VHS-Kurs im Landkreis Darmstadt-Dieburg (6 Abende, 27. 2. bis 22. 5. 2013)
Im Jubiläumsjahr Georg Büchners, zum Gedenken an seinen 200. Geburtstag 2013, werden drei zentrale Aspekte seines Lebens aus verschiedenen Perspektiven betrachtet: die Rolle des Revolutionärs, die des Mediziners und Naturforschers und die des Dichters.
Luise, Ludwig und Alexander Büchner, August Becker, Karl Minnigerode, Wilhelm Schulz, die Straßburger Brüder August Daniel Ehrenfried und Adolf Stoeber, der Drucker Karl Preller aus Offenbach und einige mehr sind Geschwister, Freunde und Gefährten Georg Büchners gewesen, die ihn in brüderlicher Nähe begleitet haben. Ihre Biographien spiegeln die Geschichte des 19. Jahrhunderts wider, das leider nicht das Jahrhundert Georg Büchners werden konnte.
Lassen sich aus den Biographien seiner Genossen oder seiner Geschwister aus Darmstadt, Straßburg, Gießen und Zürich Schlüsse ziehen? Oder gehört zu seiner unbestrittenen Geniebegabung eine solche Einzigartigkeit, dass auch sein politisches Leben anders verlaufen wäre als das der Verwandten und Mitstreiter, die die Demagogenverfolgung überlebten?
Der Kurs liefert Informationen über Personen und Zeit und wagt danach den Versuch einer Spekulation. Wäre Georg Büchner Paulskirchenabgeordneter gewesen – und mit welcher Haltung? Hätte er ein Charles Darwin werden können? Kann man sich sein Leben in Zürich als Dichter denken? War Aretino wirklich der Gegenstand seines nächsten Dramas – und wie hätte das ausgesehen?
Referent: Peter Brunner, Pfungstadt
Veranstalter: Volkshochschule Darmstadt-Dieburg
mit freundlicher Unterstützung des Evangelischen Dekanats Darmstadt-Land
Zu Georg Büchners 200. Geburtstag wird es in Darmstadt erneut eine große Ausstellung zu Leben und Werk geben. Kosmos Büchner“ war der Arbeitsbegriff, unter dem die Verantwortlichen bisher von ihren Plänen sprachen; Georg Büchner. Revolutionär mit Feder und Skalpell“ ist jetzt wohl der offizielle Titel der Landesausstellung vom 13. 10. 12013 bis zum 16. 2. 2014 im Darmstadtium, dem Kongresszentrum der Stadt Darmstadt. Ein geeigneterer Ort steht leider nicht zur Verfügung; die Mathildenhöhe selbst wird energetisch saniert“ und ist im Herbst 2013 geschlossen, Alternativen mit historischem Bezug zu Büchner und seiner Darmstädter Zeit konnten aus räumlichen und/oder organisatorischen Gründen leider nicht realisiert werden. Das wiederhergestellte Pädagog“, immerhin das Gymnasium, das Georg (und seine Brüder) besuchten, ist zu klein, das Residenzschloss“ mitten in der Stadt, das bis vor kurzem die Universitätsbibliothek beherbergte, gänzlich ungeeignet (inhaltlich wäre es schon spannend gewesen, ausgerechnet Georg Büchner als Verfasser des Hessischen Landboten“ ausgerechnet ins Schloss einziehen zu lassen …), und das Landesmuseum, das nach als unendlich enpfundener Schließungs- und Sanierungszeit im Herbst endlich wieder eröffnet werden soll, hat offenbar mit seiner eigenen Präsentation genug zu tun. Das Landesmuseum, das ja einen großen Teil seiner außerordentlichen Faszination als Universalmuseum“ auf die ungebrochene Sammlertradition der hessischen Fürsten bezieht, ist ohne Zweifel der Ort der größten Nähe zu Georg Büchners Darmstädter Zeit, auch wenn es erst lange nach seinem Tod errichtet wurde – die Sammlung war zu Georg Büchners Zeiten öffentlich im Schloss zugänglich.
Nun wird man die Bilder und Sammlungsstücke, die direkten Bezug zu seinem Leben und Werk haben, eben aus der Präsentation lösen und vorübergehend im Darmstadtium aufstellen. Mal sehen, was zu dem von Georg scheinbar so geschätztem Christus im Emmaus“ von Carel von Savoy gesagt werden wird (Michael Will hat in Autopsie und reproduktive Phantasie. Quellenstudien .. zu Büchners Lenz“, Königshausen & Neumann, 2000, angedeutet, dass es nicht unbedingt dieses Bild sein muss, an das sich Georg erinnerte). Ich will schon mal darauf hinweisen, dass das Bild vielleicht mehr Dimensionen hat als bisher beachtet – was liegt denn da unter dem Tisch?! Leider habe ich nur die Reproduktion aus Zimmermanns Geht einmal nach Darmstadt“ (Justus Liebig Vlg. 1993) zur Hand:
Es erwartet die staunenden Besucher, von denen sicher viele noch eine gute Erinnerung an die letzte große Büchner-Ausstellung zum 175. Todestag auf der Mathildenhöhe haben, eine Präsentation von Georgs Leben mit dem Versuch, das, was er tat und das, was er sah, anschaulich zu machen. Dazu soll die Rekonstruktion des Sterbezimmers in Zürich (wir kennen davon ja den Bericht von Caroline Schulz, die ihn pflegte, und die schlichte Skizze), Spurensuchen nach den Perspektiven auf die Welt, wie Georg sie hatte, und insbesondere eine umfangreiche und innovative Präsentation seiner Texte und seiner Schreibarbeit gehören. Immerhin gewagt ist schon mal die Formulierung von Georg Büchner als einem genialen Schreibstrategen“ – woher der Bub von ältestenfalls 23 Jahren Zeit und Methode zum strategischen Schreiben nahm, wird erläutert werden müssen.
Es bleibt abzuwarten, ob es gelingt, der immer noch profunden und fast durch die Bank korrekturlos zitierfähigen Arbeit der Ausstellungsmacher von 1987 und ihrem wunderbaren Katalog (Georg Büchner : Revolutionär, Dichter, Wissenschaftler 1813 – 1837 ; d. Katalog ; Ausstellung Mathildenhöhe, Darmstadt, 2. August – 27. September 1987. Stroemfeld 1987. 3-87877-279-3. Erst seit kurzem beim Verlag vergriffen, aber leicht und günstig antiquarisch zu finden) eine weitere Sicht hinzuzufügen, die nicht zuletzt den den finanziellen Aufwand rechtfertigen. Immerhin ist von deutlich sechsstelligen Beträgen die Rede.
Auch diesmal wird wieder ein umfangreiches Druckwerk angekündigt:
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreiches Katalogbuch, herausgegeben von Ralf Beil und Burghard Dedner, mit Essays u.a. von Ralf Beil, Arnd Beise, Roland Borgards, Burghard Dedner, Nora Eckert, Michael Hagner, Ariane Martin und Peter von Matt sowie Quellentexten u.a. von Luise Büchner, Elias Canetti, Durs Grünbein, Elfriede Jelinek, Karl Marx, Alexis Muston und Heiner Müller. Deutsche und englische Ausgabe, Hardcover, ca. 416 Seiten.“
Zu weiteren neu erschienen und angekündigten Druckwerken demnächst hier mehr.
Die Affaire um das zum Verschrotten verkaufte Schiff im Rostocker Hafen ist noch nicht zu Ende, und offenbar gibt es Parallelen zu einem anderen banausenhaften Umgang mit kulturellen Werten: dem skandalösen Verkauf der Schulbibliothek in Stralsund. Hier hat sich Klaus Graf mit Archivalia ja bleibende Verdienste erworben, weil er unüberhörbar geltendes Recht eingefordert hat.
Hier war die Charlesville / Georg Büchner“ ja schon mehrfach Berichtsgegenstand:
In Rostock sollte klammheimlich ein bedeutendes Denkmal als Schrott zu Geld gemacht werden. Dort ist es offenbar der lokalen Öffentlichkeit gelungen, das zu vermeiden.
Hier ein paar links zu aktuellen Pressemitteilungen:
Insgesamt spielt der (neue) Name des Schiffes bisher aus nahe liegenden Gründen kaum ein Rolle; das Schiff ist nicht wegen seines schönen Namens wichtig und bewahrenswert. Es geht vielmehr um den Zweitakter-Gegenkolben-Achtzylinder“ und die bedeutende belgische Kolonialgeschichte der Charlesville“. Dennoch ist es für mich Anlass genug, sein Schicksal aufmerksam zu verfolgen. Und sollte es eines Tages in einem belgischen Hafen als Museumsschiff liegen (was wohl die beste Lösung wäre) und vielleicht auch wieder seinen alten Namen tragen, werde ich ganz sicher irgendwann hinfahren und mich hier darüber freuen, dass ich die Georg Büchner“ gesehen habe.
Nachtrag (mit Dank an die Facebook-Crew – dort auch viele weitere Informationen und aktuelle Beiträge, hier ab jetzt keine Nachträge mehr, bis der Verbleib des Schiffes endgültig geklärt ist):
Ganz zu Recht hat die Entscheidung des Finanzministeriums, zu Georg Büchners Ehren ein Briefmarke herauszugeben, Anlass zu einiger Polemik gegeben. Die Staatsnähe eines solchen Dokumentes“ bietet natürlich viele kritische Anknüpfungspunkte an Georg Büchners Leben und Werk.
Als wäre das nicht schon genug der Ehre, wird es jetzt auch noch eine Euro-Gedenkmünze geben, und immerhin waren für eine Münze die schlimmsten Fehler ja alle schon gemacht worden und sind auch tatsächlich staatlicherseits vermieden worden. Ich habe kürzlich hier über die schreckliche private Sonderprägung berichten müssen. In der Pressemitteilung des Ministeriumsdarf immerhin revolutionäre Gesinnung gelobt werden, und die beiden Zitate auf der Münze – Friede den Hütten …“ und Ich bin so jung und die Welt ist so alt“ hätten schlechter ausgewählt werden können.
Es bleibt immerhin, dass Briefmarke und Sondermünze vielleicht wenigstens einen kleine Obulus in die Kasse des bedürftigen Büchnerhauses in Goddelau spülen, wenn diese dort verkauft werden.