Peter Brunners Buechnerblog

Kategorie: Texte (Seite 15 von 17)

Tag der Literatur am 29. Mai – Das Büchner-Programm

Das „Literaturland Hessen“ mit dem alle zwei Jahre stattfindenden „Tag für die Literatur“ ist ein Gemeinschaftsprojekt von hr2-kultur, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und dem Hessischen Literaturrat. Unterstützt wird die Intiative unter anderem von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, dem ADAC Hessen-Thüringen, der Sparda-Bank Hessen und der GrimmHeimat NordHessen.

Das vollständige Programm kann über eine interaktive Karte bei hr-online erschlossen werden.

Hier die Veranstaltungen zu Georg Büchner und seinen Geschwistern:

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Lesung mit Picknick

Literatur-Picknick in der Alten Hofapotheke

Zwingenberg

Bei einem literarischen Picknick erfahren die Teilnehmer mehr über das mittelalterliche Zwingenberg, die Bedeutung der Alten Hofapotheke und die Beziehungen der Familie Büchner zu ihr.

Dass Zwingenberg auf eine fast 1000-jährige Geschichte zurückblicken kann, geht aus einer Urkunde aus dem Jahr 1012 hervor, in der der Ort unter dem Namen „Locum Getwinc“ zum ersten Mal erwähnt wird.

1833 begleitet der Schriftsteller und Revolutionär Georg Büchner seinen Studienfreund Alexis Muston im Spätsommer auf einer Wanderung von Darmstadt über Zwingenberg nach Heidelberg. Gemeinsam besuchten sie Büchners Bruder Wilhelm, der zu dieser Zeit in der „Alten Hofapotheke“ am Zwingenberger Marktplatz seine Ausbildung zum Apotheker begonnen hatte.

Lesung mit Picknick

Café „Schoko und Wein“ in der Alten Hofapotheke
Marktplatz 13
64673 Zwingenberg

11–13 Uhr

Teilnahme kostenlos
(10,- € „Kostenbeitrag“ für das Picknick)

Bei schönem Wetter findet die Lesung im Innenhof statt.

Informationen:
Förderverein für Kunst und Kultur Zwingenberg e.V.
Tel. 06251 52945

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Literarisch-musikalische Reise mit historischer Bildprojektion

Der Druck des Hessischen Landboten in Offenbach am Main

In Offenbach wurde die politische Streitschrift „Der Hessische Landbote“ in einer Nacht-und-Nebel-Aktion bei Carl Preller gedruckt. Eine mehrstimmig gestaltete Lesung unter dem Motto „Freitags abends ging ich von Gießen weg…“ wird zur Spurensuche.

Die in Gießen 1834 zwischen dem Medizinstudenten Georg Büchner und dem Theologen und Pädagogen Ernst Ludwig Weidig abgestimmte Endredaktion des „Hessischen Landboten“ fand im Monat Mai statt. Die teils wissenschaftlich-nüchternen Statistiken des Medizinstudenten wurden von Weidig, der dafür später mit seinem Leben büßte, mit für das einfache Volk eindringlichen, der Bibel entlehnten Worten ergänzt.

Der Zusammenarbeit ging die Gründung der „Gesellschaft der Menschenrechte“ im hessischen Gießen durch Georg Büchner voraus. Diese orientierte sich an der „Societé des Droit de l´ Homme et du Citoyen“ (Der Gesellschaft der Menschenrechte und Bürger) in Straßburg, wo Büchner 1832 studiert hatte. Ziel der Gründung war das Verfassen und die Verbreitung politischer Flugschriften entgegen der Zensur. Somit trug der Hessische Landbote zur Umsetzung der Forderungen des „Deutschen Preß- und Vaterlandsvereins“ bei, der 1832 das Hambacher Fest organisiert hatte, um den bürgerlich-revolutionären Demokratie-Forderungen politischen Druck zu verleihen. Nach tage- und nächtelangen Debatten um die Gewichtung der revolutionären Inhalte wurde das Flugblatt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in Offenbach am Main bei Carl Preller gedruckt.

Mit historischen Bildeinblendungen und europäischen Volksliedern aus dieser Zeit, unter anderem aus der Sammlung Johann Gottfried Herders „Stimmen der Völker in Liedern“, reist das Publikum zu den kulturhistorischen Wurzeln des deutschen Demokratieverständnisses. Die mehrstimmig gestaltete Lesung begibt sich auf die Spurensuche der Produktion des „Hessischen Landboten“: Dem politischen Geist des Vormärzes, der weit über die hessischen Grenzen hinaus aktiv wirkte, wird nachgespürt. Wie auch der abenteuerlichen Schmuggelei der politischen Parole „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“, die nach Drucklegung von Offenbach aus generalstabsmäßig nach Darmstadt, Friedberg, Butzbach und Gießen verbracht wurde.

Literarisch-musikalische Reise mit historischer Bildprojektion

Haus der Stadtgeschichte
Herrnstr. 61
63065 Offenbach am Main

19–20.30 Uhr

5,- € / 2,50 € ermäßigt

Informationen:
Lecture_Offenbach e.V. in Zusammenarbeit mit dem Haus der Stadtgeschichte
Tel. 069 40953854 oder 069 80652046
www.lecture-offenbach.de
www.haus-der-stadtgeschichte.de

Das Projekt „Geist der Freiheit“ der KulturRegion FrankfurtRheinMain ist Partner der Veranstaltung

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Lesung

„Lenz“ von Georg Büchner

Georg Büchner

1839 erschien posthum Georg Büchners Novelle „Lenz“, in der er den Geisteszustand des Schriftstellers Jakob Michael Reinhold Lenz beschreibt. Der Schauspieler Christian Wirmer erzählt Büchners einzige Prosadichtung.

Der Dichter und Revolutionär Georg Büchner wurde 1813 in Goddelau geboren. 1834 gründete er die „Gesellschaft für Menschenrechte“, um die reaktionären Verhältnisse in Hessen zu ändern, und verfasst gemeinsam mit dem Pfarrer Friedrich Ludwig Weidig die Flugschrift „Der Hessische Landbote“. Darüber hinaus verfasste der die Dramen „Dantons Tod“ „Leonce und Lena“ und „Woyzeck“.

Seine Erzählung „Lenz“ basiert auf einem Bericht des Pfarrers Johann Friedrich Oberlin sowie auf einigen Briefen von Lenz. Einen Teil der Erzählung übernahm Büchner wortwörtlich aus dem Bericht Oberlins, weshalb gegen ihn der Vorwurf des Plagiats erhoben wurde.

Lesung

Büchnerhaus
Weidstr. 9
64560 Riedstadt-Goddelau

18-19 Uhr

7,- €

Informationen:
Förderverein Büchnerhaus e.V.
Tel. 06158 9308-41 oder -42
www.buechnerhaus.de

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Rundgang und Bustour mit Führungen und Imbiss

Auf den Spuren der Familie Büchner

Luise, Georg und Ludwig Büchner

In exemplarischer Weise repräsentiert die Familie Büchner die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strömungen des 19. Jahrhunderts. Eine Tour lädt dazu ein, die Orte kennen zu lernen, an denen die einzelnen Familienmitglieder lebten und wirkten.

Zur Einstimmung folgt ein Spaziergang durch Darmstadt den Spuren der Büchner-Familie. Anschließend geht es mit dem Bus nach Riedstadt-Goddelau zum Philippshospital, wo sich die Eltern der Büchner-Geschwister kennenlernten. Weiter geht es dann zum Geburtshaus Georg Büchners, in dem sich heute ein Museum zu seinem Leben und Werk befindet. Die letzte Station ist die Villa Büchner in Pfungstadt, Treffpunkt der Familie nach 1864. Nach einem kleinen Imbiss geht es wieder zurück nach Darmstadt.

Die Theaterstücke Georg Büchners sind Schullektüre geworden. Doch auch seine Geschwister sind wichtige Persönlichkeiten.

Ludwig Büchner schuf mit seinem Bestseller „Kraft und Stoff“ das Standardwerk des Materialismus, Alexander Büchner arbeitete als Literaturwissenschaftler in der Kulturvermittlung zwischen Deutschland und Frankreich, Luise Büchner engagierte sich früh in der bürgerlichen Frauenbewegung. Und Wilhelm Büchner, der einen begehrten Ultramarinfarbstoff synthetisiert hatte, war als Unternehmer und liberal-demokratischer Politiker erfolgreich. Sein Wohnhaus in Pfungstadt, die Villa Büchner, wurde in den letzten Jahren restauriert und ist seit 2010 wieder zugänglich.

Rundgang und Bustour mit Führungen und Imbiss

Treffpunkt:
Klinikum Darmstadt
Grafenstraße 9
64283 Darmstadt
um 13 Uhr
Rückkehr ca. 20.30 Uhr

30,- € / 20,- € für Mitglieder der Luise-Büchner-Gesellschaft
Preis inkl. Imbiss

ACHTUNG: DIE BUSTOUR IST BEREITS AUSGEBUCHT!

Informationen:
Luise-Büchner-Gesellschaft e.V.
Tel. 06151 599788 oder 06150 4687
E-Mail: LuiseBuechner@aol.com

 

Alexander Büchner wartet auf das erste Luftschiff-Gedicht

Nachdem er 1855 bereits eine zweibändige „Geschichte der englischen Poesie“ vorgelegt hatte, veröffentlichte Alexander Büchner 1858 die zweibändigen „Französische Literaturbilder…“. Der folgende Text aus der Einleitung verdient aus verschiedenen Gründen, nicht zuletzt wegen immer wieder auffälligen Büchner´schen Modernität, Aufmerksamkeit. Es ist außerdem wahrscheinlich der erste literaturtheoretische Text, der ein Luftschiff erwähnt (welches nämlich nur sechs Jahre früher,  1852, überhaupt erstmals – von Paris nach Trappes – über 27 km gefahren war).

 

 

„Unsere Zeit steht im Begriff, durch das Mittel des täglich wachsenden internationalen Verkehrs die noch bestehenden Stammes-, Sitten- und sonstige Verschiedenheiten der heutigen europäischen Kulturvölker unter sich auszugleichen. Wir haben in großen Städte Leute kennen gelernt – und zwar nicht nur Deutsche, sondern auch Ausländer, und keine Ideologen, sondern erfahrene, praktische Geschäftsmenschen welche, unter Anführung vieler empirischer Gründe, – behaupteten, binnen fünfzig bis hundert Jahren werde von den gegenwärtigen Unterschied jener Nationen, namentlich der Deutschen, Engländer und Franzosen, wenig mehr zu bemerken sein; namentlich müsse sich bis dahin eine gemeinsame, für Alle gleichmäßig verständliche, Verkehrs- und Umgangssprache gebildet haben. Die zunehmende Propaganda der, Aehnliches bezielenden, philanthropischen und handelspolitischen Friedensdoktrinen ist bekannt. Ob die Darstellung des Schönen im Leben, die Kunst, und insbesondere die Poesie, von diesen Aussichten und Bestrebungen ebensoviel Gewinn zu erwarten hat wie die rein praktische Seite unseres Daseins, das steht dahin, und erst der Erfolg wird diese Frage endgültig entscheiden können. Mögen sich dann aus jener Umgestaltung neue poetische Gesichtspunkte ergeben, mag sich der Lyriker durch den Anblick eines Luftschiffes begeistern, der Didaktiker die Einrichtung des elektrischen Telegraphen besingen wollen, mag das Drama die unerhörten Kontraste zwischen der werdenden und der vergehenden Welt entdecken, und der Roman aus der Verwischung der Individualität der Nationen die unendlichsten Verwicklungen ableiten.

 

 

Bis jetzt lehren uns Theorie und Praxis nur, daß der Kosmopolitismus dem poetischen Interesse immer feindlich gewesen ist, da, so reiche Erfolge oft auch die gegenseitige geistige Befruchtung der Völker erzielt, die höchsten Grade ihres künstlerischen Verdienstes doch immer nur in denjenigen Stoffen und Formen gelegen haben, welche ihre besonderen, inneren Eigenthümlichkeiten ausdrückten, ihrer nationalen Geschmacksrichtung zusagten, ihrem angeborenen Talent entsprachen, sich ihren historischen Antecedentien anpaßten.

Zwar dürfte Niemand mehr die Allgemeingültigkeit gewisser ästhetischer Begriffe und Grundsätze, wie für alle Künste, so für alle Zeiten und Nationen, leugnen wollen. Allein das verhindert nicht, daß manche Gattungen und Formen der Kunst dem Einen Volk mehr als dem Anderen passen, daß das Eine mehr auf diesem, das Andere mehr auf jenem Felde leistet. Wer wird den Griechen den Vorrang in der Plastik, den Römern in der monumentalen Kunst, den Italienern in Musik und Malerei, den Engländern in der Tragödie und im Roman, den Deutschen in der Lyrik und in der kirchlichen Architektur, den Franzosen am Lustspiel und in der Mimik bestreiten wollen? Wenn wir es uns also in den nachstehenden Aufsätzen zur Aufgabe machen, die Wirksamkeit der letzteren Nation auf dem Gebiete der Dichtung zu betrachten, so müssen wir vor allen Dingen erwägen, welche poetischen Stoffe und Formen ihrer Fähigkeit am angemessensten sind, welche Gattungen sie mit besonderer Vorliebe und dem größten Erfolg gepflegt haben, wo ihre Thätigkeit im Dienste der Musen ihre starken, und wo sie ihre schwachen Seiten hat. … ”

 

Alexander Büchner: Französische Literaturbilder aus dem Bereich der Aesthetik, seit der Renaissance bis auf unsere Zeit. Frankfurt am Main. Hermann´scher Verlag. 1858. Einleitung: Die starken und die schwachen Seiten der französischen Dichtung.

 

 

 

Ludwig Büchner forscht über geheimnisvolles Leuchten

Anlässlich des heutigen Geburtstages von Franz Anton Mesmer einmal ein etwas ausführlicherer Text zu einem verwandten Thema.

 

Ich freue mich übrigens über Kommentare hier, die mich wissen lassen, ob das Veröffentlichen historischer Texte hier von den Lesern für sinnvoll und informativ gehalten wird.

 

 

Ludwig Büchners erste eigenständige Buchveröffentlichung (nach der Veröffentlichung seiner Dissertation – dazu gelegentlich mehr – und der Herausgabe von Georgs gesammelten Werken 1850) war eine Schrift mit dem Titel „Das Od“, die er 1854 bei dem Darmstädter Buchhändler Diehl verlegte. Er setzte sich darin mit der Theorie Karl von Reichenbachs auseinander, der behauptete, eine dem Magnetismus verwandte biologische Kraft gefunden zu haben, die er „Od“ (nach dem germanischen Gott Odin) nannte.

 

 

Karl von Reichenbach

Der Text biete eine schöne Einführung in Ludwigs Methode, mit Fragestellungen und Theorien umzugehen, und ist eine Erläuterung seines Anspruches, den Dingen mit naturwissenschaftlichen Methoden auf den Grund zu gehen. Die Spiritisten kriegen gleich zu Anfang ihr Fett weg, und im Verlauf de Textes entsteht der Eindruck, dass sich Ludwig Büchner ungern, aber unerbittlich, von der Od-Theorie distanziert. Ich habe in seinen späteren Werken bisher auch noch keine weitere Erwähnung davon gefunden.

 

Ludwig schreibt:

 

„ … Abgesehen von dem wissenschaftlichen Interesse des Gegenstandes an sich, glaubte der Verfasser auch in seiner Achtung gegen das größere Publikum, welches sich bekanntlich in den letzten Jahren in großen und weiten Kreisen ungemein für die Sache interessiert hat, einen Antrieb zur Anstellung von Nachversuchen finden zu dürfen. Für sich allein freilich dürfte diese letztere Umstand, so oft er auch bei Gelegenheit des Tischrückens gegen wissenschaftliche Kreise geltend gemacht wurde, nicht das nöthige Gewicht in die Wagschale werfen, und das Publikum möge verzeihen, wenn ihm nicht jedesmal in allen seinen Neigungen der Wille gethan wird. Die außerordentliche und nie gesehene Theilnahme, welche das Publikum aller Stände und aller Länder für das Tischrücken an den Tag legte, war dennoch nicht im Stande, dem Gegenstand ein wirklich wissenschaftliches Interesse und Aufmerksamkeit von Seiten der Naturforscher zuzuwenden. Gewiß mit Recht ließen die Letzteren die enragierten Laien vergebens über die Theilnahmslosigkeit der Wissenschaft schreien und schelten. Daß ein Tisch tanzen und sprechen könne, diese widersprach so sehr allen Begriffen, welche aus einer venünftigen Naturbetrachtung erwachsen sind und stand von Vornherein, auch ohne Experimente, so sehr in Widerspruch mit den Erfahrungen, welche seit Jahrtausenden über die Unwandelbarkeit gewisser Naturgesetze gemacht worden sind, daß man wohl in stiller Nichtachtung schweigen und abwarten konnte, bis die Zeit die Närrischen von selbst zur Vernunft gebracht haben würde. … Als die Reichenbachschen Briefe in der Allgemeinen Zeitung erschienen und in wissenschaftlichen und nicht wissenschaftlichen Kreisen eine lebhafte Besprechung und Discussion fanden, theilten sich sehr rasch und entschieden die Meinungen, die Einen für, die Andern gegen die Sache. Solche rasche Partheinahme ohne nähere Prüfung konnte natürlich nur von solchen geschehen, denen die Begriffe naturwissenschaftlicher Forschung nicht geläufig waren. Keine noch so hitzige Debattierung mit theoretischen Gründen konnte sie an´s Ziel führen. Eine Sache, welche sich vor Allem auf Versuche, auf Thatsachen beruft und nicht den Stempel wissenschaftlicher Unmöglichkeit an de Stirn trägt, kann nur wieder durch Versuche, durch eine experimentelle Nachprüfung endgültig entschieden werden, so sehr vielleicht auch theoretische Gründe dagegen zu sprechen scheinen. Das Experiment ist es ja, was die Naturwissenschaften in den letzten Jahren so groß gemacht hat, daß sie gegenwärtig Leben und Wissenschaft beherrschen, das Experiment ist es, was ihnen eine noch größere Zukunft als Gegenwart sichert, das Experiment endlich ist es, welches beginnt, seinen Einfluß auch in den übrigen Gebieten des menschlichen Wissen ´s und Denken´s geltend zu machen. Was gelten jetzt noch metaphysiche Systeme? Was helfen uns jetzt die dickleibigen Bände der Staats- und Völkerrechtslehrer, was die künstlichen Gebäude der Gesellschafts-Verbesserer, nachdem die Experimente der vergangenen Jahre alle diese Theoretiker so gründlich beschämt haben?. Man glaubte die Wahrheit verbrieft und ausgemacht in der Tasche zu haben, aber beim ersten Windstoße der That flog die papieren Weisheit davon. …“

 

 

 

Es folgt jetzt eine länger Schilderung des angeblichen Ods, einer Kraft, welche ähnlich dem Magnetismus zahlreichen organischen und anorganischen Gegenständen und Lebewesen innewohne und von „sensitiven“ Menschen wahrgenommen werden könne. Dann folgt die Beschreibung von in Tübingen angestellten Experimenten sowie ein kritisch-distanzierter Schluss:

 

„ … In der Dunkelkammer hielten wir mit verschiedenen Personen beiderlei Geschlechts 11 Sitzungen von je 1- 3 Stunden Dauer. … Die Mehrzahl der Versuchs-Personen sah Nichts, bei einer Minderzahl fehlte es nicht an mitunter sehr intensiven Lichterscheinungen verschiedener Art, … Es schien uns allerdings einigemal, als ob diejenigen Personen, welche für odische Eindrücke am empfänglichsten waren, auch der Einwirkung des thierischen Magnetismus am meisten zugänglich seien. … Was nun unsere eigenen Versuche anlangt, so sind dieselben unvollständig, gering an Zahl, eigentlich nur Präliminarien zu einer genaueren und in größerem Maaßstab ausgeführten Untersuchungen, und können deßwegen auch, wie ich schon angedeutet, keinen endgültigen kritischen Ausspruch über die Sache begründen. … Ich glaube voraussetzen zu dürfen, daß Reichenbachs Versuchs-Resultate nicht minder mit solchen Fehlern und Unvollkommenheiten behaftet waren, wie die unsrigen, daß aber der Entdecker des Od, wie jeder Begründer einer neuen Theorie, nur das aus ihnen herauszog, was einer Ansicht zur Stütze dienen konnte, und das Widersprechende verschwieg. … Sollte sich auch bei solchen Prüfungen die Reichenbach´sche Theorie nicht bestätigen, so kann es immerhin nur von Nutzen und wissenschaftlichem Interesse sein, gerade in diesem als Schatten- oder Nachtseite der menschlichen Natur bezeichneten Gebiete durch eine auf Thatsachen fußende Forschung einiges Licht verbreitet zu sehen. An solchen Dingen bloß nichtachtend vorüberzuschreiten, dürfte nach meiner Ansicht nicht mehr zeitgemäß, auch nicht einmal des Gelehrten würdig sein. … “

 

Ludwig Büchner: Das Od. Eine wissenschaftliche Scizze. Darmstadt. Diehl. 1854. 48 S.

 

 

 

Anleitung zur technischen Prüfung und Untersuchung der künstlichen blauen Ultramarine

Anleitung zur technischen Prüfung und Untersuchung der künstlichen blauen Ultarmarine; von W. Büchner

Aus dem Gewerbeblatt für das Großherz. Hessen, 1854, S. 270

 

  Das künstliche blaue Ultramarin in ungemischter reiner Waare besitzt eine blaue Farbe in verschiedenen Schattierungen und Grundtönen, welchen kein anderes Blau entgegentreten kann. … Soll Ultramarin nicht nur Kaufmannswaare sein, deren äußeres Ansehen durch graciöses Auftreten zum Kaufe verlockt, – sondern seinem Zweck, der Verwendung in den technischen Gewerben, entsprechen, dann erwartet man im allgemeinen: Körperfeinheit, Vertheilbarkeit in Ölen, Firnissen, Wasser und Leimwasser, Farbekraft; ferner muß es frei von Salz und ungebundenem Schwefel seyn, sich nur durch wenig Bindungsmittel binden lassen und behufs des Gebrauches in den Papierfabriken alaunwiderstandsfähig seyn. …

 

Aus dem Gesagten geht nun hervor, daß sich die Anwendung des Ultramarins auf folgende Verwendungen beschränkt, denen noch die unbedeutenderen Benutzungen angefügt werden könnten: 1) zu Leimanstrich der Tüncher; 2) zum Oel- und Firnißanstrich; 3) zur Malerei; 4) zum Bläuen weißer Waaren, mit Smalte vermischt oder pur; 5) zum Maschinenpapier; 6) zum Hand- oder Büttenpapier; 7) zum Tapetendruck und Tapetenfond; 8 ) zur Buntpapierfabrikation; 9) zum Kattun-, Wolle- und Jaconettedruck; 10) zu Siegellack, lithographischen Arbeiten, Oblaten u.s.f. . … Für alle diese Verwendungen ist es nicht nur eine Calculationsfrage, wie weit man mit einem gebenen Quantum Ultramarin reicht, sondern es ist auch bei jeder Lasurfarbne das Resultat um so schöner, je weniger davon aufgetragen werden muß. Diese Eigenschaft drücke ich mit dem Worte Farbekraft und Farbenreichthum aus. …“

Polytechnisches Journal. Herausgegeben von Dr. Johann Gottfried Dingler und Dr. Emil Maximilian Dingler. Dritte Reihe. Vierunddreißigster Band. Jahrgang 1854. Stuttgart und Augsburg. J.G.Cotta´sche. SS. -373 375  

Luise Büchner: tragt die Rüstung der Pallas Athene!

 

„ … Was können uns jene jungen Wesen nutzen, die aus der Schule heraus nicht eilig genug ins Leben treten können, ohne Ahnung eines höheren Berufes, eines ernsteren Strebens? Aus ihren Reihen wird nur selten die tüchtige Mutter, das ächte Weib hervorgehen. Trunken vom Glanze der Ball- und Gesellschftssäle, schweben sie, wie im Traume, durch ihre Jugend; aber wohl selten birgt sich unter dem flatternden Gewand das starke Herz, die hochbeschwingte Seele, deren die Frau doch so sehr, so nothwendig bedarf. Wie lieblich rauschen einige Jahre dahin, leichtbeschuht und voller Glanz; aber die Scene muß sich ändern, das wirkliche Leben klopft an die Pforten. Wie Viele wird es dann zum Kampfe bereit finden? Wie viele sind dann seinen gerechten Ansprüchen gewachsen? Ob die Ehe oder das Loos der Unverheirateten diese heiteren Gestalten erwartet, nur diejenige Frau kann ihren höheren Lebenszweck erfüllen, welcher die Erziehung die Mittel dazu an die Hand gegeben. Aber diejenige Erziehung kann weder Ernst noch Tüchtigkeit verleihen, der es selber daran fehlt, und wer den Lebensweg der meisten weiblichen Naturen verfolgt, wird finden, daß ihnen mit richtiger Bildung Alles gegeben wäre, während ihnen ohne dieselbe Alles genommen ist. O, ihr rosigen Kinder, euren Frohsinn und eure Heiterkeit möchten wir um keinen Preis der Welt euch rauben, ihr sollt Rosen in´s Haar flechten und das weiße Gewand tragen, aber darunter die Rüstung der Pallas Athene.“

 

Luise Büchner: Die Frauen und ihr Beruf. Leipzig: Thomas. 5. Aufl. 1884, S. 9/10

 

Dieser lesenswerte Text wurde hier zitiert nach dem Exemplar, das die Google-Buchsuche zur Verfügung stellt. Es stammt aus dem Besitz der

 

 

 Radcliffe College Library und trägt das

 

Exlibris von Lily Braun.

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