Nachtrag vom 9.9.:

Ja, ganz zur Recht wurde mehrfach gefragt, ob es denn noch nie eine deutsche Briefmarke für Georg Büchner gegeben habe. Bereits vor 50 Jahren erschien zum 150. Todestag Geburtstag (Danke, R.P.!) eine Marke in der DDR. Nicht dass sie besonders schön gewesen wäre – aber besonders hässlich war sie immerhin auch nicht:

ddrBriefmarkeGB

 

Mit einem stilisierten Woyzeck-Motiv im Hintergrund und einem Portrait nach dem bekannten Hoffmann-Bild aller Ehren wert. 

Der Präsident des Bundes Deutscher Philatelisten, Dieter Hartig, schrieb mir auf die Frage, ob und welcher inhaltlichen Kompetenz man sich bei der Entscheidung für das Marken-Motiv bedient habe:

Abstimmungen und Entscheidungen des Kunstbeirates (sollen? pb) unter Ausschluß der Öffentlichkeit erfolgen. Bitte wenden Sie sich direkt an das Postwertzeichenreferat im BMF in Berlin.

Außerdem ist der Kommentar von Stefan Benz aus dem Darmstädter Echo („Georg Büchner ist ein gesuchter Mann …“) inzwischen online zugänglich. Auf mein Kompliment dazu schrieb er mir:

Für Anregungen zur Satire bin ich ja immer dankbar. Wenns so weiter geht, kann ich noch eine Anthologie mit Büchner-Glossen herausbringen. Die Idee hinter der Steckbrief-Marke kann ich im Übrigen ja auch verstehen – frei nach dem Motto einer Roman-Polanksi-Filmbiografie: „Georg Büchner – wanted and desired“. Aber die Vorlage ist eben auch zu schön, um daraus nicht einige Pointen abzuleiten.

 

Nachtrag vom 7.9.:

Zahlreiche Reaktionen und Kommentare haben mich hierzu erreicht; Forschung, Publizistik und Büchner-Familie sind unisono konsterniert. Im DARMSTÄDTER ECHO hat Stefan Benz analog kommentiert (leider noch nicht online).

Ich habe die Grafikerin gebeten, ihre Überlegungen zur Gestaltung zu äußern und werde das Bundesfinanzministerium fragen, mit welcher inhaltlichen Kompetenz bzw. Beratung die Entscheidung für das Motiv gefallen ist.

Später mehr.

 

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Man hätte es wissen müssen: für  den Staat ist das wichtigste Büchner-Jubiläum offenbar der 13. Juni 1835.

 

Briefmarke_Georg

 

 

Die Querelen um die Herausgabe einer Georg-Büchner-Marke sind hier ja mehrfach erörtert worden; dass 1987 noch keine erscheinen durfte, ist allgemein als typisch beschrieben worden für die Distanz auch zu solchen Rechtsbrechern, die den heutigen Verhältnissen den Weg gewiesen haben. Ich selbst habe mich mehrfach mit Initiativen für eine Gedenkmarke eingesetzt; schon vor Jahren schrieben auf meine Anregung hin Bürgermeister und Abgeordnete an das Finanzministerium.

Die jetzt vorliegende Briefmarke, die zum 200. Geburtstag tatsächlich erscheint, schlägt allerdings dem Fass den Boden aus: die Deutsche Post nutzt die Gelegenheit, noch einmal an die offenbar immer noch gültige Festnahme -und Auslieferungsverfügung zu erinnern. 

Begleitet von knappstmöglichen Lebensdaten wird – der Steckbrief zitiert, verfasst vom schrecklichen Richter Georgi, den schon Alexander Büchner 1849 ungestraft den Mörder Weidigs nennen durfte! Die erneute Veröffentlichung dieses Steckbriefes vom 13. Juni 1835, der Georg Büchner für den Rest seines Lebens und bis ins Grab verfolgte, ist ein wirklich außerordentliches Denkmal für die Form staatlichen Gedenkens an ihn.

Das hätte sich selbst ein scharfer Kritiker der heutigen Verhältnisse nicht schlechter ausdenken können!