Peter Brunners Buechnerblog

Kategorie: Ausstellungen (Seite 11 von 11)

Wilhelm Büchner und die „Seeschlacht zu Pferde”

 

Postkarte zur Erinnerung an das große Ereignis
(gefunden bei http://www.mein-wilster.de/Postkarten/Schleswig-Holstein%20Erhebung%201848/)

 

Im gerade beendeten Herbsturlaub in Norddeutschland konnte ich einer Büchner-Anekdote nachgehen, die Alexander in seiner biographischen Skizze „Der Dumme Bub – Mein Bruder Wilhelm“ so schildert:

Nun war es endlich für Wilhelm Zeit, auch an seine persönliche Bequemlichkeit zu denken, nachdem er, wie er sagte, jahrelang in dem Dunst & Russ seiner Schornsteine und seiner Öfen herumgekrochen war. Er schuf sein ausgedehntes Gelände, insoweit es nicht von der Fabrik beansprucht wurde, zu einem reizenden Park um & erbaute in dessen Mitte ein mit allem erdenklichen Comfort ausgestattetes grosses Wohnhaus oder – wie die Franzosen sagen würden, Château, dessen Veranda eine prachtvolle Aussicht auf die gegenüberliegende Bergstrasse, den Frankenstein und den Melibokus bietet. Der „dumme Bub“ erwies sich hiermit auch als kunstgerechter Baumeister freilich ohne eine polytechnische Schule besucht zu haben. Als sich später sein einziger Sohn verheiratete, schuf der Vater auch eine geschmackvolle Villa für das junge Ehepaar. Vor den Gebäuden erhoben sich zwei gewaltige Flaggenstangen, die eine mit den hessischen Farben, weiss & rot die andere für das Deutsche schwarz-rot-gold welches seither durch schwarz-weiß-rot ersetzt worden ist. Unter allen feierlichen Gelegenheiten wurden diese Fahnen aufgezogen, wie z. B. am Tage, an welchem die Nachricht von dem Seesiege bei Eckernförde eintraf.

(Alexander Büchner: Mein Bruder Wilhelm „Der dumme Bub“. Nach dem handschriftlichen Original im „Depositum Wilhelm Büchner“ herausgegeben und transkribiert von Peter Brunner. Mai 2010. Herausgegeben vom Magistrat der Stadt Pfungstadt.)

 Wie so oft ist Alexander Büchner auch hier mindestens unpräzise: der Zusammenhang mit dem Bau der beiden Villen besteht überhaupt nur insofern, als es wohl schon 1849 vor der Blaufabrik, also bei der Frankensteiner Mühle, dem „Herrenhaus“, Fahnenmasten gab. Die Villa Büchner wurde ja erst 1864, das „Schweizerhaus“ ca. 1875 errichtet.

 

Die „Seeschlacht zu Pferde“ am 5. April 1849, einem Gründonnerstag, war eine Episode im Schleswig-Holsteinischen Krieg.

Dänischer Marine, die einen Angriff von See auf Eckernförde plante, stand eine deutsche Truppe zu Land gegenüber. Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha als Kommandeur befehligte u.a. nassauische Artillerie unter dem Hauptmann Julius Jungmann. Während sich die dänische Marine in der Bucht sammelte, gelang dem Kanonier Ludwig Theodor Preußer die artilleristische Meisterleitung, seine sechspfündige Kanone so auszurichten, dass sie eine Ankertrosse zwischen den beiden Segelschiffen „Christian VIII“ und „Gefion“ zerschoss. Manövrierunfähig trieben die Schiffe auf den Beschuss der Batterie zu. Die „Christian VIII“ geriet in Brand und sank, die „Gefion“ wurde erobert und später als „Eckernförde“ in den Dienst der neuen Marine des Deutschen Bundes gestellt.

 

 Das Denkmal zur Erinnerung an die „Seeschlacht zu Pferde“ in der Eckernförder Bucht.

Dieser strategisch völlig unbedeutende Sieg wurde in Deutschland überall als Signal für die Verteidigungskraft eines geeinten Deutschlands interpretiert und gefeiert, in Pfungstadt eben durch das Hissen der beiden Flaggen vor der Blaufabrik. Die provisorische Schleswig-Holsteinische Regierung trat dem deutschen Verfassungsgebiet bei und ernannte ihren Präsidenten Wilhelm Beseler zum Statthalter der provisorischen Reichsregierung in Frankfurt. Im Juli 1849 trat dann Preußen über einen Sonderfrieden aus dem Krieg mit Dänemark aus, die Schleswig-Holsteiner blieben sich alleine überlassen. Im „Londoner Protokoll“ vom 8. Mai 1852 wurde der Fortbestand der dänischen Herrschaft über die Herzogtümer garantiert. Unterzeichner waren Großbritannien, Frankreich, Russland, Preußen und Österreich.

 

Dankenswerterweise hat die Deutsche Marine mir für das Foto eines ihrer größten Schiffe,
die A 1411 „Berlin“, einen „Einsatzgruppenversorger“, vor Kimme und Korn der Denkmalkanone geschickt.

 Mit dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864, dem sogenannten ersten deutschen Einigungskrieg, wurde die schleswig-holsteinische Frage erneut Gegenstand kriegerischer Auseinandersetzung mit der Folge, dass Dänemark die Herrschaft zugunsten Preußens und Österreichs verlor. Im zweiten deutschen Einheitskrieg nahm Preußen dann Österreich 1866/67 Holstein ab und besiegelte diesen Schritt mit der Gründung Schleswig-Holsteins im Jahr 1867.

Ohne Frage haben Wilhelm Büchner und seine Geschwister diese bedeutenden Ereignisse der deutschen Einigungsgeschichte mit großer Aufmerksamkeit und stets auf der Seite der deutschen Einheit verfolgt.

 Luise Büchner schreibt in „Deutsche Geschichte von 1815 – 1870. Zwanzig Vorträge, gehalten in dem Alice-Lyceum zu Darmstadt.“ (1875 bei Thomas in Leipzig erschienen):

 

 

 

 

 

Johann Georg August Wirth

Die Pfälzische Landesbibliothek in Speyer zeigt eine Kabinettausstellung zu Leben und Wirken von Johann Georg August Wirth, einem der Hauptredner beim Hambacher Fest von 1832.

JGA Wirth

 

 

Das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz hat 2009 67 Briefe von Johann Georg August Wirth sowie das persönliche Exemplar seiner wichtigsten Zeitung, der ‚Deutschen Tribüne’, erwerben können.

Etwa sechzig Texte und Illustrationen, darunter handschriftliche Durchsuchungs- und Gerichtsprotokolle, meist aus dem Bestand der Bibliothek, werden gezeigt.

So sehr die Ausstellung einen Besuch lohnt und so gründlich und informativ die Präsentation auch erarbeitet wurde: leider ist es eine wahre Mühsal, sich den Exponaten zu nähern, und leider sind auch die Texte dazu nur schwer lesbar. Wer kann denn endlich einmal Ausstellungsmachern mitteilen, dass es keine Kosten verursacht, Begleittexte

 

in vernünftiger Typographie

und Schriftgröße

 

anzubringen! Es ist geradezu entwürdigend, sich tief gebückt und mit hochgeschobener Lesebrille vor die Vitrinen zu knien, um Erläuterungen zu lesen.

Zur Ausstellung erschien ein umfangreicher Begleitband (s.u.), über dessen Qualität ich nur aus Augenschein berichten kann, dass er ordentlich gemacht und mit einem Interesse weckenden Inhaltsverzeichnis versehen ist: leider war meine Barschaft erschöpft, und der Kasse der Landesbibliothek ist die Anschaffung eines Bankkartenlesers offenbar nicht zuzumuten. Ich habe das Buch inzwischen bestellt und komme gelegentlich darauf zurück.

Was soll nun ein Hinweis auf Johann Wirth hier im Büchner-Blog?

Alexander Büchner widmet seine „Fidele Geschichten“ von 1886 einem Franz Wirth, und das ist der Sohn des bayrisch-badischen Revolutionärs. Alexanders Freund Otto Adolf Ellissen hat im „Magazin für die Literatur des Auslandes, Volume 55; Volumes 109-110“ (zu finden über Googles Buchsuche) eine Besprechung darüber veröffentlicht, und im „Tollen Jahr“, seiner Autobiographie, schreibt Alexander über die Bekanntschaft mit Franz Wirth, „Sohn des bekannten Märtyrers aus den dreißiger Jahren“, ohne zu erläutern, wie sie zustande kam. Wirth studierte zusammen mit ihm in München, und Alexander schreibt „Ich will hier betonen, das uns von jenem Tage an vierzig Jahre lang in guten und schlechten Zeiten die innigste Freundschaft verband, und wir oft später, endlich in der Wolle sitzend, mit Wonne jener früheren Tage gedachten, da wir `mit wenig Geld und viel Behagen´ unsere Studien zusammen verfolgten.“ Es folgt dann der Bericht über eine Bergwanderung mit ihm, bei der die beiden sich „Auf der Benediktenwand“ gefährlich verliefen und nur mit Mühe wieder zurück in die Zivilisation kamen. Wirth soll ihm auch den Rat gegeben haben, sich zur Habilitation nach Zürich zu begeben.

 

Kämpfer für Freiheit und Demokratie Johann Georg August Wirth / hrsg. von Armin Schlechter. – Neustadt an der Weinstraße, 2010. – (Stiftung zur Förderung der Pfälzischen Geschichtsforschung : Reihe B ; 12). – ISBN 978-3-942189-07-1. – S. 37-51, 2010. – ISBN 978-3-942189-07-1. 18 €

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