Peter Brunners Buechnerblog

Monat: November 2009

Zwingenberg

 

Am 25. 11. 2009 enthüllten der Zwingenberger Bürgermeister Dr. Holger Habich (rechts) und der Vorsitzende des Vereins zur Förderung von Tourismus, Kunst und Kultur, Dieter Kullak,  eine Tafel zur Erinnerung an die bedeutenden Personen und Ereignisse in der „Alten Hofapotheke” Zwingenberg. (s.u. https://geschwisterbuechner.de/2009/08/29/buchners-in-zwingenberg/ ).

Unter den etwa 30 Anwesenden, darunter mehrere Mitglieder des Magistrats und die Inhaberin in der örtlichen Apotheke, Frau Herms, waren auch die drei Ur-Ur-Enkelinnen von Wilhelm Büchner, die Damen Kaumeier, Rettig und Wyporek (auf dem Bild von rechts nach links).

150 Jahre „Ursprung der Arten”

Heute vor 150 Jahren, am 24. November 1859, erschien Charles Darwins „On the origin of species by means of natural selection, or the preservation of favoured races in the struggle for life.”

Bereits im Januar 1838 zeichnete er die inzwischen berühmt gewordene Skizze „I think” in sein Notizbuch.

Details dazu und eine Fülle weiterer Informationen bietet http://darwin-online.org.uk/.

Ludwig Büchner veröffentlichte 1864 seine Übersetzung von Charles Lyells „Das Alter des Menschengeschlechts auf der Erde und der Ursprung der Arten durch Abänderung”, 1868 folgt „Die Darwin´sche Theorie von der Entstehung und Umwandlung der Lebe=Welt. Ihre Anwendung auf den Menschen, ihr Verhältnis zur Lehre vom Fortschritt und ihr Zusammenhang mit der Erfahrungs- oder Wirklichkeits-Philosophie der Vergangenheit und der Gegenwart”. Laut Büchners Vorwort zur ersten Auflage hatte er zwischen 1866 und 1868 seine Ansichten zur Unterstützung von Darwins Theorie in Vorträgen in Offenbach, Mannheim und Darmstadt öffentlich vorgetragen. Als Publizist und Vortragsredner war Ludwig Büchner sicher einer der wichtigsten Wegbereiter für Charles Darwin in Deutschland.

Büchner stellt seiner Veröffentlichung ein Zitat aus den Erkenntnissen der Epikuräer voraus:

„Somit ist es bestimmt, dass Nichts dem Nicht kann entspringen, 
Alles vielmehr erwächst, und zwar besonderem Samen,
Und im Wachsen erhält´s die Art.”
Lukrez, De rerum natura (ca. 70 v. Chr.)

Im September 1881 kam es zu dem bereits erwähnten Treffen in Downe House, an dem auch Edward Aveling teilnahm.

1848 in Darmstadt und Umgebung

Am Sonntag, dem 15.11., war Mathilde Büchner zu Gast in der Pfungstädter ehemaligen Synagoge.

Ute Meißner-Ohl als Mathilde Büchner 

Ganz angemessen in moderatem Darmstädterisch („Dialekt schpreche mir ja eischentlisch kein…”) begleitete Ute Meißner-Ohl in der Rolle der nicht-schreibenden Büchner-Schwester die szenische Inszenierung mit berichtenden und kommentierenden Beiträgen zur Revolutionszeit. Petra Gehring als Verleger Leßke war ebenso überzeugend wie Udo Steinbeck als der revolutionär Franz Zitz,  Jens Kertscher und Ludger Fittkau als die liberalen Demokraten Eigenbrodt und von Gagern  mussten aushalten, dass die Theatergruppe – das Einladungsplakat zeichnete verantwortlich das Institut für Philosophie der TU Darmstadt – im Rückblick lieber mehr Revolution und weniger Verfassungsverhandlung gesehen hätte und ihre Rolle so das Zaudern und Zögern betonen musste.

Das südhessische Volk und seine 48er-Forderungen

Während Ludwig und Alexander Büchner die 48er Revolution in Gießen miterlebten und dort für den Einzug von Carl Vogt in die Paulskirche agitierten, war Wilhelm Büchner bereits Unternehmer (und Mitbegründer des Darmstädter Gewerbevereins). In seinen „Familiennotizen“ schreibt er:

Mit Herrn Wilkens associierte ich mich unter der Firma Büchner + Wilkens, mietheten die ehem. Stearinfabrik in Darmstadt und kauften den 1. April 1845 die ehem. Zuckerfabrik in Pfungstadt zu f 9000. Im July 1846 zog ich nach Pfungstadt und <von / an > 9. October 1848 übernahm ich das Geschäft <?> unter die Firma Wilhelm Büchner, und zog im November 48 auf die Fabrik über.

(Unv. Manuskript aus dem Depositum Manfred Büchner)

Die berühmte Geschichte von Mathilde Büchners Heldentum, als sie bei einem „Spaziergang” an der Bergstraße in letzter Minute Alexander von einem Aufruhr-Plan für die Odenwälder Bauern und einem „Dolchmesser” befreite, bevor dieser als Aufrührer verhaftet wurde, war natürlich Thema. Auch das schöne Foto, das Agnes Schmidt gefunden hat, und Mathildes Hausfrauenbund-Aktivitäten wurden erwähnt.

Komischerweise hat noch nie jemand darauf hingewiesen, wie aberwitzig dieser „Ausflug” am  Pfingstmontag, dem 28. Mai 1849, tatsächlich war. Alexander hatte sich nämlich in Pfungstadt in den weitläufigen Örtlichkeiten der Blaufabrik vor Verfolgung versteckt, und ausgerechnet in den durchaus absehbaren Geplänkeln der Revolutions-Niederschlagung  „spazierenzugehen”, darf man schon waghalsig nennen. Das „Gefecht bei Heppenheim” zwischen den badischen Revolutionstruppen und den Soldaten der hessischen Konterrevolution fand nur zwei Tage später, am 30. Mai, statt. Alexander riskierte im wörtlichen Sinn sein Leben, und vielleicht sollten wir ihm zugestehen, dass er sich vom Stand der Bedrohung überzeugen wollte und den „Spaziergang” in Zukunft besser „Erkundung” nennen.

Das erfreulich zahlreiche Publikum in der Pfungstädter Synagoge dankte mit lautem Beifall für den schönen Abend.

(Die beiden Fotos hat freundlicherweise Renate Dreesen zur Verfügung gestellt – der Pfungstädter Verein ehemalige Synagoge ist zu erreichen unter http://www.synagoge-pfungstadt.de/ ) Weiterlesen