Peter Brunners Buechnerblog

Kategorie: Alexander Büchner (Seite 10 von 11)

Alexander Büchner erinnert sich an seine Rokoko-Großmutter

„ … Immerhin aber saß ich oft als kleiner Bengel auf einem Schemel zu Füßen der blinden Rokokogroßmutter, während ihr meine Schwester Luise, die nachmalige Erziehungsschriftstellerin, damals aber nur ein Bündel wie ich selber, aus gedruckten Büchern sehr gebildete Lektüre vorlas. Freilich war es nicht die gebildete Lektüre, welche mich anzog. Sondern die ganze pirmasenshafte, rokokoartige Umgebung, in welche sich die Erinnerung der Kinder- und Ammenmärchen – denn für uns war ja alles wirklich passiert – mit wunderlicher Genauigkeit hineinpaßte. Da befanden sich absonderliche Möbel mit gewundenen Beinen und geschnitzten Säulchen, abgeblaßte Stickereien und Webereien und eine urnenförmig porzellanene gemalte Schlaguhr mit Glasglocke aus der Imperialzeit, welche mein Bruder Ludwig selig heute noch in seinem Salon stehen hat. Das alles war aber gar nichts gegen die Porzellanfiguren und Gruppen aus Meissen und Sevres, die in der guten alten Zeit so manchen bürgerlichen Haushalt zierten, ohne daß man auch nur einen annähernden Begriff von dem künftigen Finanzwert aller dieser Schäfer und Marquisen, dieser Offizierchen und Soubretten, dieser Apollos und Dianas besaß.

 

 Vénus faisant couronner la Beauté, d’après un modèle de Louis-Simon Boizot (1743-1809).Biscuit de porcelaine dure, Manufacture royale de Sèvres, fin du XVIIIe siècle.(Foto: Traroth)

Sie galten für Babel und Tand und Kinderspielzeug, obwohl die blinde Großmutter viel darauf zu halten schien. Aber in dieser Hinsicht war die jüngere Generation viel blinder als die alte Frau. Durch die Zeit ging schon ein Zug von derber Düsseldorferei; das Rokoko wurde gemieden, gehaßt und verachtet. Wer doch jetzt jene Menagerien aus dem ancien régime wieder haben könnte! Ein Vermögen würde man damit machen bei einem Wiederverkäufer, und dieser letztere würde mehrere Vermögen damit machen bei kenntnisreichen Liebhabern. Je nun, was man im Alter wünscht, das hatte man in der Jugend die Fülle. … ”

 

Alexander Büchner: Das tolle Jahr. Von einem der nicht mehr toll ist. Erinnerungen von Alex Büchner. Professeur honoraire á l´Université de Caen. Gießen. Roth. 1900. S. 2/3

Alexander Büchner: Phantasie

 

Ich wüßte, was ich thäte

Wenn ich der Zephyr wär´,

Ich zög´auf leichtem Flügel,

Um Dich, Geliebte, her,

 

Und neckte Deine Locken,

Und küßte Deinen Mund,

Und thäte Deinen Ohren,

Viel schöne Dinge kund,

 

Und streichelte die Wangen,

Mit kühler Wellen Fluth,

Und tränk´aus Deinen Augen,

Mich voller Liebesgluth,

 

Und dann auf leichtem Flügel,

Entführt´ich Dich nach Haus,

Und was alsdann geschähe,

Das weiß ich nicht voraus.

 

(Alexander Büchner: Gedichte. Butzbach, M. Kuhl, 1851. S. 52)

 

 

Auf den Spuren der Familie Büchner

3. Tag für die hessische Literatur am 29. Mai 2011 

von Literaturland Hessen und HR2-Kultur

Im Rahmen dieses Literaturtages lädt die Luise Büchner-Gesellschaft e.V. zu einem Rundgang bzw. einer Rundfahrt „Auf den Spuren der Familie Büchner“ ein

Treffpunkt: um 13 Uhr beim Klinikum Darmstadt, Haupteingang Grafenstraße

Kaum eine andere Familie hat es im 19. Jahrhundert zu solchem Ruhm und Ansehen in Deutschland gebracht wie die Büchners aus Darmstadt. Während eines Spaziergangs lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Orte kennen, wo die Eltern und die berühmten Geschwister Büchner wohnten und wirkten. Anschließend fährt die Gruppe nach Riedstadt/Goddelau, wo kurz das Gelände des Philippshospitals besucht wird, wo Caroline, die Tochter des Hospitalmeisters Reuß den jungen Chirurgen Ernst Büchner kennen lernte und am 28. Oktober 1812 heiratete. Weiter geht es zum Geburtshaus von Georg Büchner. Letzte Station der Spurensuche ist die Villa Büchner in Pfungstadt, Treffpunkt der Familie nach 1864. Nach einem kleinen Imbiss ist die Rückfahrt nach Darmstadt um ca. 20 Uhr vorgesehen.

Mitwirkende: Sigrid Schütrumpf (Schauspielerin), Michael Kaiser (Schauspieler), Agnes Schmidt (Luise Büchner-Ges., Darmstadt), Rotraud Pöllmann (Büchnerhaus, Riedstadt/Goddelau), Peter Brunner (Villa Büchner, Pfungstadt)

Teilnahmegebühr inkl. Busfahrt und Imbiß:
Für die Mitglieder der Luise-Büchner-Gesellschaft 20 Euro, Nichtmitglieder: 30 Euro
Anmeldung: Postkarte: Luise Büchner-Gesellschaft e.V., Kasinostr. 3, 64293 Darmstadt
Email: LuiseBuechner@aol.com (bitte auch Tel Nr. angeben!)
Anmeldeschluss: 29. April 2011.

Ein Radikaler im öffentlichen Dienst

 

Alexander Büchner (um 1865)   Alexander Büchner (um 1865)

Dr. Thomas Lange stellt die Lebensgeschichte von Alexander Büchner in den Mittelpunkt seines Vortrages am Büchnerhaus

Interessante Parallelen zwischen Georg Büchner und seinem jüngsten Bruder Alexander will der Referent Dr. Thomas Lange aus Darmstadt bei der nächsten Vortragsveranstaltung am Goddelauer Büchnerhaus aufzeigen. Die Benefizreihe zugunsten des Fördervereins Büchnerhaus wird am Sonntag, 10. April 2011 um 18:00 Uhr fortgesetzt. Der Vortrag über die Lebensgeschichte Alexander Büchners steht unter dem Titel „Ein Radikaler im öffentlichen Dienst“.

Alexander Karl Ludwig Büchner, geboren 1827 und damit beim Tod seines berühmten Bruders Georg erst zehn Jahre alt, war ein deutsch-französischer Schriftsteller und Professor der Literaturgeschichte. Nach einem Jurastudium in Gießen war er „Accessist“ am Landgericht Langen (Hessen) geworden. 1851 wurde ihm der „Acceß“ jedoch wegen staatsfeindlicher Gesinnung entzogen. Er hatte sich in London mit exilierten 1848er-Revolutionären getroffen und war verraten worden. Alexander ging nach München, um dort Sprachen und Literatur zu studieren, und habilitierte 1852 als Privatdozent an der philosophischen Fakultät zu Zürich. Auf Vermittlung des Darmstädter Mitrevolutionärs und Freundes Dr. med. Wilhelm Zimmermann, konnte er 1855 Lehrer für neuere Sprachen am College Notre Dame im französischen Valenciennes werden. Er trat 1857 in den französischen Staatsdienst und war seit 1862 Professor der fremden Literaturen zu Caen. Im Jahre 1870 nahm er die französische Staatsbürgerschaft an.

Der Eintrittspreis beträgt sieben Euro und kommt in voller Höhe dem Förderverein und damit dem Geburtshaus Georg Büchners zugute. Kartenreservierungen nimmt das städtische Kulturbüro (Telefonnummer 06158 930841/2, Fax 930843 oder per E-Mail: kultur@riedstadt.de ) gerne entgegen. Karten sind zudem an der Abendkasse erhältlich.

Der „Zwingenberger Büchner”

Durch die liebenswürdige Recherche-Hilfe von H. W. aus Zwingenberg sind weitere Informationen über den „Zwingenberger Büchner” Friedrich, der hier bereits unter „Dichterspleen” und als Vater von Martha Frohwein-Büchner erwähnt wurde, gefunden worden.
H.W. hat die Einträge im Kirchenbuch ausgewertet und bestätigen können, was wir vermutet haben: tatsächlich war der Pate des ersten Sohnes Ernst der Großonkel Ernst Büchner, „unser” Geschwister-Vater. Und der letzte in Zwingenberg geborene Sohn (die „Märchenmuhme” Martha wurde ja erst 1872 in Horrweiler geboren) hieß nicht nur Alexander, er hatte wirklich den Cousin des Vaters, „unseren” Alexander Büchner zum Paten.

H. W. schreibt:

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Zu den in Zwingenberg geborenen Kindern des „Mitpredigers und Lehrers” in Zwingenberg, Friedrich Büchner und seiner Ehefrau Marie Johannette, genannt „Mathilde”, geb. Hirsch, sind folgende Geburten/Taufen eingetragen:
1. Ernst Georg Adolf Eduard August Büchner, geboren am 19.07.1860 „zwischen drei und vier Uhr”,
getauft am 23. 8. 1860
Gevatter:
1. Georg Hirsch, großherzoglicher Steuerkommissar, Gießen
2. Ernst Büchner, großherzoglicher Obermedizinalrat, zu Darmstadt
3. Adolf Stimmler, großherzoglicher Landgerichtsassessor, zu Friedberg
4. Eduard Davidson, großherzoglicher Artillerieleutnant, zu Darmstadt
5. August Hirsch, studiosus medicinae, zu Gießen
Das Protokoll im Geburts- und Taufregister ist unterschrieben von Eduard Davidsohn, August Hirsch, Friedrich Büchner und Pfarrer Hein

2. Ludwig Victor Büchner, geboren am 20. 9. 1863, nachmittags um vier Uhr. getauft am 25.10. 1863 ,
(gestorben am 11.08.1864 in Gießen); ,„zweites Kind”.
Gevatter:
1. Victor Achard, Frankfurt am Main
2. Ludwig Hein, Pfarrer zu Zwingenberg
Das Protokoll ist unterschrieben von Friedrich Büchner und Pfarrer Hein

3. Lina Augustine Elisa Maria Emma Büchner, geboren am 5. 2. 1866, „morgens zwischen acht und neun Uhr”, „drittes Kind, erste Tochter”, getauft am 2. März 1866 (gestorben am 23. 2. 1953 in Bad Godesberg)
Gevatter:
1. Elisa Achard, des Herrn Louis Achard zu Homburg v.d.H. Ehefrau
2. Fräulein Maria Führa, Herrn Georg Führa, Tabakfabrikanten zu Gießen, ledige Tochter
3. Fräulein Lina Höflinger, wes weiland Herrn Karl Höflinger, gewesener Distriktsfinanz…….. zu Gießen, nachgelassener ehelicher Tochter
4. Fräulein Emma Hirsch, der Wöchnerin leibliche, ledige Schwester
5. Herr Ernst Peters, Finanz………, zu Darmstadt
Das Protokoll ist unterschrieben von Emma Hirsch, Lina Höflinger, Ernst Peters, Friedrich Büchner und Pfarrer Hein

4. Alexander August Louis Büchner, geboren am 20. 5. 1868, morgens zwischen zwei und drei Uhr, „viertes Kind, dritter Sohn”, getauft am 20. 6. 1868,
Gevatter:
1. Alexander Büchner, Professor in Caen/Frankreich
2. August Kraus, des Pfarrer Kraus in Gimbsheim…….
3. Louis Achard, Gymnasiallehrer in Bad Homburg v.d.H.
Das Protokoll ist unterschrieben von August Kraus, Louis Achard, Friedrich Büchner und Pfarrer Dr. Stromberger
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Anton Büchner erwähnt Friedrich übrigens in seinem Buch „Die Familie Büchner” (Darmstadt 1963, S. 84):
„Zu Anfang August 1846 befand er (Alexander Büchner – pb) sich mit seinem Bruder (Ludwig Büchner – pb) und einem Gießener Vetter, dem 1909 verstorbenen späteren Kreisschulinspektor und Schulrat Friedrich Büchner (dem Vater der Schriftstellerin Martha Frohwein-Büchner) unter den rund 300 Teilnehmern an der academischen „secessio“ nach Staufenberg, die nichts Revolutionäres an sich hatte, vielmehr eine handfeste Protestaktion der auf einmal erfreulich solidarischen Studentenschaft gegen einen Übergriff der Polizei war.”

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