Neues aus Buechnerland

Peter Brunners Buechnerblog

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„LENZ“ auf der Büchnerbühne – erste öffentliche Probe

Am Freitag, dem 16. November, führt die Büchnerbühne in Riedstadt/Leeheim ihre szenische Interpretation von Büchners großartigem Prosatext erstmals auf.

Christian Suhr

Christian Suhr

Am 20. 10. konnten Interessierte an der Probenarbeit teilnehmen und einen ersten Eindruck bekommen.

Christian Suhr führte zunächst zusammen mit den Akteuren knapp in den Text ein und erläuterte dann die Herangehensweise: im Mittelpunkt soll der Irrende, Suchende, der vergeblich versucht, sich an- und einzupassen, stehen. Dabei liegen die Parallelen zum Heute, zum an der Gesellschaft scheitern und von ihr verkannt werden, auf der Hand. Suhr: „ Ein Mensch, der sich nicht anpassen kann oder will, die Gesellschaft, die ihn nicht verstehen kann oder will – das ist unser aktuelles Lenz-Motiv.“

Buechenrbuehne Lenz TeDeum

Finn Hansen als Lenz – beim Te Deum!

In den nächsten Wochen sollen Videodrehs unter Menschen und in der Natur des hessischen Ried entstehen, die dieses Suchen und Scheitern illustrieren werden. Während der Inszenierung bilden sie dann die Brücke zum Heute.

Büchners Texte beweisen ihre Zeitlosigkeit schon damit, dass sie immer neu betrachtet und interpretiert werden. Eine einfache google-Suche ergibt zu den Stichworten „Büchner Lenz Inzenierung“ fast 600.000 Fundstellen.

Trotzdem hat Christian Wirmer mit seinem wunderbaren Vortrag des Textes  etwas einmaliges und ganz neues aus Büchners Prosa gemacht, und das wird auch Christian Suhr auf seiner Büchnerbühne bieten. Wir sind gespannt.

„ICH HALTE ÜBRIGENS MEIN WERK KEINESWEGS FÜR VOLLKOMMEN…“

2008 wurde unsere Familien-Biografie „Die Büchners oder der Wunsch, die Welt zu verändern“ im historischen Maschinenhaus der Pfungstädter Brauerei vorgestellt.

Auf Vermittlung des Hessischen Rundfunks traten damals drei großartige Künstler mit Büchnertexten auf:

Nina PetriMax von Pufendorf und Volker Risch.

Alle drei waren bemerkenswerte Interpreten der Büchner-Texte, die sie vortrugen, und erhielten verdient rauschenden Beifall. Max von Pufendorf hat sich später in Gespräch für die Chance bedankt, „endlich“ mit Büchner-Texten auftreten zu dürfen. Mit dem eindringlichen Vortrag der Texte von Georg Büchner, die er mit seiner Jugendlichkeit und Emphase glaubwürdig verkörperte, hat er den Saal damals regelrecht in den Bann gezogen.

Zur „Büchner-Biennale“ gibt es jetzt die Gelegenheit, ihn wieder zu hören und zu sehen:

Der Hessische Rundfunk lädt in Kooperation mit dem Literaturhaus Darmstadt  unter dem Titel „ICH HALTE ÜBRIGENS MEIN WERK KEINESWEGS FÜR VOLLKOMMEN…“, Georg Büchners kritischer Selbstbetrachtung, die der Büchner-Forschung heute gelegentlich aus den Augen gerät, zu einem Gespräch von Burkhard Dedner mit Ruthard Stäblein vom hr nach Darmstadt ein, und Max von Pufendorf wird die Originaltexte vortragen:

Literaturhaus Darmstadt

Kasinostraße

Dienstag, 16. Oktober, 19 Uhr

Eintritt 6 / 4 €

 

wozu auch hier herzlich eingeladen werden soll!

Ein Radiotag für Georg Büchner am 3. Oktober

 

 

 Ich habe es im letzten Blogbeitrag über die unbedingt nachhörenswerte Veranstaltung zu Büchner als Naturforscher (am 3.10. um 18:05) bereits erwähnt – der Hessische Rundfunk widmet den Tag der Deutschen Einheit (ausgerechnet!) mit einem „Radiotag“ Georg Büchner.

Hier das vollständige Programm, Hinweise für Menschen, die nicht einen ganzen Tag am Stück Radio hören wollen, folgen unten!

 

 

 

 

 

„Es krassiert ein entsetzlicher Müßiggang“

Mittwoch, 3. Oktober 2012, 9:05 Uhr

Der große Schriftsteller Georg Büchner (Bild: Stadtarchiv Darmstadt)

Der große Schriftsteller Georg Büchner

 

 

 

 

Am „Tag der Deutschen Einheit“ sprechen wir über Büchners Radikalität und Aktualität unter anderem mit dem Büchnerforscher Burghard Dedner, und wir stellen Ihnen Büchner als Hirnforscher vor. Erleben Sie eine Hörspielfassung von „Leonce und Lena“, Alban Bergs Oper „Wozzeck“, das große Büchner-Rätsel – und das Beste aus sechs Jahrzehnten Büchnerpreis-Reden.

 

 

 

Das Programm

 

      • 9:05 Uhr „Von Goddelau zur Weltbühne“
      • Gespräche, Reportagen und Musik zu Georg Büchner / Büchner-Rätsel Folge 1 – 3 / Moderation: Ruth Fühner
      • 11:30 Uhr „Georg Büchner, der Naturforscher“
      • Ein Feature von Regina Oehler
      • 12:05 Uhr „Doppel-Kopf“
      • Am Tisch mit Burghard Dedner, „Büchner-Begeisterter“
      • Gastgeber: Hans Sarkowicz / (Wdh. 23.05 Uhr)
      • 13:05 Uhr „Rondo – Klassik am Mittag“
      • Musik aus der Büchner-Zeit
      • 14:05 Uhr „Leonce und Lena“
      • Hörspiel nach Georg Büchner / Mit Gerd Martienzen,
      • Martha Marbo u.v.a. / Regie: Karlheinz Schilling (hr, 1952)
      • 15:30 Uhr „Der Revolutionär als Nationaldichter“
      • Gespräche, Reportagen und Musik zu Georg Büchner / Büchner-Rätsel Folge 4 – 5 / Moderation: Alf Mentzer
      • 18:05 Uhr „Ich sitze am Tag mit dem Scalpell und die Nacht mit den Büchern“
      • Der Hirnforscher Georg Büchner / Mit Durs Grünbein, Michael Hagner und Wolf Singer / Moderation: Regina Oehler / Aufzeichnung einer öffentlichen Veranstaltung
      • vom 28.09.2012 im Senckenberg Naturmuseum Frankfurt
      • 19:05 Uhr „Notenschlüssel“
      • Alban Bergs „Wozzeck“ / Aufgeschlüsselt von
      • Paul Bartholomäi (Wdh. vom 24.11.2010)
      • 20:05 Uhr „Wozzeck“
      • Von Alban Berg / Oper nach Georg Büchner / Mit Franz Grundheber, Waltraud Meier u.a. / Staatskapelle Berlin, Ltg. Daniel Barenboim
      • 22:00 Uhr „Dank an Büchner – Sechs Jahrzehnte Büchnerpreis-Reden“
      • Moderation: Ulrich Sonnenschein

Wer das alles gerne hören möchte, aber am 3.10. auch noch was anderes vor hat, dem bieten sich verschiedene Zugänge über einen Life-Mitschnitt oder den späteren „Download“ von „Podcasts“, also vom Rundfunk zur Verfügung gestellten Dateien mit den Beiträgen.

Am einfachsten kann man hr2-Beiträge mit dem hier vom Sender selbst zur Verfügung gestellten Programm mitschneiden.

Ich nutze meist  den Phonostar-Player, der mich auch mich einmal wöchentlich per E-Mail über besonders attraktive Hörfunk-Ereignissse informiert, und zwar mit der Möglichkeit, diese mit einem Klick aufzuzeichnen.

Schließlich finden sich hier die Podcast-Angebote von hr2. 

Experten über den Hirnforscher Georg Büchner

Drei hochkompetente Gesprächspartner diskutierten am 28. 9. unter der Leitung von Regina Oehler die Bedeutung der wissenschaftlichen Schriften Georg Büchners, der Doktorarbeit über das  Nervensystem der Barbe und die Antrittsvorlesung über Schädelnerven.

Der Autor Durs Grünbein ist Büchnerpreisträger von 1995, seine Rede hieß „Den Körper zerbrechen“; die Akademie stellt Sie hier zur Verfügung. Michael Hagner ist Professor für Wirtschaftsforschung in Zürich, Wolf Singer ist Neurophysiologe und heute Leiter des „Singer-Emeritus-Department“ am MPI in Frankfurt.

Der Hessische Rundfunk hat den vielleicht bestmöglichen Platz für dieses Gespräch ausgewählt: den Sauriersaal des Senckenbergmuseums in Frankfurt.

Das Panel im Senckenbergmuseum

Das kluge und anregende Gespräch soll hier nicht im Detail referiert werden, der Hessische Rundfunk sendet es an seinem „Radiotag für Georg Büchner“ am  3. Oktober vom 18:05 – 19:05 Uhr auf hr2, der insgesamt höchste Beachtung verdient!

Verblüffend immerhin, mit welcher Selbstverständlichkeit (und ohne jedes Murren aus dem Publikum) sich alle sicher waren, dass Büchners weiteres Leben das eines Naturwissenschaftlers geworden wäre.

Unbestritten ist bisher, dass Büchners revolutionärer Ansatz scheiterte. Die Wissenschaftler ließen keinen Zweifel daran, dass auch die Nerventheorie falsch war. Professor Hagner erläuterte, wie unglaublich dennoch die gewonnenen Erkenntnisse des jungen Studenten tatsächlich waren: mit nicht mehr als einer Lupe, ohne akademische Unterstützung, tatsächlich alleine im Studierzimmer, am Tisch, „von dem das Frühstück weggeräumt wurde“, hat er in Straßburg „Präparate angefertigt, zu denen heute kein Student in der Lage wäre“.  Büchner glaubte, die Vermutung, das Gehirn und der Schädel seien die unmittelbare „Fortsetzung“ der Rückenwirbel und des Rückenmarkes, bewiesen zu haben. Allerdings einigten sie sich die drei sehr schnell darauf, dass das seine wissenschaftliche Leistung nicht im geringsten schmälert:  Irren sei ohnehin eine weit unterschätzte Qualität von Forschung, und die besten Erkenntnisse verdanke die Wissenschaft dem Irrtum.

Die drei großen Themen in Georg Büchners atemberaubendem und viel zu kurzem Leben sind Revolution, Literatur und Naturwissenschaft. Nicht erst die „Büchnerbiennale“ brachte an den Tag, dass die Spekulationen über den weiteren Lebensweg des jung verstorbenen Rückschlüsse auf die Haltung der jeweiligen Interpreten zulassen, und dies war sicher nicht die letzte Veranstaltung, die diese Erkenntnis bestätigt.

Offensichtlich ist, dass das, was bleibt, die atemberaubenden Texte sind, die Georg Büchner hinterließ.

So gesehen behält Herwegh recht, der in seinem Gedicht auf den frühen Tod den Satz schrieb, der heute Georg Büchners Grabstein schmückt:

„Ein unvollendet Lied sinkt er ins Grab.

der Verse beste nimmt er mit hinab“ 

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