Drei hochkompetente Gesprächspartner diskutierten am 28. 9. unter der Leitung von Regina Oehler die Bedeutung der wissenschaftlichen Schriften Georg Büchners, der Doktorarbeit über das  Nervensystem der Barbe und die Antrittsvorlesung über Schädelnerven.

Der Autor Durs Grünbein ist Büchnerpreisträger von 1995, seine Rede hieß „Den Körper zerbrechen“; die Akademie stellt Sie hier zur Verfügung. Michael Hagner ist Professor für Wirtschaftsforschung in Zürich, Wolf Singer ist Neurophysiologe und heute Leiter des „Singer-Emeritus-Department“ am MPI in Frankfurt.

Der Hessische Rundfunk hat den vielleicht bestmöglichen Platz für dieses Gespräch ausgewählt: den Sauriersaal des Senckenbergmuseums in Frankfurt.

Das Panel im Senckenbergmuseum

Das kluge und anregende Gespräch soll hier nicht im Detail referiert werden, der Hessische Rundfunk sendet es an seinem „Radiotag für Georg Büchner“ am  3. Oktober vom 18:05 – 19:05 Uhr auf hr2, der insgesamt höchste Beachtung verdient!

Verblüffend immerhin, mit welcher Selbstverständlichkeit (und ohne jedes Murren aus dem Publikum) sich alle sicher waren, dass Büchners weiteres Leben das eines Naturwissenschaftlers geworden wäre.

Unbestritten ist bisher, dass Büchners revolutionärer Ansatz scheiterte. Die Wissenschaftler ließen keinen Zweifel daran, dass auch die Nerventheorie falsch war. Professor Hagner erläuterte, wie unglaublich dennoch die gewonnenen Erkenntnisse des jungen Studenten tatsächlich waren: mit nicht mehr als einer Lupe, ohne akademische Unterstützung, tatsächlich alleine im Studierzimmer, am Tisch, „von dem das Frühstück weggeräumt wurde“, hat er in Straßburg „Präparate angefertigt, zu denen heute kein Student in der Lage wäre“.  Büchner glaubte, die Vermutung, das Gehirn und der Schädel seien die unmittelbare „Fortsetzung“ der Rückenwirbel und des Rückenmarkes, bewiesen zu haben. Allerdings einigten sie sich die drei sehr schnell darauf, dass das seine wissenschaftliche Leistung nicht im geringsten schmälert:  Irren sei ohnehin eine weit unterschätzte Qualität von Forschung, und die besten Erkenntnisse verdanke die Wissenschaft dem Irrtum.

Die drei großen Themen in Georg Büchners atemberaubendem und viel zu kurzem Leben sind Revolution, Literatur und Naturwissenschaft. Nicht erst die „Büchnerbiennale“ brachte an den Tag, dass die Spekulationen über den weiteren Lebensweg des jung verstorbenen Rückschlüsse auf die Haltung der jeweiligen Interpreten zulassen, und dies war sicher nicht die letzte Veranstaltung, die diese Erkenntnis bestätigt.

Offensichtlich ist, dass das, was bleibt, die atemberaubenden Texte sind, die Georg Büchner hinterließ.

So gesehen behält Herwegh recht, der in seinem Gedicht auf den frühen Tod den Satz schrieb, der heute Georg Büchners Grabstein schmückt:

„Ein unvollendet Lied sinkt er ins Grab.

der Verse beste nimmt er mit hinab“