Am Sonntag, dem 15.11., war Mathilde Büchner zu Gast in der Pfungstädter ehemaligen Synagoge.

Ute Meißner-Ohl als Mathilde Büchner 

Ganz angemessen in moderatem Darmstädterisch („Dialekt schpreche mir ja eischentlisch kein…”) begleitete Ute Meißner-Ohl in der Rolle der nicht-schreibenden Büchner-Schwester die szenische Inszenierung mit berichtenden und kommentierenden Beiträgen zur Revolutionszeit. Petra Gehring als Verleger Leßke war ebenso überzeugend wie Udo Steinbeck als der revolutionär Franz Zitz,  Jens Kertscher und Ludger Fittkau als die liberalen Demokraten Eigenbrodt und von Gagern  mussten aushalten, dass die Theatergruppe – das Einladungsplakat zeichnete verantwortlich das Institut für Philosophie der TU Darmstadt – im Rückblick lieber mehr Revolution und weniger Verfassungsverhandlung gesehen hätte und ihre Rolle so das Zaudern und Zögern betonen musste.

Das südhessische Volk und seine 48er-Forderungen

Während Ludwig und Alexander Büchner die 48er Revolution in Gießen miterlebten und dort für den Einzug von Carl Vogt in die Paulskirche agitierten, war Wilhelm Büchner bereits Unternehmer (und Mitbegründer des Darmstädter Gewerbevereins). In seinen „Familiennotizen“ schreibt er:

Mit Herrn Wilkens associierte ich mich unter der Firma Büchner + Wilkens, mietheten die ehem. Stearinfabrik in Darmstadt und kauften den 1. April 1845 die ehem. Zuckerfabrik in Pfungstadt zu f 9000. Im July 1846 zog ich nach Pfungstadt und <von / an > 9. October 1848 übernahm ich das Geschäft <?> unter die Firma Wilhelm Büchner, und zog im November 48 auf die Fabrik über.

(Unv. Manuskript aus dem Depositum Manfred Büchner)

Die berühmte Geschichte von Mathilde Büchners Heldentum, als sie bei einem „Spaziergang” an der Bergstraße in letzter Minute Alexander von einem Aufruhr-Plan für die Odenwälder Bauern und einem „Dolchmesser” befreite, bevor dieser als Aufrührer verhaftet wurde, war natürlich Thema. Auch das schöne Foto, das Agnes Schmidt gefunden hat, und Mathildes Hausfrauenbund-Aktivitäten wurden erwähnt.

Komischerweise hat noch nie jemand darauf hingewiesen, wie aberwitzig dieser „Ausflug” am  Pfingstmontag, dem 28. Mai 1849, tatsächlich war. Alexander hatte sich nämlich in Pfungstadt in den weitläufigen Örtlichkeiten der Blaufabrik vor Verfolgung versteckt, und ausgerechnet in den durchaus absehbaren Geplänkeln der Revolutions-Niederschlagung  „spazierenzugehen”, darf man schon waghalsig nennen. Das „Gefecht bei Heppenheim” zwischen den badischen Revolutionstruppen und den Soldaten der hessischen Konterrevolution fand nur zwei Tage später, am 30. Mai, statt. Alexander riskierte im wörtlichen Sinn sein Leben, und vielleicht sollten wir ihm zugestehen, dass er sich vom Stand der Bedrohung überzeugen wollte und den „Spaziergang” in Zukunft besser „Erkundung” nennen.

Das erfreulich zahlreiche Publikum in der Pfungstädter Synagoge dankte mit lautem Beifall für den schönen Abend.

(Die beiden Fotos hat freundlicherweise Renate Dreesen zur Verfügung gestellt – der Pfungstädter Verein ehemalige Synagoge ist zu erreichen unter http://www.synagoge-pfungstadt.de/ )