Das Zitat im Titel stammt aus Wilhelm Büchners Brief vom 13.11.1831 an den Bruder Georg in Straßburg. Ich nehme es als Metapher für eine Möglichkeit, die ich gefunden habe, um dies und das für Sie aufzuspießen.
Ich suche schon lange nach einer Form, mit der die zahlreichen kleinen „Büchner”-Nachrichten und Informationen, die mir über den Tag begegnen oder auf die ich hingewiesen werde, den Leserinnen hier zugänglich gemacht werden können.
Es steht ja außer Frage, dass nicht alles, was zum Stichwort „Büchner” in den Weiten des Web vagabundiert, einer ausführlicheren Kommentierung bedarf (oder sie verdient). Das wäre ohnehin schon aus Zeitgründen schon längst nicht mehr zu leisten, ganz abgesehen von der inhaltlichen Kompetenz, die dazu erforderlich wäre. Andererseits möchte ich immer wieder die eine oder andere Nachricht über eine Inszenierung, einen Aufsatz, eine Neuerscheinung, eine Website, eine neue Recherchemöglichkeit usw. usf. nicht im weißen Rauschen untergehen lassen.
die von nun an solche „Büchner-Marginalien”, meist unkommentiert, verzeichnet, wie sie mir unterkommen. Durch einen Klick kommen Sie auf die jeweilige Website, die mir „Pin”-wert erschien. Das kann durchaus auch ein „Memo” für mich sein, darauf – z.B. hier – noch einmal ausführlicher zurückzukommen. Bitte nehmen auch Sie das gerne zum Anlass, zu „Pins”, die Sie dort finden, nachzufragen oder mir Hinweise auf „Pin”-wertes zu geben.
Eine Erläuterung, was Pinterest ist und wie die Nutzung funktioniert, finden Sie hier.
Wie immer freue ich mich über Ihre Kommentare dazu, besonders gerne natürlich über Ihre eigenen Erfahrungen mit Pinterest im allgemeinen oder mit „meiner” neuen Pinnwand.
Vom Essen und Trinken bei den Büchners war hier ja schon öfter die Rede – wie in so vielen anderen Angelegenheiten gibt es leider auch dazu kaum authentische Berichte. Grundsätzlich ist aber über Ernährung der bürgerlichen Bevölkerung im 19. Jahrhundert schon aus den zunehmend verbreiteten Kochbüchern vieles zu entnehmen; das 1839 erstmals erschienene „Supp‘, Gemüs‘ und Fleisch: ein Kochbuch für bürgerliche Haushaltungen, oder leicht verständliche Anweisung für Hausfrauen und Mädchen, wie man alle Arten Speisen und Backwerk wohlfeil und gut zubereiten kann; …“(hier die 18. Auflage von 1872 als Digitalisat bei der sächsischen Landesbibliothek) darf schon deshalb als gute Quelle genommen werden, weil es im Darmstädter Verlag von Gustav Georg Lange erschien.
Geselligkeit wurde sicher in allen Büchnerschen Häusern gepflegt, und da wird wohl auch Punsch und Bowle gereicht worden sein. Gerade eine Maibowle kann ich mir auch auf den Tischen der Eugenia, der Straßburger Studentenverbindung, die Georg Büchner als ständigen Gast aufnahm, gut vorstellen.
Zu Pfingsten und als Anregung für ein Mitbringsel vom Maispaziergang hier das Rezept für „Maiwein“
„Mai-Wein
Man nimmt im Frühling aus dem Walde ein Hand voll Waldmeister, legt ihn in eine Schüssel und übergießt ihn mit einer Bouteille Wein. Man kann hierzu ganz leichten Tischwein nehmen, oder auch nur zwei Theile Wein und ein Theil Wasser. So läßt man ihn etwa zwei Stunden lang zugedeckt stehen, alsdann durch ein reines leinenes Tuch laufen, versüßt ihn hierauf nach Gutdünken noch mit Zucker und es gibt dann ein sehr wohlschmeckendes Getränk.- Apfelwein schmeckt hierzu sehr gut.”
Schon öfter habe ich aus Charlotte Böttchers „Kraft und Stoff oder Deutsches Universal-Kochbuch umfassend die ganze Praxis der Küche sowohl für die feinste Tafel, wie den einfachsten bürgerlichen Hausstand in den sorgfältigsten Unterweisungen und mehreren Tausend ausgeprüften Recepten” (mein Exp. ist die 6. Auflage von 1882) zitiert, weil das witzigerweise (und wohl durchaus nicht zufällig!) den Titel des damals am weitesten verbreiteten Sachbuches, eben Ludwig Büchners „Kraft und Stoff”, trug. Die Hamburger Bürgerschaft liebte es offenbar ein wenig elaborierter:
„Maitrank
Eine Handvoll frischer Waldmeister, 8 Spitzen weiße Taubnessel, 10 Herzchen Walderdbeerkraut, 8 Spitzen schwarzes Johannisbeerkraut, 10 grüne Blättchen wilde Hagebuttenrose, 8 Spitzen Citronenmelisse, 10 Veilchen, 10 Himmelsschlüssel, 2 Apfelsinen samt ihrer Schale in Scheiben geschnitten, 3/4 kgr. Zucker, 6 Flaschen Mosel- oder Rheinwein, dies alles in einer Terrine mehrere Stunden bedeckt ziehen lassen und dann genossen.”
Ob auf die Darmstädter oder die Hamburger Art: es möge zur Vertiefung gewonnener Erkenntnisse beitragen, und falls Sie die norddeutsche Variante ausprobieren wollen, bedenken Sie bitte: weil „ … ihr Bestand so schwach ist,darf die Wiesen-Schlüsselblume in der freien Natur nicht gepflückt oder ausgegraben werden.” (aus der Erläuterung der Loki Schmidt Stiftung über die Ausrufung der Wiesen-Schlüsselblume zur Blume des Jahres 2016). Und neuere Erkenntnisse über das Cumarin im Waldmeister machen es ratsam, höchstens drei bis fünf Gramm frisches Kraut je Liter Bowle (wikipedia zu Maibowle) zu verwenden und diese nach 30 Minuten Ziehzeit zu entfernen.
Klaus Heuer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Bibliothek, Literaturdokumentation und Archive des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung. Im Juni bietet er zum zweiten Mal eine Fahrradtour durch den südwest-hessischen Teil des Büchnerlandes an, zu der ich hier gerne einlade. Die Führung durch die Villa Büchner am 19.6. mache ich mit Vergnügen.
Litera-Tour auf dem Fahrrad – Ein Wochenende auf den Spuren von Georg Büchner und seiner Familie zwischen Darmstadt und Kühkopf
Regionalgeschichte und Kulturgeographie sind der Rahmen, in dem die Biografie und das Werk von Georg Büchner (1813-1837) während der Fahrradtour mit allen Sinnen erlebt und “erfahren“ werden. So werden Spuren der Zeitumstände anhand von Auszügen aus dem „Hessischen Landboten“ (Flugschrift) und den Auseinandersetzungen um die Rheinbegradigung am Kühkopf freigelegt. Außerdem werden wichtige Voraussetzungen für Büchners Werk in der Familiengeschichte herausgestellt. Ausschnitte aus seinem Werk und deren musikalischer Bearbeitung werden über ein Hörbuch eingespielt.
Auf der zweitägigen rund 70 km langen Strecke gibt es guided tours in der Büchnerschen Villa in Pfungstadt, im Geburtshaus Georg Büchners in Goddelau und im Museum der Psychiatrie in Goddelau. Während der Tour gibt es auch immer wieder Gelegenheit für stärkende Imbisse und Gespräche in landschaftlich schöner Lage.
Infos:
Datum der Tour: Sa. 18.06.2016, 9 Uhr – So. 19.09.2016, 17 Uhr
Anmeldeschluss: 15.05.2016
Treffpunkt: Justus-Liebig-Haus am Ludwig-Metzger Platz, Darmstadt
Teilnahmegebühr: pro Person € 130,– Einzelzimmer; € 115,– Doppelzimmer
incl.: Eintritte und Führungen, Karten, 1 Übernachtung mit Frühstück, 2 x Picknick
Bitte mitbringen: Fahrrad in technisch gutem Zustand
Ein Fund, den ich schon vor längerer Zeit durch den freundlichen Hinweis einer Nachfahrin von Ernst Emil Hoffmann machen konnte, hat gestern den angemessenen Platz gefunden.
Ernst Emil Hoffmann ist für die Büchnerinteressenten in den Fokus geraten, weil er der Vermieter der Familie in Darmstadt war. Ausgerechnet am 1. April 2014 habe ich zum ersten Mal in einer Glosse auf die zweite Darmstädter Büchner-Ausstellung bekannt machen können, dass ein Bild des Hauses gefunden wurde, in dem die Büchners zur Zeit der Geburt von Luise und Ludwig Büchner (1821/1824) in der damaligen „Oberen Baustraße“ lebten. In Beiträgen zu ihren Geburtstagen habe ich das dann wiederholt erwähnt und vertieft. Hier finden sich alle Beiträge dazu in chronologischer Folge.
Dabei ist dieser Darmstädter Demokrat durchaus auch ganz ohne einen Bezug zu den Büchners von einiger Bedeutung und, da wiederhole ich mich gerne, des Gedenkens sicher mehr wert als manch anderer, dem unangemessen ergeben gedacht wird.
Büste Ernst Emil Hoffmanns. Darmstadt, Alter Friedhof
Im Katalog zur Büchner-Ausstellung von 1987 ist ein Familienbild der Hoffmanns mit dem Hinweis „Fotografie der verschollenen Lithographie“ aus dem Darmstädter Stadtarchiv abgebildet.
Ernst Emil Hoffmann und seine Familie, 1839. Unsignierte Lithografie. Scan der Fotografie aus der Familiengenealogie. (Das „neue” Darmstädter Original hat eine andere Titelei)
Im Odenwald lebt eine Nachfahrin Hoffmanns, die mich vor einiger Zeit darauf ansprach: sie besitze dieses angeblich verschollene Original. Tatsächlich hat sie mir, als ich sie dann besuchte, bei Kaffee und Kuchen das schöne Bild, offenbar zur Zeit seiner Entstehung um 1839 gerahmt und mit handschriftlichen Erläuterungen auf der Rückseite versehen, gezeigt. Außerdem besitzt sie eine sechsbändige Genealogie der Familie Hoffmann, die sie mir auslieh, und auf deren allerletzter Seite ich dann das Bild des lange gesuchten Hauses fand.
Schon lange wünschten sie und ich, dass die Grafik ins Darmstädter Stadtarchiv kommt, und Dr. Peter Engels hat sie gestern durch meine Vermittlung aus ihren Händen übernommen.
Stadtarchivar Peter Engels hat die Gelegenheit unseres kurzen Gespräches dazu genutzt, am Beispiel Hoffmanns darauf hinzuweisen, dass das gerade unter „Büchnerianern“ verbreitete Bild von der schläfrig-schlafmützigen Beamtenstadt Darmstadt im Biedermeier den Berichten zweier aufmüpfiger und zu der Zeit auch noch pubertärer Jugendlicher entspringt. Georg und Alexander Büchner, die mehrfach abschätzig über ihre Heimatstadt schrieben, haben damit ja nichts anders getan als Millionen andere Jugendlicher, die die Enge ihrer Heimat als bedrückend und die Ferne als verlockend empfinden. Tatsächlich gab es im Darmstadt des 19. Jahrhunderts zahlreiche aufrechte und aktive Demokratinnen und Demokraten, die die Autokratie des Hofes gehörig aufmischten und wichtige Grundsteine zur hessischen und deutschen Republik gelegt haben.
Ich freue mich sehr, dass dieses schöne Stück aus der Vergessenheit auftauchte und jetzt zu Anschauung und Forschung zur Verfügung steht. Und wenn es zum 200. Todestag Georg Büchners 2037 vielleicht irgendwo irgenwie irgendeine Ausstellung geben wird, kann es zu den vielen Stücken und Informationen gehören, die sich seit 1987 gefunden haben.
Dlubek erläutert die vorübergehende Nähe mit den Bestrebungen zum Aufbau der (ersten) Internationale, zu der Büchner schließlich als einer der ersten Deutschen eingeladen wurde.
Am 1. Mai (!) 1867 schreibt Karl Marx aus Hannover, wo er zu Besuch bei Louis Kugelmann ist, nach Darmstadt:
Hannover, 1. Mai 1867 (Adr. Dr. Kugelmann) Hochgeehrter Herr,
Wenn ich, Ihnen durchaus fremd, mir erlaube, mich persönlich an Sie zu wenden und zwar in einer persönlichen, wenn auch zugleich wissenschaftlichen Angelegenheit, so entschuldigen Sie das mit dem Vertrauen, welches ich in Sie als Mann der Wissenschaft und Parteimann setze. Ich bin nach Deutschland gekommen, um den ersten Band meines Werks: „Das Kapital. Kritik der Politischen Oekonomie“ meinem Verlagsbuchhändler, Herrn Otto Meißner in Hamburg, zu überbringen. Ich muß noch einige Tage hier verweilen, um zu sehn, ob der Schnelldruck, wie Herr Meißner ihn beabsichtigt, möglich ist, viz. (= d.h. – pb) ob die Korrektoren hinlänglich gebildet sind für solche Operationsweise. Weshalb ich mich persönlich an Sie wende, ist dies: Ich wünschte die Sache, nach der Publikation in Deutschland, auch französisch erscheinen zu lassen zu Paris. Ich selbst kann nicht dahin gehn, wenigstens nicht ohne Gefahr, da ich erst unter Louis-Philippe, zum zweitenmal unter Louis Bonaparte (Président) aus Frankreich expelliert wurde, endlich während meines Exils in London den Herrn Louis fortwährend angegriffen habe. Ich kann also keinen Übersetzer persönlich suchen gehn. Ich weiß, daß Ihre Schrift über „Stoff und Kraft“ französisch erschienen ist, und unterstelle daher, daß Sie, direkt oder indirekt, mir eine geeignete Person vermitteln können. Da ich während des Sommers den zweiten und während des Winters den abschließenden dritten Band zum Druck fertigmachen muß, besitze ich nicht die Zeit, um selbst die französische Bearbeitung der Schrift zu übernehmen. Ich halte es von der größten Wichtigkeit, die Franzosen von den falschen Anschauungen, worin sie Proudhon mit seinem idealisierten Kleinbürgertum vergraben hat, zu emanzipieren. Auf dem neulichen Kongreß zu Genf, ditto in den Beziehungen, die ich als Mitglied des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation mit der Pariser Branche habe, stößt man fortwährend auf die widerlichsten Konsequenzen des Proudhonismus. Da ich nicht weiß, wie lang‘ mein Aufenthalt hier noch währt, würden Sie mich durch baldige Antwort verpflichten. Kann ich Ihnen, meinerseits, von irgendeinem Dienst in London sein, so mit dem größten Vergnügen.
Ihr ergebenster Karl Marx
MarxEngels, Werke, Bd. 31 S. 544/545
Bereits am 3. Mai hat Ludwig Büchner geantwortet, das International Institute of Social History verzeichnet das Schreiben im dort verwalteten Marx-Nachlass unter D I 305 und stellt ihn dort auch als Scan zu Verfügung.