Zum Abschluss der Sommerferien lädt der Künstlerzusammenschluss „Kunstwerk Pfungstadt“ auf das Gelände des Pfungstädter Büchnerpark um die Villa Büchner ein. Hier der Einladungsflyer zur Veranstaltung:
Dabei bietet sich wieder einmal wieder die Gelegenheit zu einer Besichtigung von Wilhelm Büchners „Petite Chateau“:
Öffentliche Führung durch die Beletage der Villa Büchner
Sonntag, 18. August, 13 und 15 Uhr
Pfungstadt, Uhlandstraße (Büchnerpark)
Begleitung, Erläuterungen und Einführung in die Geschichte der Familie Büchner
Peter Brunner
Eintritt frei
* schrieb der Bruder Alexander Büchner in seinen Memoiren „Das tolle Jahr“ über seinen Aufenthalt in Pfungstadt 1849
Reinhard Pabst hat Reuss’sche Familienforschung betrieben. Die Mutter „unsrer“ Büchners, Caroline Luise, geb. Reuss, hatte Verwandtschaft in der Pfalz – eine Nichte, Tochter ihrer Schwester, Emilie Eberhard, lebte verheiratet mit Heinrich Augustin in Wachenheim. Mit seiner freundlichen Erlaubnis hier ein Beitrag, den die Ludwigshafener Zeitung „Die Rheinpfalz“ am 8. August 2013 veröffentlichte:
War Georg Büchner zu Besuch in Wachenheim?
Unbekannte Verwandtschaftsbeziehungen des Dichters in die Pfalz
Eine kleine „hübsch gelegene Stadt“ inmitten der „angenehmsten Umgebungen von der Welt“: So beschrieb der Dichter August von Platen 1815 Wachenheim an der Haardt auf der Durchreise in seinem Tagebuch. Einige Jahre später könnte auch ein anderer, noch bedeutenderer Literat dort zu Besuch gewesen sein. In Wachenheim wohnte nämlich eine Cousine Georg Büchners (1813-1837), dessen Geburtstag sich am 17. Oktober zum 200. Mal jährt.
„Ich habe Verwandte bei Landau, ihre Einladung und die Erlaubnis, sie zu besuchen“, heißt es in einem Brief Büchners vom Januar 1834 an seine Straßburger Verlobte Wilhelmine Jaeglé. Wer diese Verwandten waren und wo sie lebten, war bislang unbekannt. Recherchen des Literaturdetektivs Reinhard Pabst (Bad Camberg/Hessen) vor allem beim Standesamt Wachenheim förderten überraschende Einzelheiten zutage.
Emilie Eberhard (1807-1848), eine Nichte von Büchners Mutter Caroline, heiratete 1829 den Wachenheimer Kaufmann Heinrich Augustin, Sohn eines praktischen Arzts und Gutsbesitzers. Da ihre Eltern bereits verstorben waren, benötigte (und erhielt) sie dafür eine förmliche „Einwilligung“ ihrer Großmutter Louise Reuß, die im Haus der Büchners in Darmstadt wohnte. Doch nicht nur dieses aufschlussreiche Schriftstück hat sich in einem Archiv erhalten. Wie eng die Beziehungen zwischen den Büchners und ihrer pfälzischen Verwandtschaft waren, ist auch dadurch belegt, dass Familienmitglieder Büchners 1833 und 1836 als Paten und Taufzeugen für Kinder der Augustins fungierten: Ernst – der Vater des Dichters -, Luise und Wilhelm Büchner, zwei seiner Geschwister. Eine Vielzahl von Briefen dürften vor allem zu Georg Büchners Lebzeiten zwischen Darmstadt und Wachenheim gewechselt worden sein. Wenn diese nicht beim Bombardement vom 18. März 1945, bei dem 20 Prozent der Stadt zerstört wurden, oder bei anderer Gelegenheit abhanden kamen, könnten sie noch immer auf einem Dachboden in Wachenheim (oder der Umgebung) schlummern.
„Es wäre eine absolute Sensation“, so Reinhard Pabst, „sollten bei Nachfahren der Familie Augustin oder an anderem Ort tatsächlich Büchner-Dokumente zum Vorschein kommen“. Vor zwanzig Jahren gelang ihm auf einem Dachboden im hessischen Butzbach die Auffindung zweier unbekannter Briefe Georg Büchners, kurz darauf entdeckte er in südfranzösischem Privatbesitz ein eigenhändiges Albumblatt des Dichters. Durch Pabsts Vermittlung sind diese Raritäten heute Eigentum der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen in Frankfurt am Main.
„Vieles spricht dafür“, meint Pabst, „dass Georg Büchner mindestens einmal bei den Verwandten in Wachenheim zu Besuch gewesen ist“. Seine Spurensuche konzentriert sich gegenwärtig neben der Familie Augustin auf Angehörige des Leinenwebers Jacob Reinhardt, der 1851 Luise Büchners Patenkind gleichen Namens ehelichte. Jeder noch so kleine Hinweis, der zur Vervollständigung des Puzzles von Büchners Biographie beiträgt, ist ihm willkommen.
Knotterich: Es letzt Wort muss De immer beholde! (Draussen hört man die Dampfbahn mit pusten, Läuten und pfeiffen vorbeifahren) Da kummt schon widder die verflucht Trampelbahn. Der Spekdakel is werklich net mehr zum Aushalde! – Nadihrlich – grod vor meim Haus muss des Ooseding Damp lasse, als ob´s grod uff mei Haus dressiert wer! Der ganze neie Anstrich in de Katze! Ich wollt nur der Kerl, der des erfunne hat mit ere Eisenbahn friedliche Strasse unsicher zu mache, hett des ganze Ding iwerecks im Leib!
Georg Büchner, E geplagter Familjevadder
Ludwig Büchners Sohn Georg Wilhelm Friedrich Büchner (1862 – 1944), heiratete am 14. Juli 1892 in Darmstadt Marie Luise Therese geborene Schenk, die Tochter des Kommerzienrates und Fabrikanten Carl Schenck. Nach dem Studium in Gießen arbeitete er als Gymnasiallehrer. 1891 trat er in die (von seinem Schwiegervater gegründete) Darmstädter Firma Carl Schenck ein und wurde Teilhaber und geschäftsführender Direktor. Er engagierte sich stark in der Verbandsarbeit. So war er Vorsitzender des Verbandes der Metallindustriellen und des Bundes der Arbeitgeberverbände in Hessen und Hessen-Nassau. Auf Reichsebene war er Vorstandsmitglied des Gesamtverbandes Deutscher Metallindustrieller und des Deutschen Fördermittel- und Großwaagenverbandes. Büchner gehörte von 1919 bis 1927 dem Landtag des Volksstaates Hessen für die DDP an. In dieser Zeit wurde 1923 der Büchner-Preis auf Initiative seiner Partei als Preis des Volksstaats Hessen eingesetzt. Daneben schrieb er Volksstücke in Darmstädter Mundart.
Die Jubiläumsjahre seines Onkels und Namensgebers Georg Büchner glänzen jetzt in Darmstadt auch mit zwei Büchner-Straßenbahnen, glücklicherweise allerdings nicht im Dampfbetrieb. Heute wurden der Öffentlichkeit erste Bilder vorgestellt:
(Bilder: Benjamin Schenk, freundlicherweise vom Institut Mathildenhöhe zur Verfügung gestellt)
Die Mathildenhöhe teilt dazu mit: „Die von dem Darmstädter Kommunikationsdesigner Tim Späth gestalteten Straßenbahnen fahren für Büchner dank der großzügigen Unterstützung von HEAG mobilo GmbH, der DGM – Design Gruppe Darmstadt + MEGAprint GmbH sowie der KWS Verkehrsmittelwerbung GmbH, einem der führenden Spezialanbieter für Verkehrsmittelwerbung in Deutschland.“
In der BüchnerBox hat Dr. Ralf Beil, der Kurator der bevorstehenden Darmstädter Büchner-Ausstellung Georg Büchner – Revolutionär mit Feder und Skalpell am Samstag bei brütender Hitze anhand eines Modells vorgestellt, was die Besucher von Oktober bis Februar im eigens ausgebauten künftigen Kleinen Saal des Darmstädter Kongresszentrums „Darmstadtium“ zu erwarten haben.
Ralf Beil in der BüchnerBox
Zu Beginn der Ausstellungsplanung war beabsichtigt, im Herbst mit Sanierungsarbeiten auf der Darmstädter Mathildenhöhe, Beils Heimathaus, zu beginnen, so dass die Räume für eine Ausstellung nicht zur Verfügung stehen würden. Zwei historische Gebäude-Alternativen wurden verworfen: das „Pädagog“, immerhin das neu aufgebaute Gebäude von Georg Büchners Darmstädter Schule, erschien zu klein, zu verwinkelt und ist darüber hinaus den benachbarten Schulen zur Verfügung gestellt, und das hessische Landesmuseum, seit Jahren wegen Umbau geschlossen und laut damaligem Plan ganz passend im Herbst 2013 endlich wieder eröffnet. Da das Landesmuseum aber beabsichtigte, seine Wiedereröffnung, die inzwischen übrigens ohnehin (natürlich?) nicht zum geplanten Termin Herbst 2013 klappen wird, als Feier des Museums „an sich“ zu begehen und kein Interesse daran hatte, sich zugunsten des „Revolutionärs mit Feder und Skalpell“, geschweige denn seiner Familie, zurückzunehmen, fiel auch diese Alternative aus. Mit dem Verzicht auf das Landesmuseum wurde auf eine Präsentation sehr besonderer Art verzichtet: in den Räumen des wunderbaren Universalmuseums hätte Georg Büchners Leben und Werk, ergänzt um die Dokumentation der Forschung und Publikation seiner Geschwister, auf eine noch nie dagewesene Art gezeigt werden können.
Im Kongresszentrum Darmstadtium dagegen bot sich die Gelegenheit, einen bisher brach liegenden Teil des Gebäudes zu aktivieren. Seit einigen Wochen wird jetzt auf etwa 800 qm in einen dafür kaum geeigneten Raum mit immensem Aufwand, Beil sprach von dadurch verursachten Kosten von ca. 700.000 €, ein Ausstellungsprovisorium eingebaut.
Modell der Ausstellung im Darmstadtium, rechts Ausblick auf Straßburg, links davon unten die Druckerpresse zum Landboten, dann Mitte unten ein „Lenz-Tunnel“, dahinter „Danton“ mit der Guillotine, links nach oben Naturwissenschaft und Woyzeck, ganz oben der Einblick in das rekonstruierte Sterbezimmer.
Beil erläuterte die geplanten Stationen. Offenbar greift er zu Beginn die Installation im Goddelauer Büchner-Haus auf: „Gemeinsam an einem Tisch“. Ein rekonstruiertes Wohnzimmer, das eine ganz besondere Tapete haben wird, soll für die Darmstädter Jahre stehen. Dann folgt ein Naturalienkabinett als Imagination der großherzoglichen Sammlung, die Büchner kannte und öfter besuchte, auf einer darüber gelegten Ebene Straßburg, so präsentiert, dass die Vorstellung vom „Blick in die Weite“, wie ihn Büchner im wörtlichen und im übertragenen Sinn dort erlebt hat, wahrgenommen werden kann. Darauf folgt die Landboten-Zeit mit einer Druckerpresse im Mittelpunkt. Der weitere Weg führt dann über den „Danton“ mit einer alles dominierenden Guillotine (nicht die mit dem Schinderhannes-Beil aus Mainz …) in einen „Lenz-Tunnel“, der die Geschichte vom Aufenthalt im Steintal erzählen wird, wieder nach oben zu der zweiten Straßburger Zeit mit einem „Leonce&Lena-Kabinett”, zu einer naturwissenschaftlichen Installation über die Barben-Forschung, der Arbeit am „Woyzeck” bis hin zur Rekonstruktion des Sterbezimmers in Zürich. Auf dem Rückweg ins Foyer wird dann noch die Rezeption Büchners präsentiert werden.
Das gleiche Modell gedreht, hinten ohne die obere Ebene, Draufsicht auf das Darmstädter Wohnzimmer
Der Verfasser ist royalistischer Sympathien ähnlich unverdächtig wie die Familie, die Gegenstand dieses Blogs ist.
„ … der Mensch … heißt: unverletzlich, heilig, souverän, königliche Hoheit. Aber tretet zu dem Menschenkinde und blickt durch seinen Fürstenmantel. Es ißt, wenn es hungert, und schläft, wenn sein Auge dunkel wird. Sehet, es kroch so nackt und weich in die Welt wie ihr und wird so hart und steif hinausgetragen wie ihr…” (Der Hessische Landbote)
Dennoch konnte ich nicht vermeiden, die minütlich aktuellen Niederkunfts-Meldungen der britischen Battenberg-Nachfahren wahrzunehmen. Berufenere als ich haben geschildert, wie Alexander von Hessen und seine „unstandesgemäße“ Gattin von Hauke zu dem damals längst ausgestorbenen Titel derer von Battenberg kamen – hier die Details in wikipedia.
Anton Büchner (1887 – 1985) um 1910
Der schließlich hervorgebrachte Sprössling teilt allerdings ein Schicksal mit einem wesentlich unbekannteren Büchner-Nachfahren: Anton Büchner, Wilhelm Büchners Enkel, Georg Büchners Großneffe, der erste Biograph der Familie Büchner, war vom Büchner-Fieber so unheilbar befallen, dass sein 1920 geborener Sohn die Vornamen Georg Alexander Wilhelm Ludwig, also sämtliche Vornamen seiner Urgroßonkel, trug.
Georg Alexander Wilhelm Ludwig Büchner mit seiner Stiefmutter Maria, geb. Hoesch, 1948
Der jüngste Windsor-Battenberg heißt immerhin George Alexander Louis, und den fehlende Vornamen Wilhelm trägt sein Vater William – das klingt doch verdächtig nach republikanischen Sympathien im britischen Königshaus?!