Peter Brunners Buechnerblog

Kategorie: Veranstaltung (Seite 21 von 35)

Schüler Büchner

Gestern Abend in der BüchnerBox trug István Vincze bei einem „HörBar Spezial“ des Darmstädter Staatstheaters mit angemessener Emphase ein paar der frühen Texte Georg Büchners vor.

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Die „Schülerschriften“ sind ja komischerweise das umfangreichste Textkonvolut Büchners, der erhalten ist. Das erklärt sich aus der Überlieferungsgeschichte: als seine Geschwister Luise und Ludwig Büchner 1850 eine erste Werkausgabe ihres Bruders Georg veröffentlichten, sortierten sie die im Haus vorhandenen und die von Minna Jaeglè erhaltenen Materialien. Die, die sie verwerten wollten, verwahrten sie in einem Raum im Haus, die anderen wohl im Keller oder auf dem Dachboden. Die scheinbar „wertvolleren“ sind dann zu einem großen Teil bei einem Brand im Haus in der Darmstädter  Grafenstraße verloren gegangen. Viel später hat Georg Büchners Neffe, der Sohn Georg seines Bruders Ludwig, Material an Anton Kippenberg vom Insel-Verlag gegeben, der das wiederum nach Auswertung und Veröffentlichung durch Fritz Bergemann, der 1922 eine ziemlich gründliche Werkausgabe veröffentlichte, ans Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar gab. Dort liegen sie bis heute, und als die Luise-Büchner-Gesellschaft letztes Jahr kurz vor der Neueröffnung des Archives schon mal gucken durfte, sahen wir ein paar der schönen Handschriften. Georg Büchner hätte es der Forschung sehr viel leichter gemacht, wenn er seine späteren Texte auch nur halb so ordentlich geschrieben hätte wie diese …

 

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Einer der bekanntesten dieser Schülertexte,  „Rede zur Verteidigung des Kato von Utica“ ist Gegenstand in Luise Büchners Fragment „Ein Dichter“, wo nach dem Vortrag eine begeisterte Freundin zu Georgs Mutter sagt: „Sie sind eine glückliche, glückliche Mutter!“ und diese antwortet: „Glücklich ja, aber auch sorgenvoller als viele andere Mütter, der Feuerkopf wird uns noch viel zu schaffen machen!

 

 

 

Das fängt ja gut an – Büchner200 in Darmstadt am 29. 6. 2013

Meist nutze ich die „sozialen Netzweke“ im Zusammenhang mit den Geschwistern Büchner, um dort auf diesen Blog hinzuweisen.

Nach den Nutzerstatistiken bewährt sich das – die Zugriffe nach der Mitteilung, dass es hier Neuigkeiten gibt, steigen signifikant.

Heute nutze ich die Möglichkeit, eine größere Anzahl von Bildern online zu stellen, die mir Google bietet, und verlinke ausnahmsweise einmal von hier nach dort:

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Mit Mausklick auf das Bild kommen Sie zu einem kleinen Bilderalbum mit ersten Eindrücken vom Darmstädter Festival Büchner 200,
das am 29.6. mit einem Maskenzug vom Theater an den Bahnhof und einem anschließenden wunderbaren Fest eröffnet wurde.

 

 

Einladung zum Auftakt des Darmstädter Festival Büchner 200 am 29. Juni

Sehr geehrte, liebe Damen und Herren,

Freundinnen und Freunde,

a​m Samstag beginnt das Darmstädter Büchner-Festival „Büchner200″.

N​ach der Aufführung von Büchners Leonce und Lena im Staatstheater beginnt um 20:30 eine große Büchner-Aktion auf dem Büchner-Platz (vor dem Theater), zu der ich Sie ganz herzlich einlade. Machen Sie sich mit Ihren Freunden und Verwandten einen wunderbaren Büchner-Abend in Darmstadt, tragen Sie mit hunderten von anderen Gästen die schöne Büchner-Maske mit dem großartigen Holzschnitt von Helmut Lortz,

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spazieren Sie in einer Demonstration, bei der Vermummung ausdrücklich erbeten ist, vom Theater zur Büchner-Box am Bahnhof (oder begleiten Sie den Zug ganz kommod im mitgeführten Bus), freuen Sie sich mit Ann Dragies‘ Clowns und der Musik von Papa Legbas Blueslounge, „Face Büchner“ mit dem Theaterlabor und Basstubation und erwarten Sie gespannt die Überraschungen der läd naid sürpries des Theaterensembles (Details auch unter http://www.ztix.de/Centralstation/infos/5485001.html).
Und das ist erst der Anfang.
Mit diesem Auftakt beginnen neun Wochen voller Büchner-Experimente und -Interpretationen, Vorträge, Erzählungen, Aufführungen und Berichte. A​uf der website http://www.buechner200.de/ finden Sie umfangreiche Informationen, Bilder und das ständig aktualisierte Veranstaltungsprogramm​.
Selbst wenn Sie es wirklich nicht schaffen, am Samstag nach Darmstadt zu kommen, bleiben Sie aufmerksam. Die Büchner-Box auf dem Platz vor dem Darmstädter Hauptbanhof und das daneben liegende Landidyll „Königreich Popo“ erwarten Sie!

S​ehen wir uns? Wir sehen uns!

Auf bald

Herzlich

Ihr

Peter Brunner ​

„ … daß die literarisch-ästhetische Ausbildung … häufig nicht die richtigen Früchte trägt“

Luise Büchner hatte zum Thema Frauen und Ästhetik eine auf den ersten Blick überraschende Haltung. Sie wehrt sich nämlich – zu Recht – gegen die Abschiebung der Frauen auf das Spielfeld Kunst im Gegensatz zur Teilhabe am Erwerbsleben. Daher schreibt sie in einem Kommentar zur „Conferenz über das mittlere und höhere Mädchenschulwesen“ des preußischen Unterrichtsministeriums von 1873:

 

… Ich meine, dass das „Aesthetische“ bei der Mädchenschule wieder viel zu sehr in den Vordergrund gerückt ist. Wie es mir scheint, muß das Gefühl für das Schöne und das Gute ein Resultat des ganzen Unterrichts sein, es muß aber nicht besonders darauf hingearbeitet werden durch eine vorwiegende Pflege der Literatur, in einem Alter, wo das ernste Erlernen nützlicher Kenntnisse noch sehr am Platze ist.

Diese aesthetische Bildung vor der Zeit treibt Zweige ohne Saft und Kraft; wir machen z.B. bei den Damen-Lyzeen, welche doch die Schulbildung weiter führen und vertiefen sollen, allgemein die Erfahrung, dass sich die jüngeren Mädchen zu den Literaturvorlesungen drängen, dagegen an andern ebenso interessanten Fächern, wie Geschichte, Naturwissenschaft u. s. w., vorübergehen, weil ihnen zu deren Verständniß die gediegene Vorbildung fehlt, das Interesse dafür nicht richtig erweckt ist. Bemerken wir noch dabei, wie viel junge Damen es giebt, welche kaum rasch und gewandt etwas zu Papier zu bringen vermögen, und die später bei der Wahl ihrer Lectüre den schlechtesten Geschmack an den Tag legen, so muss man sich sagen, daß die literarisch-ästhetische Ausbildung, welche nach Ansicht vieler Pädagogen das ethisch entwickelnde Moment in der weiblichen Erziehung sein soll, häufig nicht die richtigen Früchte trägt.“

 Luise Büchner. Die Frau. Hinterlassene Aufsätze, Abhandlungen und Berichte zur Frauenfrage. Halle, Gesenius, 1878. S. 46 „Der höhere weibliche Unterricht… “

 

 

Dennoch und aus vielen guten Gründen zeigen die Luise-Büchner-Gesellschaft und das Darmstädter Kunstarchiv – übrigens ohne jede Spekulation über Provenienz, Datierung, Gegenstand und Authentizität – in den nächsten Monaten eine gemeinsame Ausstellung zum gemeinsamen Interesse:

 

„Der Weibliche Blick“ – Vergessene und verschollene Künstlerinnen in Darmstadt 1880 – 1930

Ist die Sicht der Frauen auf die Welt eine gänzlich andere als die ihrer männlichen Kollegen? Unsere Ausstellung spürt dem  „weiblichen Blick“ anhand von 35 spannenden KünstlerinnenLebensläufen nach. Alle beteiligten Künstlerinnen lebten und arbeiteten mehr oder weniger erfolgreich zwischen 1880 und 1930 in Darmstadt und der Region. Viele von ihnen wurden in Darmstadt geboren, andere zogen für eine kurze Zeit in die Stadt des Jugendstils, und wieder andere ließen sich erst in reiferen Jahren in Darmstadt nieder. Durchweg alle waren beseelt von dem Wunsch, Kunst zu schaffen, studierten in Paris oder anderswo, gründeten Malschulen und Künstlerinnenvereinigungen. Es forderte den Frauen in der damaligen Zeit eine besondere Entschlossenheit und Stehvermögen ab, sich neben ihren männlichen Kollegen zwischen Haushalt und Mutterrolle im Kunstmarkt zu behaupten. Die Qualität der „weiblichen Kunst“ ist der „männlichen“ ebenbürtig, ihr technisches Können souverän und ihre künstlerische Leistung überragend. Ihre Werke aber hängen nicht in den Ausstellungsräumen der Museen, sondern führen ein Schattendasein in den Depots und Archiven. Künstlerinnen sind zu Unrecht Verschollene und Vergessene der Kunstgeschichte. Es ist Zeit, sie nach rund hundert Jahren auszugraben, ihre Werke angemessenen zu würdigen und neu zu sehen mit dem „richtigen“ Blick.

Im Treppenhaus zeigen wir fotografische Blicke in die Ateliers der Künstlerinnen.

Zur Ausstellung, die von der Luise-Büchner-Gesellschaft gemeinsam mit dem Kunst Archiv Darmstadt veranstaltet wird, erscheint ein umfangreiches, reich bebildertes Katalogbuch. 

Hier findet sich der Flyer zu Ausstellung als pdf-Datei mit weiteren Informationen.

 

„Die Schwierigkeiten schuf der Widerstand einer männlich geprägten Welt von Kunstschaffenden und Kunstkritik gegen das aufkeimende Selbstbewusstsein der „unleidigen Zwitterwesen“ oder „Malweiber“, wie die Künstlerinnen in der Presse genannt wurden.“ schreibt Anette Krämer-Alig hier in ihrer Vorabbesprechung im Darmstädter Echo.

 

Besonders herzlich eingeladen wird zur

 

Eröffnung:
Sonntag, 23. Juni 2013, um 11 Uhr

im Darmstädter Literaturhaus, Kasinostraße 3

Es sprechen:
Oberbürgermeister Jochen Partsch, Agnes Schmidt und Claus K. Netuschil

Christiane Lüder spielt auf dem Akkordeon Musik um die Jahrhundertwende.

 

Der Korsar von Darmstadt erstmals öffentlich

Für Freitag lädt das Institut Mathildenhöhe zu einer öffentlichen Diskussion über die Authentizität des neu aufgefundenen Hoffmann-Bildes ein.

 

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EINLADUNG
ZUM ÖFFENTLICHEN ROUND-TABLE-GESPRÄCH
Sehr geehrte Damen und Herren,
Zum öffentlichen Round-Table-Gespräch
DER JUNGE MANN MIT NOTENBLATT
– EIN PORTRÄT VON GEORG BÜCHNER?
am Freitag, den 21. Juni 2013 um 19 Uhr
im Ausstellungsgebäude Mathildenhöhe Darmstadt
Olbrichweg 13, 64287 Darmstadt
laden wir Sie herzlich ein.
Es erwarten Sie:
Dr. Ralf Beil | Direktor Institut Mathildenhöhe Darmstadt
Prof. Dr. Burghard Dedner | Leiter der Forschungsstelle Georg Büchner,
Philipps-Universität Marburg
Reinhard Pabst | Büchner-Experte und Literaturdetektiv, Bad Camberg
Dr. Mechthild Haas | Leiterin der Graphischen Sammlung,
Hessisches Landesmuseum Darmstadt
Prof. em. Dr. Günter Oesterle | Institut für Germanistik, Justus-Liebig-Universität Gießen
Prof. Dr. Roland Borgards | Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturgeschichte,
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

 

Bis auf Frau Dr. Haas haben sich alle bereits öffentlich erklärt – Reinhard Pabst wird wohl alleine den Skeptizismus hochhalten müssen.

 

Dr. Jan-Christoph Hauschild kommt nicht zu der Präsentation. Er hat angeboten, sich anlässlich seines nächsten Darmstadt-Besuches um den 18. Juli, wenn er in der „Büchner-Box“ sein funkelnagelneues „Georg Büchners Frauen“  vorstellt, öffentlich zu äußern. Er schrieb in seiner Absage an Dr. Ralf Beil:

 

… viele Fragen lassen sich auch von zuhause aus klären. Zum Beispiel die Datierung. Die Datierung auf dem Korsarenbild sieht eher nach 1839 als nach 1833 aus. Wann zeigen Sie mir für beide Jahre Beispieldatierungen aus dem Hoffmann-Konvolut?
 
Ein paar weitere Porträts von Hoffmann zum Vergleich würden womöglich weiteren Aufschluß über seine handwerkliche Manier geben, so er denn eine hatte, die wiederum ggf. die Ähnlichkeit erklärte.
 
Erst danach würde ich in die Ähnlichkeitsdiskussion eintreten wollen, die meines Erachtens ebenfalls nicht für einen GB spricht. Die relevanten Unterschiede sind allzu deutlich. Auch für Biometrie gibt es übrigens greifbare Experten.
 
Und dann bliebe, falls sich das Ganze damit nicht bereits erledigt hat, immer noch die Frage, warum Hoffmann GB zweimal gezeichnet haben sollte, 1834 (so meine indiziengestützte Hypothese) den im Polenrock und 1839 bzw. 1833 den Korsaren.
 
Daß Büchner sich als jugendlicher Satyriatiker porträtieren ließ, würde ich mir noch gefallen lassen. Aber dann muß alles andere stimmen. Und diesen Eindruck habe ich, gelinde gesagt, nicht.
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