Peter Brunners Buechnerblog

Monat: Januar 2012 (Seite 1 von 2)

Die Welt auf den Brettern …

Nachtrag 2 (6.2.)

Hier sind jetzt die ausführlichen Besprechungen zum Darmstädter Woyzeck im ECHO, in der FAZ und in der Giessener Allgemeinen.

NACHTRAG vom 4.2.:

Nach den beiden Premieren hat sich Johannes Breckner ausführlich und abschließend zur szenischen Lesung von Gaston Salvatores „Büchners Tod” (hier) und (zunächst?) knapp zum Woyzeck geäussert (hier).

Leider ist dem Verriss der szenischen Lesung nichts hinzuzufügen.  Mit dem Woyzeck allerdings bietet Darmstadt eine spannende, sehens- und hörenswerte Interpretation.

Wie so oft, wenn sich die Darstellung auf der Bühne von Text des Autors entfernt, stellt sich mir die zugegeben laienhafte Frage, ob das die Aufführung ist, die man einem Besucher wünscht, der noch nie einen Woyzeck auf der Bühne gesehen hat.

Interessant, dass Regisseur Malte Kreuztfeldt Simon Köslich als Woyzeck besonders die Gehetztheit betonen lässt, die auch Bernhard&Meyer als Grundthema seiner Denkmalinszenierung in den Vordergrund stellt. Das wurde bereits hier erwähnt.

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Das Darmstädter Staatstheater beginnt am 3. Februar mit der angekündigte Aufführung sämtlicher Stücke Georg Büchners, die alle von Malte Kreuztfeldt inszeniert werden sollen, mit dem Woyzeck in einer Fassung  nach Robert Wilson (der link führt zum englischsprachigen, besseren und ausführlicheren Eintrag) und Tom Waits. Ich konnte eine öffentliche Probe besuchen (im fast ausverkauften kleinen Haus!) und bin sehr gespannt auf die Darmstädter Umsetzung.

Titelblatt der Erstveröffentlichung  des Woyzeck durch K. E. Franzos (1879)

Die Oberhausener Inszenierung konnte ich beim Gastspiel in Ludwigshafen sehen, wo mich die Musik beeindruckte, aber für meinen Laiengeschmack ein bisschen wenig Büchner übrig geblieben war. Tom Waits Musik  gibt dem Ganzen auf den ersten Ton etwas Brecht´sches, und ich konnte bei den Gesangsstücken eine heftige Assoziation zur Dreigroschenoper nicht unterdrücken. Hoffentlich stellt man dem Darmstädter Publikum im Programmheft eine Übersetzung oder wenigstens den Abdruck der Songtexte zur Verfügung. Hier sind sie auf Tom Wait´s Homepage. Das schlichte Bühnenbild von Nikolaus Porz, das mich an ein Shakespeare-Theater erinnert, soll modifiziert in allen Inszenierungen eingesetzt werden.

Der Darmstädter Dramaturg Rainer Ortmann bietet für die Volkshochschule Darmstadt-Dieburg an, den Woyzeck-Besuch vor- und nachzubereiten.

Bereits einen Tag vor dem Woyzeck wird Gaston Salvatores „Büchners Tod”  als szenische Lesung aufgeführt werden – irgendwo habe ich von urheberrechtlichen Problemen, die eine Aufführung verhinderten, gelesen. Am 7. Oktober 1972 wurde das neue Gebäude der Darmstädter Theater mit der Uraufführung von Salvatores Stück eröffnet. Wikipedia berichtet:

„Neben dem Studium engagierte sich Salvatore politisch und entwarf zusammen mit Rudi Dutschke und anderen die Strukturen, die schließlich zur Studentenbewegung in der Bundesrepublik führten. 1969 wurden Salvatore und Dutschke aus diesem Grund wegen schweren Landfriedensbruchs angeklagt, wobei der Prozess gegen Dutschke aufgrund des Attentats ausgesetzt wurde. Man verurteilte lediglich Gaston Salvatore zu neun Monaten Gefängnis ohne Bewährung. Am Tag dieser Verurteilung flüchtete Gaston Salvatore nach Italien, später nach London und nach Chile. Bei der Schlüsselübergabe zur Eröffnung des Hessischen Staatstheaters in Darmstadt am 7. Oktober 1972 wurde Gaston Salvatore in den neuen Räumen der Dramaturgie verhaftet, weil die Amnestie, die der damalige Bundeskanzler Willy Brandt für die verurteilten Mitglieder der Studentenbewegung erlassen hatte, nur für deutsche Staatsbürger galt. Salvatore schlug den Polizisten vor, den Bundespräsidenten Gustav Heinemann, der den Feierlichkeiten beiwohnte, persönlich zu diesem Zwischenfall zu befragen. Daraufhin erhielt Salvatore umgehend eine unbefristete Arbeitserlaubnis in Deutschland.”

Wo sonst? Die Büchners in der Volkshochschule

Die Büchners oder Der Wunsch, die Welt zu verändern

Herzliche Einladung zu einem sechsteiligen Kurs der Volkshochschule Darmstadt-Dieburg in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Dekanat Darmstadt-Land.

Peter Brunner: Die Familie Büchner in Südhessen (29. 2. – 23. 5. 2012)

2012 jährt sich Georg Büchners Todestag zum 175., 2013 sein Geburtstag zum 200. Mal. Anlass genug, einen ausführlichen Blick auf seine Biografie und die seiner berühmten Familie zu werfen: alle Büchner-Geschwister hatten eine aufklärerische Geisteshaltung, ihr großes gemeinsames Anliegen war die Veränderung der Gesellschaft, Gleichberechtigung ohne Ansehen von Geschlecht oder Herkunft, und ihr Weg dorthin war die Volksbildung. An sechs Abenden werden sie auf kurzweilige Art vorgestellt. Auf Wunsch der Teilnehmer/innen sind ergänzende Besuche in Darmstadt, Goddelau und Pfungstadt möglich.

Hier ist eine detailliertere Beschreibung des Kurses zum Download

und

hier die Anmelde-Site der VHS Darmstadt-Dieburg

Bundesfinanzministerium stimmt Veröffentlichung einer Gedenkbriefmarke an Georg Büchner zu!

Das Finanzministerium hat auf seiner Website die Liste der für 2013 geplanten Briefmarken-Motive veröffentlicht. Darunter ist auch eine Marke zur Erinnerung an Georg Büchners 200. Geburtstag am 17. Oktober.

Die DDR gab bereits 1963 eine Briefmarke zur Erinnerung an Georg Büchner heraus

Schon als im Jahr 1987 aus Anlass des 150. Todestages von Georg Büchner die Aufmerksamkeit der literarisch und historisch Interessierten auf den großen Dichter gelenkt wurde und die Darmstädter Mathildenhöhe eine opulente Ausstellung zu seinem Leben und Werk veranstaltete, war die Deutsche Bundespost gebeten worden, diesem Ereignis mit einer Briefmarke zu gedenken. An Georg Büchner und seine Familie erinnern im südhessischen Büchnerland neben der Pfungstädter Villa insbesondere sein Geburtshaus in Goddelau, die Wohn- und Schulorte in Darmstadt, die historische Apotheke in Zwingenberg und das Stammhaus der Familie in Reinheim. Im Laufe der geplanten und vom Hessischen Literaturrat koordinierten Veranstaltungen in den kommenden Monaten werden diese Orte mit Veranstaltungen und in Veröffentlichungen auf sich aufmerksam machen können. Geplant ist, in diesem Zusammenhang auch ausführlich auf die anderen „Geschwister Büchner“ des 19. Jahrhunderts aufmerksam zu machen: den Unternehmer und Politiker Wilhelm, die Frauenrechtlerin Luise, den Arzt, Philosophen und Publizisten Ludwig und den Juristen und Sprachwissenschaftler Alexander.

2008 hat der Pfungstädter Bürgermeister Horst Baier, der zu den wichtigen Förderern der denkmalgerechten Sanierung der Pfungstädter Villa Büchner, dem großartigen Wohnhaus von Georg Büchners Bruder Wilhelm, gehört, mit einem Schreiben an einflussreiche Persönlichkeiten aus Südhessen angeregt, einen erneuten Vorstoß für eine Gedenkbriefmarke zu machen. Auf seine Anregung hin haben der Landrat des Landkreises Darmstadt-Dieburg, Peter Schellhaas, die Bundes- und Landtagsabgeordneten Zypries, Hofmann, Storm und Milde, die Bürgermeister Hoffmann (Darmstadt), Kummer (Riedstadt) und viele andere an das Finanzministerium geschrieben und um Berücksichtigung gebeten.

Im Jahr von Georg Büchners 175. Todestag, zu Beginn der hessenweiten Feierlichkeiten und Erinnerungsveranstaltungen ist es eine sehr erfreuliche Nachricht, dass dem jetzt entsprochen wird.

Flammentod im Grafenhaus?

 

Am 14. Juni 1847 wurde in Darmstadt die Gräfin von Görlitz unter höchst mysteriösen Umständen tot aufgefunden. Ohne ausführliche Untersuchung, auch ohne Obduktion, wurde die Leiche bestattet, ein Unfall unterstellt. Vom 11. März bis zum 11. April 1850, also fast drei Jahre später, kam es zu einem aufsehenderregenden Indizienprozeß. Nach über 150 Jahren hat sich die promovierte Archäologin, Wissenschaftsjournalistin, Wissenschaftliche Dokumentarin und Autobiografikerin Aide Rehbaum der Geschichte angenommen und in einem kleinen Band dokumentiert.

Mit dem Darmstädter Giftmordprozeß kam es zu einem der ersten Indizienprozesse überhaupt, nachdem die 1848er-Revolution die mittelalterlichen Inquisitionsprozesse endlich beseitigt hatten. Eine Vielzahl von prominenten Darmstädtern wie Merck, Liebig, Kekulé und Harres traten dabei auf, und die Weltpresse berichtete.

Hier habe ich das Buch besprochen.

Der Pfungstädter Heimatverein hat Frau Rehbaum eingeladen, ihr Buch und die spannende Geschichte des Prozesses vorzustellen.
Wir freuen uns sehr, wenn Sie am 20.1. um 19 Uhr in die Villa Büchner kommen (und/oder diese Einladung verbreiten), der Eintritt ist frei!

Was ist aus unserer Revolution geworden?

Gerne zitiere ich den Einladungstext des Frankfurter Theaters

zur Uraufführung der Bearbeitung von „Landbote” und „Danton” am 21. Januar

 

 

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Friede den Hütten! Krieg den Palästen!

Ein Projekt nach Der Hessische Landbote und Dantons Tod von Georg Büchner

Uraufführung

 

Regie: Alexander Brill

 

Premiere: 21. Januar 2012, 19.30 Uhr

 

Titania, Basaltstr. 23, 60487 Frankfurt

„Friede den Hütten! Krieg den Palästenist die konsequente Fortsetzung unserer Beschäftigung mit dem Autor Georg Büchner. „Woyzeck und Marie“ zeigte die entmenschlichten Verhältnisse, in denen Woyzeck und Marie zum Überleben verdammt sind. Aber hat Büchners politisches Pamphletsein Aufruf zur Revolution – überhaupt noch Relevanz für Deutschland im Jahr 2012?

Unsere Darsteller aus Bulgarien, Iran, Libanon, Marokko, Türkei, Kurdistan entdecken in dem deutschen Text aus dem Jahre 1834 allerdings viele Parallelen zu den Verhältnissen in ihren Herkunftsländern. Könnte Büchners Aufruf: Erhebet euch! dort Abhilfe schaffen? In Tunesien, Ägypten, Libyen haben sich die Menschen erhoben. Aber was geschah nach dem Sieg der Aufständischen? Sind sie heute Willens, die gesellschaftlichen Verhältnisse tatsächlich zu ändern? Oder entbrennt nicht  in dem Machtvakuum der Kampf um Führungspositionen, um Macht und Einfluss? Und hat das nicht die Ausschaltung der ehemaligen revolutionären Weggefährten zur Folge? Dieser Frage geht die Inszenierung anhand der machtpolitischen Auseinandersetzung zwischen Danton und Robespierre in Büchners Drama: „Dantons Tod“ nach. Was ist aus unserer Revolution geworden? Was bleibt, sind Fragen!

Ensemble:
Alexander Brill, Hadi ElHarake, Evgeniya Genadieva, Cemil Günyasar, Stefan Illert, Adil Khadri, Mustafa Kutluay, Tanja Ronaghi

Team:
Regie: Alexander Brill
Bühne/Kostüm: Jana LünsmannMesserschmidt, Verena Polkowski
Dramaturgie: Jan Deck

 

Termine von Friede den Hütten! Krieg den Palästen!:

JANUAR: 21.1., 27.1.

FEBRUAR: 1.2., 15.2.

MÄRZ: 1.3., 14.3., 22.3.

Beginn: jeweils um 19.30 Uhr

 

Doppelvorstellungen:

Woyzeck und Marie + Friede den Hütten! Krieg den Palästen!

4.2., Beginn um 19.00 Uhr

11.3., Beginn um 17.00 Uhr

 

im Titania, Basaltstr.: 23, 60487 Frankfurt

 

Karten unter:

069/ 71 91 30 21

 

oder

 

info@theaterperipherie.de

 

oder

 

an der Theaterkasse Mo-Fr (außer Mi.): 10-14 Uhr

 

und vor den Vorstellungen

 

Preise:

 

16 € normal, 8 € ermäßigt, 7 € Gruppen ab 10 Personen, 1 € Kulturpass

Doppelvorstellungen am 4.2. um 19 Uhr und am 11.3. um 17 Uhr:
23 €
normal, 10 € ermäßigt, 8 € Gruppen ab 10 Personen, 1 € Kulturpass

weitere Informationen auch unter: www.theaterperipherie.de

 

 

 

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