Peter Brunners Buechnerblog

Monat: Dezember 2010

Stumpfer Spass

„Ich hab schon einmal gesagt, dass mich die vielen Darmstadt-Krimis eigentlich anöden und ich nicht verstehen kann, warum man scheinbar nur dann einen Roman über Darmstadt veröffentlichen kann, wenn man gleich am Anfang irgendwen abmurkst. … Jetzt ist aber mit „Scharfes Glas“ von Werner Münchow ein Darmstadt-Krimi erschienen, der zumindest auf den ersten Blick besser und interessanter erscheint. Das Echo schreibt hier darüber.“

So macht sich am 7.12. Jörg Heléne in seinem Blog Gedanken und fragt am Ende: „falls es irgendwer kauft bzw. gelesen hat, kann er/sie ja mal bescheid geben.“

Nach diesem nachdrücklichen Hinweis blieb mir ja gar nichts anderes mehr übrig, und während der Feiertage hab ich ´s dann gelesen. Ich bin kein besonders kenntnisreicher Krimileser, auch die gelobten historischen Kriminalromane von Marek Krajewski aus dem Breslau der zwanziger und dreißiger Jahre habe ich (noch) nicht gelesen. Krajewski, dessen Authentizität immer wieder gelobt wird, schreibt über eine Zeit, aus der noch Augenzeugen leben – und vor zwanzig Jahren konnte der 1966 in Wrocław geborene Autor sicher so viel von der Geschichte seiner Heimatstadt erfahren wie beispielsweise der Autor dieser Zeilen von seiner 1922 geborenen Mutter über das Darmstadt der dreißiger und vierziger Jahre. Münchow schreibt über Darmstadt 1833 – trotzdem war das meine erste Assoziation und zugleich Befürchtung: 1833 ist halt ein bisschen länger her…

Als wir in Pfungstadt begannen, „Eine Stadt schreibt ein Buch“ auf die Beine zu stellen, aus dem dann ja unser Krimi „Kirschen rot – Spargel tot“ entstand, hieß der erste Hinweis im workshop, den uns Heiner Boehncke als „Coach“ der Aktion gab: „versucht Euch nicht an historischen Stoffen – der Recherche-Aufwand wird Euch überrollen!“

So gewarnt habe ich weiter gelesen, als ein Kommissar aus Berlin als Ratgeber nach Darmstadt kommt (Münchow kommentiert das in den Anmerkungen als möglich, weil es ja verwandt­schaft­liche Beziehungen zwischen Preußen und Hessen-Darmstadt gab), auch, dass die Darmstädter Polizei zu dumm war, einen Tatort nachts mit mehr als einer Kerze zu beleuchten und dass der Kommissar im höchsten Biedermeier einer ihm bis dahin völlig unbekannten Schauspielerin überraschend nahe kommt, ja sie mehrfach alleine in deren Wohnung besucht, habe ich beim Lesen als nicht unmöglich akzeptiert.

In Wikipedia habe ich mich dann darüber informiert, dass das Cello bis etwa 1850 ohne „Stachel“ (so heißt der Spieß, auf dem das Instrument steht) „wie die Gambe mit den Beinen gehalten wurde“ (bei Münchow spielt dieser offenbar ultramoderne Stachel eine wichtige Rolle…). Dass in Darm­städt­er Gasthäusern vor der schrecklichen Reblauskatastrophe (1874 erstmals in Deutsch­land..) harmlosen Ausländern Apfelwein angeboten wurde, ist allerdings kaum zu glauben. Stattdessen hätte der Autor zum Beispiel den von Goethe so geliebten „Elfer“ unterbringen können, von dem sicher noch ein paar Flaschen in Darmstadt lagen. Einen Georg Büchner schließlich, der in der Bibliothek ausgerechnet einen preußischen Kommissar antimonarchisch agitiert, während dieser ihn später vor drohender Verfolgung warnt – den will ich mir weder vorstellen noch über ihn lesen.

Ja, dieser Krimi aus der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts in Darmstadt hat wunderbare Motive, Merck und Büchner Vater und Sohn sind großartige Figuren (und für einen neuen Versuch wüsste ich kaum, welche/r Büchner weniger als die/der andere …), das Niebergall´sche Lokalkolorit lässt durchaus (Theater-)Bilder vor dem inneren Augen erstehen, „Glasharfe“ und „Strychnin“ sind schöne, ordentlich recherchierte Details, die Großherzöge hatten wirklich unterschiedliche Ambitionen, was das Geld ausgeben anging, – aber riechen, schmecken, klingen tut die Welt dieses Krimis leider nicht.

Heiner Boehncke hat recht: schon ein einziger historischer Patzer kann den ganzen Spaß verderben, und leider ist es bei Münchow nicht bei einem geblieben…

 

Werner Münchow: Scharfes Glas. Ein Krimi mit Datterich.
Frankfurt. Societäts-Verlag. 2010. EAN 978-3797312303.
215 S. 14,80 €

WORTKLANG am 18. 12. in der Villa Büchner

 

Die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen hat 2006 in Thüringen eine Veranstaltungsreihe unter dem Motto


„Wortklang –

 

Lyrik im Konzert“


 

initiiert. Dabei treten renommierte Lyrikerinnen und Lyriker an der Seite von hoch begabten jungen Dichtern auf. Begleitet werden ihre Lesungen von Musik.

Im Oktober hat nun der „Wortklang“ erstmals in Hessen stattgefunden. In Friedrichsdorf haben Franz Hodjak und Jan Volker Röhnert gelesen, Evert Groen hat sie an der Orgel begleitet.

In der Villa Büchner treten am 18. Dezember um 18 Uhr

 

Olga Martynowa

 

und

 

Daniela Danz auf.

Olga Martynowa (geb. 1962 in Dudinka, Russland) ist Lyrikerin, Erzählerin, Essayistin und Übersetzerin. Sie wuchs in Leningrad auf und studierte dort russische Sprache und Literatur. 1991 zog sie nach Deutschland. Mit ihrem Mann, dem Autor Oleg Jurjew, und ihrem Sohn Daniel lebt sie in Frankfurt am Main. Olga Martynowa schreibt auf Russisch (Gedichte, Essays) und deutsch (Essays, Prosa). Ihre zahlreichen Beiträge aus deutschsprachigen Periodika sind ins Englische, Polnische, Slowakische, Bulgarische, Dänische und neuerdings auch Russische übersetzt worden, ihre russischen Gedichte ins Deutsche, Englische, Italienische und Französische. Olga Martynowa ist als Essayistin und Rezensentin für Zeitungen wie die Neue Zürcher Zeitung, Die Zeit, oder die Frankfurter Rundschau tätig. Im Jahr 2000 wurde sie mit dem Hubert-Burda-Preis für junge Lyrik ausgezeichnet.

Daniela Danz (geb. 1976 in Eisenach) studierte Kunstgeschichte und Germanistik in Tübingen, Prag, Berlin und Halle an der Saale. Sie bekleidet einen Lehrauftrag an der Universität Osnabrück und ist dort Teilnehmerin des Peter Szondi-Kollegs. Danz lebt als freie Autorin in Halle. Daniela Danz schreibt Lyrik und Prosa. Für ihr Werk wurde sie mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet.


Die musikalische Begleitung in Pfungstadt übernimmt


Papa Legba ´s Blues Lounge

Am liebsten spielen „die Papas“ unverstärkt. So wie der Blues am Anfang des vergangenen Jahrhunderts im Mississippi-Delta gespielt wurde – von Robert Johnson, Fred McDowell, Son House oder Sony Boy Williamson. Und so kommt auch der Klang von Bluesharp, Blechgitarre (Dobro) und Kontrabass am besten zur Geltung, ohne elektronische Tricks und technische Spielereien. Dazu singen Jürgen Queissner, Reiner Lenz und Thomas Heldmann teilweise dreistimmig wie das legendäre Big Three Trio von Willie Dixon. Obwohl sich die drei Musiker bereits seit Jahrzehnten kennen und schätzen, beschlossen sie erst vor knapp drei Jahren ein rein akustische Bluestrio zu gründen. Seitdem hat Papa Legba’s Blues Lounge bereits Tausende begeistert beim Münchner Studentenfestival Stustaculum, bei den Ingolstädter und Schwetzinger Jazztagen, beim Tucher Jazz- und Bluesfestival in Bamberg, beim Laubacher Bluesfestival, beim Rosenfestival in Kronach oder beim Stoffel-Openair in Frankfurt, zusätzlich in ungezählten Kneipen, Clubs, bei Festen und auf Festivals.