Über Wilhelm Büchners Verbindungen nach Mainz und die Bedeutung seiner Erfindung, Schellack zu bleichen, habe ich hier bereits vor einiger Zeit geschrieben.
Letzte Woche war ich zur Eröffnung der großen Schellack-Ausstellung auf der Mainzer Zitadelle eingeladen, und ich kann nur allen Leser/inn/en empfehlen, sich diese gut gemachte Präsentation anzusehen.
Der Iniator der Ausstellung, Manfed Penning, hat für die Sypathisanten von BÜCHNERLAND eine Sonderführung mit besonderem Schwerpunkt auf Büchners Anteil an der Entwicklung der Mainzer Lackindustrie angeboten – wann und wie das stattfinden kann, veröffentliche ich in Kürze hier; Interessent/inn/en dürfen sich gerne schon jetzt via Kommentar oder Mail melden.
Am vergangenen Wochenende (4. / 5. Juni 2011) war ich, wie schon seit einiger Zeit angekündigt, in Coburg auf den Spuren von Balthasar Harres und konnte durch liebenswürdiges Entgegenkommen der Immobilienbesitzer gute Einblicke in das Werk von Harres bekommen. Bei Gelegenheit hier mehr dazu, voraussichtlich zeigen wir auch am Tag des offenen Denkmals am 18. September weitere Informationen zu Balthasar Harres in der Villa Büchner.
Außerdem fand ich zu Ludwig Büchners Verbindung zum Helden der Seeschlacht zu Pferde, dem Coburger Fürsten Ernst II., interessante Informationen. Auch dazu demnächst mehr.
Hier nur mal ein erster Eindruck von den Bauten – mir scheint, dass Harres Schloss Hohenfels als Vorbild für die deutlich kleinere Pfungstädter Villa nahm. Jedenfalls muss jeder, der die Coburger Bauten kennt, den Architekten in Pfungstadt wiedererkennen.
Schon lange weiß ich, dass vor 1863 ein Kochbuch mit diesem Titel erschienen ist* – heute habe ich endlich eines in die Hände bekommen:
Wider Erwarten gibt es nicht den geringsten Bezug auf Ludwig Büchners Kraft und Stoff, obwohl völlig außer Frage steht, dass der Titel dieses seit 1855 höchst erfolgreichen Buches mindestens dem Verlag bekannt war.
Ich habe meine Spaß an dem Buch, und wenn´s hier keine heftigen Widersprüche gibt, will ich versuchen, in den nächsten Monaten jeweils zu Beginn die saisonalen Lebensmittelempfehlungen zu veröffentlichen, die Frau Böttcher der staunenden Leserin damals machte.
Hier also die Einkaufs- und Essensliste für den Juni 1882:
* Die früheste Auflage, die ich nachweisen kann ist: Böttcher, Charlotte:Kraft und Stoff oder Deutsches Universal – Kochbuch, umfassend die ganze Praxis der Küche sowohl für die feinste Tafel, wie den einfachsten bürgerlichen Hausstand in den sorgfältigsten Unterweisungen, mehreren Tausenden ausgeprüfter Recepte. Ein gründliches Lehr-, vollständiges Hand- und unentbehrliches Hülfsbuch für die werdende und schon ausgebildete Köchin oder Hausfrau.Berlin, Schneider/ Wien, Prandel & Ewald/ Hamburg, Richter, 1863. 2. Auflage, XXXII, 1214 S.)
Meine Herren, und wenn auch im Augenblick Paris unterdrückt ist, dann erinnere ich Sie daran, daß der Kampf in Paris nur ein kleines Vorpostengefecht ist, daß die Hauptsache in Europa uns noch bevorsteht und daß, ehe wenige Jahrzehnte vergehen, der Schlachtruf des Pariser Proletariats Krieg den Palästen, Friede den Hütten, Tod der Not und dem Müßiggange! der Schlachtruf des gesamten europäischen Proletariats werden wird.
Gleich an zwei Veranstaltungen über die Büchners konnte ich gestern teilnehmen.
Zunächst hatte der Förderkreis für Kunst und Kultur in Zwingenberg zusammen mit dem Café Schoko und Wein zu einem literarischen Picknick eingeladen. Edda Fürst, Dieter Kullak, Hanns Werner und meine Wenigkeit trugen Texte aus der tausendjährigen Zwingenberger Geschichte vor. Das neunzehnte Jahrhundert präsentierten wir mit Hinweisen auf Johann Georg Dieffenbach (1787-1848), den Wirt des bunten Löwen, der den Beinamen Zeitgeist ganz zu Recht trug. Er war der Motor der demokratischen Bewegung der zwanziger Jahre in Zwingenberg und wurde Abgeordneter der hessischen Volkskammer.
Auch Zwingenberger Geschichte: Hanns Werner liest einen NS-Aufruf zur Versammlung am 29. Mai
Wie zahlreich Büchners Verbindungen nach Zwingenberg waren, konnte ich dann mit einigen Texten belegen: bekannt und bereits berichtet ist der Besuch Georg Büchners mit seinem Freund Muston beim Bruder Wilhelm in der Hofapotheke, auch Luises Erzählung vom kleinen Vagabund war schon bekannt. Dass Alexanders Pfingstausflug 1849 auch einen Zwischenstop bei Dieffenbach erzählt, war weniger bekannt, auch, dass Wilhem Bücher für Zwingenberg in den 1849/50er Revolutionslandtag einzog, war vielen neu. Friedrich Büchner, der Cosin unserer Büchners, war lange Jahre Lehrer und Hilfspfarrer in Zwingenberg, sein Drama Coligny konnte ich nur noch kurz erwähnen. Der Pate seines Sohnes Alexander war unser Alexander. Schließlich stellte ich noch die Märchenmuhme Martha Frohwein-Büchner vor, die mit ihren Mundartgedichten und -Erzählungen den Büchnerschen Schreibwurmb wie Anton Büchner, Wilhelms Enkel, ins zwanzigste Jahrhundert trug.
Die Villafassade in der gleissenden Sommersonne am 29.5.
Nachmittags habe ich eine private Führung in der Villa betreut, bis schließlich der Bus mit den Teilnehmer/inne/n der Fahrt auf Büchners Spuren gegen 19 Uhr in Pfungstadt eintraf. Nach einem kurzen Spaziergang übers Gelände gingen wir zum Flammekuche-Essen ins Restaurant, was ja sehr gut zu den Elsässer Beziehungen der Büchners passte. Beim Essen hörten wir Alexander Büchner über seinen Bruder Wilhelm, den dummen Bub. Schließlich besichtigte die interessierte Gruppe noch die Beletage und die Wohnräume der Büchners in der Villa, als der Busfahrer vernehmlich mit den Hufen scharrte – er wollte nach Hause.
Nach Hause!
Erst nach 21 Uhr haben wir die Besuchergruppe verabschiedet – bis zum Rande gefüllt mit den unzähligen Geschichten und Ereignissen, die im Laufe das Tages auf sie einströmte. Für die mit etwa 40 Personen ausgebuchte Fahrt von Darmstadt über Goddelau nach Pfungstadt musste die Luise Büchner-Gesellschaft weitere zwanzig Interessierte abweisen, obwohl schon Wochen vorher ausgebucht veröffentlicht war. Damit ist eine baldige Wiederholung fast unausweichlich geworden.
Erst für 2013 ist der nächste Tag der Literatur geplant – so lange werden wir mit weiteren Büchner-Veranstaltungen sicher nicht warten.