Peter Brunners Buechnerblog

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200 Jahre Hessische Verfassung

Am 22. Dezember 1820, vor exakt 200 Jahren, wurde in Darmstadt, der Hauptstadt des Großherzogtums Hessen, die erste Verfassung des Landes verkündet. Wikipedia schildert hier gut und ausführlich die historischen Umstände, die dazu führten. Craig Weiser arbeitet an einer Promotion zum Thema und dokumentiert seine Recherchen im Blog „Verfassung Hessen-Darmstadt“.

Nach dem Tod des ersten Großherzogs, der sich als einziger der Darmstädter Fürsten ein vornehmes „e“ im Namen leistete – LudEwig“ -, formierte sich eine Bewegung zur Errichtung eines Denkmals zur Feier des Verfassungserlasses. Auch für die schließlich realisierte Variante gibt es einen guten wikipedia-Eintrag. Hier soll nur angemerkt werden, dass der dort als Mitentwerfer des „Langen Ludwig“ genannte Balthasar Harres später der Architekt von Wilhelm Büchners Villa in Pfungstadt wurde. 

Zunächst war allerdings ein anderes Denkmal geplant; im Darmstädter Stadtarchiv hat sich eine Zeichnung davon erhalten:

Der nicht verwirklichte Entwurf für ein Verfassungsdenkmal in Darmstadt.
Original im Stadtarchiv Darmstadt

Dass der „Lange Ludwig“ heute kaum als Verfassungsdenkmal wahrgenommen wird, ist schon bei der Errichtung beabsichtigt gewesen. Der nächste Großherzog, Ludwig II, lässt seinen Vater wie Napoleon auf der Pariser Place Vendome präsentieren, die Verfassung fast unsichtbar in der Hand und ohne dass auch nur eine einzige Inschrift auf sie hinweist. 

Als hätte er es geahnt, lässt Büchner seinen Danton sagen:

„Zwischen Thür und Angel will ich euch prophezeien: die Statue der Freiheit ist noch nicht gegossen, der Ofen glüht, wir Alle können uns noch die Finger dabey verbrennen.“

200 Jahre später wollten darauf aufmerksam machen, warum der lange Ludwig kein Verfassungsdenkmal ist, und haben eine Lösung gesucht, das nicht verwirklichte Denkmal doch noch zu realisieren. Christian Steinmetz ist der Gestalter unseres neuen corporate design, und dass er der Ur-Ur-Enkel Ludwig Büchners ist, hat uns sehr eng miteinander verbunden. 

Jaques Tilly mit Modell im BüchnerHaus

Durch seine Vermittlung lernten wir den Düsseldorfer “Großplastik-Gestalter“ Jaques Tilly kennen. Tilly hat sich unserer Überlegungen mit großem Engagement angenommen und seine außergewöhnliche Erfahrung bei Planung und Realisierung eingesetzt. Er konnte uns davon überzeugen, dass eine schlichte Rekonstruktion des verworfenen Entwurfes nicht wirken würde. Mit ihm zusammen haben wir stattdessen eine „3-D-Karikatur“ entworfen, in der Plan und Kritik zugleich erscheinen. Mit „Friede den Palästen“ machen wir deutlich, dass die Aristokratie das Bestehende sichern konnte, der scheinbar joviale Fürst macht es sich auf dem Rücken des zum Schweigen gebrachten und verarmten Volkes gemütlich. 

Das gelungene Modell konnten wir aus den Mitteln finanzieren, die uns das Land Hessen als Projektmittel für unsere Kooperation zur Verfügung gestellt hat.

Die BüchnerBühne hat ein wunderbares Programm entwickelt, das zusammen mit dem Wagen unser Motto „Büchner findet statt“ ins Land gebracht hätte.  Bis vor wenigen Tagen hofften wir noch, als „Lebenszeichen“ in der Corona-Krise wenigstens den Motivwagen in Darmstadt präsentieren zu können – die Freunde von der Centralstation und die Darmstädter Stadtverwaltung waren uns da sehr liebenswürdig behilflich. Auch das ist schließlich gescheitert. Der Wagen steht jetzt im Hof des BüchnerHauses und wartet mit uns auf bessere Zeiten. 

Jaques Tillys Realisierung der „Rekonstruktion“

Für BüchnerHaus und BüchnerBühne sollten die Umstände dieser Verfassung der Schwerpunkt der Aktivitäten 2020 sein; Stück für Stück sind unsere hochfliegenden Pläne in diesem Pandemie-Jahr auf dem Bauch gelandet. 

In Kürze mehr darüber, wie das Thema „oktroyierte Verfassung“ BüchnerBühne und BüchnerHaus 2021 beschäftigen werden.

Das Stadtarchiv Darmstadt hat einen zweiteiligen Beitrag zur Geschichte der Ludwigssäule veröffentlicht, und von Büchnerhaus und Büchnerbühne ist inzwischen ein erster Videobeitrag zum Thema online.

Von Peter Brunner

Stadtspaziergang zu Luise Büchners 197. Geburtstag

Zu Luise Büchners 197. Geburtstag treffen sich Mitglieder und Freundinnen der Luise-Büchner-Gesellschaft am 12. Juni um 15 Uhr am neuen Denkmal vor dem „Pädagog” in der Döngesborngasse.

 

Agnes Schmidt, Jutta Schütz und meine Wenigkeit werden mit Berichten, Zitaten und einigen Bildern an die Kinder- und Jugendzeit der Büchners erinnern.

 

Meldebogen der Familie Büchner StadtA Darmstadt, St 12 A Nr. 142/6

 

Anschließend besuchen wir die Gräber von Luise Büchner und anderen Mitgliedern der Familie Büchner auf dem Alten Friedhof.

von Peter Brunner

 

Peter Brunner

Peter Brunner

Nur noch 21 Jahre bis zur nächsten Büchner-Ausstellung!

Ein Fund, den ich schon vor längerer Zeit durch den freundlichen Hinweis einer Nachfahrin von Ernst Emil Hoffmann machen konnte, hat gestern den angemessenen Platz gefunden.

Ernst Emil Hoffmann ist für die Büchnerinteressenten in den Fokus geraten, weil er der Vermieter der Familie in Darmstadt war. Ausgerechnet am 1. April 2014 habe ich zum ersten Mal in einer Glosse auf die zweite Darmstädter Büchner-Ausstellung bekannt machen können, dass ein Bild des Hauses gefunden wurde, in dem die Büchners zur Zeit der Geburt von Luise und Ludwig Büchner (1821/1824) in der damaligen „Oberen Baustraße“ lebten. In Beiträgen zu ihren Geburtstagen habe ich das dann wiederholt erwähnt und vertieft. Hier finden sich alle Beiträge dazu in chronologischer Folge.

Dabei ist dieser Darmstädter Demokrat durchaus auch ganz ohne einen Bezug zu den Büchners von einiger Bedeutung und, da wiederhole ich mich gerne, des Gedenkens sicher mehr wert als manch anderer, dem unangemessen ergeben gedacht wird.

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Büste Ernst Emil Hoffmanns. Darmstadt, Alter Friedhof

Die „Hessische Biografie” führt seine Verdienste tabellarisch so auf:

Werdegang:

  • Besuch des Gymnasiums in Darmstadt
  • Kaufmännische Lehre in Mannheim und Hamburg
  • 1805 erfolgreicher Unternehmer
  • Einer der Führer der freiheitlichen Richtung, der „Schwarzen“, als Politiker ein redegewaltiger „Volkstribun“
  • Durch sein Vermögen bald umfangreich sozial tätig
  • 1813 Beiträge zum deutschen Freiheitskampf
  • 1820er Jahre Beiträge zum griechischen Freiheitskampf
  • 1826 Mitglied der zweiten Kammer des Großherzogtums Hessen, konnte den Sitz aber erst 1829 einnehmen
  • 1828-1842 Mitglied des Darmstädter Gemeinderats, als Bürgermeister von der Regierung nicht bestätigt
  • 1829-1835 Abgeordneter
  • Gründete das „Hessische Volksblatt“
  • Vorkämpfer des Deutschen Zollvereins
  • Initiator und Anreger der Main-Neckar-Bahn
  • Veranstaltete 1842 für die Geschädigten des großen Brandes von Hamburg und 1843 für die Erdbebenopfer von Guadeloupe Geldsammlungen
  • Griechisches Ehrenbürgerrecht

Drei Bände seines „Hessisches Volksblatt“ von 1832/33 sind hier bei der Bayerischen Landesbibliothek als Digitalisate einsehbar.

Im Katalog zur Büchner-Ausstellung von 1987 ist ein Familienbild der Hoffmanns mit dem Hinweis „Fotografie der verschollenen Lithographie“ aus dem Darmstädter Stadtarchiv abgebildet.

 

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Ernst Emil Hoffmann und seine Familie, 1839. Unsignierte Lithografie. Scan der Fotografie aus der Familiengenealogie. (Das „neue” Darmstädter Original hat eine andere Titelei)

Im Odenwald lebt eine Nachfahrin Hoffmanns, die mich vor einiger Zeit darauf ansprach: sie besitze dieses angeblich verschollene Original. Tatsächlich hat sie mir, als ich sie dann besuchte, bei Kaffee und Kuchen das schöne Bild, offenbar zur Zeit seiner Entstehung um 1839 gerahmt und mit handschriftlichen Erläuterungen auf der Rückseite versehen, gezeigt. Außerdem besitzt sie eine sechsbändige Genealogie der Familie Hoffmann, die sie mir auslieh, und auf deren allerletzter Seite ich dann das Bild des lange gesuchten Hauses fand.

Schon lange wünschten sie und ich, dass die Grafik ins Darmstädter Stadtarchiv kommt, und Dr. Peter Engels hat sie gestern durch meine Vermittlung aus ihren Händen übernommen.

 

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Stadtarchivar Peter Engels hat die Gelegenheit unseres kurzen Gespräches dazu genutzt, am Beispiel Hoffmanns darauf hinzuweisen, dass das gerade unter „Büchnerianern“ verbreitete Bild von der schläfrig-schlafmützigen Beamtenstadt Darmstadt im Biedermeier den Berichten zweier aufmüpfiger und zu der Zeit auch noch pubertärer Jugendlicher entspringt. Georg und Alexander Büchner, die mehrfach abschätzig über ihre Heimatstadt schrieben, haben damit ja nichts anders getan als Millionen andere Jugendlicher, die die Enge ihrer Heimat als bedrückend und die Ferne als verlockend empfinden. Tatsächlich gab es im Darmstadt des 19. Jahrhunderts zahlreiche aufrechte und aktive Demokratinnen und Demokraten, die die Autokratie des Hofes gehörig aufmischten und wichtige Grundsteine zur hessischen und deutschen Republik gelegt haben.

Ich freue mich sehr, dass dieses schöne Stück aus der Vergessenheit auftauchte und jetzt zu Anschauung und Forschung zur Verfügung steht. Und wenn es zum 200. Todestag Georg Büchners 2037 vielleicht irgendwo irgenwie irgendeine Ausstellung geben wird, kann es zu den vielen Stücken und Informationen gehören, die sich seit 1987 gefunden haben.

 

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von Peter Brunner

Mathilde Büchner bekommt einen Grabstein!

Kürzlich habe ich hier über den Plan, Mathilde Büchner einen Grabstein zu setzen, informiert. Mittlerweile konnten wir das Vorhaben in der Luise Büchner-Gesellschaft verwirklichen.

Im September werden wir nach Abstimmung mit der Steinmetzin, dem Friedhofsamt und nicht zuletzt den Spenderinnen festlegen, wann wir zu einem Treffen am sanierten Grab zur öffentlichen Übergabe des neuen Steins einladen – voraussichtlich Anfang Oktober.

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Auf dem Alten Friedhof in Darmstadt befindet sich die Grabstätten von Ernst Büchner und seiner Frau Caroline sowie ihrer Kinder Mathilde und Luise. Unmittelbar daneben liegt das große Familiengrab von Ludwig Büchner. Wilhelm Büchner ist in Pfungstadt begraben, Georg in Zürich. Alexander Büchners Grab in Hannover besteht leider nicht mehr.

Ein Grabstein für Mathilde Büchner, die „stille“, am wenigstens prominente aus der Geschwisterreihe, wurde entweder nie errichtet oder er ging verloren. Sie wurde nach ihrem Tod am 30. August 1888 auf dem Familiengrab bestattet. Damals lebten ihre drei Brüder Wilhelm, Ludwig und Alexander noch.

Im Frühjahr 2015, im 200. Geburtstagsjahr von Mathilde Büchner, hat die Darmstädter Luise Büchner-Gesellschaft die Initiative zur Errichtung eines Steins für die älteste Büchner-Schwester ergriffen und aus dem Vereinsetat einen Betrag von 500 Euro zur Verfügung gestellt. Mittlerweile war der Aufruf zur Zuspende so erfolgreich, dass der Auftrag für die Fertigung des Steins erfolgte (wenn auch weitere Zuspenden noch herzlich willkommen sind).

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Die Darmstädter Steinmetz-Meisterin Ruth Andres wird einen historischen Stein, den das Friedhofsamt zur Verfügung stellte, umarbeiten, so dass er zum Ensemble auf dem Grab passt. Dazu wird die Anordnung der Gedenksteine so verändert, dass künftig Mathildes Grabstein unter dem großen Denkmal für Luise und zwischen den Steinen für die Eltern gesetzt wird.

Die Gedenktafel für den Neffen Ernst Büchner und seine Frau Mary von Ferber, die 1925 in Darmstadt starben und deren Urnen hier beigesetzt sind, wird künftig weiter vorn platziert. Die erforderlichen Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten für das Grab wird im Auftrag des Friedhofsamtes ebenfalls die Werkstatt Andres & Heimbrock übernehmen.

Spätestens im Oktober 2015 wird das renovierte Grabmal mit dem neuen Grabstein der Öffentlichkeit übergeben.

Die ehrenamtliche Tätigkeit der Luise Büchner-Gesellschaft können Sie mit einer Mitgliedschaft regelmäßig unterstützen. So erhalten Sie frühzeitig Informationen über das reichhaltige Veranstaltungsprogramm sowie häufig vergünstigten oder freien Eintritt dazu.

Für Zuspenden ist das Konto DE94 5089 0000 0005 6730 11 der Luise Büchner-Gesellschaft eingerichtet;
Überweisungen bitten wir mit dem Vermerk „Mathilde” zu versehen.

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von Peter Brunner

Geboren am 20. April

Ein Grabstein für Mathilde Büchner!

Die zweite unter den Büchner-Geschwistern ist Mathilde, geboren am 20. April 1815, also vor genau 200 Jahren. Anders als für ihren berühmten Bruder Georg sind für sie keine besonderen Feierlichkeiten oder Hommagen geplant. Kein Preis trägt ihren Namen, und sie wird nur noch erwähnt, wenn eigentlich die Rede von einem ihrer Geschwister ist.

 

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Mathilde Büchner (20. 4. 1815 – 30. 8. 1888)

 

Dass sie Mitbegründerin des Darmstädter Hausfrauenbundes war, ist eine Erinnerung wert und wirft ein interessantes Licht auf die gesellschaftlichen Lebensumstände, unter denen sie lebte. Dass wir in verstreuten Archiven ihr Bild und einen Brief von ihr gefunden haben und dass sie Patin einer Nichte in Pfungstadt wurde, sind kleine Teile zu einem für immer Fragment bleibenden Puzzle. „Edel”, „aufopfernd” und „mit Felsencharakter” nennt sie der Bruder Alexander.

Leider gibt es für Mathilde Büchner heute noch nicht einmal einen Grabstein, obwohl der Ort ihrer Bestattung dokumentiert und gut gepflegt erhalten ist. Sie wurde nach ihrem Tod am 30. August 1888 auf dem Darmstädter Familiengrab der Büchners, neben ihren Eltern Caroline und Ernst und der 1877 verstorbenen Schwester Luise, begraben.

 

 

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Das Familiengrab der Büchners mit dem Obelisk für Luise

Das Medaillon auf Luise Büchners Grabstein schuf die Künstlerin Luise Federn-Staudinger. Als das (nachträglich) dort angebracht wurde, drehte man den Stein, auf dessen heutiger Rückseite sich eine Aussparung für die dort ursprünglich aufgestellte Portraitbüste Luise Büchners befindet. Diese Büste befindet sich heute im Darmstädter Stadtarchiv.

 

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Der Grabstein für den Vater Ernst Büchner

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Der Grabstein für die Mutter Caroline, geb. Reuß

 

 

Später ließ Anton Büchner, der Enkel Wilhelm Büchners, noch seine Mutter Mary (geb. von Ferber) und seinen Vater Ernst, die 1925 in Darmstadt starben, dort bestatten.

 

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Gedenkstein für Mary Büchner, geb. von Ferber, und ihren Mann Ernst Büchner, Wilhelm Büchners Sohn

 

Die Darmstädter Luise Büchner-Gesellschaft hat sich vorgenommen, zur Erinnerung für die Aufstellung eines Grabsteins für Mathilde Büchner zu sorgen. Nach Rücksprache mit Friedhofsamt, Denkmalsamt und Stadtarchiv in Darmstadt sowie der Steinmetzmeisterin Ruth Andres soll der Stein die gleiche Form und Größe haben wie die beiden, die für ihre Eltern gesetzt wurden.

Geplant ist die Setzung im Jahr ihres 200. Geburtstages, an ihrem 127. Todestag, dem 30. August. Ein solcher Stein wird etwa 2.000 Euro kosten. Aus Eigenmitteln hat der Vorstand bis zu 500 Euro freigegeben, weitere 500 Euro hat ein Nachfahre zugesagt.

Für Zuspenden ist das Konto DE94 5089 0000 0005 6730 11 der Luise Büchner-Gesellschaft e.V. eingerichtet; Überweisungen sind bitte mit dem Vermerk „Mathilde” zu versehen, steuerlich anrechnungsfähige Spendenquittungen können erteilt werden. 

 

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von Peter Brunner

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