In dieser Woche jährt sich das große Treffen auf der Marxburg, das Hambacher Fest von 1832. Am Donnerstag, dem 29. Mai, wird die Exkursion der Luise Büchner-Gesellschaft auf ihrer Elsassreise das Schloss und die Ausstellung dort besichtigen. In ihrer kürzlich schon einmal erwähnten 10. Vorlesung
„Der Aufstand in Polen. Die Cholera. Rußland’s Einfluß. Tod des Kaisers Franz. Ferdinand I. Amnestie für Italien. Solidarische Verbindung der deutschen Staaten zur Bekämpfung des Liberalismus. Kurhessen. Bayern. Begründung einer freiheitlichen Presse. Das Hambacher Fest. Burschenschaftliche Verschwörungen. Das Frankfurter Attentat. Die Wiener Conferenz. Das schwarze Buch. Neue Studentenverschwörungen. Georgi und Weidig”
aus ihrem Band „Deutsche Geschichte von „1815 – 1870”, erschienen 1875 bei Thomas in Leipzig, schildert Luise Büchner dieses Ereignis. Der Band ist inzwischen zwar wieder vielfach verfügbar und durch einfache Internet-Suche leicht aufzufinden; die Qualität der Neuausgaben, gedruckt oder digitalisiert, ist aber leider höchst unterschiedlich und schlägt sich auch durchaus nicht immer im Preis nieder. Ich verlinke daher hier auf die bewährte Quelle von Zeno.org, wo der Text kostenfrei zur Verfügung steht.
Das Hambacher Schloss im März 2015
„ … Hier, wie überall, enthüllte es sich in den dreißiger Jahren von nun an mehr und mehr, wie man das Verfassungswesen nur als einen Köder der Beschwichtigung hingehalten hatte, aber die gesetzlichen Schranken, die nach oben hin daraus hervorgehen sollten und mußten, durchaus nicht anerkennen mochte. Selbst in Baden, welches ich kaum erst rühmend erwähnt, nahm die eine Hand rasch wieder, was die Andre gegeben. Diesen Anzeigen gegenüber suchte sich nun die freisinnige Opposition gleichfalls fester zu organisieren; um dies zu bewerkstelligen, rüstete man sich in der bayerischen Pfalz zu einem großen Feste, einer allgemeinen deutschen Volksversammlung, die eine Verbrüderung aller derer herbeiführen sollte, welche nach der Wiedergeburt des Vaterlandes strebten. Dr. Siebenpfeiffer entwarf die Einladung dazu und als Versammlungsort wurde die Maxburg, das so genannte Hambacher Schloss, bei Neustadt auf der Höhe bestimmt. Die Einladung, von 34 Bürger Neustarts unterzeichnet, führte den Titel: Der Deutschen Mai, denn am 27., 28. und 29. Mai 1832 sollte die Versammlung stattfinden. Sie wurde anfänglich von der bayerischen Regierung verboten, als aber mehrere Städte, darunter auch Neustadt, dagegen protestierten, ließ man die Demonstration doch ihren Verlauf nehmen, und so fanden sich denn an den genannten Tagen 30 – 40.000 Menschen auf dem Hambacher Schloss zusammen. Viele Polen, Franzosen und Elsässer befanden sich unter ihnen und zahlreiche Adressen liefen aus Deutschland sowohl, wie aus Frankreich ein. Alle Teilnehmer waren mit schwarz-rot-goldenen Kokarden geschmückt, und Fahnen derselben Farben flatternde dem Zuge voran, der sich in geordneten Reihen hinauf auf das Schloss begab. Die Hauptreden während der Versammlung hielten Siebenpfeiffer und Wirth; sie stellten darin die Wiedergeburt und Einheit Deutschlands als Hauptsache voran, wenn man aber heute diese und andere reden liest, kann man sich, wie bei jenen auf der Wartburg, wiederum der Wahrnehmung kaum verschließen, wie viel Phrasenhafte und Deklaratorisches dieselben enthalten. Doch lag dies wohl in der Natur der Sache; ein politisch unreifes Volk, dessen Rechtsgefühl aber bis ins innerste gekränkt und empört ist, sucht sich bei solchen Gelegenheiten wenigstens durch das Pathos der Rede Luft zu machen, da ihm jedes Handeln versagt bleibt. –
Aufruf „Zum Deutschen Mai“
Sehr wacker und ohne Dcheu vor den anwesenden Franzosen redete Dr. Wirth; er sagte es frei heraus, dass Frankreichs Gelüste nach dem linken Rheinufer noch lange nicht erloschen seien, dass man sich darum in Deutschland wohl zu behüten habe, und den Franzosen auch nicht in Freiheit Sachen um seine Hülfe angehen dürfe, weil er sonst unbedingt den vaterländischen Strom als Kampfpreis fordern werde. Dabei deutete er offen darauf hin, wie die Stunde von Deutschlands Wiedergeburt zugleich auch jene Stunde sein müsse, da Elsass und Lothringen aufs neue mit dem Mutterland vereinigt werden müsste. Neben solch patriotischen Worten machten sich denn leider auch rohe und blutdurstige Reden breit; doch wurde das von den Führern gegebene Versprechen vollkommener Ruhe und Ordnung eingehalten und die drei Tage verliefen ohne jede Störung, wie ohne jeden Exzess. Auch bestimmte Verabredungen wurden auf der Maxburg nicht getroffen; man bezweckte unpraktischerweise nichts, als nur eine (237) revolutionärer Stimmung zu erwecken und zu nähren, statt dass man sich über ein ernstes Vorgehen geeinigt hätte.
Irgendwie sind dann doch Bilder unter’s Volk gekommen?!
Selten erwähnt und meiner unmaßgeblich Ansicht nach unzureichend gewürdigt wird übrigens die Teilnahme von Johann Philipp Becker, einem bedeutenden deutschen Revolutionär, der noch dazu der Onkel von August Becker, Georg Büchners engstem Gießener Kampfgefährten, war. Becker gehörte zu denen, die – vergeblich – schleunige und entschlossene Organisation und Vorbereitung zum Umsturz forderten. Ob August Becker in Hambach war, wissen wir nicht. Friedrich Weidig nahm zwar regen Anteil, blieb dem Treffen selbst aber fern.
von Peter Brunner
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