsch, den Schwerpunkt dieser ja doch immerhin zweiten Büchner-Ausstellung auf Familie und persönliches Umfeld zu legen, nicht erfüllt wird. Dass das aber so konsequent nicht geschieht, dass sich selbst im Familienzimmer kein einziges Bild von Vorfahren, Eltern, Geschwistern, geschweige denn von Nachfahren findet, verblüfft dann doch.
Beil mit Druckerpresse OB mit Guillotine Museumsdirektor Jülich mit der Schönhintrigen
Mit den Abteilungen Landbote, französische Revolution, Straßburg, Leonce und Lena, Naturwissenschaften, einem „Lenz-Tunnel“ und einer medizinisch-naturwissenschaftlichen Abteilung vollzieht Beils Präsentation die wesentlichen Lebensstationen Büchners nach, die vor dem Guckkasten des Züricher Sterbezimmers endet. Außergewöhnlich und noch nie gesehen ist dabei die filmische Rekonstruktion von Büchners Barben-Sezierung, bei der mich zunächst die überraschende Größe des Fisches verblüfft hat. Professor Hagner hat ja bei der Veranstaltung von Literaturland Hessen im Senckenbergmuseum darauf hingewiesen, wie außerordentlich sorgfältig und kenntnisreich Büchner diese Arbeit vorgenommen hat. Er sprach davon, dass kaum ein heutiger Student imstande sei, derart akribisch zu arbeiten und zu dokumentieren, um so weniger mit den bescheidenen Mitteln und unter den Umständen, unter denen Büchner arbeiten musste – ohne Mikroskop und künstliches Licht, im Studierzimmer statt im Labor, buchstäblich auf dem kaum vom Frühstück freigeräumten Arbeitstisch. Hier jedenfalls kann das Experiment in Großaufnahme nachvollzogen werden – Chapeau zu diesem Coup!
An Büchner-Zimelien ist alles versammelt, was Rang und Namen hat oder haben möchte: Handschriften aus Weimar und aus dem Besitz der Sparkassen-Kulturstiftung, die kürzlich sensationell wieder aufgetauchten Muston-Portraits, das immer wieder zitierte „Emmaus-Bild“ von Savoys aus dem Landesmuseum, sämtliche Erstdrucke vom Landboten bis zur Dissertation und natürlich auch das umstrittene „Korsaren-Portrait“.
Am Ende findet sich noch ein kleiner Raum mit Informationen zur „Nachwirkung“, die aus Platzgründen auf einige Woyzeck-Inszenierungen beschränkt sind.
Der gewissenhafte Autor nach erster Augenscheinnahme
Für ein Fazit ist es sicher noch zu früh. Nur soviel schon hier: Ralf Beil ist eine schlüssige, nachvollziehbar inszenierte und im positiven Sinn pädagogische Präsentation von Leben und Werk Georg Büchners gelungen. Manche nicht unmittelbar „büchnersche“ Ausstellungsstücke wie eine Caspar David Friedrich Landschaft zum Woyzeck (Ried und Weiden) oder Géricaults „Floß der Medusa“ zur Guillotine sind freie Interpretation, bei denen ich mir als erläuternden Zusatz ein „Ich stelle mir vor“ oder „dazu fällt mir ein“ wünschen würde. Dass die mitkuratierende Marburger Forschungsstelle und ihr gerade fertiggestelltes Editionswerk nicht vorkommt, verblüfft. Dass die Georg-Büchner-Gesellschaft nicht vorkommt, war Eingeweihten schon bei den ersten Ankündigungen des Ausstellungsprojektes aufgefallen. Diese Eingeweihten hatten sich allerdings gleichzeitig schon damals gefragt, was diese denn beizutragen haben würde.
Wenige Tage vor Georg Büchners 200. Geburtstag, der jetzt seit fast zwei Jahren vorbereitet wird, heute ein Hinweis auf gleich vier Veranstaltungen.
Für Offenbach und Zwingenberg empfehle ich dringend baldige Reservierung bei den angegebenen Adressen! :
am Donnerstag, dem 10. Oktober, präsentiert der traditionsreiche Offenbacher Oratorienchor seine Revue „Tun wir was dazu!“, zu der Peter Kühn und ich beitragen.
Am Tag darauf ein weiterer Auftritt der „Fabelhaften Büchner-Bande“, diesmal im wunderschönen Zwingenberger „Theater mobile“:
und ab Sonntag, dem 13. 10. ist dann die Ausstellung nach einer Vernissage im Darmstädter Staatstheater (Samstag, 12.10., 18:30, nach der aktuellen Meldung vom Staatstheater ist diese Veranstaltung bereits ausgebucht!) offen:
und ebenfalls am 13.10. gibt es dann im Staatstheater Darmstadt noch die einmalige Gelegenheit, Georg Büchners dramatisches Werk in den Inszenierungen von Malte Kreutzfeld vollständig aufgeführt an einem Tag zu sehen; sozusagen ein Büchner-Ring.
Titel der ersten Werkausgabe Georg Büchners von 1850, ohne den Woyzeck
In Kürze dann mehr von der Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung und über die Termine der kommenden Woche zum Geburtstag am 17.10.
Reinhard Pabst hat in den letzten Wochen bereits mehrfach mitgeteilt, dass eine Nachricht über bedeutende Büchneriana anstünde. Wer ihn kennt, war davon nicht überrascht – das macht er gern und oft.
Am vergangenen Samstag hat dann Hubert Spiegel im FAZ-Feuilleton mitgeteilt, worum es ging: die nur als Fotografie der siebziger Jahre bekannten Skizzen Alexis Mustons von Georg Büchner sind im Original aufgetaucht, werden in Darmstadt bei der Georg-Büchner-Ausstellung gezeigt und auf Dauer im Freien Deutschen Hochstift verwahrt werden.
EDIT:Hier findet sich jetzt auch der Bericht von Johannes Breckner im DARMSTÄDTER ECHO.
Am Montag früh stellten die stolzen Finder der Presse ihre Schätze vor. Die Umstände der Wiederentdeckung, die Recherche nach Alexis Mustons Nachfahren und der Zugang zu ihnen ist im oben verlinkten Artikel gut geschildert,
Präsentation der Muston-Zimelien im „Italien-Saal“ des Goethehauses; vlnr Bettina Zimmermann (Handschriftenabteilung Hochstift/Goethehaus), Reinhard Pabst, Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken (Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts und Chefin des Goethe-Museums), J. Breckner (Darmstädter Echo), Prof. Dr. H. Kurzke, ein Pressekollege und Nicole Schlabach (Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen)
Zu dem höchst umstrittenen Bildfund des „Korsaren“ kommt jetzt also eine Sensation, die erst auf den zweiten Blick als solche zu erkennen ist. Denn die Bilder waren ja bekannt, ihr Entstehungsumstand hundertfach beschrieben und ihre Originalität immer wieder gelobt. Dennoch hat die Büchnerforschung und die interessierte Öffentlichkeit lange kein solches Geschenk bekommen.
Freundlicherweise hat das freie Deutsche Hochstift gut aufgelöste Scans der drei entscheidenden Bilder bereitgestellt, die ich hier (in webgerechter Auflösung) zeigen kann. Sie zeigen Frische, Tiefe und darstellerische Qualität, von der bisher niemand eine Ahnung hatte. Der erste Finder des Muston-Nachlasses, der Münchner Professor Fischer, hat nach Schilderungen von Reinhard Pabst überhaupt nur unter striktester Kontrolle der damaligen Besitzerin, der „Meeresbiologin mit dem märchenhaften Namen Yseult LeDanois“ (H. Spiegel in der FAZ) im Muston-Nachlass lesen und daraus fotografieren dürfen. Wahrscheinlich hatte er selbst nicht die geringste Vorstellung vom Ausmaß der Hinterlassenschaft, die nach den Berichten von Hermann Kurzke und seines Freundes Reinhard Bender unter vielem Anderen „mindestens 20.000 Briefe“ (!) an Muston umfasst. Es ist kaum vorstellbar, welche Funde und Erkenntnisse in diesem märchenhaften Konvolut stecken könnten. Selbst wenn keine einzige weitere Büchner-Zimelie mehr dabei wäre, enthält es doch ganz sicher bemerkenswerte Materialien zur Geschichte der Waldenser, des Protestantismus in Frankreich und damit der europäischen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Der allergrößte Teil dieses Schatzes wird in Frankreich bleiben; Bender und Kurzke hatten etwa zwei Tage zur Sichtung (während derer sie sich allerdings nach eigenem Bericht südfranzösischer Lebensart und entsprechend ausgedehnten Unterbrechungen durch Pastis, Menü und Pause déjeuner unterwarfen). Diese erste flüchtige Durchsicht hat kein Büchner-Material aufgetan. Nicht nur Reinhard Pabst hält das allerdings nicht für eine abschließende Bewertung. Der jetzige Eigentümer, dem offenbar erst durch die euphorisierten Deutschen die Bedeutung seines Besitzes für die Büchner-Forschung klar wurde, hat sich vorgenommen, das Material fotografisch zu erfassen und erste Systematisierungen vorzunehmen. Neben den in der FAZ erwähnten Handeinbänden von tausenden von Handschriften gibt es dort eine Vielzahl von Tagebuchbänden Mustons, das Manuskript seines Revolutionsdramas, auf das auch schon Heinz Fischer aufmerksam gemacht hatte, mit handschriftlichen Anmerkungen von Alexandre Dumas, eine Vielzahl von Skizzen, Aquarellen und Zeichnungen u.v.a.m. Der Tagebuchtext, den Fischer zitiert, ist die Wiedergabe von Mustons viel später erfolgter Rein- und Zusammenschrift; offenbar liegt aber auch das frühe Original vor. Kurzke vermutet, dass Muston bei seiner Reinschrift die erhaltenswert gefundenen Skizzen und Zeichnungen ausschnitt und in einem begleitenden Album bewahrte. So entstand wohl auch der kaum briefmarkengroße „Schnipsel“ mit dem Büchner-Kopf. Möglicherweise kann auf die Dauer das zerschnittene Original wieder hergestellt werden, so dass wir hoffentlich eines Tages die noch immer rätselhaft Eintragung „Balzac“ unter dem Büchner-Bild im Zusammenhang lesen und verstehen können. Leider war es heute früh nicht möglich, auch die Rückseite dieses kleinen Bildes zu sehen; das Hochstift hat mir aber einen Scan davon zugesagt, so dass immerhin als nächstes dieses kleine Stück Text veröfentlicht wird. Ich werde ihn natürlich unverzüglich hier zugänglich machen. Prof. Kurzke hat ihn gesehen und meint sich zu erinnern, dass „Paris“ erwähnt werde: Büchner und Muston hatten sich in Straßburg – leider vergeblich – auf bessere Zeiten in der französischen Hauptstadt verabredet.
Prof. Dr. Kurzke vor der Vitrine mit einem vergößerten Ausdruck einer Skizzenheft-Seite
Neben dem kleinen Bild haben Bender und Kurzke aus Frankreich die Tagebuch-Reinschrift, die wir von Fischers Fotografien, Transkriptionen und Übersetzungen kennen, und das Skizzenheft mitgebracht, aus dem die schöne Zeichnung Büchners auf dem Felsenmeer, sein skizzierter Kopf und die Mohnblüte, die neuerdings als Augapfel herhalten muss (?!), mitgebracht. In diesem Skizzenheft, das wohl weitere Schätze birgt, gibt es eine weitere Seite, die Fischer nur in einem Ausschnitt wiedergibt und die jetzt vollständig veröffentlicht werden kann.
Links von den Köpfen, darunter vielleicht noch einmal Georg Büchner, vielleicht sein Bruder Wilhelm, vielleicht Mustons Darmstädter Logisgeber und wer weiß wer noch, hat Muston eine kleine Frankenstein-Skizze untergebracht, die natürlich besonders uns Regionalisten freut.
Die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen hat zugesagt, den Ankauf der Schätze, die bereits ab heute in Frankfurt gezeigt werden, möglich zu machen und das Material auf Dauer beim Hochstift zu belassen. Reinhard Pabst nutzte die Gelegenheit, auf die Planungen und Wünsche für ein Romantik-Museum bei Hochstift und Goethehaus hinzuweisen und dort als dringende Verpflichtung die Einrichtung einer „Büchner-Insel“ anzuregen.