Neues aus Buechnerland

Peter Brunners Buechnerblog

Seite 79 von 95

Über „Naturheilkunde”: Jeder Berufsarzt ist zugleich Naturarzt

Ludwig Büchner, der unermüdliche Volksaufklärer, hat sich häufig und deutlich zum Thema „Naturheilkunde” geäußert. Wir dürfen nicht vergessen, dass er seit 1855 ständig und regelmäßig als Arzt praktizierte, also sicher häufig Patientengespräche über „moderne” Heilmethoden geführt hat. Befreundete Ärzte haben mir versichert, dass die Verlockung scheinbar „natürlicher” Heilmethoden bis heute ungebrochen ist – vielleicht kann Ihnen ja Büchners Argumentation heute noch hilfreich sein.

In dem hier folgenden Gartenlaube-Aufsatz ist seine Haltung im letzten Lebensjahrzehnt gut zusammengefasst, in Erwägung der Ungeduld unserer Leser auch diesmal wieder deutlich gekürzt. Hier findet sich aber auch der vollständige Text.

 

Der Sinnspruch auf Ludwig Büchners Grab auf dem Darmstädter Alten Friedhof

 

Natur und Kunst beim Arzte.

Von Professor Dr. L. Büchner.

(Veröffentlicht in „Die Gartenlaube“ 1893, S. 686/687)

 

… Wenn es nach den Lobreden … ginge, so müsste alles, was die medizinische Wissenschaft seit Jahrtausenden unter Mühen und Opfern aller Art zu Tage gebracht hat, gestrichen und die ganze Kunst des Heilens der Krankheiten von vorne an neu gelernt werden. … Was kann aber derjenige von der Natur wissen, der sie nicht gründlich studiert hat? … Die Naturheilkünstler hoffen alles von der Allmacht des kalten Wassers, weil sie dasselbe für ein Naturprodukt handeln, sie denken aber nicht daran, dass die Arzneien, welche sie mit so grimmigen Hass verfolgen, ebenfalls entweder selbst Naturprodukte oder aus solchen hergestellt sind.

…

Haben ja doch wir Menschen selbst uns nach und nach im Laufe langer Zeiten und zahlloser Geschlechter aus rohen, schmutzigen Wilden langsam und mühselig zu der Stufe des zivilisierten Menschen emporgearbeitet und sind auf diese Weise zu ganz anderen und anders gearteten Wesen geworden, als diejenigen waren, welche ursprünglich aus den Händen der Natur hervorgegangen sind! Daher haben wir auch unsere Lebensgewohnheiten und Lebensbedürfnisse ganz anders einzurichten als der rohe Naturmensch.

…

Wir sind nicht rückwärts, sondern vorwärts geschritten und müssen auf diesem Wege immer weiter schreiten, wenn wir nicht unserer eigentlichen Bestimmung auf Erden untreu werden wollen. Wenn daher die so genannte „Naturheilkunde“ behauptet, dass sie den eigentlichen Fortschritt bedeute, während die wissenschaftliche Medizin konservativ und reaktionär sei, so liegt darin ebenso viele Falschheit wie ungerechtfertigte Überhebung. Ihre Anhänger berauben sich willkürlich und ohne jeden vernünftigen Grund einer großen Menge von erprobten Hilfsmitteln der medizinischen Kunst, während sie selbst mit der Dürftigkeit und Einförmigkeit ihres Heilapparates in den Augen des gebildeten Arztes ein therapeutisches Jammerbild darbietet.

…

Der traditionelle Arzt sucht die Natur nicht zu übermeistern oder zu zwingen, weil er weiß, dass sie sich nicht zwingen lässt, sondern er sucht sie einfach in ihren Heilbestrebungen zu stützen, zu lenken und zu leiten oder da, wo er dieses nicht vermag, den Kranken sein Leiden möglichst zu erleichtern. Ein wirklicher Gegensatz zwischen Naturarzt und Berufsarzt, oder, um es ganz allgemein auszudrücken, zwischen Natur und Kunst in ärztlicher Beziehung besteht daher gar nicht. Jeder Berufsarzt ist zugleich Naturarzt, und jeder Naturarzt sollte zugleich wissenschaftlich gebildeter Berufsarzt sein. Wer einem wissenschaftlich nicht gebildeten Laien oder Pfuscher, wie es deren leider jetzt so viele gibt, das kostbare Gut seiner Gesundheit anvertraut, wird es in der Regel nur zu seinem eigenen Schaden tun. Und wer mit nackten Füßen im nassen Gras oder in Schnee und Eis umherläuft, wird von Glück sagen können, wenn er ohne Erkältung oder sonstigen Schaden davonkommt. Die Natur hat die Tiere mit Pelz und Federn versehen, um sie gegen die Unbilden des Klimas und der Witterung zu schützen. Dem Menschen hat sie seinen Verstand gegeben, welcher ihn lehrt, Nützliches und Schädliches zu unterscheiden und mithilfe der Kunst in Klimaten und unter Verhältnissen auszudauern, welche ihm sonst durch die Ungunst der Natur verschlossen bleiben müssten. Wer sich nicht fügen und lieber wie ein Wilder leben will, begebe sich nach jenen tropischen Gegenden, in denen einstmals die Wiege des Menschengeschlechts gestanden haben mag, und lasse dort seinen natürlichen oder urgeschichtlichen Neigungen die Zügel schießen. Ob er sich dabei glücklicher oder wohler fühlen wird als im Schoße der Zivilisation und künstlich geregelter Lebensumstände, mag er an sich selbst erfahren!

Robert Burns (25.1.1759 – 21.7.1796) bei Büchners

In seinem verdienstvollen Facebook-Service „Der Beobachter“ macht Herwig Bitsche von Wittwer in Stuttgart darauf aufmerksam, dass sich am 21. Juli Robert Burns´ Todestag zum 215. Mal jährt. Der große Schotte, den sich nicht nur viele bedeutende englische Autoren, sondern zum Beispiel auch unser Ferdinand Freiligrath zum Vorbild nahmen, wird gleich an zwei Stellen bei den Büchners erwähnt.

Alexander Büchner hat nach seinem kleinen Gedichtband 1850 in dem Jahr der großen Büchner-Veröffentlichungen 1855 (auch Ludwigs „Kraft und Stoff“ und Luises „Die Frauen und ihr Beruf“ erschienen in diesem Jahr) seine erste „sprachwissenschaftliche“ Veröffentlichung vorgelegt: die „Geschichte der englischen Poesie. Von der Mitte des vierzehnten bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts.“ Zwei Teile. Darmstadt, 1855, Verlag von Johann Philipp Diehl. Dieses umfangreiche Werk, von dem er in seiner Autobiografie „Das tolle Jahr“ so lakonisch schreibt, dass man fast glauben kann, dass das Buch nur erschienen ist, weil ihm der Darmstädter Buchhändler Diehl ein kleines Einkommen ermöglichen wollte, ist, soviel ich weiß, nie wieder neu aufgelegt worden. Das Erscheinungsjahr „1858“ jedenfalls, das die British Library für ihr einziges Exemplar nennt, ist wohl ein Erfassungsfehler.

 

Auf Seite 189 des zweiten Bandes schreibt er:

 

„Ein durchaus originelles und vereinzelt stehendes Talent ist Robert Burns. Im Jahr 1759 in Alloway bei Ayr in Schottland als der Sohn eines unbemittelten Pächters geboren, erhielt er eine nur sehr dürftige Erziehung, war jedoch durch den Besitz von Pope´s Werken, des Spektator und einer altenglischen Liedersammlung in den Stand gesetzt, seiner früh erwachten, politische Neigung Nahrung und Bildung zu geben. Seine Jugend verfloß unter den drückenden Arbeiten des Landbaus, inmitten deren er seine ersten Lieder dichtete, welche sich schnell in dem kleinen Lebenskreise, in dem er sich bewegte, verbreiteten. Entschlossen, nach Westindien auszuwandern, wollte er vorher noch seine Dichtungen veröffentlichen, allein der große Erfolg, welchen diese Veröffentlichung fand, 1786, hielt ihn zurück und führte ihn nach Edinburgh, wo er einige Zeit lang der Held des Tages war und, wie von den literarischen Größen, so von den Leithämmeln der schönen und eleganten Welt aufs höchste gefeiert wurde. Freilich lag dieser Feier weniger Einverständnis seiner tiefen und sinnigen Naturdichtung unter, als ein vorübergehender Geschmack an der außerordentlichen Neuheit eines dichterisch begabten Bauern, und diese Neuheit erschöpfte sich binnen Jahresfrist. „Er wurde,“ sagt Allan Cunningham, in seiner Geschichte der brittischen Litteratur in den letzten 50 Jahren, „gelobt, geliebkost und gefeiert, bis der Geschmack für Ländliches abgestumpft war und man etwas Neues zu sehen wünschte; Lords und Ladies hörten auf ihn einzuladen, und, wenn sie ihm zufällig begegneten, grüßten sie kaum oder gingen mit abgewandtem Gesicht vorüber.“

Die gerechten Hoffnungen, welche man ihm auf eine anständige Versorgung durch den Staat gemacht, erfüllten sich nicht, und so kehrte er enttäuscht nach Haus zurück, um eine Pachtung anzutreten. Da es jedoch mit derselben nicht vorangehen wollte, so trat er in Dumfries einen kleinen Posten als Steuerbeamter an, welchen ihm Freunde ausgemacht hatten. Allein zum Teil seine freisinnige politische, mit der französischen Revolution sympathisirende Tendenz, zum Teil aber auch ein gewisser, ihm von jeher eigner Hang zu Zerstreuungen und Ausschweifungen, welche ihn, wie zum Bauern so zum Beamten und Richter, ungeschickt machten, benahm ihm jede Aussicht auf eine Verbesserung seiner Lage. Er starb, von Armuth, Krankheit und Weltverachtung bedrängt, erst 37 Jahre alt im Jahre 1796.

Wie Cowper, so ist auch Burns von seinen Zeitgenossen und Späteren weit überschätzt worden. Man erklärte ihn für ein höchst bedeutendes Genie, welches, unter besseren Verhältnissen und bei geeigneter Anleitung den ersten Dichtern gleichgekommen wäre, während doch ein unbefangenes Auge in seinen Dichtungen sogleich bemerkt, dass nur die Natur und die Beschäftigung des Landmanns mit derselben das Gebiet war, für welches er ein, allerdings tiefes und inniges Verständniß, und einen hochpoetischen Ausdruck hatte. Wo er dagegen dasselbe verläßt, wo er der politischen Tendenz huldigt oder von dem gesellschaftlichen Leben angeregt wird, da bewegt er sich steif und unbeholfen, seine Originalität verschwindet und mit der Anschauungsweise der Kunstschule nimmt er auch deren conventionelle, bei ihm doppelt unwahre Ausdrucksweise an vom beißenden Boreus, von dem Phoebus, welcher den krystallen Strom ergötzt und den azurnen Himmel erfreut, und dergl. Innerhalb seiner Spähre aber – und er hat Takt genug, sie nur selten zu verlassen – ist er ein so vortrefflicher lyrischer Dichter, wie nur je einer gefunden werden dürfte, die volle Kraft und Naivität des alten Volkslied atmet in seinen Liedern, ein tiefes Verständnis für die Natur in ihrem Verhältnis zu der Unmittelbarkeit des ländlichen Lebens entfaltet sich dort, die wohlthuendste Liebe für den heimischen Boden erwärmt sie, und wo er sich von der bloßen Darstellung seiner Empfindungen zur Erzählung wendet, da tönt uns die ganze edle Einfachheit der alten Ballade entgegen, vermischt mit einem köstlichen Humor, wie wir ihn namentlich in den trefflichen Gedichten von Hans Gerstenkorn, John Barlycorn, und dem nächtlichen, von Gespenstern geplagten Effekt des ehrlichen Tom O´Shanter, finden. Wie in der Inspiration, so folgte Burns auch in der Form jenen alten, trefflichen Mustern, er wendet sich ganz von dem versteiften, heroischen Vers der Kunstschule ab und kehrt zu dem alten, vierfüssigen Jambus zurück, welchen er bald zweizeilig reimt, bald mit noch kürzeren Zeiten, in einfache Strophen zusammenstellt, oder er nimmt ganz die klangreiche Form der alten Ballade an.

Seine Gedichte sind durch mehrere, treffliche Übersetzung bei uns so bekannt und verbreitet, daß Mitteilungen aus denselben hier umgangen werden können.

 

So weit also Alexander Büchner über den großen Schotten. 1859 veröffentlicht Alexanders Darmstädter Schwester Luise Büchner ihre Sammlung „Dichterstimmen aus Heimath und Fremde. Für Frauen und Jungfrauen ausgewählt von Luise Büchner“.

 

In der Titelei (und auch in den bibliografischen Daten aller Bibliotheken, die ich online geprüft habe) gänzlich unerwähnt bleibt der Herausgeber von immerhin annähernd fünzig Prozent dieser Texte. In meiner fünften Auflage auf Seite 307 (und bis zur letzten Seite 593) steht die Sammlung „französische und englische Poesie“ die der Bruder Alexander mit einem kleinen Vorwort einleitet und herausgibt. Alexander widmet Robert Burns Platz für die Gedichte „Wackre Armuth“, „Das Gänseblümchen“, „Am Ufer meines schönen Doon“, „Lauschend auf des Meeres Brausend“, „Lebewohl an Nancy“, und „Empfindsamkeit“. Seine Texte werden mit einer eigenen Illustrationen eingeleitet. Selbst der große Beronger, den Alexander sehr geschätzt hat, ist nur mit fünf Gedichten hier vertreten. Lord Byron, dessen „Child Harold“ Alexander übersetzt hat und über dessen Leben er die Erzählung „Lord Byrons letzte Liebe“ 1862 veröffentlichte, ist allerdings sogar mit neun Gedichten vertreten. Leider bleiben bei allen Gedichten die Übersetzer unerwähnt.Vielleicht hat Alexander einige selbst übersetzt.

 

 

Wegen der besonderen Betonung von Burns Begabung zur Naturschilderung hier also

 

Robert Burns:

Das Gänseblümchen.

 

Du roth gesprenkelt Blümchen schwach,

Zu schlimmer Stund´ erschien ich, ach,

Trat in den Staub dich, Pflanze schlicht,

Und wenn ich wollt´,

Könnt´ ich dich doch erretten nicht,

Du Kleinod hold!

 

Ach! Es ist nicht dein Schwesterlein

Die Lerche, die dich läßt allein,

die in den Tau dich niederbiegt

Mit weicher Brust,

wenn auf zum Morgengruß sie fliegt

in heil´ger Lust

 

Kalt blies der scharfe eis´ge Nord

Auf deinen stillen Heimatort,

Doch freundlich tratest du ans Licht,

Trotz Sturm und Wind,

Fest hing am Vaterboden dicht

Sein zartes Kind.

 

Die Gartenblumen stolz und fein

Schließt hoch Gebüsch und Mauer ein,

Doch du, nur einsam hingestellt

Am Heckenrand,

Du schmückt das öde Stoppelfeld

Allein und unbekannt!

 

So in dein einfach Kleid gehüllt,

die Brust der Sonne nur enthüllt,

hobst du dein Haupt bescheidentlich

in schlichter Zier,

die Pflugschar reist vom Boden dich,

So liegst du hier! –

 

Dies ist das Loos unschuldger Maid,

Der Blume stiller Ländlichkeit;

Der Liebe Einfalt sie betrügt

Und süßer Glaub´,

Bis ganz beschmutzt, gleich dir sie liegt

Tief in dem Staub.

 

Das ist des Schlichten Sängers Loos

Auf´s Lebens Meer geschleudert bloß,

Zu ungeschickt, um zu verstehen

Der Klugheit Wort,

Bis Wellen toben, Winde weh´n,

Sturm reißt ihn fort.

 

Dasselbe Loos der Gute litt

Der lang mit Not und Kummer stritt,

Getrennt von Stolz und List, bis wo

Das Elend winkt,

Und ird´schen Haltes baar, er so

Hin sterbend sinkt.

 

Selbst du, der klagt um´s Blümchen klein,

In kurzer Frist – dies Loos ist dein;

Des Todes Pflugschar naht, sie zückt

Nach deiner Pracht;

Bald, von des Eisens Wucht erdrückt,

Sinkst du in Nacht! –

„Kraft und Stoff” im Dienst der Bildung

Ob „Kraft und Stoff” heute ein schützenswerter oder doch eher ein „schwacher”, wegen mangelnder Originalität nicht schützenswerter, Titel wäre, weiß ich nicht so genau. Dass schon um 1860 Charlotte Böttchers Kochbuch Kraft und Stoff erschien, als Ludwig Büchners Welterklärung gerade mal seit 1855 auf dem Markt war, habe ich ja schon berichtet.

Schon länger weiß ich, dass der Klett-Verlag nach 1945 ein Physik- und ein Chemie-„Arbeits- und Lernbuch für Volksschüler” mit diesem Titel hearusgegeben hat, das bis in die siebziger Jahre in immer neuen Auflagen und Ausstattungen erschien. (Die Deutsche Bibliothek kennt nur die zweite bzw. dritte Auflage einer – Lizenz-? – Ausgabe, 1951 bzw. 1953 bei Kösel erschienen.)  Heiner B. besitzt schon länger eine Ausgabe dieses Schulbuches, jetzt konnte ich die zwei Bände der Erstausgabe erstehen. Zuletzt erschien 1971 noch einmal ein Lehrerheft dazu. Der Autor Walter Nimmerrichter hat einige Lehrbücher verfasst, zuletzt erschien, soweit ich das „aus dem Handgelenk” nachweisen kann, 1982 im Selbstverlag „Die Vorherrschaft der Felder im neuen physikalischen Weltbild”. Ob er auch Autor einiger Heimatbücher eines Verfassers mit dem gleichen Namen ist, weiß ich nicht. Der Ko-Autor Erwin Baßler hat 1948 auch ein Rechenbuch bei Klett verlegt.

Ludwig Büchner jedenfalls als alter Volksbildner hätte mit den Lehrbüchern unter seinem Titel noch sicherer keine Probleme als mit dem Kochbuch gehabt – das ist ja ganz in seinem Sinne, was da im Vorwort des 2. Bandes – Chemie – von 1949 steht:

 

Liebe Schüler!

Kräfte und Stoffe liegen den Naturerscheinungen wie den Wundern der Technik zugrunde. Kräfte und Stoffe bestimmen den Alltag des Lebens. Auf Schritt und Tritt begegnet auch ihr Kräften und Stoffen. Sie erregen euer Staunen und drängen euch Fragen auf, wie diese oder jene Erscheinung vor sich gehe, warum das so sei usw.

Das vorliegende Arbeits- und Lernbuch will euch bei dieser Auseinandersetzung mit der Natur und Technik helfen. Es macht euch mit den entscheidenden Fragen der Physik und Chemie bekannt. Es zeigt euch Mittel und Wege, um über die eigene Erfahrung, über selbständiges Nachdenken und Überlegen wie auch über Versuche aus eurer Hand zu Einsicht und Klarheit zu gelangen. Es ist gut, wenn ihr euch das Erkannte in einprägsamer Form festhaltet und durch wiederholende Übungen zum sicheren Wissen werden laßt.

Die geforderte Arbeit ist nicht immer leicht. Am besten schließt ihr euch zu Gruppen zusammen, je 2-5 Schüler zu einer Arbeitsgemeinschaft. Packt die Fragen gemein­sam an, klärt sie in gemeinsamer Besprechung und führt die aufgegebenen Versuche gemeinsam durch! Ihr werdet sehen, wieviel Versuche ihr mit einfachen Konservendosen, mit Arzneifläschchen, mit gewöhnlichen Drähten, Holzstäbchen durchführen könnt, wenn ihr vorausschauend alles Altmaterial sammelt und euch auch nur einigermaßen zu helfen versteht.

Oft wird euch der Lehrer einzelne oder mehrere Aufgaben zur Vorbereitung einer Naturlehrestunde auftragen. Arbeitet dann die gestellten Aufgaben gewissenhaft durch! Haltet das Ergebnis schriftlich in Schlagwörtern oder durch Zeich­nungen fest! Gutgelungene Versuche mögt ihr in der Schule eueren Kameraden vorführen. Wo ihr im Zweifel bleibt oder die Aufgabe euere Kräfte übersteigt, das klärt in gemeinsamer Besprechung oder durch Befragen des Lehrers! Überarbeitet nach der unterrichtlichen Behandlung das Stoffgebiet mit Hilfe des Buches noch einmal. Besonders die Merksätze müssen euch völlig klar sein. Alle Behauptungen solltet ihr beweisen und durch Beispiele belegen können. Bearbeitet Abschnitte, Übungen und Aufgaben mit Sternchen erst in zweiter Linie, denn sie sind häufig nicht ohne Schwierigkeiten! Wer aber zu einer gründlichen Einsicht gelangen will und darnach strebt, die Zusammenhänge kennenzulernen, muß sich auch durch diese Gebiete hindurcharbeiten. Vielleicht ist es manchmal erst nach der Schule möglich.

Befolgt ihr unseren Rat, dann wird euch die Arbeit viel Freude bereiten.



Die Verfasser

 

Ich bin nicht vom Fach, und wenn ich mir die Texte zum Thema Chemie  ansehe, kann ich nicht einschätzen, wie aktuell und verwendbar das alles heute wäre; manches würde vielleicht als zu riskant so nicht mehr ausgeführt werden dürfen. Auffällig ist die sehr praktische  Herangehensweise mit den zeitgemäßen Hinweisen auf „vorausschauendes Altmaterialsammeln”, das fast schon sentimental werden läßt, und der überraschend distanzierte Schluß zum Thema Atomenergie im letzten Kapitel „Aus der Wunderwelt der Atome”:

 

„ … Die gewonnene Energie ist aber vorläufig nicht billiger als die aus Kohle und Wasserkraft gewonnene. Zu bedenken bleibt auch, daß bei der Atomzertrümmerung gefährliche radioaktive Rückstände bleiben, die die Gesundheit der Menschen in höchstem Grade gefährden. …” 

 

  Ein kleiner Nachtrag am 12.7.:

 

Heute Morgen kam mit der Post die vermutlich letzte Auflage von Nimmerrichters „Kraft und Stoff“ (auch bei Ernst Klett in Stuttgart, als Schulbuch wie üblich ohne die segensreichen Informationen eines Impressums, ja selbst ohne ISBN). Das Buch ist wohl etwa 1970 erschienen und verblüffenderweise mit dem kaum veränderten Vorwort der Erstauflage ausgestattet; auch das „Altmaterial“ ist dort unverändert erwähnt. Unter „Kernenergie“ fehlt nun allerdings plötzlich die bemerkenswerte Warnung von 1949 und die letzten Worte in diesem Kapitel lauten heute:

 

„Heute gibt es bereits Kraftwerke und Schiffe mit Atomantrieb. Wenn im Reaktor die Kerne von 1 Kilo Uran gespalten werden, entsteht soviel Wärme wie beim Verbrennen von 1000 Tonnen Kohle.

 

Im Atomkern steckt Energie

 

Die Kernenergie ist die Energiequelle der Zukunft.“

 

 

 

Daraus kann jetzt jeder seine eigenen Schlüsse ziehen.

 

Wir sind im wahren und vollen Sinne des Wortes Sonnenkinder

Ludwig Büchner hat regelmäßig in der Gartenlaube veröffentlicht – ein besonders guter Beleg für seine volkspädagogischen Absichten.  1894 erscheint ein Aufsatz zu Sonnenlicht und Sonnenkraft, den die geneigte Leserin wahlweise als Beitrag zum hoffentlich andauernden Sommer oder zur allfälligen Energiedebatte nehmen darf. Fast unglaublich auch hier wieder die Volte, diesmal im allerletzten Satz, doch noch eine Möglichkeit zu finden, die Familie zu erwähnen.

Aus den Provider-Daten weiß ich, dass die durchschnittliche Aufenthaltsdauer hier auf den Geschwister-Büchner-Sites etwa 40 Sekunden (mit leicht steigender Tendenz) beträgt – daher also nur ein uns Heutigen überschaubarer Auszug des Textes aus einer Zeit, als man statt zu surfen oder fernzusehen stundenlang die Gartenlaube las;  hier findet er sich für alle Interessierten in voller Länge.

 

Die Gartenlaube (1894)

 

Sonnenlicht und Sonnenkraft.

von Professor Dr. Ludwig Büchner.

 

(S. 699) Wenn wir heute lesen, dass so viele Völker des Altertums …die Sonne als einen Gott angesehen und ihr göttlicher Verehrung erwiesen haben, und dass dieses ganz oder teilweise bei manchen wilden oder halb wilden Völkern … bis auf den heutigen Tag der Fall ist, so lächeln wir wohl über solche Einfalt, da wir wissen, dass die Sonne kein Gott, sondern nichts anderes ist als dasjenige, als welche sie bereits der griechische Philosoph Anaxagoras im fünften Jahrhundert v. Chr. mit einer für seine Zeit bewunderungswerten Voraussicht bezeichnete, d.h. ein „feuriger Klumpen“.

Mag es nun Instinkt, Ahnung oder Zufall gewesen sein, was die Ursache für die so weit verbreitete Anbetung der Sonne als einer Gottheit geworden ist, man kann nicht leugnen, dass unter den verschiedenen religiösen Naturdiensten des Altertums keine eine so große innere Berechtigung gehabt hat wie gerade der Sonnendienst. Ist es doch heute keinem wissenschaftlichen Zweifel mehr unterworfen, dass nach Maßgabe des großen Gesetzes von der Haltung oder Unsterblichkeit der Kraft die Strahlen der Sonne in der That jenen unerschöpflichen Behälter bilden, aus welchem der gesamte Kraftvorrat der Erde sein Dasein herleitet. Wollte heute die Sonne aufhören zu leuchten, so würde – auch ganz abgesehen davon, dass Leben ohne Licht überhaupt unmöglich ist – sehr bald ein jeder Art von Leben unverträglicher Stillstand aller Kraftwirkungen oder Kraftumwandlungen eintreten. … Schwindet die Kraft in einer Form, so erscheint sie dafür sicher in einer anderen; und wo sie in neuer Form erscheint, da sind wir auch sicher, dass eine ihrer anderen Erscheinungsformen verbraucht ist.

Wenn auch die Erde nicht alle ihr auf diese Weise von der Sonne zuströmende Kraft zu ihren Zwecken verbraucht, sondern eine große Menge davon wieder als Wärme in den kalten Weltraum zurück strahlt, so findet doch der größte Teil eine sehr praktische Verwendung auf Speicherung, welche sich schon in den Vorbedingungen des Lebens in einer Weise geltend macht, dass ohne sie Leben überhaupt eine Unmöglichkeit wäre. …

 

Wenn somit schon Leben überhaupt ohne diese von der Sonne abhängigen Vorbedingungen auf die Erdoberfläche undenkbar ist, so wird diese Abhängigkeit von ihrer mächtigen Herrschaft noch viel deutlicher, wenn wir das Leben selbst ins Auge fassen. Wir sind, gerade so wie die Quellen, Bäche und Flüsse, von denen die Rede war, Sonnenkinder oder lichtgeborene Wesen, und zwar nicht bloß in bildlichen, sondern in ganz wörtlichem oder mechanischem Sinne. Wenn wir hungrig sind, ist es die Sonne, welche uns speist. Wenn wir durstig sind, ist es die Sonne, welche uns tränkt. Wenn wir Arbeit verrichten, einerlei, ob körperlich oder geistig, ist es wiederum dieselbe Sonne, welche die dafür erforderliche Kraft liefert oder leiht.

 

Denn Licht und Wärme sind die Nahrung der Pflanze. Unter dem Einfluss dieser zwei mächtigen Naturkräfte, welche aber nur eine einzige Kraft bilden, da Licht nur eine besondere Form der Wärme darstellt, zersetzt die Pflanze bekanntlich die Kohlensäure der atmosphärischen Luft derart, dass der Sauerstoff frei und der Kohlenstoff in dem Gewebe der Pflanze, deren Hauptbestandteil er bildet, festgelegt wird. Oder – mit anderen Worten – die lebendigen Kraft der Sonnenstrahlen wird in die ruhende oder Spannkraft der von der Pflanze erzeugten Stoffe umgewandelt. Diese Stoffe nähren nun das Tier. Tier und Pflanze nähren den Menschen – abgesehen davon, dass der durch den geschilderten Prozess des Pflanzenwachstum freigemachter Sauerstoff das unentbehrliche Lebenselement aller luftatmenden Wesen bildet.

 

…Titelbild Gartenlaube 1894

Das Titelbild des Jahrgangsbandes der Gartenlaube von 1894

 

Also genießen wir in der Pflanze oder im Tier, das von ihr gelebt hat, ein Stück Sonnenwärme oder Sonnenlicht oder Sonnenkraft und erzeugen damit alle Kraft unseres Leibes und Lebens. Wir können daher mit vollem Recht sagen, dass die Sonne, in dem Sie unsere Speisen erzeugt, auch die einzige und letzte Quelle aller von unserem Körper entwickelten Kräfte, Bewegungen und Tätigkeiten ist. Wir sind – um es zu wiederholen – im wahren und vollen Sinne des Wortes Sonnenkinder.

…

Die Kraft, welche die Dampfmaschine treibt oder die schnaubende Lokomotive mit ihrer angehängten Last spielend über die Schienen dahin jagt, ist nichts anderes als ein Tropfen Sonnenwärme oder Sonnenlicht, der ehemals in eine Pflanze umgewandelt, alsdann in die Erde eingesammelt, mit Schutt, Steinen und Lehm bedeckt und heute wieder durch die Hand des Menschen dem dunkeln Schoß der Erde entrissen wurde, um von neuem in Licht und Wärme umgewandelt zu werden. Daher die Lokomotiven von den Gelehrten mit Recht den poetischen Namen der „Sonnenrosse“ erhalten haben.

…

Ja, alles dieses stammt aus der nämlichen Quelle ebenso wie alle Erzeugnisse menschlicher Zivilisation. Sonnenkraft ist die Kraft, welche mir gestattet, mich zu bewegen und zu empfinden, ebenso wie die Bewegung des Blutes in meinen Adern oder die Bewegung meines Armes, welcher in diesem Augenblick meine Feder führt, oder der Gedanke, welchen ich wiederzugeben versuche, oder das Vergnügen, welches empfinde, indem ich diese Arbeit mit den Worten meines Vaters schließe: „Überall Wandlung – nirgendwo Vernichtung. In der organischen wie in der physischen Welt, in den lebendigen wie in den toten Körpern ist ununterbrochene Bewegung. Vollkommene Ruhe gibt es nicht. Alles verwandelt sich, und aus dem Schoß des Staubes erblüht ununterbrochen neues Leben.“ 

Kraft und Stoff essen und trinken – der Monat Juli

Ich habe letzten Monat versprochen, einmal im Monat aus dem wunderbaren Kochbuch „Kraft und Stoff“ der Charlotte Böttcher (aus meiner, der sechsten, Ausgabe von 1882, die ich natürlich nur deshalb besitze, weil sie unglaublicherweise den gleichen Titel trägt wie Ludwigs Jahrhundertwerk) die Einkaufs- und Kochhinweise zu veröffentlichen. Dafür bin ich gelobt und gerügt worden.

 

 

Lob gab es für die Bandbreite dieser „Büchner Seiten“, Rügen für die kaum lesbaren Reproduktionen. Daher folgt der Text hier jetzt aus der Frakturschrift transkribiert und damit hoffentlich leichter les- und nutzbar. Die Gelegenheit der Transkriptionen und die weitere Einübung meiner Diktiersoftware führt dazu, dass ich hier und heute auch die beiden Einleitungstexte zu den Kapiteln „Speisezettel für alle Tage in Jahre“ und „Was bringt jeder Monat auf den Markt“ veröffentliche. Ich habe übrigens keinen Zweifel, dass diese Texte auch dazu dienen können, unsere Vorstellung vom täglichen Leben der Büchners zu präzisieren. Charlotte Böttchers „Zielgruppe“ waren ganz sicher die bürgerlichen Haushalte, wie sie Ludwig Büchners Frau Caroline Georgine Sophie in der Darmstädter Grafenstraße und Wilhelm Büchners Frau Elisabeth in seiner Pfungstädter Villa führten. In der Gaststube der Pfungstädter Villa hängen zwei Fotos, die uns die Zeit der Jahrhundertwende, als die Geschwister schon gestorben waren, dennoch nahe bringen: zwei Dienstmädchen in ihrer Pause auf einer Bank im Park und Mary Büchner, wie sie zusammen mit zwei Dienstboten zusammen im Garten Spargel schält.

 

 

Mary Büchner, Wilhelm Büchners Schwiegertochter,  beim Spargelschälen mit Personal im Park der Villa Büchner (Südseite, vor dem Wintergarten, da, wo heute der Kaffegarten eingerichtet ist). Foto ihres Sohnes Ernst Büchner. 1915.

 

 

Ich wünsche einen wunderbaren neuen Monat und

 

guten Appetit!

 

Speisezettel für alle Tage im Jahre.

 Der nachstehende Speisezettel für alle Tage im Jahre soll nur ein schneller Ratgeber sein, wenn, wie es doch oftmals in jedem Haus Stande vorkommt, die Hausfrau sich fragen muss, ja was essen wir den heute oder morgen? Eine Antwort auf diese Frage findet man hier für den größten wie kleinsten Hausstand. Man hat nicht nötig, jeden Tag speziell so einzurichten, wie er verzeichnet sind, nein, man nimmt sich den betreffenden Monat her und sucht nun dort nach. Passt das eine Gericht nicht, so passt das Andere des nächstfolgenden Tages vielleicht usw. Man binde sich auch ja nicht an die oft zu ausgedehnten Speisezettel, sondern es werde davon fortgelassen, was zu hohe Ausgaben erfordert. Dieser Speisezettel zählt aber in jedem Monat diejenigen Fische, Gemüse etc. auf, die der Markt bringt.

 

  1. Suppe mit Gries. Puffbohnen mit Bratwurst.

  1. Grimpelsuppe. Taubenfricassee.

  2. Krebssuppe mit Blumenkohl und Semmelklösschen. Grüne Erbsen mit Fleischfüllsel. Entenbraten mit Blumenkohlsalat.

  3. Suppe mit Semmel und zerfahrenem Ei. Puffbohnen mit Schweinskoteletts.

  4. Fadennudelsuppe. Kohlrabi mit Schöppsenfleisch.

  5. Kerbelsuppe. Zuckerschoten mit Bratwurst

  6. Suppe mit Sago und Eiergelee. Blumenkohl mit gebackenen Hühnern. Rindeschmorbraten mit Grießklößen.

  7. Hafergrützsuppe. Puffbohnen mit Schinken.

  8. Heidelbeerensuppe mit gerösteten Semmelschnitten. Grüne Erbsen mit Omelett.

  9. Suppe mit Klösschen und Blumenkohl. Schleien mit Buttersauce. Gänsebraten mit Preiselbeeren.

  10. Reissuppe. Rindfleisch mit Senf und Kohlrabi.

  11. Suppe mit eingesetztem Ei und Schwarzbrot. Puffbohnen mit frischem oder gesalzenem Schweinefleisch.

  12. Milchsuppe mit Mandelklösschen. Grüne Erbsen mit Kalbskoteletts.

  13. Suppe mit Wurzelkräutern und Weißbrot. Blumenkohl mit jungen Hühnern, Klösschen, Erbsen, Karotten und Krebsschwänzchen.

  14. Bierkaltschale mit kleinen Rosinen. Grüne Bohnen mit neuem Hering und Spiegeleiern mit Cervelatwurst.

  15. Wassersuppe mit Petersilie und Kerbel. Puffbohnen mit Bratwurst.

  16. Suppe mit Sago und Blumenkohl. Wirsing mit gebratenen Hühnern. Rindsfiletbraten mit Apfelkompott.

  17. Graupensuppe. Grüne Erbsen mit kaltem Rindspökelfleisch.

  18. Suppe mit Kräutern und gerösteten Semmel. Rindfleisch mit Blumenkohl und Kohlrabi.

  19. Reissuppe mit abquirltem Ei. Puffbohnen mit Schweinskarbonade oder gebratene Schweinsschulter.

  20. Suppe mit Sago. Gefüllter Wirsing mit Rindspökelfleisch. Kalbnierenbraten mit Blumenkohlsalat.

  21. Grießsuppe. Grüne Erbsen mit Klösschen und Bratwurst.

  22. Heidelbeersuppe mit geröstetem Weißbrot. Fricassee vom Wildbret.

  23. Krebssuppe mit Reis und Blumenkohl. Kohlrabi mit Schöpsenkarbonade. Gänsebraten mit Bohnensalat.

  24. Suppe von frischen Kirschen mit gerösteten Semmelschnitten. Möhren mit frischem Schweinefleisch.

  25. Sagosuppe mit Eiergelee. Rindfleisch mit Champignons.

  26. Braune Suppe. Gänseklein mit neuen Kartoffeln.

  27. Suppe mit Kräutern und Wurzeln und Klösschen. Grüne Bohnen mit Hering. Gebratene Hühner mit geschmorten Kirschen.

  28. Bierkaltschale mit kleinen Rosinen. Grüne Erbsen mit gebackenen Fleischklösschen.

  29. Wassersuppe mit gerösteten Semmelwürfeln und Petersilie. Puffbohnen mit Bratwurst.

  30. Braune Fleischbrühsuppe mit Kalbsniere und Blumenkohl. Wirsing mit Fleischpastetchen. Gebackener Karpfen mit Salat.

 

 

Was bringt jeden Monat auf den Markt?

 

Es hat etwas außerordentlich die Tischfreuden erhöhendes, wenn in dem Aufgetragenen Mannigfaltigkeit der Gaben aus allen den Naturreichen herrscht. Aus diesem Grunde des Ergötzens an Abwechslung wird es zur wichtigen Bedingung, dass nicht immer die nämlichen Speisen in zu kurzen Zwischenräumen wiederkehren, wenigstens nicht ohne veränderte Zubereitung an einem der folgenden Tage und mit neuen Beigaben aufgeschmückt. Eine zu baldige Folge irgend ein und desselben Gerichts kann überhaupt nur dann gerechtfertigt erscheinen, wenn es irgendein Gegenstand für die Kochkunst ist, mit welchem die Jahreszeit rasch vorüber geht. Abwechslung bei dem, dass die Küche auf den Tisch schickt, ist schon darum eine der größten Bedingungen, weil die Appetilichkeit zumeist darin beruht.

 

Eine vorzüglich zubereitete und dem Benutzer angenehme Speise, immer wieder oder doch wenigstens zu häufig auf den Tisch zu bringen, würde in zunehmender Steigerung den Widerwillen der Speisenden daran erwecken. Nur wenn wir etwas uns wahrhaft Anmutendes essen, vergnügen sich zuerst daran die Sinne, von welchen namentlich der Geruchssinn nicht lange ein und dieselbe Speise erträgt. Endlich aber wird stets und immer nur dasjenige der Gesundheit förderlich sein, was gerne mit hohem Behagen genossen wurde.

Es ist ein ganz besonders vornehmes Gesetz, mit den Jahreszeiten zu leben und womöglich nichts von den Reichtümern zu versäumen, die jeder Monat in seinem mehr oder minder wohl versehenen Füllhorn führt.

Außerdem haben diejenigen Produkte, welche jedesmaligen Jahreszeit mit sich bringen, ja schon von selbst den eminenten Reiz des Neuen, und indem dies nur ihr zugleich soviel Erfrischendes, Anmutendes, ja selbst Heilsames darbietet, lebt Derjenige, welcher mit der Jahreszeit lebt, nach dem Willen der Natur, nach dem schönen Gleichgewicht blühender Erhaltung, zu welchem abwechselnde Mannigfaltigkeit allein die Mittel geben.

Darum ist die Frage, welche wir voranstellten: „was bringt jeder Monat auf den Markt“ eine so wesentliche naturnotwendige, dass wir es unternehmen, die Erzeugnisse, welche alle zwölf Monate der Küche liefern, in systematischer Ordnung aufzureißen. Diese Ordnung in den nun angelegten Tabellen wird folgende sein: Kraut-und grüne Gemüse. – Wurzelarten. – Hülsenfrüchte. – Fruchtsorten. – (Da die Fleischarten der größeren Zucht-und Schlachttiere sich täglich ganz von selbst ergeben) Zahmes Geflügel. – Wild-Geflügel. – Wild. – Süßwasser-und See-Fische (einschließlich der Schaltiere oder auch Meerfrüchte genannt, wozu außer Krebs und Hummer, noch Muscheln und Austern gehören, welche Letztere in jedem Monate, dessen Namen ein „R“ führt, zu haben sind).

 

 

 

 

Monat Juli.

 

Kraut und grüne Gemüse.

Petersilie. Sauerampfer. Spinat. Frische Schnittbohnen. Türkische Erbsen. Blumenkohl. Savoyer Kohl. Kopfsalat.

 

Wurzelarten.

Neue Kartoffeln (billig). Junge Wurzeln. Mai Rüben. Karotten. Frische Gurken. Rettige. Frische Champignons (teuer)

 

Hülsenfrüchte.

Pahl-Erbsen. Zucker-Erbsen.

 

Fruchtsorten.

Erdbeeren. Stachelbeeren. Johannisbeeren. Himbeeren. Heidel-Bick-Beeren (anfänglich noch teuer). Kirschen (sehr billig). Eßbirnen. Aprikosen (noch teuer). Melonen. Zitronen (teuer).

 

Zahmes Geflügel.

Küken. Suppen-Hühner. Tauben. Enten. Junge Gänse (teuer). Poularden.

 

Wild.

Rehkeule. Rehrücken.

 

Süßwasser-und See Fische.

Schleie. Karpfen.Hecht. Frischer Aale.Geräucherte Aale.Lachsforelle. Elblachs.Seezungen. Südschollen. Große Schollen. Steinbutt. Elbbutt. Krebse. Hummer.

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