Vom Essen und Trinken bei den Büchners war hier ja schon öfter die Rede – wie in so vielen anderen Angelegenheiten gibt es leider auch dazu kaum authentische Berichte. Grundsätzlich ist aber über Ernährung der bürgerlichen Bevölkerung im 19. Jahrhundert schon aus den zunehmend verbreiteten Kochbüchern vieles zu entnehmen; das 1839 erstmals erschienene „Supp‘, Gemüs‘ und Fleisch: ein Kochbuch für bürgerliche Haushaltungen, oder leicht verständliche Anweisung für Hausfrauen und Mädchen, wie man alle Arten Speisen und Backwerk wohlfeil und gut zubereiten kann; …“ (hier die 18. Auflage von 1872 als Digitalisat bei der sächsischen Landesbibliothek) darf schon deshalb als gute Quelle genommen werden, weil es im Darmstädter Verlag von Gustav Georg Lange erschien.
Geselligkeit wurde sicher in allen Büchnerschen Häusern gepflegt, und da wird wohl auch Punsch und Bowle gereicht worden sein. Gerade eine Maibowle kann ich mir auch auf den Tischen der Eugenia, der Straßburger Studentenverbindung, die Georg Büchner als ständigen Gast aufnahm, gut vorstellen.
Zu Pfingsten und als Anregung für ein Mitbringsel vom Maispaziergang hier das Rezept für „Maiwein“
„Mai-Wein
Man nimmt im Frühling aus dem Walde ein Hand voll Waldmeister, legt ihn in eine Schüssel und übergießt ihn mit einer Bouteille Wein. Man kann hierzu ganz leichten Tischwein nehmen, oder auch nur zwei Theile Wein und ein Theil Wasser. So läßt man ihn etwa zwei Stunden lang zugedeckt stehen, alsdann durch ein reines leinenes Tuch laufen, versüßt ihn hierauf nach Gutdünken noch mit Zucker und es gibt dann ein sehr wohlschmeckendes Getränk.- Apfelwein schmeckt hierzu sehr gut.”
Schon öfter habe ich aus Charlotte Böttchers „Kraft und Stoff oder Deutsches Universal-Kochbuch umfassend die ganze Praxis der Küche sowohl für die feinste Tafel, wie den einfachsten bürgerlichen Hausstand in den sorgfältigsten Unterweisungen und mehreren Tausend ausgeprüften Recepten” (mein Exp. ist die 6. Auflage von 1882) zitiert, weil das witzigerweise (und wohl durchaus nicht zufällig!) den Titel des damals am weitesten verbreiteten Sachbuches, eben Ludwig Büchners „Kraft und Stoff”, trug. Die Hamburger Bürgerschaft liebte es offenbar ein wenig elaborierter:
„Maitrank
Eine Handvoll frischer Waldmeister, 8 Spitzen weiße Taubnessel, 10 Herzchen Walderdbeerkraut, 8 Spitzen schwarzes Johannisbeerkraut, 10 grüne Blättchen wilde Hagebuttenrose, 8 Spitzen Citronenmelisse, 10 Veilchen, 10 Himmelsschlüssel, 2 Apfelsinen samt ihrer Schale in Scheiben geschnitten, 3/4 kgr. Zucker, 6 Flaschen Mosel- oder Rheinwein, dies alles in einer Terrine mehrere Stunden bedeckt ziehen lassen und dann genossen.”
Ob auf die Darmstädter oder die Hamburger Art: es möge zur Vertiefung gewonnener Erkenntnisse beitragen, und falls Sie die norddeutsche Variante ausprobieren wollen, bedenken Sie bitte: weil „ … ihr Bestand so schwach ist, darf die Wiesen-Schlüsselblume in der freien Natur nicht gepflückt oder ausgegraben werden.” (aus der Erläuterung der Loki Schmidt Stiftung über die Ausrufung der Wiesen-Schlüsselblume zur Blume des Jahres 2016). Und neuere Erkenntnisse über das Cumarin im Waldmeister machen es ratsam, höchstens drei bis fünf Gramm frisches Kraut je Liter Bowle (wikipedia zu Maibowle) zu verwenden und diese nach 30 Minuten Ziehzeit zu entfernen.
von Peter Brunner
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