Peter Brunners Buechnerblog

Autor: peter brunner (Seite 77 von 89)

Anleitung zur technischen Prüfung und Untersuchung der künstlichen blauen Ultramarine

Anleitung zur technischen Prüfung und Untersuchung der künstlichen blauen Ultarmarine; von W. Büchner

Aus dem Gewerbeblatt für das Großherz. Hessen, 1854, S. 270

 

  Das künstliche blaue Ultramarin in ungemischter reiner Waare besitzt eine blaue Farbe in verschiedenen Schattierungen und Grundtönen, welchen kein anderes Blau entgegentreten kann. … Soll Ultramarin nicht nur Kaufmannswaare sein, deren äußeres Ansehen durch graciöses Auftreten zum Kaufe verlockt, – sondern seinem Zweck, der Verwendung in den technischen Gewerben, entsprechen, dann erwartet man im allgemeinen: Körperfeinheit, Vertheilbarkeit in Ölen, Firnissen, Wasser und Leimwasser, Farbekraft; ferner muß es frei von Salz und ungebundenem Schwefel seyn, sich nur durch wenig Bindungsmittel binden lassen und behufs des Gebrauches in den Papierfabriken alaunwiderstandsfähig seyn. …

 

Aus dem Gesagten geht nun hervor, daß sich die Anwendung des Ultramarins auf folgende Verwendungen beschränkt, denen noch die unbedeutenderen Benutzungen angefügt werden könnten: 1) zu Leimanstrich der Tüncher; 2) zum Oel- und Firnißanstrich; 3) zur Malerei; 4) zum Bläuen weißer Waaren, mit Smalte vermischt oder pur; 5) zum Maschinenpapier; 6) zum Hand- oder Büttenpapier; 7) zum Tapetendruck und Tapetenfond; 8 ) zur Buntpapierfabrikation; 9) zum Kattun-, Wolle- und Jaconettedruck; 10) zu Siegellack, lithographischen Arbeiten, Oblaten u.s.f. . … Für alle diese Verwendungen ist es nicht nur eine Calculationsfrage, wie weit man mit einem gebenen Quantum Ultramarin reicht, sondern es ist auch bei jeder Lasurfarbne das Resultat um so schöner, je weniger davon aufgetragen werden muß. Diese Eigenschaft drücke ich mit dem Worte Farbekraft und Farbenreichthum aus. …“

Polytechnisches Journal. Herausgegeben von Dr. Johann Gottfried Dingler und Dr. Emil Maximilian Dingler. Dritte Reihe. Vierunddreißigster Band. Jahrgang 1854. Stuttgart und Augsburg. J.G.Cotta´sche. SS. -373 375  

F(riedrich) C(Christian) Delius ist Büchnerpreisträger 2011

Soeben gibt die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung über ihren diesjährigen Preisträger bekannt:

„Als kritischer, findiger und erfinderischer Beobachter hat er in seinen Romanen und Erzählungen die Geschichte der deutschen Bewusstseinslagen im 20. Jahrhundert erzählt – von der Vorgeschichte der NS-Zeit über die Zeit der Teilung bis in die unmittelbare Gegenwart. Seine politisch hellwachen, ideologieresistenten und menschenfreundlichen Texte loten die historischen Tiefendimensionen der Gegenwart aus. Seiner souveränen Erzählkunst gelingt es, eine manchmal satirische Beobachtungsschärfe zu verbinden mit einer humanen Sensibilität, die seine Figuren oft decouvriert, aber nie denunziert. … ”

Hier F C Delius sebst.

So erfreulich die Nachricht über diesen verdienten Preisträger auch ist, so verblüffend die gleichzeitige Nachricht, man feiere in diesem Jahr 60 Jahre Georg-Büchner-Preis.

Das ist nun ärgerlicherweise gleich doppelt falsch.

Zunächst wurde der Büchnerpreis 1923, vor nunmehr also 88 Jahren, vom Volksstaat Hessen eingerichtet und bis 1932 an Künstler vergeben, die aus Hessen stammten oder „mit Hessen geistig verbunden waren“. Die Nazis verzichteten dann auf die Verleihung, 1945 (also vor 66  Jahren) kam es zu einer Neubelebung. Preisträger waren neben den Literaten Schiebelhuth, Usinger, Seghers und Langgässer auch der Maler Carl Gunschmann und der Komponist Hermann Heiß. Seit 1951 (und das war dann in der Tat vor 60 Jahren) verleiht die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung den Büchnerpreis als Literaturpreis.

Eine knappe Geschichte und eine Liste der Preisträger bietet wikipedia hier.

Schade, dass die wichtige und außergewöhnliche Geschichte des Preises so verkürzt dargestellt wird – wollen wir hoffen, dass sich 2023 Berufene finden, das echte Hundertjährige zu begehen!

 

 

 

 

 

Luise Büchner: tragt die Rüstung der Pallas Athene!

 

„ … Was können uns jene jungen Wesen nutzen, die aus der Schule heraus nicht eilig genug ins Leben treten können, ohne Ahnung eines höheren Berufes, eines ernsteren Strebens? Aus ihren Reihen wird nur selten die tüchtige Mutter, das ächte Weib hervorgehen. Trunken vom Glanze der Ball- und Gesellschftssäle, schweben sie, wie im Traume, durch ihre Jugend; aber wohl selten birgt sich unter dem flatternden Gewand das starke Herz, die hochbeschwingte Seele, deren die Frau doch so sehr, so nothwendig bedarf. Wie lieblich rauschen einige Jahre dahin, leichtbeschuht und voller Glanz; aber die Scene muß sich ändern, das wirkliche Leben klopft an die Pforten. Wie Viele wird es dann zum Kampfe bereit finden? Wie viele sind dann seinen gerechten Ansprüchen gewachsen? Ob die Ehe oder das Loos der Unverheirateten diese heiteren Gestalten erwartet, nur diejenige Frau kann ihren höheren Lebenszweck erfüllen, welcher die Erziehung die Mittel dazu an die Hand gegeben. Aber diejenige Erziehung kann weder Ernst noch Tüchtigkeit verleihen, der es selber daran fehlt, und wer den Lebensweg der meisten weiblichen Naturen verfolgt, wird finden, daß ihnen mit richtiger Bildung Alles gegeben wäre, während ihnen ohne dieselbe Alles genommen ist. O, ihr rosigen Kinder, euren Frohsinn und eure Heiterkeit möchten wir um keinen Preis der Welt euch rauben, ihr sollt Rosen in´s Haar flechten und das weiße Gewand tragen, aber darunter die Rüstung der Pallas Athene.“

 

Luise Büchner: Die Frauen und ihr Beruf. Leipzig: Thomas. 5. Aufl. 1884, S. 9/10

 

Dieser lesenswerte Text wurde hier zitiert nach dem Exemplar, das die Google-Buchsuche zur Verfügung stellt. Es stammt aus dem Besitz der

 

 

 Radcliffe College Library und trägt das

 

Exlibris von Lily Braun.

Alexander Büchner erinnert sich an seine Rokoko-Großmutter

„ … Immerhin aber saß ich oft als kleiner Bengel auf einem Schemel zu Füßen der blinden Rokokogroßmutter, während ihr meine Schwester Luise, die nachmalige Erziehungsschriftstellerin, damals aber nur ein Bündel wie ich selber, aus gedruckten Büchern sehr gebildete Lektüre vorlas. Freilich war es nicht die gebildete Lektüre, welche mich anzog. Sondern die ganze pirmasenshafte, rokokoartige Umgebung, in welche sich die Erinnerung der Kinder- und Ammenmärchen – denn für uns war ja alles wirklich passiert – mit wunderlicher Genauigkeit hineinpaßte. Da befanden sich absonderliche Möbel mit gewundenen Beinen und geschnitzten Säulchen, abgeblaßte Stickereien und Webereien und eine urnenförmig porzellanene gemalte Schlaguhr mit Glasglocke aus der Imperialzeit, welche mein Bruder Ludwig selig heute noch in seinem Salon stehen hat. Das alles war aber gar nichts gegen die Porzellanfiguren und Gruppen aus Meissen und Sevres, die in der guten alten Zeit so manchen bürgerlichen Haushalt zierten, ohne daß man auch nur einen annähernden Begriff von dem künftigen Finanzwert aller dieser Schäfer und Marquisen, dieser Offizierchen und Soubretten, dieser Apollos und Dianas besaß.

 

 Vénus faisant couronner la Beauté, d’après un modèle de Louis-Simon Boizot (1743-1809).Biscuit de porcelaine dure, Manufacture royale de Sèvres, fin du XVIIIe siècle.(Foto: Traroth)

Sie galten für Babel und Tand und Kinderspielzeug, obwohl die blinde Großmutter viel darauf zu halten schien. Aber in dieser Hinsicht war die jüngere Generation viel blinder als die alte Frau. Durch die Zeit ging schon ein Zug von derber Düsseldorferei; das Rokoko wurde gemieden, gehaßt und verachtet. Wer doch jetzt jene Menagerien aus dem ancien régime wieder haben könnte! Ein Vermögen würde man damit machen bei einem Wiederverkäufer, und dieser letztere würde mehrere Vermögen damit machen bei kenntnisreichen Liebhabern. Je nun, was man im Alter wünscht, das hatte man in der Jugend die Fülle. … ”

 

Alexander Büchner: Das tolle Jahr. Von einem der nicht mehr toll ist. Erinnerungen von Alex Büchner. Professeur honoraire á l´Université de Caen. Gießen. Roth. 1900. S. 2/3

Neulich bei Büchners zu Hause

Am 15. früh (Mai 1863 – pb) erhielt ich ein Telegramm aus Frankfurt, welches Lassalles Ankunft bei mir auf elf Uhr ankündigte. Er kam mit dem riesigen Selbstvertrauen, welches ihn auszeichnete und welches auch aus seinen Briefen hervorleuchtet, in der Hoffnung des Veni vidi vici und in der Überzeugung, dass es ihm ein Leichtes sein würde, mich für seine Sache zu gewinnen und damit auf der Frankfurter Versammlung durch Herüberziehung der gesammten Arbeiterverbindung des Maingaues eine starken Trumpf auszuspielen.

Lassalle

Diese Hoffnung mußte, nachdem ich mich auf der Rödelheimer Versammlung in der geschilderten Weise ausgesprochen hatte, selbstverständlich getäuscht werden, und sehr mißmutig darüber verließ mich nach langen Diskussionen der Agitator am Abend desselben Tages, ohne indessen die Hoffnung eines schließlichen Umschlages für den 17. Mai ganz aufgegeben zu haben. Obgleich vollkommener Weltmann, ließ er sich doch durch diesen Mißmut hinreißen, die Regeln der Höflichkeit gegen Damen außeracht zu setzen, indem er meiner Schwester Luise (Verfasserin von „Die Frauen und ihr Beruf“ usw.), welch sich einmal in die Diskussion gemischt hatte, zurief: „davon verstehen Frauenzimmer nichts – ” und die vollständig eingeschüchterte Rednerin damit für den übrigen Teil des Tages mundtot machte. … ”

 

Ludwig Büchner: Meien Begegnung mit Ferdinand Lasssalle. Ein Beitrag zur Geschichte der sozialdemokatischen Bewegung in Deutschland. Nebst fünf Briefen Lassalles. Von Prof. Dr. Ludwig Büchner in Darmstadt. Berlin. Hertz und Süßenguth. 1894. S. 28/29

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