Peter Brunners Buechnerblog

Kategorie: Ludwig Büchner (Seite 7 von 14)

Geredet wird zwar in diesen Parlamenten unendlich viel, aber gethan oder erreicht um so weniger.

Ludwig Büchners letzte Veröffentlichung ist eine Art politisches Testament. „Am Sterbelager des Jahrhunderts. Blicke eines freien Denkers aus der Zeit in die Zeit” hat er 1898, ein Jahr vor seinem Tod, bei Emil Roth in Gießen veröffentlicht.

 

Anlässlich der Tagesereignisse hier ein kleiner Auszug aus dem Kapitel „Politik”

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„Man bedenke ferner, dass der Parlamentarismus keine wirkliche Volksherrschaft bedeutet (namentlich dort nicht, wo er, wie in Deutschland seine Herrschaft mit derjenigen der Krone teilen muss), sondern eine Tyrannei zufälliger Majoritäten in den parlamentarischen Körperschaften. Ja diese Tyrannei kann unter Umständen zu derjenigen eines Einzelnen oder weniger werden, wenn die Stimmenzahl auf beiden Seiten sich so sehr ausgleicht, das eine oder einige Stimmen den Ausschlag geben.

… 

Oder die parlamentarische Mehrheit kann in Wirklichkeit die Minderheit des Volkes, die parlamentarische Minderheit die Mehrheit desselben ausdrücken. … Selbst die allgemeine Hebung der Bildung, welche man als Korrektiv des allgemeinen Stimmrechtes anzusehen oder anzupreisen pflegt, würde schwerlich etwas nützen. Wären z. B. alle französischen Wähler so intelligent, wie die Mitglieder des Senats und der Deputiertenkammer, so würde das allgemeine Stimmrecht nichtsdestoweniger die Herrschaft der Gewalt durch die Zahl sein. Nicht selten hat, wenn sich die Regierungspartei und die Opposition in einigermaßen gleicher Stärke gegenüberstehen, eine verhältnismäßig kleine Fraktion es in der Hand, den Ausschlag nach dieser oder jener Seite zu geben, und beherrscht somit trotz ihrer Minderzahl das Land und seine Interessen. Dazu kommt der erbärmliche, unwürdige Schacher, der zwischen den einzelnen Fraktionen um die heiligsten Volksinteressen nach dem Prinzip „Eine Hand wäscht die andere“ getrieben zu werden pflegt. Überhaupt ist die ehedem nicht gekannte Zerspaltung der gesetzgebenden Körperschaften in eine Anzahl politischer Fraktionen und Fraktiönchen ein Krebsschaden des modernen Parlamentarismus. Früher kannte man das nicht, und der Gegensatz zwischen rechts und links, zwischen Regierungspartei und Opposition war in der Regel der einzige, welcher diese Körperschaften spaltete, während die Zentrumspartei das ausgleichende und vermittelnde Moment darstellte. Heutzutage aber geht jede Fraktion ihre eigenen, mit den Wegen anderer Parteien in der Regel unvereinbaren Wege. Ein ewiges Gezänke oder gegenseitiges unwürdiges Feilschen ist die notwendige Folge, und man muss von Glück sagen, wenn diese Gezänke nicht, wie leider so oft, in gemeine und die Würde der Volksvertretung auf das Schwerste kompromittierende Handgreiflichkeiten ausartet. Fragt man nach der Ursache dieser wenig erfreulichen Erscheinung, so wird sie wohl hauptsächlich darin zu suchen sein, dass nach und nach infolge der großartigen Entwickelung aller materiellen Verhältnisse an die Stelle der ehemaligen Ideal-Politik die jetzt herrschende Interessen-Politik getreten ist, vermittelst welcher jeder Einzelne oder jede einzelne Gesellschaftsklasse bei der allgemeinen Güterteilung soviel Vorteile wie möglich für sich selbst herauszuschlagen sucht. Diese Interessenpolitik ist aber die geschworene Feindin derjenigen Politik, welche Vernunft und Wissenschaft vorschreiben. Wenn z.B. Schutzzölle im Interesse gewisser Gesellschaftsklassen liegen, so werden ihre Vertreter dafür stimmen, einerlei was Wissenschaft und Gerechtigkeit dazu sagen. Oder wenn die Verfechter dieser letzteren im Interesse einer vernünftigen Sozialpolitik Maßregeln zu größeren Ausgleichung des Besitzes vorschlagen, so werden sich die Vertreter der besitzenden Klassen dadurch schwerlich ihre Zustimmung abnötigen lassen. Zwei der hervorragendsten und wohlbegründetsten Forderungen, welch der vernünftige und wissenschaftliche Sozialismus aufstellt, sind bekanntlich einmal die Zurückführung des Grundes und Bodens in den Besitz der Allgemeinheit und zum zweiten die Einschränkung der Erbrechte. Aber wie gering ist die Zahl derjenigen, welche diesen Forderungen zustimmen oder welche überhaupt nur Kenntnis davon genommen haben; und wie noch weit geringer würde die Zahl der Volksvertreter sein, welche es den persönlichen Interessen der Wähler und ihrer selbst gegenüber wagen würden, solchen Vorschlägen auch nur ein Ohr zu leihen! Auch unser, an anderer Stelle dieser Schrift genauer begründeter Vorschlag einer Umwandlung der menschlichen Gesellschaft und des Staates in eine große, auf Gegenseitigkeit beruhende Versicherungsgesellschaft gegen Krankheit, Unfall, Alter, Invalidität und Tod, dessen Ausführung allein schon den größten und drückendsten Teil des sozialen Elends aus der Welt schaffen würde, dürfte in unseren gegenwärtigen Parlamenten schwerlich auf Unterstützung zu rechnen haben, so sehr auch Vernunft und Wissenschaft dafür sprechen. Geredet wird zwar in diesen Parlamenten unendlich viel, aber gethan oder erreicht um so weniger.

Übrigens wird die Politik der Zukunft und damit auch der künftige Parlamentarismus ganz anderen und schwierigeren Aufgaben gegenüberstehen, als den bloß politischen der Gegenwart; denn sie steht, wie in einem späteren Kapitel noch eingehender nachzuweisen werden wird, unter dem Zeichen des Sozialismus oder der Gesellschaftsverbesserung, im Vergleich mit welcher das Streben nach politischer Einheit und Freiheit, so berechtigt dasselbe an sich sein mag, doch nur eine untergeordnete oder zweite Rolle zu spielen vermag. Denn nur der gesellschaftlich und wirtschaftlich Freie kann in Wahrheit auch politisch frei sein!

LudwigBuechnerSterbelagerKapitelPolitik

(Ludwig Büchner: Am Sterbelager des Jahrhunderts. Gießen, Roth, 2. Aufl., 1900, S. 249 ff)

Sehet, es kroch so nackt und weich in die Welt wie ihr

Der Verfasser ist royalistischer Sympathien ähnlich unverdächtig wie die Familie, die Gegenstand dieses Blogs ist.

 „ … der Mensch … heißt: unverletzlich, heilig, souverän, königliche Hoheit. Aber tretet zu dem Menschenkinde und blickt durch seinen Fürstenmantel. Es ißt, wenn es hungert, und schläft, wenn sein Auge dunkel wird. Sehet, es kroch so nackt und weich in die Welt wie ihr und wird so hart und steif hinausgetragen wie ihr…” (Der Hessische Landbote) 

Dennoch konnte ich nicht vermeiden, die minütlich aktuellen Niederkunfts-Meldungen der britischen Battenberg-Nachfahren wahrzunehmen. Berufenere als ich haben geschildert, wie Alexander von Hessen und seine „unstandesgemäße“ Gattin von Hauke zu dem damals längst ausgestorbenen Titel derer von Battenberg kamen – hier die Details in wikipedia.

Buechner_Anton

 

Anton Büchner (1887 – 1985) um 1910

Der schließlich hervorgebrachte Sprössling teilt allerdings ein Schicksal mit einem wesentlich unbekannteren Büchner-Nachfahren: Anton Büchner, Wilhelm Büchners Enkel, Georg Büchners Großneffe, der erste Biograph der Familie Büchner, war vom Büchner-Fieber so unheilbar befallen, dass sein 1920 geborener Sohn die Vornamen Georg Alexander Wilhelm Ludwig, also sämtliche Vornamen seiner Urgroßonkel, trug.

 

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Georg Alexander Wilhelm Ludwig Büchner
mit seiner Stiefmutter Maria, geb. Hoesch, 1948 

 

Der jüngste Windsor-Battenberg heißt immerhin George Alexander Louis, und den fehlende Vornamen Wilhelm trägt sein Vater William – das klingt doch verdächtig nach republikanischen Sympathien im britischen Königshaus?!

Ein unbekannter Text über das Leben der Büchners in Darmstadt

Die Luise-Büchner-Gesellschaft beging am 24. Juni 2013 ihre regelmäßige Jahreshauptversammlung.

Die Formalia konnten ohne Einspruch und Diskussionen abgearbeitet werden, der Vorstand wurde einstimmig bei Enthaltung der Betroffenen entlastet.

Zur Versammlung erschien als Jahresgabe für die Mitglieder ein  Auszug aus einem Büchner-Interessierten bisher unbekannte gebliebenen Text, den ein Verwandter, der Berliner Geheime Oberregierungsrat Wilhelm Welcker (1859 – 1934) 1921 verfasst hat, mit einer Einleitung und ausführlichen Erläuterungen von mir. Dazu habe ich einen kommentierten Stammbaum von Johann Jakob Büchner (1753 – 1835), dem Großvater der „Geschwister Büchner“, erstellt, der im (gerade noch lesbaren…) Format DIN A 2 gedruckt und dem Text beigelegt wurde.

Hier die beiden Dokumente.

2013_LuBuGe_Jahresgabe_AuszugWilhelmWelckerUeberBuechners

2013_LuBuGe_Jahresgabe_Stammbaum_1

 

Großformatige, farbige Ausdrucke erhalten Mitglieder auf Anfrage vom Verein. Nicht-Mitgliedern bieten wir die beiden Dokumente zum Preis von 10 € incl. Verpackungs-/Versandkosten (in Deutschland, Auslandsversand auf Anfrage) zur Bestellung an. 

 

Bitte bestellen Sie unter dem Stichwort „Jahresgabe 2013″  hier (oder, noch besser für Sie und uns, werden Sie Mitglied!):

 

Luise-Büchner-Gesellschaft e.V.
Literaturhaus
Kasinostraße 3

64293  Darmstadt

oder per Mail: LuiseBuechner@aol.com

 

Schau mir in die Augen …

Auf allgemeinen Wunsch und obwohl ich gerne über die Pressekonferenz zu Büchner200 in Darmstadt berichten würde, habe ich mich hingesetzt und als Beitrag zur Diskussion um das neu aufgetauchte Bild noch einmal einen Vergleich mit vorhandenen Bildern gemacht. Auffallend regelmäßig haben mich nämlich Frauen, die offenbar eine andere Herangehensweise an Portraits gelernt haben als ich, auf die Augen der beiden jungen Männer aufmerksam gemacht.

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Georg, Mathilde, Alexander, der „Neue“, Wilhelm, Ludwig und Luise Büchner 

Hier jetzt mal die Augen aller Geschwister aus zu Lebzeiten entstandenen Portraits; in der Mitte die Augenpartie des neu entdeckten Bildes (erinnert das an „eins passt nicht in diese Reihe“?).

 

 

Heraus zum 1. Mai!

Das Riedstadt-Goddelauer Büchner-Haus bietet sich in diesem Jahr ganz besonders als Ausflugsziel zum 1. Mai an:

 

Die fabelhafte Büchner-Bande tritt auf! 

 

Verpassen Sie nicht die Gelegenheit, am Geburtsort Georg Büchners beschwingt und mit Musik mehr über ihn und seine und seine unglaubliche Familie zu erfahren!

 

 

 

PlakatBuechnerbandeGoddelau_2

 

 

Wir planen zur Zeit, im Freien aufzutreten und die gerade fertig gewordene „Scheune“ im Hof zu nutzen. Falls das Wetter das aber nicht zulässt, müssen wir in den kleinen Veranstaltungsraum und dort gibt es natürlich viel weniger Platz. Bitte nutzen Sie bei Interesse daher dringend die Möglichkeit des Vorverkaufs beim Riedstädter Kulturamt:

 

Matinee – „Die fabelhafte Büchner-Bande“

Eine musikalische Revue über sechs Geschwister, die die Welt verändern wollten. Papa Legba´s Blues Lounge mit Petra Bassus, Peter Brunner, Heinrich Dieckmann

Eintritt: € 12,00

11:00 Uhr Kunstgalerie Büchnerhaus, bei schönem Wetter im Hof des Büchnerhauses

Info und Anmeldung unter: 06158 930 841 oder 842 oder E-Mail: kultur@riedstadt.de  

 

 

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