Peter Brunners Buechnerblog

Monat: August 2010

Zeige mir, wie du baust, und ich sage dir, wer du bist (Christian Morgenstern)

„Es war von dem Besitzer die Aufgabe gestellt, auf das Aeussere des Gebäudes nur das dringend Nothwendigste zu verwenden, bei der inneren Ausstattung dagegen mit den Mitteln nicht zu kargen“.
(Balthasar Harres, der Architekt der Villa Büchner)

 (Text mit einem Nachtrag vom 4.9.10)

1864 kann Wilhelm Büchner seine Villa beziehen – Balthasar Harres (1799 – 1868) hat für ihn geplant, aber Büchner hat massiv in die Planung eingegriffen.

 

 

Zur Einweihung des renovierten Hauses Ende Juni kam neben zahlreichen Büchner-Nachfahren auch die Ur-Ur-Enkelin des Architekten – und letzte Woche konnte ich bei ihr zuhause dieses wunderschöne Bild ihres Vorfahren kopieren.

 

 

Leider ist der Künstler nicht bekannt, das Bild ist auch nicht signiert. Wir schätzen, dass es Harres im Alter von etwa dreißig Jahren zeigt, also ungefähr 1830 entstand.

 1830 ersucht der Architekt Balthasar Harres in Darmstadt um Zulassung zur Prüfung vor der Oberbaudirektion, 1838 ist er Stadtbaumeisterin Darmstadt, 1842 tritt er von diesem Amt zurück.  1842 ist er Lehrer an der Höheren Gewerbeschule zu Darmstadt, 1859 Baurat. Am 4. 8. 1868 wird er auf Nachsuchen pensioniert. Am 16. 8. 1868 stirbt er in Darmstadt. (Zit. nach „Hessisches Archiv- Dokumentations- und Informationssystem” HADIS)

1837 erhielt er den Auftrag für Schloß Hohenfels, 1837 bis 1840 arbeitete er an Plänen für das Hoftheater in Coburg , 1850 errichtete er dort die „Neue Kaserne“.

1844 plant er in Darmstadt das Schulhaus Kapellstraße 5. Im westlichen Flügel findet die Realschule (eine Vorgänger-Einrchtung der heutigen Lichtenbergschule) bis 1872 eine Heimat, während die Mitte und der östliche Flügel der höheren Gewerbeschule (später Technische Hochschule) vorbehalten bleiben.

 1862 – 1864, das ist die Zeit, in der auch für Pfungstadt plant,  ist er kommissarischer Leiter der Darmstädter Realschule.

 Die beiden großen Coburger Archive haben leider mit „Fehlanzeige” auf meine Frage nach Material über Harres geantwortet; bei Gelegenheit werde ich im Coburger Land seine Bauten besichtigen und fotografieren.

 Auf dem Kapellplatz in Darmstadt soll es einen Gedenkstein für ihn gegeben haben, und beerdigt sei er in Bingen (daher stammte seine Frau) – ob dort noch Erinnerungen an ihn  vorhanden sind, recherchiere ich noch.

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Nachtrag am 4.9.10

Freundlicherweise hat mir die Familie jetzt auch noch eine Kopie des bekannteren Bildes von Balthasar Harres übermittelt und ich kann es jetzt hier zeigen:

 

Harres wurde 69 Jahre alt – aber viel mehr, als dass er hier wohl über fünfzig ist, lässt sich kaum sagen.

 

 

Johann Georg August Wirth

Die Pfälzische Landesbibliothek in Speyer zeigt eine Kabinettausstellung zu Leben und Wirken von Johann Georg August Wirth, einem der Hauptredner beim Hambacher Fest von 1832.

JGA Wirth

 

 

Das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz hat 2009 67 Briefe von Johann Georg August Wirth sowie das persönliche Exemplar seiner wichtigsten Zeitung, der ‚Deutschen Tribüne’, erwerben können.

Etwa sechzig Texte und Illustrationen, darunter handschriftliche Durchsuchungs- und Gerichtsprotokolle, meist aus dem Bestand der Bibliothek, werden gezeigt.

So sehr die Ausstellung einen Besuch lohnt und so gründlich und informativ die Präsentation auch erarbeitet wurde: leider ist es eine wahre Mühsal, sich den Exponaten zu nähern, und leider sind auch die Texte dazu nur schwer lesbar. Wer kann denn endlich einmal Ausstellungsmachern mitteilen, dass es keine Kosten verursacht, Begleittexte

 

in vernünftiger Typographie

und Schriftgröße

 

anzubringen! Es ist geradezu entwürdigend, sich tief gebückt und mit hochgeschobener Lesebrille vor die Vitrinen zu knien, um Erläuterungen zu lesen.

Zur Ausstellung erschien ein umfangreicher Begleitband (s.u.), über dessen Qualität ich nur aus Augenschein berichten kann, dass er ordentlich gemacht und mit einem Interesse weckenden Inhaltsverzeichnis versehen ist: leider war meine Barschaft erschöpft, und der Kasse der Landesbibliothek ist die Anschaffung eines Bankkartenlesers offenbar nicht zuzumuten. Ich habe das Buch inzwischen bestellt und komme gelegentlich darauf zurück.

Was soll nun ein Hinweis auf Johann Wirth hier im Büchner-Blog?

Alexander Büchner widmet seine „Fidele Geschichten“ von 1886 einem Franz Wirth, und das ist der Sohn des bayrisch-badischen Revolutionärs. Alexanders Freund Otto Adolf Ellissen hat im „Magazin für die Literatur des Auslandes, Volume 55; Volumes 109-110“ (zu finden über Googles Buchsuche) eine Besprechung darüber veröffentlicht, und im „Tollen Jahr“, seiner Autobiographie, schreibt Alexander über die Bekanntschaft mit Franz Wirth, „Sohn des bekannten Märtyrers aus den dreißiger Jahren“, ohne zu erläutern, wie sie zustande kam. Wirth studierte zusammen mit ihm in München, und Alexander schreibt „Ich will hier betonen, das uns von jenem Tage an vierzig Jahre lang in guten und schlechten Zeiten die innigste Freundschaft verband, und wir oft später, endlich in der Wolle sitzend, mit Wonne jener früheren Tage gedachten, da wir `mit wenig Geld und viel Behagen´ unsere Studien zusammen verfolgten.“ Es folgt dann der Bericht über eine Bergwanderung mit ihm, bei der die beiden sich „Auf der Benediktenwand“ gefährlich verliefen und nur mit Mühe wieder zurück in die Zivilisation kamen. Wirth soll ihm auch den Rat gegeben haben, sich zur Habilitation nach Zürich zu begeben.

 

Kämpfer für Freiheit und Demokratie Johann Georg August Wirth / hrsg. von Armin Schlechter. – Neustadt an der Weinstraße, 2010. – (Stiftung zur Förderung der Pfälzischen Geschichtsforschung : Reihe B ; 12). – ISBN 978-3-942189-07-1. – S. 37-51, 2010. – ISBN 978-3-942189-07-1. 18 €

Dichterspleen?

 

Mit der Bemerkung

„Drama um den franz.Hugenottenführer. Verfasser (1826 Gießen- 1902), eigentl.Theologe, war später Kreisschulinspektor in Gießen. Eine Verwandtschaft mit der ebenfalls in Gießen und Darmstadt wirkenden Familie von Georg Büchner könnte angenommen werden (bisher ohne Nachweis).- Vorsatz mit eigenh. Widmung des Verfassers für den Prinzen Alexander von Hessen(-Darmstadt) und seiner Familie.”  bot ein Berliner Antiquar kürzlich an:

Büchner, Friedrich: Coligny. Drama in fünf Aufzügen.
Darmstadt, G. Jonghaus, 1864
.

Der Text dieses Schauspiels über den Hugenottengeneral ist schon länger bei Google Books zugänglich, so daß sich Interessierte selbst einen Eindruck von der Qualität des Stückes machen können.

Tatsächlich ist dieser Friedrich Büchner ein ziemlich enger Verwandter „unserer” Büchners, nämlich ihr Cousin.

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IX 0 Friedrich B ü c h n e r, * Gießen 4. 1. 1826, + Ebsdorf bei

Marburg/Lahn 3. 11. 1909, Grhzgl. hess. Schulrat i.

R.; stud. Theologie in Gießen 1844, Vikar der fürstl. stol=

bergischen Hofkaplanei Gedern 1854, Vikar in Bicken=

bach 1856, Mitprediger in Zwingenberg a. d. Bergstr.

1858, Pfarrer zu Horrweiler in Rheinhessen 1869, Kreis=

schulinspektor u. Schulrat in Gießen 1874;

oo Gießen 6. 10. 1859 Marie Johannette M a t h i l d e

H i r s c h, * Bingen am Rhein 14. 7. 1833, + Ebsdorf 26.

·12. 1921, T. v. Georg Konrad Hirsch, Steuerkommissar

u. d. Amalie F r e y m u t h.

Kinder:

4. Martha, * Horrweiler bei Bingen 24. 4. 1872, + Ebsdorf

25. 4. 1935, schrieb „Hessespäß“ und andere Mundart=

Gedichte und Erzählungen; oo Gießen 6. 10. 1898 Karl

F r o h w e i n, Dr. med., praktischer Arzt in Ebsdorf.

 

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So ist Friedrich Büchner („Gießener Zweig IX o”) im „Deutschen Geschlechterbuch” Bd. 121 von 1955 verzeichnet.

Sein Vater Friedrich Georg Büchner (geb. am 15.6.1794 in Reinheim als achtes und letztes Kind von Jacob Carl Büchner und Wilhelmine Vorwerck, gest. am 4.7.1837 in Gießen) war ein Bruder von Ernst Büchner und lebte als „großherzoglich hessischer Obersteuerbote” in Gießen.

„Mein” Coligny – ich habe das Buch (natürlich …) gekauft – trägt auch noch eine außergewöhnliche Widmung:

 

 „Seiner Großherzoglichen Hoheit

dem Prinzen Alexander von Hessen

und

seiner allerhöchsten Familie

zugeeignet

von

dem Verfasser“

 

 und das Vorwort ist datiert mit „Zwingenberg 1864”.

H.W. hat mir mit der immer hilfreichen und fleissigen Recherche inzwischen (nachdem wir ihn erst vergeblich als Pfarrer gesucht hatten) bestätigt, daß Friedrich Büchner ausweislich der „Chronik der Stadt Zwingenberg” von 1974 (im Abschnitt über das Schulwesen)  von 1857 – 1870 als „Praezeptor” (also als Mitprediger) Lehrer in Zwingenberg war.

An diesem Ort aus gutem Grund keine Abhandlungen über den Adel – nur so viel: Alexander von Hessen lebte verheiratet mit Julie von Hauke, geadelter Prinzessin Battenberg, in Schloß Heiligenberg oberhalb von Jugenheim an der Bergstraße, nahe bei Zwingenberg (und sicher gelegentlich auch im „Fürstenlager” zu Zwingenberg).

Jedenfalls haben also unter den Büchners nicht nur Ernst und Carolines Kinder den Drang zum Schreiben gehabt.

In der obigen Aufstellung habe ich übrigens absichtlich das vierte Kind von Friedrich Büchner erwähnt – zu Martha Frohwein-Büchner und ihren Veröffentlichungen später hier.