Reinhard Pabst hat Reuss’sche Familienforschung betrieben. Die Mutter „unsrer“ Büchners, Caroline Luise, geb. Reuss, hatte Verwandtschaft in der Pfalz – eine Nichte, Tochter ihrer Schwester, Emilie Eberhard, lebte verheiratet mit Heinrich Augustin in Wachenheim. Mit seiner freundlichen Erlaubnis hier ein Beitrag, den die Ludwigshafener Zeitung „Die Rheinpfalz“ am 8. August 2013 veröffentlichte:
War Georg Büchner zu Besuch in Wachenheim?
Unbekannte Verwandtschaftsbeziehungen des Dichters in die Pfalz
Eine kleine „hübsch gelegene Stadt“ inmitten der „angenehmsten Umgebungen von der Welt“: So beschrieb der Dichter August von Platen 1815 Wachenheim an der Haardt auf der Durchreise in seinem Tagebuch. Einige Jahre später könnte auch ein anderer, noch bedeutenderer Literat dort zu Besuch gewesen sein. In Wachenheim wohnte nämlich eine Cousine Georg Büchners (1813-1837), dessen Geburtstag sich am 17. Oktober zum 200. Mal jährt.
„Ich habe Verwandte bei Landau, ihre Einladung und die Erlaubnis, sie zu besuchen“, heißt es in einem Brief Büchners vom Januar 1834 an seine Straßburger Verlobte Wilhelmine Jaeglé. Wer diese Verwandten waren und wo sie lebten, war bislang unbekannt. Recherchen des Literaturdetektivs Reinhard Pabst (Bad Camberg/Hessen) vor allem beim Standesamt Wachenheim förderten überraschende Einzelheiten zutage.
Emilie Eberhard (1807-1848), eine Nichte von Büchners Mutter Caroline, heiratete 1829 den Wachenheimer Kaufmann Heinrich Augustin, Sohn eines praktischen Arzts und Gutsbesitzers. Da ihre Eltern bereits verstorben waren, benötigte (und erhielt) sie dafür eine förmliche „Einwilligung“ ihrer Großmutter Louise Reuß, die im Haus der Büchners in Darmstadt wohnte. Doch nicht nur dieses aufschlussreiche Schriftstück hat sich in einem Archiv erhalten. Wie eng die Beziehungen zwischen den Büchners und ihrer pfälzischen Verwandtschaft waren, ist auch dadurch belegt, dass Familienmitglieder Büchners 1833 und 1836 als Paten und Taufzeugen für Kinder der Augustins fungierten: Ernst – der Vater des Dichters -, Luise und Wilhelm Büchner, zwei seiner Geschwister. Eine Vielzahl von Briefen dürften vor allem zu Georg Büchners Lebzeiten zwischen Darmstadt und Wachenheim gewechselt worden sein. Wenn diese nicht beim Bombardement vom 18. März 1945, bei dem 20 Prozent der Stadt zerstört wurden, oder bei anderer Gelegenheit abhanden kamen, könnten sie noch immer auf einem Dachboden in Wachenheim (oder der Umgebung) schlummern.
„Es wäre eine absolute Sensation“, so Reinhard Pabst, „sollten bei Nachfahren der Familie Augustin oder an anderem Ort tatsächlich Büchner-Dokumente zum Vorschein kommen“. Vor zwanzig Jahren gelang ihm auf einem Dachboden im hessischen Butzbach die Auffindung zweier unbekannter Briefe Georg Büchners, kurz darauf entdeckte er in südfranzösischem Privatbesitz ein eigenhändiges Albumblatt des Dichters. Durch Pabsts Vermittlung sind diese Raritäten heute Eigentum der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen in Frankfurt am Main.
„Vieles spricht dafür“, meint Pabst, „dass Georg Büchner mindestens einmal bei den Verwandten in Wachenheim zu Besuch gewesen ist“. Seine Spurensuche konzentriert sich gegenwärtig neben der Familie Augustin auf Angehörige des Leinenwebers Jacob Reinhardt, der 1851 Luise Büchners Patenkind gleichen Namens ehelichte. Jeder noch so kleine Hinweis, der zur Vervollständigung des Puzzles von Büchners Biographie beiträgt, ist ihm willkommen.
* Grimm’sches Wörterbuch, BASE
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