Ausverkauft sind die Karten für die heutige, letzte Vorstellung des „Danton” im Schauspiel Frankfurt – und ich bin sehr froh, dass ich am 9. 7.wenigstens in der vorletzten Vorstellung noch drin gewesen bin.
Es gab ein ganze Reihe hochkarätiger Besprechungen. u.a.:

Die Damen haben deutlich unterschiedliche Perspektiven – Judith von Sternburg erwähnt zum Beispiel die Musik von Ari Benjamin Meyers überhaupt nicht, die dagegen Christine Dössel (zu Recht) so charakterisiert: „Musikalisch angetrieben, suggestiv untermalt und gefühlsbombastisch verstärkt wird der theatrale Dauerlauf von zwei Cellisten links und zwei Gitarristen rechts am Rand. Dazu gibt es auf der hinteren Walze drei dunkel gewandete Sänger, die genauso vorwärts marschieren wie die Schauspieler, während sie in höchsten Tenortönen summen, singen oder Ha-Ha-Ha-Choräle anstimmen.Den Soundteppich hat der amerikanische Komponist Ari Benjamin Meyers gewoben, der in der Kunstszene gerade sehr gefragt ist, weil er mit Raum, Dauer, Wiederholungen experimentiert und Musik als performatives Medium begreift. Seine Dauermusikschleifen erinnern an die minimalistischen Kompositionen von Philip Glass und Michael Nyman. Sie wiegen einen in Trance, hypnotisieren, elektrisieren, und sie sind auch penetrant.”

 

Ich habe noch nie zuvor eine Inszenierung von Ulrich Rasche gesehen, der für chorische Aufführungen bekannt ist. Dem Danton hat er eine Form gegeben, die mich sehr an ein Gespräch mit dem Büchner-Biografen Jan-Christoph Hauschild erinnert hat. Hauschild nannte Büchners Dramen „eigentlich nicht aufführbar” und begründete das mit der geringen Erfahrung, die der jugendliche Dichter mit der Umsetzung von Geschriebenem auf die Bühne hatte.
Rasche hat das – ob aus diesen oder aus anderen Überlegungen heraus – großartig interpretiert. Die ganze Aufführung ist eine einzige Deklamation, und noch nie wurde mir so klar vor Augen geführt, wie der junge, verfolgte und verzweifelte Revolutionär Büchner im Darmstädter Elternhaus jeden seiner Sätze als Aufschrei formulierte. Ein großer Teil des Werkes ist ja Satz für Satz als Zitat zu verwenden; einerseits, weil Büchner selbst ständig zitiert, aber andererseits eben auch wegen der ungeheuer ausdrucksstarken Aussagen, die da jedes Wort mitbringt. Vergegenwärtigt man sich, dass Büchner ganz sicher eine Vielzahl von Stücken selbst gelesen, wohl auch mit verteilten Rollen gelesen, aber eben nicht auf der Bühne aufgeführt gesehen hat, so macht diese Aufführung einen Zugang zum Stück möglich, den eine szenische Inszenierung niemals bieten könnte.
Schon vor Jahren schrieb ich über Christian Wirmer ’s “Lenz”: „Da steht ein Mann und spricht, e r z ä h l t , und wir hören einen altbekannten Text plötzlich wie zum ersten Mal. …- Büchners Lenz ist wirklich zum Erzählen geschrieben (neben dem Landboten ist es ja auch sein einziger Prosatext), und das führt Christian Wirmer unpathetisch vor. Es gibt ja in der Büchner-Familie die belegte Tradition des Erzählens, Luise Büchner schildert das im Dichter, Georg spielt gerne mit erzählenden Figuren, Luise Büchner selbst hat ihre Märchen zuerst Ludwig Büchners Kindern vorgelesen. Vielleicht müssen wir uns ab jetzt den Lenz als eine (wörtlich) E r z ä h l u n g Georg Büchners denken, als einen Text, von einem Dramatiker als Sprechtext geschrieben. Der Verdienst, diesen wichtigen Gedanken angeregt zu haben, gehört Christian Wirmer.”
Peter Brunner

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von Peter Brunner

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